Zauberhafte Kanzashi. Stoffblütenschmuck aus Japan: 22 Anleitungen zum Falten und Nähen


2013-08-01, 308 Pages (ca.)

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Originalausgabe


Extrait


Vorwort

„Blumen sind das Lächeln der Erde“, hat der Dichter und Philosoph Ralph Waldo Emerson einmal gesagt. Ich muss sagen: Er hatte recht und es verwundert nicht, dass immer wieder versucht wurde, Blumen zu schaffen, die nicht verblühen. „Ich male Blumen, damit sie nicht sterben“, äußerte dazu einst die mexikanische Malerin Frida Kahlo, deren reicher Blumenschmuck im Haar zu ihrem Markenzeichen wurde.

Mich haben Blumen schon immer fasziniert und ich war und bin immer wieder auf der Suche nach neuen Möglichkeiten, Blüten anzufertigen, die dauerhaft erblühen.

So habe ich auch zu Kanzashi „gefunden“. Es war eigentlich ganz unspektakulär: Auf der Suche nach neuen Inspirationen stieß ich beim Surfen im Internet auf Bilder dieser schönen Blüten aus Stoff. Ich wusste sofort: Ich möchte lernen, wie man das macht! Auf Websites, vorwiegend aus den USA und natürlich auch aus Japan, fand ich Bilder, kleine Tutorials und unzählige Ideen. Viele nette Menschen teilten freigiebig ihr Wissen auf Blogs und bei YouTube, meist auf Englisch oder Japanisch.

Sehr geholfen hat mir auch das wundervolle Buch Kanzashi in Bloom von Diane Gilleland, das mir noch immer als Inspirationsquelle und auch als Vorbild für dieses Buch dient. Diane Gilleland hat mir auch erlaubt, das von ihr entworfene „gefältelte Blütenblatt“ („pleated petal“) in diesem Buch zu zeigen, wofür ich ihr herzlich danken möchte. Es ist eine meiner liebsten Formen.

Inzwischen habe ich auch einige Workshops geleitet, bei denen ich Jugendlichen, aber auch bereits Kindern ab sieben Jahren beibrachte, einfache Kanzashi-Blüten selbst zu machen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben ihre selbstgemachten Blüten mit viel Stolz getragen, gezeigt und auch weiterverschenkt. Ich habe versucht, meine Erfahrungen aus diesen Workshops in diesem Buch sinnvoll einzusetzen, um die Herstellung von Kanzashi-Blüten möglichst einfach und auch für Ungeübte verständlich zu erklären. Die

Anleitungen sind mit zahlreichen Step-by-Step-Fotos illustriert und mit nützlichen, weiterführenden Tipps versehen.

Es genügte mir aber nicht, einfach nur die Blumen nachzumachen, ich wollte auch etwas über ihre lange Tradition und Geschichte erfahren.

Und so machte ich mich auf die Suche …

Kanzashi - Japanischer Haarschmuck mit Tradition

Kanzashi tauchten vermutlich erstmals in Japan während der Jomon-Periode (ca. 14.000 bis 300 v. Chr.) auf. Ursprünglich handelte es sich dabei um einen dünnen Stab, der angeblich magische Kräfte zum Abwehren böser Geister besaß und ins Haar gesteckt wurde. Später wurden auch Kanzashi-Haarkämme entwickelt. Während der Nara-Periode (ca. 710-794 n. Chr.) gelangten aus China neue Haarschmuckornamente nach Japan und im Laufe der darauffolgenden Heian-Periode (ca. 794-1185) wurde „Kanzashi“ zu einem allgemeinen Begriff für verschiedene Arten von Haarschmuck.

Varianten traditioneller Kanzashi © Maya Kanzashi, Kumagaya, Japan Einen Höhepunkt erreichte die Tradition in der Edo-Periode (1603-1868). Zahlreiche Kunsthandwerker entwickelten immer hochwertigeren Haarschmuck, um die nun modischen aufwendigeren Frisuren zu schmücken, und manche Stücke konnten angeblich sogar als Waffen zur Selbstverteidigung benutzt werden.

„Kanzashi“ bezeichnet, vereinfacht gesagt, also alle Arten von Haarschmuck. Die Blüten aus Stoff beziehungsweise die Technik ihrer Herstellung wird als „Tsumami Kanzashi“ bezeichnet, was wörtlich übersetzt in etwa „Haarschmuck aus gefaltetem Stoff“ bedeutet. Meist werden aber mittlerweile auch die Blüten selbst der Einfachheit halber als „Kanzashi“ bezeichnet, woran ich mich in diesem Buch auch halten werde.

Kanzashi-Arten

Es gibt eine Vielzahl an unterschiedlichen „Kanzashi“-Arten und -Formen! Hier einige Beispiele:

„Bira Bira“ sind kleine Metallstreifen, meist aus Aluminium, die mit kleinen Ringen frei hängend am Haarschmuck befestigt sind. Dadurch rufen sie ein leises, angenehmes „Klingeln“ hervor, das manchmal zusätzlich durch Glöckchen verstärkt wird. Eine weitere Spielart sind die „Shidare“ genannten Arrangements aus hängenden kleinen Seidenblumen.

„Kushi“ werden verzierte Haarkämme genannt, die aus lackiertem Holz oder Schildpatt gefertigt sind und in duttartige Teile der Frisur gesteckt werden. Die Kämme sind oft reich verziert, zum Beispiel mit Intarsien aus Perlmutt oder Schmucksteinen. „Hanagushi“ sind Haarkämme, die mit aufgeklebten Blütenblättern oder kleinen Blüten nach Art der „Tsumami Kanzashi“-Technik verziert sind.

Ein „Hanagushi“ mit weißen Blüten © Maya Kanzashi „Kogai“ sind zweiteilige Haarstäbe, ebenfalls aus Holz oder Schildpatt, die ins Haar gesteckt werden. „Kogai“ bedeutet wörtlich „Schwert“ und bezieht sich auf die zwei Teile, aus denen sie zusammengesteckt werden, ähnlich wie ein Schwert und seine Scheide. „Kogai“ und „Kushi“ gibt es oft als zusammenpassende Sets.

„Ogi“, die auch die Bezeichnung „Prinzessinnen-Stil“ tragen, sind ebenfalls schmale Metallstreifen wie die „Bira Bira“, die mit kleinen Ringen an einem fächerartigen Metallkörper befestigt sind. Dieser wird mithilfe einer langen Haarnadel in die Frisur gesteckt. Meist wird diese Art Kanzashi von Maiko, also Geishas in Ausbildung, seitlich in der Frisur getragen, etwa auf Höhe der Schläfe.

„Tama“ ist eine Art Haarstab oder Haarnadel mit einer einzelnen, verzierten Perle am Ende. „Hira Kanzashi“ sind Haarstäbe, die mit einer Stoffblüte verziert sind.

„Hira Kanzashi“ - ein Haarstab mit Blüte - von Maya Kanzashi; Kumagaya, Japan. © Maya Kanzashi „Tsumami Kanzashi“ sind schließlich die kunstvoll gefalteten Blüten, die traditionell aus Seide hergestellt werden. Gestecke aus mehreren solcher Blüten heißen „Hana Kanzashi“. Diese können zusätzlich mit „Bira Bira“ und Ähnlichem verziert sein.

Pfingstrosen - „Hana Kanzashi“ aus roter Seide mit Kranich sowie zwei passenden Haarnadeln, von Maya Kanzashi in Kumagaya, Japan. © Maya Kanzashi Unter dem Gesteck rechts auf dem Bild sieht man die „Bira Bira“, die schmalen Streifen aus Aluminium. Die Kanzashi werden in einem Familienbetrieb gefertigt, der neben dem traditionellen Haarschmuck auch „Hagoita“ herstellt. Dies sind paddelförmige Holzteile, die reich bemalt und mit Stoff verziert sind, meist mit Abbildungen von Geishas. Hagoita sind traditionelle Geschenke für Mädchen zu Neujahr, das Paddel des Vorjahres wird dann üblicherweise verbrannt.

Auf der Maya Kanzashi-Website gibt es einen schönen Überblick über verschiedene Formen und Arten von Kanzashi und eine umfangreiche Kundengalerie (auf Englisch oder Japanisch) - sehr sehenswert!

Traditionell werden Kanzashi vor allem von Geishas beziehungsweise Geiko und Maiko, also deren Schülerinnen, getragen. Aber auch bei traditionellen Shinto-Hochzeiten oder zu anderen festlichen Anlässen trägt man gerne Kanzashi.

Maiko tragen meist opulenteren Haarschmuck als Geiko und es gibt feste Regeln, welcher Haarschmuck zu welcher Jahreszeit getragen wird. Dies gilt insbesondere für die Blüten und deren Farbarrangements. So sind dies im Februar etwa überwiegend pinke oder rote Pflaumenblüten („ume“). „Sakura“, also Kirschblüten, kommen im April zum Einsatz, wenn in Japan das wichtige kulturelle Ereignis des Kirschblütenfestes („Hanami“, wörtl.: „Blumen betrachten“) stattfindet.

Maiko mit „November-Kanzashi“ © Daniel Bachler - www.iconoclash-photography.com Viele Kanzashi-Künstler versuchen, nicht nur Fantasieblüten herzustellen, sondern echte Blumen nachzuformen - wie etwa Lotus, Kirschblüten, Narzissen, Blauregen-Blüten, Schwertlilien oder Rosen. Es gibt aber auch Vögel, Koi-Karpfen und andere Tiere, die kunstvoll aus den gefalteten Seidenquadraten gestaltet werden. Eine einfache Google- Bildersuche mit dem Stichwort „Kanzashi“ bringt reiche Inspiration! Auch bei Pinterest, eine Art Online-Pinnwand für Bilder aus dem Netz, gibt es viele Kanzashi-Sammlungen.

Heute gibt es in Japan nur noch wenige traditionelle Hersteller von Kanzashi. „Tsumami Kanzashi“ sind seit etwa 1982 offiziell als traditionelles japanisches Kunsthandwerk angesehen. Die traditionelle Ausbildung dauert etwa fünf bis zehn Jahre. Aktuell gibt es nur noch fünf Meisterbetriebe mit traditioneller Ausbildung, doch eine Reihe anderer Kunsthandwerker versucht auch abseits davon, diese Tradition zu erhalten.

Aber auch andernorts, bisher überwiegend in den USA, wurden und werden Kanzashi zunehmend beliebter, und es gibt eine Menge „Hobby-Kanzashi“-Hersteller, die wunderschöne Kreationen fertigen. Diese „Hobby-Kanzashi“ haben natürlich mit den „echten“ japanischen Stücken wenig zu tun. Es ist daher verständlich, dass die japanischen Meisterbetriebe es mit Sorge betrachten, dass zunehmend auch in anderen Ländern billig hergestellte, nachgemachte „Kanzashi“ auf den Markt kommen.

Echte Kanzashi haben eine lange Tradition, die mit viel Respekt behandelt werden sollte, und es ist streng genommen auch nicht erlaubt, seine „Hobby-Kanzashi“ als „echte Kanzashi“ zu verkaufen. Traditionelle Kanzashi unterliegen strengen Vorschriften und ihre Gestaltung geht weit über das bloße Beherrschen der Falttechnik hinaus. Daher kann ich natürlich auch nicht den Anspruch erheben, in diesem Buch die Herstellung „echter Kanzashi“ zu zeigen. Ich lade aber dazu ein, die grundlegenden Techniken und ihre Variationen zu erlernen, um damit eigene, farbenfrohe Projekte umzusetzen. Denn diese Grundtechnik, die Origami ähnelt, lässt sich auch wunderbar für „modernere“ Stücke umsetzen. Heute werden viele solcher Hobby-Kanzashi aus bunten Baumwollstoffen gemacht, während traditionell meist Habotai-Seide oder auch Kimono-Stoffe verwendet werden. Es lohnt sich aber, immer wieder mit neuen Materialien zu experimentieren. Einige Ideen dafür habe ich in diesem Buch für euch zusammengestellt.

Traditionell werden Kanzashi mit Reiskleber geklebt. Dieser natürliche Klebstoff trocknet sehr langsam, bleibt dabei aber glasklar und wird sehr hart; er ist allerdings nicht wasserfest. Daher verwende ich in der Regel Textilkleber oder auch Heißkleber. Textilkleber ist in den Fällen die bessere Wahl, wenn die geklebten Teile eventuell noch nachkorrigiert werden müssen, da er nicht sofort fest wird. Heißkleber ist hilfreich, wenn es schnell gehen kann oder soll, zum Beispiel beim Aufkleben der fertigen Blüte auf ihre Basis. Ich bevorzuge es auch, die meisten meiner Blüten zusätzlich zu nähen, also die Blütenblätter auf Garn aufzufädeln. Das erleichtert es, eine regelmäßige Blüte herzustellen und macht die Kanzashi stabiler.

„Tsumami“ bedeutet wörtlich „kneifen“ oder „zusammendrücken“ und beschreibt die Herstellung der Blütenblätter: Das Erstellen einer dreidimensionalen Form aus einem zweidimensionalen Stoffstückchen. Traditionelle Hersteller falten meistens mithilfe einer langen, schmalen Pinzette, daher also das Wort „kneifen“. Im Anschluss werden die gefalteten Blütenblätter auf ein mit einer dünnen Schicht Reiskleber bestrichenes Brett gesetzt. Man lässt diese für rund eine Stunde antrocknen. Dann werden die mit Kleber benetzten Blütenblätter auf eine Basis geklebt, wozu gern ein Stückchen Pappe, fester Stoff oder auch Metall verwendet werden.

Ursprünglich gibt es bei traditionellen Kanzashi nur zwei Blütenblätter: das runde Blütenblatt („maru-tsumami“) und ein einfaches spitzes Blütenblatt („ken“- bzw. „kaku- tsumami“; wörtlich: „schwertförmig“). Nach und nach wurden aber weitere Falttechniken entwickelt, und manchmal lohnt es sich auch, noch ein wenig herumzuprobieren, um neue Effekte zu erzielen.

Wer sich an der traditionellen Herstellung versuchen möchte, kann Reiskleber ganz einfach selbst herstellen: Eine Tasse Reis mindestens 45 Minuten in Wasser kochen lassen, bis er sehr weich ist. Falls er noch zu körnig ist, noch einmal Wasser nachfüllen und weiter kochen lassen. Dann den weichen Reis durch ein feines Haarsieb drücken oder im Mixer sehr fein pürieren, um eine homogene Masse mit der Konsistenz eines Puddings zu erhalten. In ein Schraubglas gefüllt, hält sich der Kleber im Kühlschrank rund eine Woche. Man kann ihn auch in kleinen Portionen einfrieren und nach Bedarf wieder auftauen.

Die Grundlagen

Bei der Technik des Kanzashi beginnt alles mit Quadraten aus Stoff. Anfängern empfehle ich, die Quadrate zunächst nicht zu klein zu bemessen, denn je kleiner das Stoffstück ist, umso schwieriger wird das Falten. Mit einer Kantenlänge von 6-8 cm kommt man in der Regel am Anfang gut zurecht und auch Kinder können mit größeren Quadraten gut umgehen. Als Faustregel gilt dabei: So groß wie eines der Stoffquadrate, die man für eine einzelne Blüte verwendet, wird am Ende in etwa die ganze Blume.

In meinen Workshops beginne ich in der Regel mit dem runden Blütenblatt und einer Blüte aus sechs bis acht Blütenblättern. Bei den spitzeren Formen empfiehlt es sich, mehr Blütenblätter zu verwenden, um eine volle und formschöne Blüte zu erhalten. Experimentieren ist hier ausdrücklich erwünscht!

Bei den einzelnen Projekten habe ich jeweils angegeben, welche Stoffe ich verwendet habe und wie groß die verwendeten Stoffquadrate sind, damit die Stücke genau nachgearbeitet werden können. Natürlich können die Stoffe und die Größe der Blüten stets nach eigener Vorliebe geändert und angepasst werden.

Die Stoffe

Essentiell sind natürlich verschiedene Stoffe. Ich arbeite sehr gerne mit leichten Baumwollstoffen, uni oder bedruckt. Sie sind nicht sehr teuer, lassen sich gut falten und sind robust und pflegeleicht, was sie insbesondere für Anfänger und Kinder einfach zu handhaben macht. Daher empfehle ich, die ersten Versuche mit Baumwollstoffen zu machen. Sie sind in vielen leuchtenden Farben und mit vielerlei Drucken erhältlich.

Große, sehr farbenfrohe Motive wirken bei Kanzashi meist weniger gut, da die kleinen Stoffquadrate vielfach gefaltet werden, aber kleine Muster bieten schöne Effekte. Auch schmale Streifen, kleine Punkte und Blümchen oder feine Karos wirken toll. Für Kanzashi braucht es nicht viel Stoff und so lassen sich schon aus kleinen Stücken aus der Restekiste viele Blüten fertigen. Wer selbst näht, hat eine wunderbare Verwendungsmöglichkeit für all die kleinen Stoffstücke, die zum Wegwerfen zu schade sind.

Für edlere Kanzashi eignet sich feste Dupionseide wunderbar, auch sie lässt sich meist sehr gut falten und gibt den Blüten den nötigen Stand. Sie ist allerdings meist sehr teuer und schon aus diesem Grund eher etwas für Fortgeschrittene. Je feiner und glatter die Dupionseide gewebt ist, umso leichter lässt sie sich falten.

Gröber gewebte Wildseide mit den typischen Knötchen im Stoff erzielt bei größeren Blüten schöne Effekte.

Fester Kleidertaft ist ebenfalls recht gut geeignet, ebenso nicht zu glatte Mischgewebe. Die Stoffe sollten nicht zu dünn sein und etwas Stand haben. Zu dicke Stoffe sind indessen besonders zu Beginn schwieriger zu falten. Aber an leichten Jeansstoff kann man sich durchaus wagen! So erfüllt dann auch noch eine ausgediente alte Jeans einen schönen Zweck - die Blüten wirken etwas „sportlicher“, sind aber sehr hübsch! Warum nicht eine Jeansjacke mit kleinen Kanzashi aus Jeansstoff aufpeppen?

Definitiv für fortgeschrittene Kanzashi-MacherInnen sind sehr weiche, rutschige Stoffe, wie Satin und zarte Seidenstoffe. Auch Organza ist ziemlich schwierig zu falten, erzielt aber tolle Effekte. Organza aber bitte nicht heiß bügeln, er schmilzt sehr schnell!

Ganz eigene Effekte erzielen Wollstoffe oder auch ein zerschnittener alter Pullover aus feinem Strickstoff. Auch weicher und nicht zu dicker Filzstoff, wie zum Beispiel ViskoseFilz, ist gut geeignet. Die Blüten werden dadurch „klobiger“. Man sollte die Quadrate aber hierbei auf keinen Fall zu klein machen. Für dicke Stoffe eignet sich das runde Blütenblatt am besten. Schon aus fünf bis sechs Blütenblättern entsteht hierbei eine voluminöse Blume, die sich bestens als ausgefallene Brosche oder Taschenclip macht.

Etwas ganz Besonderes ist feines Leder. Dieses sollte aber sehr dünn und weich sein, um gut gefaltet werden zu können, dickes Polsterleder ist ungeeignet.

Weitere benötigte Materialien

Unverzichtbar ist eine gute Stoffschere, die auch mehrere Schichten Stoff mühelos durchschneidet. Zum Fixieren der gefalteten Blütenblätter benötigt man einige spitze Stecknadeln, zum Zusammensetzen der Blüten sind eine feine Nähnadel und festes Nähgarn unverzichtbar.

Die Nähnadel sollte nicht zu dick sein, erfahrungsgemäß gleitet eine dünne Nadel sehr viel leichter durch viele Schichten Stoff. Wenn es sehr schwer geht, lieber eine kleine Zange zu Hilfe nehmen, um die Nadel durchzuziehen. So lassen sich Verletzungen vermeiden! Auch ein Fingerhut tut hier gute Dienste und schont die Finger. Ich persönlich komme mit einem Fingerhut aus Leder am besten zurecht, aber der Klassiker aus Metall geht natürlich auch.

Ein Bügeleisen ist ebenfalls oft ein unverzichtbares Hilfsmittel. Besonders bei Baumwollstoffen kann es das Falten für Anfänger sehr erleichtern, wenn der erste Falz gebügelt wird.

Für die Basis wird von mir meistens Filz in passenden Farben verwendet, weil er einfach zu verarbeiten ist und nicht ausfranst. Der Filz sollte hierfür nicht zu dick sein. Am günstigsten ist einfacher Bastelfilz, den es in kleineren Platten in jedem Bastelgeschäft zu kaufen gibt. Viskosefilz ist meist dünner, geschmeidiger und oft auch als Meterware erhältlich.

Bei Kanzashi wird generell viel geklebt! Je nach Projekt werden dafür eine Heißklebepistole mit Heißklebesticks oder ein guter Textilkleber benötigt. Ich persönlich bevorzuge Textilkleber, weil die einzelnen Teile dann noch einige Zeit nachkorrigierbar sind. Außerdem ist man so unabhängig von Steckdosen und kann sich nicht die Finger verbrennen. Ein Nachteil kann jedoch sein, dass Teile verrutschen und der Kleber zu langsam trocknet. Heißkleber ist die bessere Wahl, wenn es schnell gehen soll. Wenn man viel davon verwendet, wird er aber recht steif und die Kanzashi können sehr schwer werden. Die besten Erfahrungen habe ich mit den Textilklebern von Gütermann und Bindulin gemacht. Diese sind zwar etwas teurer, haben aber eine gute Qualität und halten sehr fest. Günstige No-Name-Textilkleber waren leider bisher allesamt eine Enttäuschung. Insbesondere für Schmuckstücke ist ein guter Schmuckkleber zu empfehlen, beispielsweise Hasulith, mit dem auch Metallteile haltbar aufgeklebt werden können.

Wer viele Kanzashi herstellt, sollte auch über die Anschaffung einer Schneidematte mit Rollschneider und Schneidelineal nachdenken. Das erleichtert das Zuschneiden der Stoffe ungemein.

Zierelemente

Knöpfe: Um die Blüten in der Mitte zu verzieren, eignen sich verschiedenste Materialien. Sehr einfach geht es mit Knöpfen. Am besten eignen sich dafür Knöpfe ohne „Löcher“, also solche, die unten eine Öse zum Annähen haben. Knöpfe gibt es in unzähligen Varianten: aus Kunststoff, Metall, Holz, Leder oder Glas, mit oder ohne Muster, mit Strass und vielem mehr. Aber auch Knöpfe mit Löchern lassen sich gut verwenden. Mit einem kleinen aber effektiven Trick kann man diese aufgeklebten Knöpfe wie aufgenäht aussehen lassen - mehr dazu findet ihr in der Anleitung zum Blumen-Haarband.

Stoffbezogene Knöpfe sind auch eine schöne Möglichkeit, weil man den passenden Knopf für eine Blüte einfach selbst herstellen kann. Im Handel gibt es Fertigpackungen für solche Knöpfe in verschiedenen Größen. Mithilfe einfacher Werkzeuge, die in der Packung enthalten sind, werden die Metallknöpfe mit Stoff bezogen. Man kann aber mit ganz einfachen Mitteln auch andere Knöpfe selbst beziehen. Wie das geht, zeige ich beim Kapitel zum Kanzashi-Kissen in diesem Buch. So kommen auch alte und unansehnliche Knöpfe zu neuen Ehren.

Blütenstempel: Eine sehr schöne Möglichkeit, Kanzashi in der Mitte zu verzieren! Blütenstempel gibt es in der Regel als kleine Sträußchen zu kaufen. Es handelt sich um eine Art festes, gestärktes Garn, an dessen Ende ein farbiger Tropfen sitzt. Die kleinen Blütenstempel gibt es in vielen Farben und Varianten.

Ich habe mir mittlerweile eine große Sammlung zugelegt, so habe ich für jede Blüte eine passende „Mitte“. Für große Blüten kann man ein kleines Sträußchen mehrerer Stempel einpassen, bei kleinen, filigranen Stücken setze ich auch schon mal jeden kleinen Blütenstempel einzeln mit Hilfe einer Pinzette ein. Blütenstempel gibt es als Floristikbedarf oder auch als Hutmacherbedarf („millinery supplies“) zu kaufen, leider sind sie nicht immer einfach zu bekommen. Am Ende des Buches habe ich mögliche Bezugsquellen angegeben. Für große Blüten kann man auch sogenannte „Ilex-Beeren“ verwenden. Diese sind größer und runder als Blütenstempel und sitzen in der Regel auf dünnem Draht. Es gibt sie in gut sortierten Bastelgeschäften zu kaufen.

Perlen: Traditionelle Kanzashi sind häufig in der Mitte mit kleinen Perlen verziert, die in einer Perlkappe aus Metall sitzen. Der Haarkamm mit den Seiden-Kanzashi aus dem vorigen Kapitel ist ein Beispiel dafür. Größere Glasperlen oder Wachsperlen eignen sich sehr gut für solch eine Verzierung. Perlkappen gibt es in Silber, Gold, Bronze und Kupfer zu kaufen, manchmal werden sie auch in bunten Farben lackiert. Gut sortierte Bastelgeschäfte führen in der Regel ein großes Sortiment an solchen Materialien. Es gibt aber auch Geschäfte und Online-Shops, die sich auf Zubehör für die Schmuckherstellung spezialisiert haben.

Natürlich lassen sich Perlen auch ohne Perlkappen als Zier nutzen, man kann sie einfach aufkleben. Dabei sollte man darauf achten, dass die Perle groß genug ist, um alle offenen Stoffkanten abzudecken. Beim Aufkleben sollten die Fädellöcher zur Seite hin platziert werden.

Eine weitere Möglichkeit wäre, ein Stückchen Filz mit kleinen Perlen oder auch StrassSteinchen zu besticken und dieses auf die Mitte zu kleben.

Schmuckteile und Cabochons: Wer mag, plündert einfach sein Schmuckkästchen! Kleine Broschen oder Teile von Ohrringen und anderem Modeschmuck können einer schlichten Kanzashi-Blüte zu viel Glamour verhelfen. Eventuell müssen Broschennadeln oder andere Teile vorher entfernt werden - dazu am besten eine kleine Zange oder einen Seitenschneider verwenden. Auch sogenannte Cabochons lassen sich für Kanzashi zweckentfremden. Bei Cabochons handelt es sich um Schmucksteine, die hinten abgeflacht sind und in der Schmuckherstellung meist als Klebsteine verwendet oder in eine Fassung eingepasst werden. Auch bei den Verzierungen für die Blütenmitte lade ich ausdrücklich zum Experimentieren ein!

Mizuhiki: Mizuhiki ist eine japanische Technik, verschiedene Objekte aus dünnen Papierschnüren herzustellen, die miteinander verflochten werden. Diese Papierschnüre sind meist fest aus Reispapier gedreht, in verschiedenen Farben gefärbt oder mit Metallfäden ergänzt worden. Für Kanzashi werden diese Papierkordel für vielerlei Verzierungen verwendet, teils auch mit Perlen besetzt oder als eine Art Blütenstempel. Für die Blütenmitte wird ein kurzes Stück einer solchen Papierschnur zu einer kleinen „Schnecke“ aufgedreht und in der Mitte der Blüte platziert. Für Letzteres eignen sich auch dünne Textilkordeln oder Soutache.

Checkliste Material

- Stoffe oder anderes gewünschtes Material
- Stoffschere
- Nähnadeln
- Stecknadeln und/oder Quiltnadeln
- Festes Nähgarn
- Heißklebepistole und Heißkleber
- Textilkleber
- Schmuckkleber
- Bügeleisen
- Knöpfe, Perlen, Blütenstempel u. Ä. zum Verzieren
- Filz in verschiedenen Farben

Stoffe zuschneiden

Wer oft und viele Kanzashi macht, sollte über die Anschaffung einer Schneidematte mit Lineal und Rollschneider nachdenken, denn diese leisten wirklich gute Dienste und vereinfachen das Zuschneiden erheblich. Ich möchte meine nicht mehr missen! Aber natürlich geht es auch mit einer guten Stoffschere wunderbar. Allzu viel Mühe auf ganz akkurates Zuschneiden muss man übrigens nicht verwenden: Kanzashi verzeihen kleine Ungenauigkeiten. Auch, wenn die Quadrate nicht ganz perfekt sind, wird man das bei den fertigen Blüten nicht sehen. Das Geodreieck kann also getrost in der Schublade bleiben …

Zunächst lege ich fest, wie groß die Quadrate werden sollen, und schneide dann einen Streifen Stoff in der gewählten Breite. Insbesondere mit dem Rollschneider kann man gleich durch mehrere Lagen Stoff schneiden, dazu falte ich die Stoffbahn mehrfach.

Dann wird der Streifen in Quadrate geschnitten. Meistens schneide ich hier nur durch zwei Lagen, lege also den Stoff im einfachen Stoffbruch.

Wer möchte, kann auch eine Schablone aus Pappe zum Zuschneiden der Quadrate zu Hilfe nehmen.

Das Falten wird später einfacher, wenn der erste Falz gebügelt wird - und jede Falttechnik fängt damit an, dass die Quadrate diagonal zur Hälfte zu einem Dreieck gefaltet werden. Insbesondere für Anfänger ist es einfacher, wenn der erste Falz gebügelt ist, gerade bei Baumwollstoffen. Empfehlenswert ist dies auch, wenn man mit Kindern basteln möchte. Hierfür bereite ich zugeschnittene und vorgebügelte Stoffquadrate mit verschiedenen Farben und Mustern vor, damit man gleich mit dem Falten beginnen kann. Aber Achtung: Wollstoffe, Leder, manche Seiden - insbesondere, wenn sie vorher gestärkt wurden - sowie Organza oder andere empfindliche Stoffe sollten besser nicht vorgebügelt werden.

Die Blütenblätter: Formen und Grundlagen

Das Wichtigste für die Herstellung von Kanzashi sind natürlich die Blütenblätter. Auf den folgenden Seiten zeige ich fünf Falttechniken, um Blütenblätter in verschiedenen Formen herzustellen. Wer schon einmal Origami gemacht hat, wird sich beim Falten bestimmt daran erinnert fühlen. Das Erlernen der Falttechniken ist nicht schwierig und geht sehr schnell von der Hand, wenn man das „Wie“ einmal verinnerlicht hat. Das Schwierigste - aber auch das ist kein Hexenwerk - ist wohl das Zusammensetzen der Blütenblätter zu verschiedenen Blüten. Die ersten werden vielleicht noch ein wenig schief werden - davon braucht ihr euch aber nicht entmutigen zu lassen! Jede Blüte wird mit ein bisschen Übung gleichmäßiger werden, und bald ist das Zusammensetzen kein Problem mehr. Wer die einfachen Blüten gemeistert hat, wird bald anfangen, mit Formen und Farben zu experimentieren.

Das runde Blütenblatt

Dies ist das bekannteste und am meisten verbreitete Kanzashi-Blütenblatt - und eines der schönsten! Bereits mit wenigen Blütenblättern kann man mit dieser Technik eine voluminöse Blüte herstellen.

So geht es:

1) Ein Stoffquadrat diagonal zur Hälfte falten, mit der rechten Stoffseite nach außen. Nach Wunsch bügeln.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2) Die oberen Ecken auf die untere Spitze falten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3) Das so entstandene kleinere Quadrat umdrehen, sodass jetzt die glatte Seite nach oben zeigt. Dann die rechte und linke Ecke auf die Mittellinie falten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

4) Dann das Teil zusammenklappen, sodass die zur Mitte gefalteten Ecken innen liegen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

5) Umdrehen und das runde Blütenblatt mit einer Stecknadel fixieren.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

6) Die offenen Stoffkanten am unteren Ende des Blütenblattes mit einer scharfen Schere unterhalb der Stecknadel abschneiden. Dabei nicht zu vorsichtig sein, es wird fast die Hälfte abgeschnitten. Wenn man zu wenig abschneidet oder die Stecknadel zu weit unten durchsteckt, lösen sich die nach innen gefalteten Ecken wieder.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Das breit-spitze Blütenblatt

Das breit-spitze Blütenblatt ist eine Variante des traditionellen spitzen Blütenblattes.

So geht es:

1) Ein Stoffquadrat diagonal zur Hälfte falten, rechte Stoffseite zeigt nach außen. Diesen ersten Falz eventuell bügeln.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2) Das Dreieck noch einmal zur Hälfte falten, dieses Dreieck wieder zur Hälfte falten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

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Résumé des informations

Titre
Zauberhafte Kanzashi. Stoffblütenschmuck aus Japan: 22 Anleitungen zum Falten und Nähen
Auteur
Pages
308
Apparence
Originalausgabe
ISBN (ebook)
9783656471059
Taille d'un fichier
27140 KB
Langue
allemand

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