Das eigentlich fraglichste in der frühen römischen Republikzeit ist, formal betrachtet, die Berechnungsart der Zinsen. Jener Verweis auf die Ungereimtheiten der Zinsberechnung stammt von Liisa Savunen. 1 In der Anmerkung 29 zum § 16 des sechsten Buches der Annalen Tacitus´ 2 , die hier sinngemäß wiedergegeben ist, wird die Problematik deutlich:
Wird uncia (wörtlich „ein Zwölftel“) als Zins pro As oder als Zinsfuß v. H. des Kapitals berechnet, und ferner, ob ein Monats- oder ein Jahreszins gerechnet wurde. Dementsprechend geht die mögliche Spanne für den Zins von 1/12 % p.m. = 1% p.a. bis 1/12 des Kapitals p.a. = 8 1/3 % p.a.; In der Frühzeit wurden sogar 1/12 des Kapitals p.m. (!) = 100 % berechnet.
Zur Systematik sollen Beispielrechnungen in heutiger Währung dienen: Voraussetzung für die Berechnung ist das zwölfmonatige Jahr.
fiktive Darlehenssumme: 10.000,00 € Zinszahlungen: 1/12 % p.m. 100,00 € (Variante 1) 1/12 des Kapital p.a. 833,33 € (Variante 2) 1/12 des Kapitals p.m. 10.000,00 € (Variante 3) Centisma 1.200,00 € (Variante 4)
Der Begriff unciarium fenus bedeutet wörtlich, dass ein Zwölftel Zinsen auf die Darlehenssumme berechnet werden darf. Der Bezug auf „ein Hundertstel“ fehlt aber. Daraus folgt, dass man in jener Zeit die Prozentrechnung noch nicht anwandte. Im folgenden wird das Augenmerk auf die Zeit vom 5. - 4. Jh. v. Chr. und die Kaiserzeit vom 1. Jh. - 5. Jh. n. Chr. gelegt. In der Republikzeit interessieren insbesondere die Umstände, welche die Zinsgesetze veranlassten. Die Arbeit soll in ihrem begrenzten Umfang dazu dienen eine Übersicht über die Zinssätze und deren Einführung zu verschaffen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Zinssatzregelung und das Zwölftafelgesetz – 450 v.Chr.
- Das Zwölftafelgesetz
- Die Tafeln VI und VIII des Zwölftafelgesetzes
- Die Gesetzesanträge der Tribunen Gaius Licinius Stolo und Lutius Sextius Lateranus 376 v. Chr.
- Exkurs zum lex Licinia Sextia de aere alieno
- Die Gesetzesanträge
- Das Zinsgesetz der Volkstribunen Marcus Duillius und Lucius Menenius - 357 v. Chr.
- Das Zinsgesetz unter dem Konsulat des Titus Manlius Torquatus und Gaius Plautius 347 v. Chr.
- Das Lex Genucius - 342 v. Chr.
- Darlehen und Zinsen in der Kaiserzeit – 1. Jh. – 5. Jh. n. Chr.
- Corpus Iuris Civilis
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert die Entwicklung der Zinspolitik in der römischen Republik und der Kaiserzeit. Der Fokus liegt auf der Frage, ob es in diesen Epochen eine explizite Politik zur Regulierung von Zinsen gab.
- Die Regulierung von Zinsen im Zwölftafelgesetz
- Die Rolle der Gesetzesanträge der Tribunen zur Zinspolitik
- Die Entwicklung der Zinspolitik in der Kaiserzeit
- Die Bedeutung der Zinspolitik für die wirtschaftliche Entwicklung und die soziale Situation
- Das Problem der formalen Zinssätze im Vergleich zu den tatsächlichen Absichten der Zinsgesetze
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel führt in das Thema ein und beleuchtet die Problematik der Zinsberechnung in der frühen römischen Republik. Das zweite Kapitel untersucht die Regulierung von Zinsen im Zwölftafelgesetz, mit besonderem Fokus auf die Tafeln VI und VIII. Das dritte Kapitel befasst sich mit den Gesetzesanträgen der Tribunen Gaius Licinius Stolo und Lutius Sextius Lateranus, die die Zinspolitik zum Thema hatten. Die Kapitel 4 und 5 betrachten weitere Zinsgesetze, die im Laufe der römischen Republik verabschiedet wurden. Das sechste Kapitel beleuchtet die Entwicklung von Darlehen und Zinsen in der Kaiserzeit.
Schlüsselwörter
Zinspolitik, Zwölftafelgesetz, römische Republik, Kaiserzeit, Darlehen, Zinssatzregelung, lex Licinia Sextia, unciarium fenus, wirtschaftliche Entwicklung, soziale Situation.
- Arbeit zitieren
- Jan Kertscher (Autor:in), 2003, Gab es Zinspolitik in der frühen römischen Republik?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/23208