Exegese zu Eph 5,15-21. Erörterungen zu einer entsprechenden Predigt und adäquaten liturgischen Elementen


Seminararbeit, 2013

49 Seiten, Note: 1.0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 VORBEMERKUNG UND ERSTE BEGEGNUNG MIT DEM TEXT

2 TEXTKRITISCHE ANALYSE
2.1 Prüfung der Textbasis
2.1.1 Vers 15
2.1.2 Vers 17
2.1.3 Vers 19
2.1.4 Verse 20 / 21
2.2 Übersetzung: Eph 5,15-21

3 ART UND STRUKTUR DES TEXTES
3.1 Textgattung.
3.2 Sprachliche Stilmittel und ihre Bedeutung für die Auslegung
3.3 Textschaubild
3.4 Textgliederung
3.5 Beobachtungen aufgrund der Struktur des Textes
3.6 Zusammenfassung des Textes in einem Satz

4 WORTSTUDIEN
4.1 Erfüllen (πληρόω)
4.1.1 Wesentliche Bedeutungsfelder von πληρόω im NT
4.1.2 Bedeutung im fraglichen Kontext
4.2 Lobgesänge, Hymnen, Lieder (V 19)
4.2.1 Lobgesang (ψαλμός)
4.2.2 Hymne (ὑμνος)
4.2.3 Lied (ὠδή)
4.2.4 Zusammenfassung unter Berücksichtigung aller drei Wortgruppen..
4.2.5 Der musikalische Aspekt

5 EINLEITUNGSFRAGEN
5.1 Literarische Abfassungssituation der Perikope
5.1.1 Verfasser
5.1.2 Adressaten
5.1.3 Ort und Zeit der Abfassung
5.1.4 Anlass und Zweck
5.2 Kulturelle und geographische Abfassungssituation
5.2.1 Die Stadt Ephesus
5.2.2 Die Gemeinde in Ephesus
5.3 Schlussfolgerungen zum Verständnis der Perikope

6 DER INNERBIBLISCHE ZUSAMMENHANG
6.1 Der Kontext innerhalb des Epheserbriefes
6.2 Der gesamtbiblische Zusammenhang
6.2.1 Stellung innerhalb des gesamtbiblischen Zusammenhangs
6.2.2 Systematisch theologische Betrachtungen

7 DISKUSSION DER KOMMENTARLITERATUR
7.1 William Barclay
7.2 Adolf Schlatter
7.3 Andrew T. Lincoln
7.4 Gerhard Sellin
7.5 Rudolf Schnackenburg
7.6 Fazit

8 ZUSAMMENSCHAU UND SYNTHESE

9 PRAKTISCHE ANWENDUNG
9.1 Das Textthema
9.2 Praktische Anwendungen aus dem Text
9.3 Zielgruppe.
9.4 Mögliche Verständnisschwierigkeiten beim Zuhörer
9.5 Eigene blinde Flecken
9.6 Schwerpunkte und Ziel für die Predigt
9.7 Thema einer Predigt über Eph 5,15-21
9.8 Mögliche Titel einer Predigt über Eph 5,15-21
9.9 Entwurf einer Predigt über Eph 5,15-20
9.9.1 Einstieg (Theater und Text)
9.9.2 Hauptteil
9.9.3 Schluss (Besinnung und Gemeinschaftsgebet)

10 NACHWORT

11 APPENDIZES: LITURGISCHE ELEMENTE

12 LITERATURVERZEICHNIS
12.1 Allgemeine Literatur
12.2 Einleitungsfragen
12.3 Kommentarliteratur
12.4 Exegetische Wörterbücher und Lexika
12.5 Software
12.6 DVD
12.7 Internet

1 Vorbemerkung und erste Begegnung mit dem Text

Der Vers Eph 5,19 wird im evangelikalen Umfeld sowohl in der Literatur, wie auch in Predigten oder Referaten immer wieder verwendet, um die Musik im Gottesdienst, den sogenannten Lobpreis oder „Worship“, zu legitimieren. Dabei wird der Vers manches Mal aus seinem Kontext losgelöst betrachtet und gewisse Ergebnisse bei der Exegese scheinen bereits vorausgesetzt zu werden.1

Folgende Exegese hat zum Ziel, den Inhalt und die Aussage von Vers 19 innerhalb der ge- samten Perikope Eph 5,15-19 zu analysieren, um der Intention von Paulus2 möglichst gerecht zu werden. Gleichwohl lege ich das Hauptaugenmerk auf die Verse 19 und 20, insbesondere was die Wortstudien anbelangt. Dabei verfolge ich die Fragen, wieso Paulus zur Aussage gelangt, dass Gott zum Lob gesungen werden soll, wie diese Aufforderung gemäss Paulus umzusetzen ist und welche Rolle die Musik in V 19 einnimmt. Sogleich wird allerdings auch klar, dass nachfolgende Exegese ebenfalls nicht voraussetzungslos und daher in gewissem Sinne neutral wäre. Als Exeget trete ich mit dieser bestimmten Fragestellung an den Text heran, habe eine gewisse Vorstellung von der Sache, um die es sich im Text handelt, und ich lege der Exegese eine bestimmte Hermeneutik zu Grunde.3 Allerdings sollen nicht die Ergebnisse der Auslegung bereits vorausgesetzt werden. In diesem und somit in Bultmanns Sinn kann vorliegende Arbeit ergo trotzdem als voraussetzungslos bezeichnet werden.

In Vorgehen und Gliederung orientiere ich mich im Wesentlichen am Ansatz von Stadel- mann und Richter, wobei ich die Reihenfolge der einzelnen Arbeitsschritte zum Teil verändert habe.4

2 Textkritische Analyse

2.1 Prüfung der Textbasis

Bevor die eigentliche Übersetzung erfolgt, diskutiere ich erst die Varianten des textkritischen Appara- tes des Novum Testamentum Graece (NTG)5 und lege mich für die weitere Arbeit am Text auf je- weils eine Variante fest. Bereits an dieser Stelle weise ich jedoch darauf hin, dass keine der alterna- tiven Lesarten den inhaltlichen Sinn des Textes wesentlich verändern würde.6 Der Text des gesam- ten Epheserbriefes ist verlässlich belegt durch die folgenden ständigen Zeugen erster Ordnung:7

Papyri: î46 î49 î92 î99, wobei den ersten drei Papyri aufgrund ihres hohen Alters (3./4. Jh.) eine besondere Bedeutung zukommt.

Majuskeln: a (Codex Sinaiticus, 4. Jh.); A 02 (Codex Alexandrinus, 5. Jh.); B 03 (Codex Vaticanus, 4. Jh.)8

Trotzdem ergeben sich auch in vorliegender Perikope einige marginale Unstimmigkeiten zwischen den verschiedenen Textzeugen.9

2.1.1 Vers 15

Einige jüngere Handschriften weisen eine Vertauschung der beiden Wörter ἀκριβῶς und πῶς auf (D F G y1881 u.a.). Eine solche Vertauschung “... would associate the adverb ‘carefully’ with ‘walking’ rather than ‘watching’ ...”10 Die Übereinstimmung der wichtigsten Zeugen î46, a u.a. lässt allerdings die im NTG präferierte Lesart ἀκριβῶς πῶς als die korrekte erscheinen.

Einige Zeugen schreiben zwischen ἀκριβῶς und πῶς das Wort ἀδελφοί, was in der Über- setzung zu folgendem Satz führen würde: „Passt also genau auf, Brüder, wie ihr euren Lebenswan- del gestaltet.“ Metzger sieht allerdings nur eine geringe Wahrscheinlichkeit, dass ἀδελφοί tatsäch- lich in der originalen Schrift des Paulus vorhanden war. Es gibt für ihn schlicht keinen ersichtlichen Grund weshalb spätere Abschreiber das Wort ἀδελφοί einfach hätten weglassen sollen. 2006).

2.1.2 Vers 17

Die Majuskel a fügt vor dem Wort θέλημα das Wort φρονημα (Bestreben, Trachten) ein. Dies führt zu folgendem Inhalt von V 17: „Deshalb seid nicht unverständig, sondern trachtet danach zu verstehen das vom Herrn Gewollte.“

Einige Handschriften (Minuskeln 365.614 u.a.) fügen zudem vor κυρίου ein θεου oder wie î46 ein Χριστου ein. Obwohl eine solche Lesart den Textinhalt nicht verändern würde, ist doch wie gebräuchlich und im Sinne des NTG von der kürzeren Lesart auszugehen.

2.1.3 Vers 19

Das Wort πνευματικαίς, welches dem Wort ὠδαῖς folgt, wird von einigen Quellen (î46 B itd Abrosiaster) ausgelassen. Metzger schreibt diesen Umstand einem Homoioteleuton zu und sieht den Gebrauch von πνευματικαίς bestätigt. Es besteht die zu vernachlässigende Möglichkeit, dass die Abschreiber, welche πνευματικαίς im V 19 verwenden, an Kol 3,16 anknüpfen wollten. Dort ist die Verwendung der Formel ὠδαῖς πνευματικαίς gesichert.

Allerdings wird von A (Codex Alexandrinus) ἐν χάριτι (in Anmut, in Lieblichkeit, in Gnade11 ) nach πνευματικαίς eingefügt. Was zum Satz „indem ihr zueinander redet in Lobgesängen und Hymnen und geisterfüllten Liedern in Gnade...“ führt. Diese Komposition (ὠδαῖς πνευματικαίς ἐν χάριτι) wird genauso in Kol 3,16 verwendet. Hier kann mit Metzger gesagt werden, dass es sich definitiv um eine Anlehnung an Kol 3,16 handelt, welche A übernommen hat. A ist allerdings die einzige Quelle, welche ἐν χάριτι einfügt, weshalb ich diese Lesart nicht verwende.

Schliesslich bestehen in V 19 unterschiedliche Lesarten bei τῆ καρδία. Einerseits schreiben y und Û εν τῆ καρδία ὑμῶν (in eurem Herzen), andererseits verwendet unter anderem a die Formulierung εν ταις καρδιαις ὑμῶν (Dat. Pl.: in euren Herzen). Hier handelt es sich für die Untersuchung der vorliegenden Perikope aufgrund meiner Zielsetzung und Fragestellung um die elementarsten Unterschiede. Die gängigen deutschen Bibelübersetzungen gehen denn auch verschieden mit diesen Lesarten um (Luther: „... in eurem Herzen“ [aber sg.], Elberfelder: „... mit eurem Herzen...“ [aber sg.], Zürcher Bibel: „... aus vollem Herzen...“.). Da der Autor von Eph im Kontext vorliegender Perikope die Gläubigen im Kollektiv anspricht, entscheide ich mich für den Dativ Plural sowie die Präposition „in“ und schliesse mich damit der Lesart von a an.

2.1.4 Verse 20 / 21

In V 20 werden durch einige Zeugen (î46 D F G u.a.) die Worte für „Gott“ und „Vater“ in umgekehrter Reihenfolge (πατρί καί θεῶ) wiedergegeben. In Eph 1,3 und 4,6 steht die Wendung θεῶ καί πατρί fest, weshalb ich auch für vorliegenden Vers von dieser Reihenfolge ausgehe.

Am Schluss von V 20 besteht eine Unklarheit bezüglich der Interpunktion. Das NTG notiert einen Punkt als Satzende, V 21 beginnt somit mit einer Majuskel: „῾Υποτασςόμενοι ...“. Eine Alternative Interpunktionsmöglichkeit wird im Apparat nicht vorgeschlagen, weshalb ich bei V 20 und V21 ebenfalls von zwei, durch einen Punkt getrennten Sätzen ausgehe. V 21 wird im NTG durch einen Zeilenumbruch der folgenden Perikope (bis V 24) zugeordnet.

2.2 Übersetzung: Eph 5,15-21

Die folgende Übersetzung als Textbasis für die Auslegung erarbeitete ich vom NTG ausgehend, unter Zuhilfenahme der Standartliteratur.12 Da die Diskussion um die Zugehörigkeit von V 21 zur gewählten Perikope Gegenstand der weiteren Arbeit ist, habe ich diesen Vers vorerst mit übersetzt:

15) Passt also genau auf, wie ihr euren Lebenswandel gestaltet: Nicht wie Unweise,13 sondern wie Weise,
16) indem ihr die günstige Zeit auskauft, denn die Tage sind verkommen!14
17) Deshalb seid nicht unverständig, sondern versteht das vom Herrn Gewollte.
18) Und betrinkt euch nicht mit Wein - darin ist Heillosigkeit - sondern lasst euch erfüllen vom Geist, 19) indem ihr euch einander zusprecht in Lobgesängen und Hymnen und geisterfüllten Liedern, singt und preist lobsingend in euren Herzen dem Herrn,
20) seid dankbar allezeit für alles - im Namen unseres Herrn Jesus Christus - dem Gott und Vater. 21) Ordnet euch einander unter in der Ehrfurcht vor Christus.

3 Art und Struktur des Textes

3.1 Textgattung

Bei Eph handelt es sich um einen Brief mit Rundbriefcharakter,15 wobei der formale Rahmen des Briefes an das hellenistische Briefformular angelehnt ist.16 Während Mussner in Eph keinen eigentli- chen Brief, sondern ein theologisches Lehrschreiben, eine sogenannte Epistel, ausmacht, so ist man gemäss Stadelmann und Richter heute von einer derartigen Unterscheidung abgekommen.17

Von Eph 4,17 bis 5,21 spricht Paulus in „konkreten Weisungen“ und „normativen Sätzen“18 zu den Lesern. Durch konkret beschriebene Handlungen fordert Paulus die Gläubigen zu einem gewissen Verhalten auf. Aktuelle Anlässe sind nicht erkennbar und somit erhalten die Anweisungen eine universale Gültigkeit.

3.2 Sprachliche Stilmittel und ihre Bedeutung für die Auslegung

Interessant ist in vorliegender Perikope für die Auslegung die „nicht ... sondern“-Formulierung (μὴ ... ἀλλά ...), welche in den Versen 15, 17 und 18 durch Paulus formuliert wird. Paulus sagt nicht nur, was als Glaubender nicht zu tun ist (Imperativ), er gibt auch gleich das richtige Verhalten bekannt. Die Formulierung erfolgt in Antithesen.19

In V 18 kann ein Übergang von der ethischen Aussage (V 15: wandelt...) zur liturgischen erkannt werden (Heiligung durch Lebenswandel / Heiligung durch Erfüllung mit dem Geist).20 Ab V 18 verschwinden die Antithesen und die Mahnung, sich mit dem Geist erfüllen zu lassen, steht im Vordergrund.21 Paulus gelangt dadurch zu einer positiven Schilderung und entfaltet in V 19-21 was vom geisterfüllten Christen zu erwarten ist.

3.3 Textschaubild

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3.4 Textgliederung

1. Mahnung zur Heiligung durch einen gottgefälligen Lebenswandel V 15a
a. Aufforderung zur Gestaltung des Lebenswandels als Weise V 15b
b. Aufforderung zur Ausnutzung der Zeit V 16
c. Aufforderung zum Verstehen V 17
i. Den Willen Gottes verstehen V 17
ii. Nicht in Ausschweifung leben V 18a

2. Aufforderung zur Heiligung durch Erfüllung mit dem Geist V 18b
a. Durch Kommunikation untereinander V 19
i. In Form von Lobgesängen
ii. In Form von Hymnen
iii. In Form von geisterfüllten Liedern
b. Durch umfassende Dankbarkeit V 20
i. Für alles V 20a
ii. Gegenüber Gott V 20b
iii. Durch gegenseitige Unterordnung V 21

3.5 Beobachtungen aufgrund der Struktur des Textes

Paulus beginnt die Perikope mit einem übergeordneten Memento an die Gläubigen. Sein Anliegen, die Leser zu einem würdigen „Wandel in Christus“ (vgl. 1Petr 3,16) herauszufordern, entgegen den kulturellen Umständen, kommt damit deutlich zum Ausdruck. Die Paränese (V 15-18a) erfolgt aus der Konsequenz eines Lebens unter der Herrschaft von Jesus.

Allerdings bleibt Paulus nicht bei der Ermahnung stehen. Er gibt sogleich Anhaltspunkte, wie ein solch würdiges Leben eines Christen Gestalt annehmen kann. Es folgt eine dreifache Aufforderung: Lebt wie Weise! Nutzt die Zeit! Versteht den Willen Gottes! (V 15-17)

In einem zweiten Teil der Perikope bietet Paulus alternative Formen zu einem der Welt gleichförmigen Wandel. Der Christ soll sich durch den Geist erfüllen lassen (Imp. pas.). Auch hier wird er sogleich konkreter und erklärt, wie dies geschehen kann: Durch das Singen von Liedern und einer umfassenden Dankbarkeit, welche sich unter anderem in der gegenseitigen Unterordnung ausdrückt (V 19-21).

Aus der obigen Gliederung geht hervor, dass Vers 21 zur vorliegenden Perikope gezählt werden kann, auch wenn dies verschiedentlich nicht so gehandhabt wird.22 Ich folge dabei Guthrie, welcher sagt: „Those who have learned to reverence Christ will learn to respect other believers.“23 Demzufolge betrachte ich V 21 als Bindeglied zur Haustafel, welche im Anschluss folgt (Eph 5,22 - 6,9). Durch die gegenseitige Unterordnung kann einerseits die Dankbarkeit gegenüber Gott konkret zum Ausdruck gebracht werden.24 Gleichzeitig leitet V 21 über zum Verhältnis zwischen Mann und Frau (5,22-33) und schliesslich dem Umgang von Kindern und Eltern (6,1-4), sowie Sklaven und Herren (6,5-9).

Ausserdem geht aus der sprachlichen Figur des Anakoluth hervor, dass das Wort ὑποτασςόμενοι (ordnet euch unter) nach dem Verbum finitum πληροῦσθε zur Reihe der nachfol- genden Partizipien gezählt werden kann.25 Somit erstreckt sich die sprachliche Figur von V 18 bis V 21, was diesen letzten Vers meines Erachtens eindeutig zur besprechenden Perikope gehören lässt.

3.6 Zusammenfassung des Textes in einem Satz

Ein geheiligter Lebenswandel wird erlangt durch ein Verständnis von Gottes Willen und durch die Erfüllung vom Geist Gottes, welche durch Lobpreis und Dankbarkeit gegenüber Gott in Kraft gesetzt wird.

4 Wortstudien

4.1 Erfüllen (πληρόω)

Das Wort πληρόω kann übersetzt werden mit „erfüllen“, „zur Geltung bringen“ oder „verwirklichen“.26 mit Derivaten von πλήρης übersetzt. Dort wird das Wort häu-מלאIn LXX wird das hebräische Wort fig findet einerseits im technisch-militärischen Gebrauch Verwendungמלא(246-mal) verwendet. (2Sam 23,7), kann aber auch eine speziell religiöse Bedeutung aufweisen, im Sinne der Weihe einer Person in den Dienst Gottes (wörtl.: „jemandes Hand für Jahwe füllen“, Ri 17,5).27

πληρόω findet sich im NT 87 mal, wovon Lukas das Wort in Apg am meisten verwendet. Es handelt sich um ein kausatives (veranlassendes) Verb des Wortstammes πλήρης (voll), und meint in seiner Grundbedeutung „füllen“ oder „vollmachen“. Wobei der Gebrauch innerhalb des NT im rein liegenden Abschnitt zu zählen. Siehe: Gerhard Sellin, Der Brief an die Epheser, 9. Aufl. (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2008), 413. räumlichen Sinn seltener vorkommt als im übertragenen Sinn.28 Hübner sieht die Verwendung von πλήρης in Eph 5,18 an der Grenze zwischen räumlich und metaphorisch.29

4.1.1 Wesentliche Bedeutungsfelder von πληρόω im NT

1) Erfüllung des AT Schriftwortes: Das gebräuchliche Wort,30 um die Erfüllung der alttestamentlichen Schriften in neutestamentlicher Zeit zu beschreiben, sind Derivate von πληρόω (z.B.: Lk 24,44).
2) Erfüllung der Zeit: Gott bestimmt Zeiträume und Zeitpunkte, er handelt in der Geschichte. Die Zeit hat „eine Funktion im Heilsplan“. Wenn im NT von der erfüllten Zeit (πεπλήρωται ὁ χαιρός) gesprochen wird (Mk 1,15), so ist damit ein von Gott festgesetzter und von Israel durch das Studium des Tenach erwarteter Termin angebrochen.
3) Erfüllung mit dem Geist: Darüber wird nur im Passiv gesprochen. Gott ist der Spender, er erfüllt den Menschen und dieser lässt sich erfüllen. In diesem Sinne wird πληρόω am häufigsten von Lukas verwendet (Lk 1,15; Lk 4,1 u.a.). Nach Apg 2,4 wurden alle anwesenden Personen „erfüllt von heiligem Geist“. Aber auch Paulus verwendet πληρόω neben Eph 5,18 mehrfach in dieser Hinsicht (Kol 1,9; Eph 3,19). Dieses Bedeutungsfeld entspricht der Verwendung von πληρόω in V 18 unserer Perikope, weshalb ich im Folgenden näher darauf eingehe.

4.1.2 Bedeutung im fraglichen Kontext

In Apg 6 wird deutlich, dass die Erfüllung mit dem Heiligen Geist den Gläubigen verschiedene Ga- ben zuteilwerden wie Weisheit, Glaube oder Kraft. Im Gegensatz dazu kann der Mensch ohne den Heiligen Geist von schlechten Qualitäten erfüllt werden: Zorn (Apg 19,28), Unverstand/Tollheit (Lk 6,11) oder Eifersucht (Apg 5,17), wobei hier der Urheber Satan ist (Apg 5,3). So schliesst Schippers: „Es gibt offenbar keine neutrale Position des Menschen zwischen Christus und Satan.“31

Auch nach Paulus bringt der Mensch entweder „Frucht des Geistes“ (Gal 5,22: Liebe, Friede, Freundlichkeit u.a.) oder er tut „Werke des Fleisches“ (Gal 5,19: Unzucht, Ausschweifung, Unreinheit u.a.). So kann mit Bezug auf das Wort πληρόω und in Verbindung mit der Pneumatologie des Paulus folgendes festgestellt werden: „‘Mit der Kraft des Geistes erfüllt werden‘ bedeutet ‚im Geist leben‘ (Gal 5,25) bzw. ‚in Christus sein‘, den Sinn Christi haben (1Kor 2,16) und so als Glied des Leibes Christi durchströmt werden von der Fülle der Gnadengaben.“32

So wie eine Sache vollgemacht, angefüllt oder ausgefüllt werden kann (Netz in Mt 13,48), so kann auch eine Person erfüllt werden mit Kräften, Eigenschaften oder Gaben.33 Wenn Paulus nun die Erfüllung mit dem Geist anspricht, so kann dies so verstanden werden, dass der an Jesus Christus Glaubende sich erfüllen lassen soll (Imperativ, Passiv) mit dem Guten was Gott schenkt, anstelle dessen, was aus dem natürlichen Menschen hervorkommt (Röm 1,21-32). Wird dem Gebrauch von πληρόω in LXX Beachtung geschenkt, kann sogar gesagt werden, dass mit der Erfüllung durch den Geist in V 18 eine Absonderung/Heiligung für Gott einhergeht (3Mo 11,44). Diese Absonderung wird durch Paulus in den Versen 15-18a angesprochen.

4.2 Lobgesänge, Hymnen, Lieder (V 19)

Die terminologische Abgrenzung zwischen den drei zu behandelnden Wortgruppen ist schwierig.34 Trotzdem beinhaltet jede Gruppe ihre eigenen Bedeutungsfelder, weshalb eine genaue Betrachtung aufgrund der eingangs erwähnten Fragestellung nicht ausbleiben darf.

4.2.1 Lobgesang (ψαλμός)

Das Substantiv ψαλμός kann übersetzt werden mit „Loblied“ oder „Psalm“ und bezeichnet im NT (7- mal) Lobgesänge nach alttestamentlichem Vorbild. Das Verb ψάλλω meint „singen“ oder „lobsingen“ und bezieht sich im NT (5-mal) immer auf den Lobgesang zu Gott.35

(Spielen eines Instrumentes; Ps 33,236 u.ö.) mit ψάλλωזמרIn LXX wird das hebräische übersetzt und bezieht sich in der Regel auf ein durch Saiteninstrument begleitetes Lied. Seltener bezeichnet ψάλλω in LXX nur gesungenen Lobpreis.37

Ethymologisch stammen sowohl ψάλλω als auch ψαλμός von „vibrieren machen durch berühren, tasten, stossen, streichen“. Im profanen Griechisch sind die Worte seit Homer ebenfalls belegt und die Anwendung bewegte sich von einem „Striegeln der Haare“ zum „Zupfen einer Harfe“. Für den Gebrauch von ψαλμός im NT ergeben sich hauptsächlich zwei Bedeutungsfelder.38

[...]


1 Zu einer Exegese, welche lediglich Eph 5,18f. berücksichtigt siehe: Reto Lussi, Singt! Die Auswirkungen von Lobpreis und Anbetung auf das Gemeindewachstum, (Zürich: IGW International, 2009), 25-31. So auch: Stefan Jung, Gott lieben, loben, feiern: Anbetung und Lobpreis im Spannungsfeld von Eventkultur und Tradition, (Basel: Brunnen Verlag, 2008), 26f.

2 Obwohl die Verfasserfrage erst in Kap. 5.1.1 behandelt wird, verwende ich zum besseren Verständnis bereits hier und im Folgenden den Namen Paulus.

3 Siehe: Rudolf Bultmann, „Ist voraussetzungslose Exegese möglich?“, In: Ders. Glauben und Verstehen: Ge sammelte Aufsätze von Rudolf Bultmann, Bd. 3., (Tübingen: J.C.B. Mohr, 1960), 142.

4 Helge Stadelmann und Thomas Richter, Bibelauslegung praktisch: In zehn Schritten den Text verstehen, 4. Aufl. (Witten: SCM R. Brockhaus, 2010). So behandle ich z.B. die Einleitungsfragen später als von Stadelmann / Richter vorgeschlagen. Dadurch sollen zuerst der Text an sich und seine Eigenarten ins Blickfeld kommen.

5 Erwin Nestle und Kurt Aland, Novum Testamentum Graece, 27. Aufl. (Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft,

6 Vgl. dazu auch: Donald A. Carson und Douglas J. Moo, Einleitung in das Neue Testament, (Giessen: Brunnen Verlag, 2010), 595: Der gesamte Text des Eph ist textkritisch „relativ unumstritten“. Die signifikanteste Abweichung der einzelnen Handschriften steht ausserhalb unserer Perikope, in Eph 1,1. Siehe dazu: 5.1.2 vorliegender Arbeit.

7 Vgl. dazu: NTG, a.a.O., 16 u. 19. Sowie: Jens Adam, Verstehen Suchen: Ein Kompendium zur Einführung in die neutestamentliche Exegese, 4. Aufl. (Mannheim: AZUR, 2006), 17ff. Eine kurz gefasste und hilfreiche Hinführung zur Textkritik und der Gewichtung einzelner Textzeugen findet sich bei: Gerhard Hörster, „Textkritik“, in: Heinz-Werner Neudorfer und Eckhard J. Schnabel (Hg.), Das Studium des Neuen Testaments: Eine Einführung in die Methoden der Exegese, Bd. 1, (Giessen und Wuppertal: TVG, 1999), 51-68.

8 Die Liste ist nicht abschliessend. Die weiteren Majuskeln, welche für den Epheserbrief relevant sind, weisen jedoch ein jüngeres Entstehungsdatum auf (4. Jh. bis 9. Jh.). Zum Alter der einzelnen Papyri und Majuskeln vgl.: Kurt Aland, Kurzgefasste Liste der Griechischen Handschriften des Neuen Testaments, 2. Aufl. (Berlin: Walter de Gruyter, 1994), 9 u. 19.

9 Wenn nichts anderes erwähnt, vgl. dazu den kritischen Apparat des NTG, a.a.O., 511f. sowie: Bruce M. Metz- ger, A Textual Commentary on the Greek New Testament, 2. Aufl. (Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft, 2007), 540f.

10 Andrew T. Lincoln, Word Biblical Commentary: Ephesians, Vol. 42, (Dallas: Word Books, 1990), 337.

11 Walter Bauer und Kurt Aland, Wörterb u ch zum Neuen Testament (WNT), 6. Aufl. (Berlin, New York: Walter de Gruyter, 1988), 1750.

12 Neuer Sprachlicher Schlüssel zum griechischen Neuen Testament (Giessen: Brunnen Software), sowie: WNT, a.a.O.

13 Auch: Toren.

14 Im sittlichen Sinn: schlecht, böse, lasterhaft.

15 Vgl. dazu Kap. 5.1.2 vorliegender Arbeit.

16 Zum Aufbau des hellenistisch-paulinischen Briefformulars siehe: Stadelmann/Richter, a.a.O., 105.

17 Mussner, a.a.O., 743 und Stadelmann/Richter, a.a.O., 104f. Carson/Moo a.a.O., 594 sehen in Eph ein „per- sönliches Gespräch des Paulus in Form eines Briefes.“ Hier stellt sich aber die Frage, welcher Brief nicht grundsätzlich ein persönliches Gespräch darstellt, da sich der Schreiber an einen Adressaten richtet und mit diesem in schriftlicher Form kommuniziert.

18 Andreas Lindemann, „Epheserbrief“, EKL, Bd. 1. 1050.

19 Für die Auslegung weniger von Bedeutung, aber sprachlich interessant ist der Umstand, dass es sich bei Eph 5,18-21 um das rhetorische Stilmittel des Anakoluth handelt. Siehe dazu: Friedrich Blass und Albert Debrunner, Grammatik des neutestamentlichen Griechisch, 14. Aufl., (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1975), 394-397. Beachte dazu auch Kap. 3.5 vorliegender Arbeit.

20 Vgl. dazu weiter unten Kap. 3.4, sowie: Sellin, Der Brief an die Epheser, a.a.O., 419. Wobei Sellin nicht von der Heiligung, sondern eben von der Ethik und der Liturgik spricht.

21 Vgl.: Rudolf Schnackenburg, Der Brief an die Epheser, EKK Bd. 10, (Zürich: Benziger Verlag, 1982), 238.

22 So z.B.: Mauerhofer, a.a.O., 122 oder Lindemann, a.a.O., 1050. Sellin sieht die gesamte Perikope 5,15-20 als Übergang zur Haustafel, wobei Eph 5,20 syntaktisch nicht abgeschlossen ist und die Reihe der vier Partizipien aus V 18 in V 21 um ein fünftes erweitert wird (euch einander unterordnend). Er entscheidet sich jedoch, V 21 nicht zum vor- David Jäggi

23 Guthrie, a.a.O., 518.

24 Vgl. dazu auch Eph 1,12a: „Dem Lob seiner Herrlichkeit sollen wir dienen...“. Das Gotteslob bezieht sich nicht nur auf Gesang oder Musik, sondern auf unseren Dienst an Gott, welcher durch unser Leben zum Ausdruck gebracht wird.

25 Siehe: Blass und Debrunner, a.a.O., 396f.

26 Hans Hübner, „πληρόω“, EWNT, 3. Aufl., Teil III, 256. “, THWAT, 898.מלא27M . Del cor, „ David Jäggi

28 Hübner, a.a.O., 257. So z.B.: mit Freude erfüllen.

29 Ebd.

30 Siehe dazu: Reinier Schippers, „πληρόω“, TBLNT, 2. Aufl., 409-412.

31 Ebd. 411.

32 Schippers, a.a.O., 411.

33 Vgl. dazu: WNT, a.a.O., siehe unter „πληρόω“, 1348.

34 Karl-Heinz Bartels, „Lied“, TBLNT, 2. Aufl., 906. So auch Lincoln, a.a.O., 345.

35 WNT, a.a.O., siehe unter „ψαλμός“ und „ψάλλω“, 1777.

36 Da LXX Ps 9 und 10 als einen Psalm nummeriert, findet sich die fragliche Stelle in LXX bei Ps 32,2. Im Weiteren gehe ich von der, in den gebräuchlichen Übersetzungen angewandten, Nummerierung aus.

37 Horst Balz, „ψαλμός“, EWNT, 3. Aufl., Teil III, 1184f. Vgl. dazu auch: Gerhard Delling, „ψαλμός u.a.“, THWNT, Bd. 8, 494.

38 Dieser und folgender Abschnitt vgl.: Karl-Heinz Bartels, „ψαλμός“, TBLNT, a.a.O., 908.

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Details

Titel
Exegese zu Eph 5,15-21. Erörterungen zu einer entsprechenden Predigt und adäquaten liturgischen Elementen
Hochschule
Werkstatt für Gemeindeaufbau gGmbH
Note
1.0
Autor
Jahr
2013
Seiten
49
Katalognummer
V231195
ISBN (eBook)
9783656477440
ISBN (Buch)
9783656479642
Dateigröße
605 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Epheser, Exegese, Gotteslob, Worship, Musik, Liturgie, Gottesdienst, Predigt, Predigtvorlage, Paulus
Arbeit zitieren
David Jäggi (Autor:in), 2013, Exegese zu Eph 5,15-21. Erörterungen zu einer entsprechenden Predigt und adäquaten liturgischen Elementen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/231195

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