Offene Kanäle: Ein idealer Ort der Partizipation und aktiven interkulturellen Medienarbeit?


Hausarbeit, 2012

21 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Theoretische Grundlagen
2.1 Brechts' Radiotheorie
2.2 Die Baukastentheorie von Enzensberger

3 Der offene Kanal
3.1 Hintergründe
3.2 Partizipationsgedanke im Offenen Kanal

4 Der offene Kanal als Ort aktiver interkultureller Medienarbeit
4,1 Begriffsklärung
4.2 Integration im offenen Kanal
4.3 Beispiele aus der Praxis
4.3.1 Integrationsmodell offener Kanal Berlin
4.3.2 Medienwerkstatt Cut e.V. und metropol

5 Fazit

6 Quellenverzeichnis

7. Anhang: Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung

Die neuen Medien sind mittlerweile so präsent, dass ein Leben ohne sie, zumindest hier in Deutschland, kaum noch vorstellbar ist. Doch sind die neuen Medien nicht nur Unterhaltungsinstrument. Medien können auch als Mittel der Partizipation, also Teilhabe dienen. Ein Medium ist nämlich meiner Meinung nach nicht nur ein einseitiges Instrument, welches genutzt werden kann, sondern auch ein Mittel welches ermöglicht Erfahrungen, Wissen oder spezielle Themen mit anderen Menschen zu teilen, ein Mittel der Kommunikation. Offene Kanäle zum Beispiel werden auch zum Zweck der Partizipation genutzt, denn

„Offene Kanäle sind Orte lokaler Kommunikation. Sie geben Impulse für soziale und kulturelle Aktivitäten und fördern die Integration unterschiedlichster Gruppen in ein demokratisches Gemeinwesen" (Bundesverband offene Kanäle e.V. 1998).

Dieses Zitat gilt als Einstieg auf die Frage, die Ich dieser Arbeit zu Grunde lege: Sind Offene Kanäle ein idealer Ort der Partizipation und insbesondere in Hinblick auf aktive interkulturelle Medienarbeit?

Das Thema der Offene Kanäle habe ich gewählt, da ich im Seminar "Partizipative Medienkulturen" bereits ein Referat dazu hielt. Ich habe mich entschieden, das Thema um das Problem der Integration zu erweitern und auf die Integrationschancen durch interkulturelle Medienarbeit hinzuweisen. Dennoch halte ich es auch für notwendig den Begriff der Partizipation in Bezug auf Offene Kanäle aufzugreifen, da dieser den Grundbaustein für die Integration legt.

Einleitend gehe ich auf die Medientheorien von Brecht und Enzensberger ein. Im zweiten Teil komme ich auf offene Kanäle im allgemeinen zu sprechen und den Partizipationsgedanken, der dahinter steht. Der dritte und letzte Teil befasst sich mit dem Begriff aktiver interkultureller Medienarbeit und dessen Anwendung in offenen Kanälen. Ich werde hierzu auch zwei Beispiele aus der Praxis beschreiben.

Das Ziel dieser Arbeit soll sein, zu klären in wie weit offene Kanäle zur Partizipation und aktiven interkulturellen Medienarbeit beisteuern und ob sie ein gutes Integrationsmittel darstellen, weiterhin soll auch die Wichtigkeit von Integration und die Möglichkeiten, die Medien hierzu bieten herauskristallisiert werden.

2 Theoretische Grundlagen

In diesen Abschnitt geht es um eine grundlegenden theoretischen Einblick in das Verständnis der Partizipation. Es werden die Theorien von Berthold Brecht und Hans Magnus Enzensberger aufgegriffen, da sie wichtige Aussagen in Bezug auf den Partizipationsgedanken bei der Nutzung von Medien treffen. Die theoretische Grundlagen sollen helfen, die darauffolgenden Aussagen in Bezug auf Partizipation im Offene Kanal besser einordnen zu können und zu verstehen, welcher Grundgedanke dahinter steht.

2.1 Brechts' Radiotheorie

Als sich die Entwicklung der neuen Medien noch in seinem Anfangsstadium befand, setzten sich schon einige Menschen kritisch mit dem Thema auseinander. Die Geschichte des Radios fand seinen Einstieg in Deutschland am 28. September 1923, als der erste Satz: "Hier ist Berlin, Vox Haus" über das Radio übertragen wurde. Schon bald konnte sich jeder ein Radio leisten und somit war das neue Massenmedium Radio geboren (vgl. Klinkhammer 2009, S.2). Mit der Geburtsstunde des Radios begannen auch erste Diskussionen darüber. Berthold Brecht machte mit seiner Radiotheorie auf erste Mängel an dem Medium Radio aufmerksam: "Man hatte plötzlich die Möglichkeit, allen alles zu sagen, aber man hatte, wenn man es sich überlegte, nichts zu sagen" (Brecht 2008, S. 259). Für ihn schien es weniger als Apparat zur Kommunikation genutzt zu werden und mehr nur als Sender, als Distributionsapparat. Er erklärte aber dennoch in einer Rede:

"Der Rundfunk wäre der denkbar großartigste Kommunikationsapparat des öffentlichen Lebens, ein ungeheures Kanalsystem, das heißt, er wäre es, wenn er es verstünde, nicht nur auszusenden, sondern auch zu empfangen, also den Zuhörer nicht nur hören, sondern auch sprechen zu machen und ihn nicht zu isolieren, sondern ihn in Beziehung zu setzen" (Brecht 2008, S.260).

Anfangs wurde der Rundfunk lediglich als Stellvertreter von Theater, Oper, Konzert, Vorträgen oder des lokalen Teils der Presse genutzt, er hatte "eine Seite, wo er zwei haben müsste" (Brecht 2008, S.260).

Das Radio als solches sollte nach Brecht nicht folgenlos bleiben, also zu etwas anregen oder auch auffordern. Er formulierte in der Rede weiterhin, dass ein Austausch, also zum Beispiel Gespräche oder Debatten stattfinden könnten, würde das Radio auch als Kommunikationsinstrument verwendet. Seiner Meinung nach konnte man zum Beispiel auch Belehrungen interessanter Gestalten, die an die Jugend gerichtet sein sollten. Sein Denken war sehr fortschrittlich in einer Zeit, in der an einen Übergang vom Empfänger zum Sender, also vom Hörenden zum Tuenden, noch gar nicht zu denken war (vgl. Brecht 2008, S. 259ff.).

Die Radiotheorie ist insofern relevant in Bezug auf die Mediennutzung, als dass sie schon früh die Teilhabe an den neuen Medien erläutert. Denn damals konnte man so zum Beispiel einer Radiosendung lauschen, aber keineswegs selber "Radio machen". Zwischen Sender und Empfänger gab es eine klare Grenze. Offenen Kanäle sind nur ein Beispiel um diese Grenze sozusagen durchbrechen zu können.

2.2 Die Baukastentheorie von Enzenzberger

Die Theorie von Berthold Brecht nahm sich Hans Magnus Enzensberger zur Vorlage. In seinem "Baukasten zu einer Theorie der Medien" von 1970 befasste er sich mit den Konflikt, den die neuen Medien als Mittel der Kommunikation hervorrufen und auch mit der Machtausübung, die sie haben. Er formulierte in seiner Theorie die Bewusstseins- Industrie als "[…]Schrittmacher der sozio-ökonomischen Entwicklung spätindustrieller Gesellschaften[…]", die immer mehr Steuerungs- und Kontrollfunktionen übernimmt (Enzenzberger 2008, S. 264). Enzensberger sah in den Medien eine gewisse mobilisierende Kraft, die Menschen beweglicher machen als sie wirklich sind.

"Zum ersten Mal in der Geschichte machen die Medien die massenhafte Teilnahme an einem gesellschaftlichen und vergesellschafteten produktiven Prozess möglich, dessen praktische Mittel sich in der Hand der Massen selbst befinden. Ein solcher Gebrauch brächte die Kommunikationsmedien, die diesen Namen bisher zu Unrecht tragen, zu sich selbst" (Enzensberger 2008, S. 265).

Die neuen Medien verstand er keineswegs als Kommunikationsmedium, sondern vielmehr als Verhinderung dieser. Es gäbe keine Wechselwirkung von Sender und Empfänger. Er rief dazu auf, das Empfänger auch zu Sendern werden. Der Mensch sollte über die Grenzen der Zensur hinaus den Nutzen der Medien erkennen und auch ihre Macht der Manipulation. Enzensberger griff außerdem auch die Ängste der linken Bewegung auf, die in seinen Augen die neuen Medien ablehnte. Denn die Macht der Manipulation, die Medien ausüben, könnten dem Sozialismus schaden. Doch für ihn war klar: "Es ist falsch, Meidengeräte als bloße Kommunikationsmittel zu betrachten. Sie sind im Prinzip zugleich Produktionsmittel, und zwar, da sie sich in den Händen der Massen befinden, sozialisierte Produktionsmittel" (Enzensberger 2008, S. 272).

Die Verhältnisse der Massen zu den Medien können nur so verändert werden, indem zum einen sich die Massen selbst organisieren. Zweitens sollte das Sender/Empfänger-Modell aufgehoben und zuletzt Kommunikationswerke aufgebaut werden (vgl. Enzensberger 2008, S.264 ff).

Die Enzensberger-Theorie schafft deutliche Parallelen zu der von Brecht. Schlussendlich lässt sich an beiden Theorien der Partizipationsgedanke gut erkennen. Medien sollten zur Kommunikation aufrufen, zur Produktion und nicht nur empfangen lassen. Offene Kanäle zu Beispiel greifen diese aussagen auf und lassen Bürger partizipieren. Sie machen jeden, der möchte zum Sender.

3 Der offene Kanal

3.1 Hintergründe

Offene Kanäle sind Rundfunkanstalten die den "einfachen" Bürgern die Möglichkeit geben eigene Sendungen mitzugestalten und auszustrahlen.1984 wurde der private Rundfunk in Deutschland eingeführt. Seitdem gibt es ein duales Rundfunksystem. Das Jahr 1984 wird auch als medienpolitischer Urknall bezeichnet, da am 1. Januar in Ludwigshafen auch der erste Offene Kanal ins Leben gerufen wurde. 1994 waren in Deutschland 32 offene Kanäle auf Sendung, während die Zahlen weiter steigen. Der private Rundfunk finanziert sich ausschließlich aus Werbeeinnahmen, die Offene Kanäle kleinen Teil der Rundfunkgebühren.

Offenen Kanälen liegt das Prinzip zu Grunde, dass Bürgerinnen und Bürger den Rechtsanspruch haben, Sendungen auszustrahlen. Außerdem liegt die Sendeverantwortung bei den Nutzern. Ein wichtiges Merkmal von offenen Kanälen ist, dass diese nicht kommerziell sind und deshalb als Bürgersender verstanden werden. Die erste Forderung nach solchen gab es bereits im Jahre 1928, als der Arbeiter- Radio-Bund Deutschland e.V. in einem Programm Forderungen aufstellte. Die letzte dieser Forderung sagte aus: "Freigabe von Versuchssendern auch für ernsthafte Amateurgruppen". Schon hier wurde der Wunsch nach Partizipation unter den Bürgern laut. Im Jahre 1978 wurden Kabelpilotprojekte in Berlin, Bayern, Nordrheinwestfalen und Rheinlandpfalz durchgeführt und damit der Weg für solche Bürgersender als Versuchssender bereitet. Allerdings wurde damals der Offene Kanal noch anders interpretiert. So liefen die Pilotprojekte anfänglich unter der Leitung von Medienfachleuten, die sich als Experten verstanden und meinten grundlegende Spielregeln aufstellen zu müssen (vgl. Kamp, S.1 f.). Zu Anfang waren Offene Kanäle noch als "Freie Kameras für freie Bürger" zu verstehen, das heißt die Lernprozesse der Nutzer und Nutzerinnen waren nur nach den Bedürfnissen selbst zu steuern. (Daumann 2003, S.232) Jede Einflussnahme auf die Meinungsäußerung der Nutzer wurde vermieden. Die Beratung und Einweisung beschränkte sich daher immer auf die Technik. Meinungsäußerung kann aber erst dann wirksam sein, wenn es gehört, gesehen oder verstanden wird. Bei den "freien Bürger mit freier Kamera" war dies nicht der Fall, da kein richtiges System dahinter steckte. Man musste erkennen, dass die Vermittlung weiterer produktions- und akzeptanzspezifischer Kenntnisse dem eigentlichen Anliegen dienen könnte (vgl. Linke 2009, S.243).

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Details

Titel
Offene Kanäle: Ein idealer Ort der Partizipation und aktiven interkulturellen Medienarbeit?
Hochschule
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
Note
1,0
Autor
Jahr
2012
Seiten
21
Katalognummer
V232709
ISBN (eBook)
9783656494942
ISBN (Buch)
9783656495109
Dateigröße
1256 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
offene, kanäle, partizipation, medienarbeit
Arbeit zitieren
Theresa Riemer (Autor:in), 2012, Offene Kanäle: Ein idealer Ort der Partizipation und aktiven interkulturellen Medienarbeit?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/232709

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