Europa ist in Afrika. Wer sich in den Straßen Dakars bewegt, wird unweigerlich an jeder Straßenecke mit dem Traum von Europa konfrontiert. In kleinen Internetcafés und Telecentern telefonieren Angehörige mit Verwandten in Europa oder warten auf die monatlichen Geldüberweisungen via Ria oder Moneygram. Auf den Märkten sind neben den schwindenden einheimischen Produkten mittlerweile Zwiebeln aus Holland, Hähnchenabfälle aus Deutschland und Elektroschrott aus ganz Europa zu kaufen. Morgens werden, von großen Lastern angeliefert, Pakete mit Altkleidern aus Europa verkauft, die dann von den Einheimischen gesäubert und feilgeboten werden. Daneben trainiert die senegalesische Jugend stundenlang auch bei 40 Grad im Schatten (in Barcelona und Bayern München Trikots), um eines Tages als Fußballtalent in Europa durchstarten zu können. Die, die es in Europa schon geschafft haben, besitzen gut gesicherte Villen in den Vierteln nahe der Küste. Von den Vierteln, wie Pointe de Bel Air aus, kann man auf die Armutssiedlungen am Rande der Stadt blicken, in denen meist die Hausangestellten, die Landmigranten oder Wanderarbeiter aus Nachbarländern des Senegals leben. Tag aus Tag ein kämpfen sie auf den Straßen Dakars um ihr täglich Brot und auch um ihr Überleben. Sie kommen in das Zentrum der Stadt, behängt mit Telefonkarten, Erdnüssen, Wanduhren, Gebetsteppichen und anderen Dingen, von denen sie oftmals den ganzen Tag lang nichts verkaufen. Sie arbeiten in den Haushalten der besser verdienenden Einheimischen oder sie bieten sich Touristen aus Frankreich, Großbritannien oder Deutschland als persönliche Führer und Gepäckträger an. Bei einer Arbeitslosenquote von über 50 Prozent und einer enorm jungen Bevölkerung mit hoher Geburtenrate ist die Perspektivlosigkeit allgegenwärtig. Die Menschen nehmen wahr, wie die Toubaab1 keine Probleme damit haben, für Souvenirs das zehn oder zwanzigfache des eigentlichen Preises zu bezahlen, wofür die Einheimischen einen Monat lang arbeiten müssten. Sie sehen die reichen Staatsangestellten oder die Familien der Emigranten in Autos aus Europa in die neu gebauten Einkaufszentren der Stadt fahren, in denen die armen Menschen und damit der größte Teil der Einwohner Dakars Hausverbot haben. Das vermeintliche Paradies Europa findet sich aber nicht nur in den Straßen Dakars, der Traum reicht bis in die Häuser der Familien. Die abendlichen Fernsehprogramme sind bestimmt von französischen Dokusoaps und Spielfilmen. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung und Problemstellung
- Einwanderungs- & Grenzsicherungspolitik in der EU
- Wichtige Stationen in der europäischen Einwanderungs- & Grenzsicherungspolitik
- Asylpolitik einzelner EU-Länder am Beispiel Deutschlands
- Folgen für die Migration nach Europa
- Migrationsrouten in die Europäische Union
- Todesopfer an den Grenzen Europas
- Migration von Afrika nach Europa
- Migration von Senegal nach Europa
- Die Pirogen-Migration
- Dakar—Zur Auswahl des Stadtbeispiels
- Der Senegal
- Methodik
- Diskurstheorie nach Siegfried Jäger
- Die kritische Diskursanalyse
- Die Diskursanalyse in der Politikwissenschaft
- Die Bild- Diskurs-Analyse
- Materialsammlung
- Bilder Europas in Afrika
- Paradies Europa
- Festung Europa
- Hypothesen
- Bilder Europas in den Straßen Dakars
- Der Kampf der Diskurse und der Versuch der Dekonstruktion
- Kollektivsymbol Piroge
- Verinnerlichte Festung Europa
- Zusammenfassung und Ausblick
- Bildanhang
- Literaturverzeichnis
- Abbildungsverzeichnis
- Anmerkungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Abschlussarbeit „Paradies oder Festung Europa?" untersucht die diskursive Konstruktion des Europabildes auf öffentlichen Darstellungen in afrikanischen Großstädten. Die Arbeit fokussiert auf eine Bild-Diskurs-Analyse in den Straßen Dakars, der Hauptstadt Senegals, um zu verstehen, wie das Europabild in Afrika geprägt wird. Die Arbeit zielt darauf ab, die verschiedenen Diskurse zu analysieren, die das Europabild in Dakar prägen, und herauszufinden, ob Europa als Paradies oder als Festung wahrgenommen wird.
- Die Rolle der europäischen Einwanderungs- und Grenzsicherungspolitik in der Konstruktion des Europabildes
- Die Motivationen für die Migration von Afrika nach Europa, insbesondere aus Senegal
- Die Bedeutung von öffentlichen Darstellungen in afrikanischen Großstädten für die Konstruktion des Europabildes
- Die Analyse der Bild-Diskurs-Analyse in Dakar, um das Europabild als Paradies oder Festung zu verstehen
- Die Auswirkungen der europäischen Abschottungspolitik auf die Wahrnehmung des Europabildes in Afrika
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Problemstellung der Arbeit vor und erläutert, wie der Traum von Europa in den Straßen Dakars allgegenwärtig ist. Die hohe Arbeitslosigkeit und die Armut in Senegal führen dazu, dass viele Menschen nach Europa auswandern, um ein besseres Leben zu finden. Die Arbeit untersucht, welches Bild von Europa in Afrika vermittelt wird und ob das Bild des Paradieses oder das Bild der Festung überwiegt.
Kapitel 2 beleuchtet die Einwanderungs- und Grenzsicherungspolitik der EU und zeigt, wie diese im Laufe der Zeit immer restriktiver geworden ist. Die EU setzt verschiedene Maßnahmen um, um die Einwanderung zu kontrollieren, darunter Visapflicht, Grenzsicherungen und Rücknahmeabkommen mit Herkunftsländern. Die Folgen dieser Politik sind jedoch oft tragisch, da viele Migranten auf gefährliche Routen ausweichen müssen und dabei ums Leben kommen.
Kapitel 3 untersucht die Migration von Afrika nach Europa und stellt die verschiedenen Faktoren dar, die Menschen dazu bewegen, ihre Heimat zu verlassen. Dazu zählen Armut, Arbeitslosigkeit, Kriege und Umweltkatastrophen. Das Kapitel fokussiert auf die Migration aus Senegal und zeigt, wie die senegalesische Regierung versucht, die Abwanderung zu regulieren, aber gleichzeitig auch von den Rücküberweisungen der Migranten profitiert.
Kapitel 4 erläutert die Auswahl Dakars als Stadtbeispiel für die Bild-Diskurs-Analyse. Dakar ist eine Stadt, in der die Gegensätze zwischen Armut und Reichtum besonders deutlich sichtbar sind. Die Stadt ist für viele Migranten ein Zwischenstopp auf dem Weg nach Europa und wird durch die koloniale Vergangenheit Frankreichs stark geprägt.
Kapitel 5 beschreibt die Methodik der Arbeit, die sich auf die Bild-Diskurs-Analyse nach Sabine Maasen und Torsten Mayerhausen stützt. Das Kapitel erläutert die Diskurstheorie nach Siegfried Jäger, die kritische Diskursanalyse und die Relevanz der Diskursanalyse in den Politikwissenschaften. Es wird auch die Vorgehensweise der Bild-Diskurs-Analyse erläutert, die für die Analyse der öffentlichen Darstellungen in Dakar verwendet wird.
Kapitel 6 beleuchtet die verschiedenen Bilder Europas, die in Afrika verbreitet sind. Das Kapitel unterscheidet zwischen dem Bild des Paradieses und dem Bild der Festung Europa und zeigt, wie diese Bilder durch Medien, historische Ereignisse und die Erfahrungen der Diaspora entstehen.
Kapitel 7 formuliert Hypothesen über die Konstruktion des Europabildes in Dakar. Die erste Hypothese besagt, dass öffentliche Darstellungen in afrikanischen Großstädten Europa als Paradies abbilden, da die Rücküberweisungen der Migranten eine wichtige Rolle spielen. Die zweite Hypothese besagt, dass die restriktive Einwanderungs- und Sicherungspolitik der EU dazu führt, dass Europa auf öffentlichen Darstellungen in afrikanischen Großstädten als Festung abgebildet wird.
Kapitel 8 analysiert die öffentlichen Darstellungen in den Straßen Dakars, die sich mit dem Thema Europa befassen. Die Analyse zeigt, dass Europa in den meisten Fällen als Festung dargestellt wird, die man nicht erreichen kann. Die Bilder warnen vor den Gefahren der illegalen Migration und versuchen, das Bild des Paradieses zu dekonstruieren. Die Analyse zeigt auch, wie die EU versucht, die Migrationskontrolle zu verlagern und die afrikanische Bevölkerung an der Konstruktion des Europabildes zu beteiligen.
Kapitel 9 fasst die Ergebnisse der Arbeit zusammen und gibt einen Ausblick auf die zukünftige Entwicklung des Europabildes in Afrika. Die Arbeit zeigt, dass die europäische Abschottungspolitik nicht nur tragische Folgen für die afrikanische Bevölkerung hat, sondern auch zu einer Verzerrung des Europabildes führt. Die Arbeit fordert die EU auf, die ethischen Fragen, die mit der Migrationspolitik verbunden sind, ernsthaft zu hinterfragen.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen das Europabild, die Migration von Afrika nach Europa, insbesondere aus Senegal, die Einwanderungs- und Grenzsicherungspolitik der EU, die Bild-Diskurs-Analyse, das Paradies und die Festung Europa, sowie die Rolle von öffentlichen Darstellungen in afrikanischen Großstädten.
- Arbeit zitieren
- Frauke Paschen (Autor:in), 2013, Paradies oder Festung Europa?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/232550