Die Jugendphase – eine Phase mit Inhalt! Drogenkonsum im Kontext von Belastungen und die Kernorientierung heutiger Präventionsarbeit


Hausarbeit, 2010

18 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Die Jugendphase - eine Phase mit Inhalt!

2. Drogenkonsum und jugendspezifische Belastungen
2.1 Drogen in der Gesellschaft
2.2 Konsumverhalten der Jugend - statistische Erhebung
2.3 Mögliche Ursachen für Konsum und Abhängigkeit
2.3.1 Schulversagen
2.3.2 Lösung von der Familie
2.3.3 Versperrter Zugang zum Erwachsenenstatus
2.4 Die Abhängigkeit und ihre biografischen Folgen

3. Die Kernorientierung der Drogenprävention heute
3.1 Die Basis präventiver Drogenarbeit
3.2 Perspektivwechsel in der Prävention
3.3 Das Ende der sozialen Kontrollierbarkeit?

4. Schlussbemerkung

Literaturverzeichnis

Einleitung

„[ … ] man muss sich letztendlich selbst auf die Füße stellen. Ja als Mensch, der von nichts en Plan hat, muss ich irgendwo mal sagen, ne? Als Mensch, ja derüberhaupt nicht weiß, wie das Leben aussieht und, ja,überhaupt nicht weiß, wie man sich verhalten soll, der muss sich praktisch selber auf die Hacken stellen und da was angehen, ne? Und man weißeigentlich gar nicht wie. Und wenn man’s dennoch schafft, ja - dann hat man Glück gehabt.“ (Interview mit einem Jugendlichen in: Sladek 2000: 238)

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich -ausgehend von der „Individualisierung“ gesellschaftlicher Lebensumstände- vordergründig mit der Frage, ob jugendspe- zifische Belastungssituationen den Drogenkonsum bestärken können. Dabei wird darauf aufmerksam gemacht, welche biografische Bedeutung eine Abhängig- keitsentwicklung in der Jugendphase für den Lebenslauf eines Menschen haben kann. Des Weiteren wird Klarheit darüber geschaffen, wie die Drogenprävention gegenwärtig auf das Phänomen des Drogenkonsums der Jugend reagiert.

Der Hauptteil beginnt mit einer einleitenden Darstellung, in der die Jugendphase erklärt und zugleich die zentrale Problemstellung der Arbeit formuliert wird. Im anschließenden 2. Kapitel wird der Begriff „Droge“ definiert und mit der Gesell- schaft sowie der Jugend in Verbindung gebracht, indem gesellschaftliche Zu- sammenhänge und Zahlen zum Konsumverhalten dargelegt werden. Kernstück von Kapitel 2 ist eine Suche nach Ursachen für Drogenkonsum und - abhängigkeit, bei der signalisiert wird, dass jugendspezifische Belastungen unter Umständen den Konsum begünstigen. Daran anknüpfend wird ein Versuch unternommen Abhängigkeit zu konkretisieren, so dass ein denkbarer Lebenslauf beschrieben werden kann, der die biografischen Folgen einer Abhängigkeit skiz- ziert. Das 3. Kapitel umreißt die Drogenarbeit und gibt Aufschluss über den heu- tigen Leitgedanken präventiver Maßnahmen. Dabei werden Lösungsvorschläge dargelegt, wie in Belastungssituationen der Griff zur Droge verhindert werden könnte. An letzter Stelle des Kapitels wird in puncto neuerer Präventionsansätze ein Anreiz zur Frage herausgearbeitet, ob diese das Ende der sozialen Kontrolle bedeuten. Zum Abschluss der Arbeit werde ich die gewonnenen Erkenntnisse zusammenfassend formulieren und meine Meinung zum Thema äußern.

1. Die Jugendphase - eine Phase mit Inhalt!

Um die Gruppe der Jugendlichen näher zu betrachten, ist es notwendig, diese erst einmal genauer zu definieren. Der Begriff „Jugend“ ist unklar und hat in den unterschiedlichen Fachdisziplinen verschieden gelagerte Schwerpunkte. So ak- zentuiert z.B. die Psychologie die emotionale und kognitive Entwicklungsdyna- mik, und die Erziehungswissenschaft beschäftigt sich mit alterstypischen Voraus- setzungen und Folgen von Lernen, Erziehung und Bildung sowie den Auswirkun- gen der Sozialisation. (vgl. Schäfers, Scherr 2005: 17) In der Vielfalt der Wissen- schaft ist es kein leichtes -wenn nicht unmögliches- Unterfangen den soziologi- schen Aspekt von den Schwerpunkten anderer Fachdisziplinen exakt zu trennen. (vgl. Schelsky 1960: 11) Allerdings kann man Jugend im soziologischen Sinne als Phase beschreiben, die dadurch gekennzeichnet ist, dass der Mensch „nicht mehr die Rolle des Kindes spielt […] und in der er noch nicht die Rolle des Er- wachsenen als vollgültigen Trägers der sozialen Institutionen […] übernommen hat.“ (Schelsky 1960: 16) So gesehen, ist die Rolle der Jugend eine Art Über- gangsphase mit eigenständigen Verhaltensweisen. Unter Berücksichtigung der verschiedenen Gesellschaften oder Epochen derselben Gesellschaft macht der Soziologe Helmut Schelsky (1960) darauf aufmerksam, dass „Jugend nicht im- mer gleich ist, sondern […] offensichtlich in den verschiedenen gesellschaftlichen Zuständen ein unterschiedlicher Grad der Ausgeprägtheit oder Selbstständigkeit der sozialen Altersrollen besteht.“ (20)

Derzeit schrumpft1 die jugendliche Bevölkerung in Deutschland prozentual an der Gesamtbevölkerung gemessen. Gleichzeitig wird eine Ausdehnung der Lebens- phase Jugend festgestellt. So sprach man im Jahre 1900 nicht einmal von einer Jugendphase, sondern beschrieb man nur das Kindheits- und Erwachsenenalter. Um 1950 hat sich die erste Jugendphase als ein Lebensalter zwischen 15-20 Jahren ausdifferenziert. Im Jahre 2000 befindet sich ein Mensch im Alter von ca. 10-27 Jahren in der Jugendphase. Die Tendenz geht dahin, dass sich die Phase bis ins Jahr 2050 weiter ausdehnt und man dann das Alter von ca. 9 bis 29 Jah- ren als Jugend beschreiben wird. (vgl. Hurrelmann 2004: 14ff.)

Die Jugend wird häufig im Alltagsbewusstsein mit der Pubertät verknüpft. Diese ist aber nur ein Teil der Jugend selbst, die mit der Geschlechtsreife zwischen 10- 14 Jahren beginnt. Die Abgrenzung von Jugend- und Kindesalter wird durch die- se psychophysische Entwicklung erheblich leichter. Viel schwerer ist es, das Ju- gend- vom Erwachsenenalter zu trennen. Aus soziologischen und psychologi- schen Befunden lässt sich die Jugend selbst in drei Phasen gliedern: frühe Ju- gendphase (pubertäre Phase, 12-17 Jährige), mittlere Jugendphase (nachpuber- täre Phase, 18-21 Jährige) und die späte Jugendphase, die das Alter von 22 bis 27 Jahren als Übergangszeit auf die Erwachsenenrolle umfasst. (vgl. Hurrelmann 2004: 40f.) Schelsky (1960) beschreibt den Beginn der Jugendphase als „Um- bruch insbesondere der sozialen Verhaltensweisen“ (44) und das Ende werde eingeleitet „mit der Ehe- und Familiengründung […].“ (ebd.) Letzteres dürfte all- gemeiner mit dem Begriff „Sozialisation“ in Verbindung gebracht werden. Diese vollzieht sich zwar ein Leben lang, jedoch stellt sie ein wichtiges Element des Jugendalters dar. Sie trägt nämlich in der Jugend erheblich zur Identitätsbildung bei und fördert die Einbindung in die Gesellschaft. Dieser Prozess wird von Hurrelmann (2004) als „Entwicklung der Persönlichkeit in Auseinandersetzung mit den inneren und äußeren Anforderungen“ (49) dargestellt. Zu den wichtigen Sozialisationsinstanzen der Jugend gehören: Bildungs- und Qualifikationseinrichtungen, Familie und Partnerschaft, Gleichaltrigengruppen sowie öffentliche und politische Institutionen. (vgl. Hurrelmann 2004: 49ff.)

Es lässt sich zunächst einmal resümieren, dass die Lebensphase Jugend eine sich ausdehnende beachtliche Zeitspanne des Lebens ausmacht. Dabei ist sie nicht nur eine Übergangsphase und unveränderliches Gebilde, sondern auch ein flexibles soziales Phänomen mit eigenem Charakter und ein wichtiger Abschnitt der Sozialisation des Menschen. Und mehr noch: Nach dem Philosophen Aristo- teles ist Jugend auch gefüllt mit Begierde, Übertreibung, Leichtgläubigkeit, Hochmut, Jähzorn, Hoffnung, Furchtlosigkeit, Spaß usw. (vgl. Aristoteles 1959: 139ff.) „Junge Leute sind in ihrer Artung begehrlich und darauf aus, zu tun was sie begehren. Sie folgen gern den leiblichen Gelüsten und dem Liebesdrang und sind darin unbeherrscht. […] Und alles übertreiben sie, und darin fehlen sie […].“ (Aristoteles 1959: 139f.)

Das Zitierte betont, dass sich in der Jugend auch Risiken für den Lebenslauf eines Menschen verbergen können. Problematisch erscheinen diese Eigenschaf- ten der Jugend, wenn man die gegenwärtige Gesellschaft als „Risikogesellschaft“ (Beck) versteht. Der Soziologe Ulrich Beck (1986) geht davon aus, dass jeder Einzelne -somit auch Jugend- gezwungen sei, „bei Strafe seiner permanenten Benachteiligung [zu; MW] lernen, sich selbst als Handlungszentrum, als Pla- nungsbüro in bezug [sic!] auf seinen eigenen Lebenslauf, seinen Fähigkeiten, Orientierungen, Partnerschaften usw. zu begreifen.“ (217) Insofern sind Jugendli- che der Tendenz unterworfen, „sich selbst […] zum Zentrum ihrer eigenen Le- bensplanung und Lebensführung zu machen.“ (ebd.: 116f.) Nicht ganz so, wie es Beck formuliert, sind nach Schäfers und Scherr (2005) die Individualisierungs- tendenzen für Jugendliche keineswegs „jenseits von Klasse und Schicht“ (Beck 1986: 121) angesiedelt. Stattdessen sind auch heute noch die „Entscheidungs- möglichkeiten und Entscheidungszwänge […] von ihrer sozialen Herkunft sowie ihrer Position im Bildungssystem“ (50) abhängig. In letzter Konsequenz zeigt sich aber, dass für die Einen, die erfolgreich beim Aufbau der kommunikativen Kom- petenz sind, das Individualisierungskonzept durchaus günstige Bedingungen für den Selbstfindungsprozess enthält. Die Anderen, die den Anforderungen von Bildung, Sozialkompetenz und biografischer Selbststeuerung nicht gerecht wer- den, sind unter den Bedingungen der „Herauslösung aus traditionalen Lebenszu- sammenhängen“ (Beck 1986: 213) dem Risiko der sozialen Isolierung ausgesetzt und dabei steht das Scheitern einer selbstbewussten Identitätsbildung auf dem Spiel. (vgl. Hurrelmann 2004: 55) Es stellt sich nun die Frage, wie sich das Risi- koverhalten2 im Jugendalter auf den Lebenslauf eines Menschen auswirken kann. Sicherlich ist Risikoverhalten in der Jugend als vielschichtiges und ineinan- dergreifendes Verhalten zu beschreiben. (vgl. Engel, Hurrelmann 1998: 17) Aber wird in der folgenden Ausführung ein genauer Blick auf das Verhalten des Dro- genkonsums geworfen.

2. Drogenkonsum und jugendspezifische Belastungen

2.1 Drogen in der Gesellschaft

Der Begriff „Droge“ ist schwer zu definieren, weil dieser in verschiedenen Wis- senschaften, politische Institutionen und Praxistraditionen nicht einheitlich ge- braucht wird. Dabei kommt erschwerend hinzu, dass er durchaus mit negativen Assoziationen belastet ist. Droge stammt begriffsgeschichtlich aus dem Nieder- deutschen und bedeutet „trocken“. Damals diente der Begriff als Bezeichnung für Grundstoffe zur Herstellung von Arzneimitteln. In neuer Zeit wurde es üblich den Begriff einzuschränken auf psychoaktive Substanzen. Heute werden alle psycho- aktive Wirkstoffe pflanzlicher oder synthetischer Herkunft, die durch die Wirkung auf das Zentralnervensystem die Sinnesempfindung beeinflussen, Droge ge- nannt. Zur Demonstration: Drogen können z.B. anregen, dämpfen, beruhigen, berauschen und die Stimmung heben. (vgl. Loviscach 1996: 17)

In unserer Gesellschaft sind Drogen per se nichts „Unnormales“ und werden sie auch z.T. gesellschaftlich als unproblematisch angesehen. Mehr als fragwürdig erscheint es, dass die Grenze zwischen normalen und abweichenden Drogenge- brauch durchaus als ambivalent zu beschreiben ist. So gelten exzessive Rituale des Alkoholgebrauchs (z.B. Münchener Oktoberfest) als gesellschaftliche Norma- lität. Dagegen gilt Trunkenheit im Alltag als abweichendes sowie problematisches Verhalten und wird nicht selten als Indiz für Sucht interpretiert. Einige Drogen wie Alkohol sind Teil der Gesellschafts- und Kulturgeschichte in Deutschland. Andere wiederum verboten und deren Gebrauch wird als problematisch eingestuft. (vgl. Schäfers, Scherr 2005: 170f.) Es scheint als offenbare sich das „Drogenproblem in einer süchtigen Gesellschaft“ (Thiersch 1995: 119) als ein Paradoxon.

Um die gesellschaftliche Akzeptanz einiger Drogen darzustellen, dient folgende Einteilung -im Groben- als Orientierung:

Legale Drogen: Z.B. Alkohol, Nikotin, Koffein und Medikamente sind in die Gesellschaft integriert, ihr Gebrauch ist nicht strafbar (Wein, Bier und Schlaf- mittel). Sie werden aber auch missbraucht und können abhängig machen.

Illegale Drogen: Z.B. Aufputschmittel, Halluzinogene und Opiate sind nicht in die Gesellschaft integriert (Kokain, Cannabis, Heroin). Ihr Besitz, Gebrauch und Handel damit ist strafbar. (vgl. Schäfers, Scherr 2005: 172)

Kritisch anzumerken ist, dass sich die gängige Unterscheidung zwischen legalen und illegalen Drogen auf gesetzliche Vorgaben bezieht, die unterschiedliche Ge- fährlichkeit suggerieren soll. Faktisch ist diese Einteilung politisch und beschreibt meistens nicht die medizinischen oder kulturvergleichenden Erfahrungen mit Drogen. (vgl. Loviscach 1996: 19) In diesem Zusammenhang verweist Loviscach (1996) darauf, dass z.B. „Alkohol und Tabak […] für die Gesundheit […] und auch in ihrem Suchtpotenzial kaum hinter einem Teil der illegalen Drogen zurückste- hen.“ (19) Man könnte den Eindruck gewinnen, dass Suchtmittel und Süchtige unterschiedliche gesellschaftliche Aufmerksamkeit genießen. Misstrauisch formu- liert: „Sucht wird also toleriert, beklagt, bestraft - je nachdem.“ (Thiersch 1995: 131) Im Grunde genommen -ungeachtet aller vielfältigen Besonderheiten- haben Drogen eine zentrale Eigenschaft, auf die der Fokus dieser Arbeit gerichtet ist: Sie können alle verschieden schnell und intensiv Abhängig machen. Dabei ste- hen Drogenkonsumenten vor der Schwierigkeit, den Übergang von der Gewohn- heit zur Sucht zu kontrollieren. Gerade hier liegt ein zentrales Problem für Ju- gendliche im Kontakt mit Drogen. (vgl. Schäfers, Scherr 2005: 172)

[...]


1 Anteil der 20-Jährigen in den alten Bundesländern gemessen an der Gesamtbevölkerung: 1980 ca. 30 %, 2000 ca. 22 % und 2020 ca. 17 %. (vgl. Hurrelmann 2004: 14)

2 Als Risikoverhalten der Jugend lässt sich z.B. aggressives Verhalten, riskantes Verkehrsverhalten. Stressreaktion, Selbstaggression, Drogen- und Medikamentenkonsum feststellen. (vgl. Engel, Hurrelmann 1998: 17)

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Die Jugendphase – eine Phase mit Inhalt! Drogenkonsum im Kontext von Belastungen und die Kernorientierung heutiger Präventionsarbeit
Hochschule
Fachhochschule Dortmund
Veranstaltung
Sucht und Drogen in der Gesellschaft
Note
1
Autor
Jahr
2010
Seiten
18
Katalognummer
V231375
ISBN (eBook)
9783656477860
ISBN (Buch)
9783656479178
Dateigröße
482 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
jugendphase, phase, inhalt, drogenkonsum, kontext, belastungen, kernorientierung, präventionsarbeit
Arbeit zitieren
B.A. Martin Willmann (Autor:in), 2010, Die Jugendphase – eine Phase mit Inhalt! Drogenkonsum im Kontext von Belastungen und die Kernorientierung heutiger Präventionsarbeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/231375

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