Exegese von Jesaja 2,1-5


Seminararbeit, 2011

23 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Den Text wahrnehmen
2.1 Übersetzung
2.2 Textkritik
2.3 Textabgrenzung
2.4 Aufbau und Struktur
2.4.1 Textschaubild
2.4.2 Auswertung
2.4.3 Gattung

3. Den Text verstehen
3.1 Einzelexegese
3.1.1 Vers 1
3.1.2 Vers 2a-2b
3.1.3 Vers 2c-3h
3.1.4 Vers 4
3.1.5 Vers 5
3.2 Kontextanalyse
3.2.1 Mikrokontext
3.2.2 Makrokontext

4. Den Text würdigen – Skopus

5. Anhang
5.1 Textschaubild
5.2 Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Exegese eines Jesaja-Textes stellt für mich eine große Herausforderung dar. Das fängt an bei der Verfasserfrage, geht über die Verfasserzeit, die Rolle Israels, messianische Deutungen, bis hin zu den Heilsankündigungen für alle Völker, was auch in diesem Text der Fall ist. Gerade prophetische Worte haben ja oft zwei Richtungen, in die sie weisen. Zum einen wurden sie in die Zeit damals hineingesprochen und zum anderen lesen wir sie auch noch heute für unsere Zeit. Manche Prophetien haben sich damals schon erfüllt, von manchen wissen wir es nicht und manche erfüllen sich erst in Zukunft und sind eschatologisch begründet. Teilweise überschneidet sich das auch noch. Und manches wissenschaftlich Errungene widerspricht dem, was ich eigentlich für wahr erachtet und geglaubt habe. Es ist schwierig eine Harmonie in diesem Buch zu finden, in der alles zusammenpasst, da es sie wahrscheinlich nicht gibt. So bleibt es bei uns, Wissenschafliches mit dem Glauben zu verbinden oder beides auch einfach einmal nebeneinander stehen zu lassen, was natürlich nicht immer einfach ist.

2. Den Text wahrnehmen

2.1 Übersetzung

1. Das ist das Wort, das Jesaja, der Sohn des Amoz, geschaut hat über Juda und Jerusalem:
2. Am Ende der Tage wird der Berg des Hauses des Herrn aufgestellt sein als Haupt der Berge und erhaben sein über die Hügel und alle Nationen werden zu ihm strömen
3. Und viele Völker werden gehen und sagen: Kommt, lasst uns hinaufgehen zum Berg des Herrn, zum Haus des Gottes Jakobs, damit er uns seine Wege unterweise und wir auf seinen Pfaden gehen. Denn von Zion wird Unterweisung ausgehen und das Wort des Herrn von Jerusalem.
4. Er wird richten zwischen den Nationen und das Richteramt ausführen für viele Völker. Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen schmieden und ihre Speere zu Winzermessern. Eine Nation wird nicht gegen eine andere Nation das Schwert erheben und sie werden einen Kampf nicht mehr lernen.
5. Kommt, Haus Jakob, lasst uns im Licht des Herrn wandeln.

2.2 Textkritik

Bei Vers 2 dieses Textes wird im textkritischen Aparat angegeben, dass in der Peschitta, der syrischen Übersetzung, das Wort נָכוֹן, wie auch in Mi 4,1, nach יְהוָה steht, was inhaltlich jedoch keine großen Unterschiede macht.

Allgemein kann man feststellen, dass diese fünf Verse aus Jesaja fast mit Mi 4,1-3 übereinstimmen. Doch in Vers 2-3 tritt noch ein weiterer Unterschied auf: In der Jesajastelle verwendet der Schreiber in Vers 2 zuerst das Wort גּוֹיִם und dann in Vers 3 den Begriff עַמִּים . Bei Micha geschieht das genau umgedreht, das heißt, in Vers 1 steht עַמִּים und in Vers 2 das Wort גּוֹיִם .

Die Wahl der zwei synonymen Wörter hatte bei beiden Propheten wahrscheinlich keinen besonderen Hintergrund. Es sollten damit vermutlich lediglich die anderen Völker durch die Sprache stilistisch hervorgehoben und betont werden.

Es gibt jedoch eine weitere textkritische Erkenntnis, die besagt, dass ursprünglich nicht von allen Völkern die Rede war. Die spätere Auffassung, dass hierbei doch alle Völker eingeschlossen wären, wurde mit der Linie Jesajas in seinem Buch theologisch begründet.[1]

2.3 Textabgrenzung

Die Abgrenzung dieser Perikope von Jes 2,1-5 erscheint mir sinnvoll. Das wird besonders deutlich durch den ersten Vers. Dieser stellt eine Art neue Überschrift dar, in der angekündigt wird, dass der Prophet Jesaja das Wort gesehen hat. Dadurch grenzt er sich deutlich von den vorhergehenden Versen ab[2] und zeigt auf, dass die darauf folgenden Verse nichts mehr mit dem Vorangegangenen zu tun haben. Vers 5 bildet den Abschluss für diesen Abschnitt. Die Aufforderung, im Licht des Herrn zu wandeln, bildet in der wörtlichen Rede eine Zusammenfassung der Perikope. Es wird hier abschließend nocheinmal gesagt, was das Haus Jakob tun soll und dazu wird eingeladen. Der Inhalt dieser fünf Verse strahlt eher eine positive Zukunftshoffnung aus und ermutigt auch das Hause Jakob. Ab Vers 6 ist das Gegenteil der Fall. Es wird dargestellt, wie schlimm das Haus Jakob lebt, welche Sünden es begeht und dass der Herr es bereits verstoßen hat. Ab diesem Vers ändert sich also auch die inhaltliche Richtung des Textes, was ein weiterer Grund für die Abgrenzung ist.

Zusammenfassend kann man also sagen, dass die Begrenzung des Textes nach vorn und nach hinten gut nachvollziehbar ist.

2.4 Aufbau und Struktur

2.4.1 Textschaubild

- Siehe Anhang, 5.1 Textschaubild

2.4.2 Auswertung

Der Text lässt sich grundsätzlich in drei verschiedene Teile teilen: Dabei bildet der erste Vers den ersten Teil, als eine Art Überschrift oder Randnotiz, um den darauf folgenden Inhalt anzukündigen und dessen Herkunft zu bezeugen. Die folgenden Verse beschreiben also das von Jesaja Geschaute. Der Schreiber bzw. Sprecher bleibt dabei jedoch anonym. Bis Vers 4 berichtet er lediglich von dem Geschauten. Erst im letzten Vers bezieht er sich in das Geschehen mit ein, indem er bei הלכ durch den Kohortativ von „uns“ in der dritten Person spricht.

Der zweite Teil besteht aus den Versen 2-4, in welchem das Heil geschildert wird. Weiterhin ist aber auch eine Zweiteilung dieses Hauptteiles erkennbar. Ziemlich genau in der Mitte, zwischen 3f und 3g, findet sich ein inhaltlicher Bruch. Der erste Teil beschreibt die Erhöhung Zions und die Wallfahrt der Völker, die danach folgenden Verse liefern die Begründung für den ersten Teil.[3] Verdeutlicht wird das ganze durch das כִּי , welches die Gründe einleitet.

Der fünfte Vers bildet somit den letzten Teil, die Selbstauffoderung[4], in welche sich, wie gesagt, auch der Berichtende mit einbezieht. Dieser Teil scheint damit also nicht mehr unter das Geschaute zu gehören und beendet somit diese Perikope.

Allgemein kann man diesen Abschnitt als sehr metrisch und kunstvoll aufgebaut betrachten.[5] Auffällig sind hierbei besonders die zahlreichen Parallelismen in den Versen 2-4. Beispiele dafür findet man in Vers 2 – die Hügel und Berge, oder die הַגּוֹיִם und die עַמִּים -, in Vers 3 – die Wege und Pfade, oder die תוֹרָה und

וּדְבַר־יְהוָה – und in Vers 4 – die חַרְבוֹתָם לְאִתִּים oder die וַחֲנִיתוֹתֵיהֶם לְמַזְמֵרוֹת zu schmieden – genug.

2.4.3 Gattung

Die Gattung unserer Perikope entspricht einem prophetischen Heilswort bzw. einer prophetischen Heilsschilderung[6]. Der Prophet hat also das Wort Gottes geschaut und nun wird dies verkündet. Das Heilswort ist genau der Gegensatz zu einem Gerichtswort und schildert heilvolle, zukünftige Ereignisse für die Adressaten – meist Israel, Jerusalem oder Zion.[7] Die Adressaten sind hier zum einen das Volk Israel, welches in Vers 5 konkret erst angesprochen wird. Doch das Heil gilt auch allen anderen Völkern, welche dann in Frieden zusammen leben können, ohne sich bekämpfen zu müssen. Die Heilsankündigung findet sich in den Versen 2a bis 3f, wenn die Völker und Nationen gemeinsam zum Berg des Herrn ziehen, um dessen Wege zu erfahren und diese auch zu gehen. Die Begründung für diese Heilsankündigung wird in Vers 3g durch das כִּי eingeleitet, welches damit besonders im Text hervorgehoben wird. Doch die Heilsankündigung geht in Vers 4c weiter bis 4f. Dort wird beschrieben, was aus der Begründung und dem Eingreifen des Herrn folgt, nämlich der Frieden unter den Nationen.

Nach Wildberger hat diese Perikope die Form eines Gedichtes, das in Doppelzweier, Doppeldreier und Doppelvierer metrisch und kunstvoll aufgebaut ist. Besonders deutlich werden durch das Metrum die Höhepunkte des Textes, zum einen das Feststellen der göttlichen Weisung auf dem Zion und zum anderen der finale Frieden.[8] Auch wenn es äußerlich den Aufbau eines Gedichtes hat, so bleibt inhaltlich doch bestehen, dass es sich hier um eine Heilsschilderung handelt.

2.5 Redakt ionskritik

Die Frage nach dem Ursprung dieses Textes ist bis heute noch ungeklärt und umstritten. Das kommt daher, dass sich in Micha 4,1-4 ein fast identischer Text befindet. Es unterscheiden sich hierbei lediglich die Schlussverse (Jes 2,5 und Mi 4,4), einige wenige Wortumstellungen und der Anfangsvers in Jes 2. Bis Mitte des 18. Jahrhunderts hatte man die traditionelle Ansicht, dass sowohl Micha, als auch Jesaja beide unabhänig voneinander diese Weisung empfangen und aufgeschrieben hatten.[9] Doch die Unterschiede zwischen den Parallelstellen sind so geringfügig, dass man heute von einer direkten Abhängigkeit ausgehen kann.[10] Nach dieser Zeit war man der Auffassung, Micha habe diesen Text von Jesaja übernommen und somit wäre die Jesajastelle die ursprünglichere Stelle. Später glaubte man, diese Heilsschilderung stamme weder von Jesaja noch von Micha, sondern von einer dritten Quelle, eventuell von Joel 4. Doch diese Auffassung ist heute nur noch selten vertreten.[11] Einiges spräche auch dafür, dass dieser Text von Micha stammt, da er dort durch die metrische Ausgewogenheit und durch sachliche Abrundungen im Großen und Ganzen einen geschlossenen Eindruck macht und besser erhalten ist, was in Jesaja nicht unbedingt der Fall ist.[12] Dort unterbricht Jes 2,1-5 eher noch den Leitgedanken des Gerichts, der sich in den ersten Kapiteln des Buches immer wieder findet.[13]

[...]


[1] Wildberger, Jesaja, 83.

[2] Beuken, Jesaja, 88.

[3] Frey, Jesaja, 74.

[4] Beuken, Jesaja, 89.

[5] Wildberger, Jesaja, 78.

[6] Kaiser, Jesaja, 63.

[7] Utzschneider, Methodenlehre zur Exegese, 141f.

[8] Wildberger, Jesaja, 78.

[9] Wildberger, Jesaja, 78.

[10] A.a.O., 76.

[11] A.a.O., 78.

[12] Kaiser, Jesaja, 61.

[13] A.a.O., 62.

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Exegese von Jesaja 2,1-5
Hochschule
Evangelische Hochschule TABOR, Marburg
Veranstaltung
Exegese des Alten Testaments - Propheten: Jesaja TB 112
Note
1,7
Autor
Jahr
2011
Seiten
23
Katalognummer
V231751
ISBN (eBook)
9783656485056
ISBN (Buch)
9783656485582
Dateigröße
499 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Exegese, Jesaja
Arbeit zitieren
Lydia Fischer (Autor:in), 2011, Exegese von Jesaja 2,1-5, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/231751

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