Die Macht des Teufels ist heute längst nicht so präsent wie in der Frühen Neuzeit, und kaum jemand glaubt noch daran, dass der Teufel allgegenwärtig sei und sozusagen gleich hinter der nächsten Ecke lauere.
Der Begriff des Teufels wird heutzutage überwiegend metaphorisch benutzt. Ausnahmen stellen in dieser Hinsicht etwa die katholische Amtskirche und der Präsident der USA dar; diese gehen weiterhin von der körperlichen Existenz des „Bösen“ aus, was sie dazu verleitet, es in sehr körperlicher Weise zu bekämpfen. Damit stehen sie Positionen nahe, die in der Hochphase der Hexenverfolgungen im frühneuzeitlichen Europa gang und gäbe waren. Der Teufel, der meist Frauen, manchmal auch Männer verführe, als incubus oder succubus, der Zauberern und Hexen zu allerlei übernatürlichen Fähigkeiten verhelfe, sie etwa anstifte, sich aus den Knochen ungetaufter Kinder „Flugsalben“ anzufertigen, war in der Vorstellungswelt dieser Zeit allgemein verbreitet, und das unabhängig von sozialen und Bildungsgrenzen.
Diejenigen, die sich den landläufigen Vorstellungen von der Macht des Teufe ls entgegenstellten und die Einstellung der Hexenverfolgungen forderten, sind Gegenstand dieser Arbeit. Dabei stehen mit Christian Thomasius und Balthasar Bekker zwei Personen im besonderen Blickfeld. Diese haben sich in ihren Argumentationen von anderen, kritischen Positionen gegen die Hexenverfolgung insofern abgesetzt, als sie sich nicht darauf beschränkten, nur das Prozedere der Hexenprozesse anzugreifen. Vielmehr haben sie proklamiert, es gebe die Möglichkeit gar nicht, das Verbrechen der Hexerei zu begehen, und damit die Prozesse als absurd bezeichnet.
Die ideologisch-dämonologischen Positionen dieser beiden sollen in dieser Arbeit besonders herausgearbeitet werden. Ein Kapitel zur juristisch begründeten Kritik an der Hexenverfolgung findet sich deswegen hierin, weil es mir zur Komplettierung des Themas sinnvoll schien, auch um die Abgrenzungen gradueller von grundsätzlicher Kritik deutlich zu machen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- „Auf, greift Kapuziner und foltert sie!"
- Die juristisch begründete Kritik
- Grundlage
- Phantasie, Pharmaka und Folter: Kritik am Inquisitionsprozess
- Von dem, was der Teufel könne und was er tue
- Frühe Kritiker
- Thomasius und der Teufelsbund
- Bekker: Der Teufel ist nicht in der Welt
- Bibelexegese: „Nicht die geringste Spur unserer heutigen Zauberey"
- Übersetzung als Waffe: Für die Differenzierung des Hexenbegriffs
- Bekker: Für eine rationale Bibelinterpretation
- Jesus war kein Schulmeister
- Thomasius: „Stets eine metaphorische Redensart“
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert die ideologischen und dämonologischen Positionen von Balthasar Bekker und Christian Thomasius im Kontext der frühneuzeitlichen Hexenverfolgung. Sie beleuchtet die Kritikpunkte dieser beiden Denker, die über die bloße Prozesskritik hinausgingen und die Existenz der Hexerei selbst in Frage stellten. Die Arbeit verdeutlicht, wie Bekker und Thomasius die vorherrschenden Vorstellungen von Teufelsmacht und Hexerei mithilfe der Bibelinterpretation und rationaler Argumentation zu widerlegen suchten.
- Juristische Kritik an den Hexenprozessen und deren Grundlagen
- Kritik an der Rolle des Teufels in der Hexenverfolgung und seine vermeintliche Macht
- Bedeutung der Bibelinterpretation für die Auseinandersetzung mit der Hexenverfolgung
- Rolle von Vernunft und Rationalität in der Kritik der Hexenverfolgung
- Abgrenzung zwischen juristischer und theologischer Kritik am Hexenwahn
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel behandelt die juristisch begründete Kritik an den Hexenprozessen, wobei insbesondere die Unzuverlässigkeit von unter Folter erpressten Aussagen und die fehlende Unschuldsvermutung im Mittelpunkt stehen. Es werden auch die Definition des Hexendelikts und die relevanten juristischen Grundlagen beleuchtet. Das zweite Kapitel widmet sich der Kritik an der Teufelsmacht und dem Teufelsbund. Es stellt frühe Kritiker vor und beleuchtet insbesondere die Argumentationen von Thomasius und Bekker, die die reale Existenz des Teufels und die Möglichkeit der Hexerei in Frage stellten. Im dritten Kapitel werden verschiedene Aspekte der Bibelinterpretation im Zusammenhang mit der Hexenverfolgung analysiert. Dabei werden die Argumentationen von Bekker und Thomasius hinsichtlich der Bedeutung von Übersetzungen, rationaler Bibelauslegung und der Rolle Jesu Christi in der Kritik an der Hexenverfolgung untersucht.
Schlüsselwörter
Hexenverfolgung, Frühneuzeit, Balthasar Bekker, Christian Thomasius, Teufelsglaube, Dämonologie, Bibelinterpretation, Rationalität, Juristische Kritik, Prozesskritik, Hexendefinition, Teufelsbund, Zauberei, Hexenflug, Hexensabbat,
- Quote paper
- Frank Brendle (Author), 2004, Auf, greift die Kapuziner und foltert sie: Ideologiekritik von Gegnern der Hexenverfolgung unter besonderer Berücksichtigung von Balthasar Bekker und Christian Thomasius, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/23220