Die Ressource 'Mensch': Ein vernachlässigtes Erfolgskriterium für den Projekterfolg?


Masterarbeit, 2012

114 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1. Problemstellung und Zielsetzung
1.2. Aufbau der Arbeit

2. Theoretische Grundlagen und Begriffsabgrenzungen
2.1. Projekt und Projektmanagement
2.1.1. Das Projekt
2.1.2. Projektklassifizierungen
2.1.3. Projektmanagement im Wandel der Zeit
2.1.4. Projektmanagement
2.1.5. Ziele des Projektmanagement
2.1.6. Projekterfolg und Projektmisserfolg
2.1.7. Projektphasen
2.1.8. Projektaufbauorganisationen
2.2. Team und Teamentwicklung
2.2.1. Der Begriff 'Team'
2.2.2. Kritische Erfolgsfaktoren in Projektteams
2.2.3. Auswahl des Projektleiters und der Teammitglieder
2.2.4. Teamentwicklung
2.2.5. Modell nach Tuckman & Jensen
2.2.6. Modell nach Gersick
2.3. Führung in Projekten
2.3.1. Situationsbezogenes Führen
2.3.2. Führen in Projektteams

3. Fragestellung und Untersuchungsdesign
3.1. Abgrenzung
3.2. Erhebungsmethode
3.2.1. Das problemzentrierte Interview
3.2.2. Leitfaden
3.2.3. Auswahl der Interview-Partner
3.3. Aufbereitung
3.4. Auswertung der erhobenen Daten

4. Ergebnisse der empirischen Studie
4.1. Wie definieren Projektleiter ein erfolgreiches Projekt?
4.2. Das erfolgreiche Team und die Voraussetzungen dafür
4.2.1. Beitrag der Unternehmensführung
4.2.2. Beitrag des Projektleiters
4.2.3. Beitrag der Projektteammitglieder
4.3. Kriterien zur Projektteamzusammenstellung
4.4. Der Teambildungsprozess in der Projektstart- und Planungsphase
4.5. Der Teambildungsprozess während der Projektumsetzung
4.5.1. Phase 1: Forming / Re-Forming
4.5.2. Phase 2: Storming
4.5.3. Phase 3: Norming
4.5.4. Phase 4: Performing
4.5.5. Phase 5: Adjourning
4.6. Auswirkung der Teambildung auf den Projekterfolg

5. Diskussion der Ergebnisse und Ausblick

6. Abkürzungsverzeichnis / Erklärungen

7. Literaturverzeichnis

8. Abbildungsverzeichnis

9. Tabellenverzeichnis

10. Anhang
A Anfrage im sozialen Netzwerk 'XING'
B Interviewleitfaden
C Auszug Transkription M2
D Auszug Paraphrasieren

11. Eigenständigkeitserklärung

1. Einleitung

1.1. Problemstellung und Zielsetzung

Wie in vielen anderen Branchen auch, gehört die Umsetzung von Projekten in der Bankenlandschaft zum täglichen Leben. Doch nicht alle gestarteten Projekte lassen sich erfolgreich umsetzen. Die Gründe für das Scheitern dieser Vorhaben können dabei sehr vielfältig sein. In dieser Master Thesis soll untersucht werden, wie stark der Erfolg eines Projektes, neben einer guten Planung und der Verwendung von Projektmanagement-Tools, von der guten Zusammenarbeit innerhalb des Projektteams abhängig ist. Dabei gilt es zu klären, wie der Prozess zur Entwicklung zu einem gut funktionierenden Team in der Projektplanung und Projektumsetzung Berücksichtigung findet und welche Voraussetzungen dafür gegeben sein müssen. Der Fokus dieser Arbeit liegt bei der Planung und Umsetzung von einzelnen Projekten.

Ziel dieser Arbeit ist es zu erforschen, inwieweit bei der Planung und Umsetzung von Projekten der Aufbau eines erfolgreich agierenden Projektteams eine Rolle spielt. Im Weiteren soll analysiert werden, welche Auswirkung auf eine erfolgreiche Umsetzung dieser Projekte dabei zu erkennen ist. Die Ergebnisse sollen in weiterer Folge den Projektleitern zukünftig bei der Planung von Projekten Anhaltspunkte für den Aufbau eines gut funktionierenden Projektteams geben. Im Weiteren wird der Aufbau der Arbeit beschrieben, der sich weitestgehend mit der Vorgehensweise zur Erstellung dieser Abhandlung deckt.

1.2. Aufbau der Arbeit

Zur Beantwortung der Fragestellung wird diese Arbeit in vier Arbeitsschritte gegliedert:

- Literatur-Recherche
- Untersuchungsdesign
- Ergebnisse der Empirischen Forschung
- Zusammenfassung und Ausblick

Der erste Teil dieser Master Thesis beschäftigt sich mit der Darstellung der dem Thema zugrundeliegenden Literatur. Dabei werden im ersten Kapitel die Begriffe 'Projekt' und 'Projektmanagement' (vgl. Kapitel 2.1) erläutert. Das zweite Kapitel des ersten Teils beschäftigt sich mit dem Begriff 'Team' und den Prozessen rund um die Teambildung (vgl. Kapitel 2.2).

Die zur Recherche herangezogene Literatur stammt größtenteils aus dem deutschsprachigen Raum. Im Sinne eines aktuellen Wissenstandes wurde bei der Auswahl der Bücher auch darauf geachtet, dass vorzugsweise Literatur jüngeren Erscheinungsdatums verwendet wurde. Aufgrund des umfassenden Literaturangebotes wird darauf hingewiesen, dass es sich bei der Darstellung der theoretischen Grundlagen um einen Auszug des existierenden Wissensgebietes handelt und daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit gegeben ist.

Die auf die Literaturrecherche aufbauenden Teilfragen zur Beantwortung der Forschungsfrage werden im zweiten Teil vorgestellt. Als Befragungsmethode wurde das problemzentrierte Interview festgelegt. Mittels offener Fragestellung ließ sich die individuelle Sichtweise der Interviewpartner ohne Einschränkung bei den Antwortmöglichkeiten erheben. Im Zuge dieser Forschungsarbeit wurden insgesamt sechs Interviews mit Projektleitern aus Wiener Banken im Zeitraum Mai bis Juni 2012 geführt. Die Interviews wurden anschließend vollständig transkripiert und mittels qualitativer Inhaltsanalyse nach Mayring ausgewertet und kategorisiert.

Die bei der empirischen Forschung gewonnenen Ergebnisse werden im dritten Teil dieser Arbeit erörtert. Zur Einteilung dienen die im Zuge der Auswertung entstandenen Kategorien und Unterkategorien. Als Einleitung wird zu Beginn jeder Kategorie eine Tabelle mit den beinhalteten Unterkategorien dargestellt. In diesen Aufstellungen ist die Anzahl der Projektleiter, welche Beiträge jeweils dazu geliefert haben, angeführt. Die Antworten der Interviewpartner wurden den entsprechenden Rubriken zugeordnet und interpretiert.

Im Anschluss daran folgt im vierten Teil die Zusammenfassung der Forschungsarbeit mit einem Ausblick. In dieser Schlussbetrachtung werden die Aussagen der Projektleiter gebündelt dargestellt. Gleichzeitig werden auch jene Punkte angeführt, die im Zuge dieser Master Thesis nicht beantwortet werden konnten. Diese offenen Punkte können als Grundlage für weitere wissenschaftlichen Untersuchen dienen. Den Abschluss dieser Arbeit bilden die Schlussfolgerungen, welche aus den Ergebnissen und Interpretationen gezogen werden können.

2. Theoretische Grundlagen und Begriffsabgrenzungen

In diesem Teil der Arbeit wird ein komprimierter Überblick über die theoretischen Grundlagen auf dem Gebiet des Projektmanagements und der Teamentwicklung gegeben. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse bilden in weiterer Folge den Ausgangspunk für die Beantwortung der Fragestellung dieser Master Thesis.

2.1. Projekt und Projektmanagement

Im ersten Kapitel werden die 'Begriffe', 'Aufgaben' und 'Definitionen' des Projekts und des Projektmanagements vorgestellt.

2.1.1. Das Projekt

Zu Beginn wird nun erläutert, wie der Begriff 'Projekt' in der Literatur beschrieben wird. Die Bezeichnung 'Projekt' kommt ursprünglich aus dem Lateinischen 'proiectum' und bedeutet 'nach vorn geworfen' (vgl. Bea, Scheurer & Hesselmann, 2008, S. 30). Als Projekt wird ein komplexes Vorhaben gesehen, welches losgelöst von den routinemäßigen Tätigkeiten in einem Unternehmen umgesetzt werden soll. Ein Projekt zeichnet sich dadurch aus, dass für ein neuartiges Vorhaben vor Beginn der Umsetzung die Ausgangsbasis beschrieben und ein klares Ziel definiert wird. Bei der Zielvereinbarung wird eindeutig festgelegt, was im Zuge dieses Projektes umgesetzt werden soll und welche Tätigkeiten zu einem anderen Zeitpunkt bzw. in einem anderen Aufgabenbereich erledigt werden müssen. Der Weg, wie das gewünschte Ziel erreicht wird, ist zu Projektbeginn noch nicht eindeutig festgelegt. Es ist jedenfalls zu prüfen, ob mit der Umsetzung des Projektes die ursprüngliche Problemstellung gelöst wird (vgl. Reiter, 2003, S.12).

Mit Beginn der Umsetzung eines Projektes wird dafür eine eigene, meist abteilungsübergreifende Organisationsform innerhalb des Unternehmens ins Leben gerufen.

Diese spezifische Projektorganisation wird als 'interdisziplinär' bezeichnet (vgl. Kuster et al., 2011, S. 5). Das bedeutet, dass die zu erledigenden Tätigkeiten nur durch „fachbereichs-, abteilungs- und hierarchieübergreifende“ (Schiersmann & Thiel, 2000, S. 94) Zusammenarbeit von Mitarbeitern mit unterschiedlichen Qualifikationen bewältigt werden kann.

Erfüllt ein Vorhaben die im Folgenden von Patzak & Rattay (2009, S. 20) beschriebenen Merkmale, so ist dieses Vorhaben formell als Projekt einzustufen:

- neuartig
- zielorientiert
- abgegrenzt
- komplex
- fachübergreifend, interdisziplinär
- bedeutend

Das formelle Kennzeichen 'fachübergreifend, interdisziplinär' sagt aus, dass die Erreichung des Projektzieles meist nur durch Zusammenarbeit unterschiedlicher Qualifikationen möglich ist. Dadurch bedarf es per Definition mehr als nur eine Person, um ein Vorhaben als Projekt bezeichnen zu können, und es somit keine 1-Mann -Projekte gibt (vgl. Schelle, 2007, S. 19). Das hat zur Folge, dass generell bei allen Projekten in der Planung und Umsetzung nicht nur das Projekt und dessen Inhalt bedeutend sind. Durch die notwendige Kooperation unterschiedlicher Personen, mit oft differierenden Vorstellungen und Wünschen innerhalb eines Projektteams, spielen auch zwischenmenschliche Beziehungen eine Rolle (vgl. Kellner, 1996, S. 75f.).

Ergänzend zu den genannten formellen Kennzeichen eines Projektes, beschreiben Wastian, Braumandel & von Rosenstiel (2009, S. 12) zusätzlich informelle Merkmale, welche sich auf psychologische Phänomene während der Projektumsetzung beziehen. Genannt werden hier:

- „Umgang mit Widerständen und Ängsten […]
- Arbeit unter extremem Zeit-, Termin- und Kostendruck
- Unsicherheit und Umgang mit nicht planbaren 'Zwischenfällen' und Veränderungen
- Umgang mit Risiko-, Konflikt- und Krisensituationen
- Abhängigkeit von anderen beteiligten oder betroffenen Personengruppen
- Begrenzte Handlungs- und Entscheidungsspielräume
- Dilemmasituation des Projektleiters durch begrenzten Zugriff auf personelle und Wissensressourcen
- Angemessenes Verhalten gegenüber projektinterner und -externer Personengruppen
- Begrenzter Zugriff des Projektleiters auf strategisch wichtige Informationen und Strukturen
- Umgang mit der (finanziellen) Alleinverantwortung für die Ergebnisse“ (Wastian, Braumandel & von Rosenstiel, 2009, S. 12)

Durch die formellen und informellen Merkmale lassen sich Projekte vom Tagesgeschäft[1] unterscheiden. Weiters ist bei der Einteilung von Projekten zu beachten, dass hierbei eine klare Abgrenzung zum einem Experiment erfolgt, da bei einem Experiment, im Gegensatz zum Projekt, das Ziel höchst unbestimmt ist (vgl. Steffan, 2010, S. 2).

Somit lässt sich zusammenfassen, dass ein Projekt bestimmte formelle und informelle Merkmale besitzt und neben dem Inhalt auch das fach- und abteilungsübergreifende Zusammenarbeiten einen hohen Stellenwert besitzt.

Nach der Definition des Begriffes 'Projekt' wird nun beschrieben, in welche verschiedenen Klassen Projekte eingeordnet werden können.

2.1.2. Projektklassifizierungen

Grundsätzlich gibt es eine solche Vielzahl von unterschiedlichen Kategorien, „daß [sic!] es vermutlich so viele Klassifizierungen von Projekten wie Projekte selbst gibt“ (Kraus & Westermann, 1997 zit. in Schiersmann & Thiel, 2000, S. 83). Für die Kategorisierung der Projekte stehen auszugsweise die Parameter der Projektgröße, der Projektkosten, die Branche oder aber auch nationale oder internationale Beteiligung zur Auswahl. Als Unterscheidungskriterien für diese Arbeit wurden

- Aufgabenstellung und soziale Kompetenz
- Projektgröße

ausgewählt. Die Eigenheiten dieser Kategorien werden im Folgenden näher beschrieben.

Je nach Aufgabenstellung können Projekte mit 'offenen' und 'geschlossenen' Inhalten unterschieden werden (vgl. Kuster et. al., 2011, S 5f.). Bei geschlossenem Inhalt gibt es von Beginn an eine klare Aufgabenstellung und der Lösungsweg ist größtenteils schon bekannt, hierzu zählt beispielsweise der Bau einer Schnellstraße, denn die Baugesellschaften können dabei meist schon auf die Erfahrungen von bereits durchgeführten und abgeschlossenen Straßenbauprojekten zurückgreifen. Hingegen gibt es bei offenen Inhalten oft viele verschiedene Möglichkeiten zur Umsetzung und erst im Laufe des Projektes werden die notwendigen weiteren Schritte evaluiert und entschieden. So könnte sich bei einer geplanten Produkteinführung im Zuge einer im Vorfeld durchgeführten Kundenbefragung herausstellen, dass für das geplante Produkt kein Markt besteht und erst eine neue Produktstrategie entwickelt werden muss.

Bei der Unterscheidung nach der sozialen Komplexität hängt deren Ausmaß mit der Anzahl der unterschiedlichen Interessen der Stakeholder[2] zusammen. Bei Projekten mit wenigen Beteiligten und ähnlich gelagerten Interessen ist meist eine geringe soziale Komplexität vorzufinden. Dagegen ist bei einer großen Zahl von Stakeholdern mit vielen unterschiedlichen Interessen eine hohe soziale Komplexität gegeben (vgl. Kuster et al., 2011, S 5f.). Je konträrer die einzelnen Vorstellungen der Stakeholder sind, desto schwieriger wird es, für eine Entscheidung einen Konsens zu finden und somit die Akzeptanz aller Beteiligten zu erzeugen. Anhand der Unterscheidungen nach Aufgabenstellung und sozialer Stellung lässt sich die in Abbildung 1 dargestellte Matrix definieren:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Projektarten

Nach Boos & Heitger (1996) sind Standardprojekte Vorhaben mit klaren Aufgabenstellungen und einer geringen sozialen Komplexität. Bereits bei der Planung sind die Aufgabenstellung und der Lösungsweg klar erkennbar und auch wenige unterschiedliche Interessen der Stakeholder zu erwarten. Entgegensetzt dazu ist bei Pionierprojekten durch die offene Aufgabenstellung in einem komplexen sozialen Umfeld die Unsicherheit aller Projektbeteiligten zu Beginn der Umsetzung sehr hoch. Erst im Verlauf des Projektes ergibt sich ein immer klarerer Weg. Durch den dadurch immer deutlicher werdenden Lösungsweg nimmt auch die Unsicherheit der betroffenen Personen ab.

Neben der sozialen Stellung des Projektes und der unterschiedlichen Aufgabenstellung ist auch die Größe eines Projektes ein Unterscheidungsmerkmal. Es erfolgt dabei eine Differenzierung nach der strategischen Bedeutung, der Dauer, der beteiligten Organisationen, benötigten, internen Ressourcen und der externen Kosten. Wie Gareis (2006, S. 63) im Folgenden ausführte, unterscheidet eine österreichische Großbank Projekte nach den Dimensionen: Kleinprojekt, Projekt und Programm[3]. Die Kriterien zur Einstufung sind in Tabelle 1 zusammengefasst:

Tabelle 1: Projektdefinition einer österr. Großbank nach Gareis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Diese Einteilung nach Gareis (2006, S. 63) ist immer in Relation zur Größe des Unternehmens zu sehen. So könnte in einem großen österreichischen Bauunternehmen die Investition von EUR 100.000,00 auch als Kleinprojekt bezeichnet werden. Wird die gleiche Summe jedoch von einem Kleinunternehmen für ein Projekt aufgewendet, so hat dies vermutlich einen anderen strategischen Stellenwert.

Die Klassifizierung von Projekten kann beispielsweise nach der Aufgabenstellung oder der entstehenden sozialen Komplexität getroffen werden. Auch die Größenmerkmale dienen zur Festlegung von Trennkriterien. Die vielfältigen und exemplarisch angeführten Möglichkeiten zur Projektklassifizierung dienen zur Erforschung einer der Fragen dieser Master Thesis (vgl. Teil 3).

Bevor die Aufgaben des Projektmanagements näher erläutert werden, erfolgt in Kapitel 2.1.3 ein kurzer Rückblick der geschichtlichen Entwicklungen des Projektmanagements.

2.1.3. Projektmanagement im Wandel der Zeit

Bereits vor mehr als 4.000 Jahren wurden von Menschen große Vorhaben in die Realität umgesetzt, auf die die Beschreibung von Projekten zutrifft. Für den Bau der Pyramiden von Gizeh (ca. 2620 bis 2500 v. Chr.) oder auch die Errichtung der Chinesischen Mauer (5. Jahrh. v. Chr.) war die Koordination von unzähligen Architekten, Handwerkern und Lieferanten notwendig (vgl. Bea, Scheurer & Hesselmann, 2011, S. 2). Ein weiterer Beleg für die historische Anwendung von Projektmanagement stammt aus dem Jahr 1641. Der Autor Daniel Defoe schrieb sein „Essay upon Projects“, eine Abhandlung über Projekte (vgl. Nausner, 2006, S. 24). Auch für die Konstruktion von Bauwerken der Neuzeit, wie dem Suez-Kanal (1869) oder dem Eiffelturm (1889), musste eine Art von Projektmanagement zugrunde liegen.

In den 1940er Jahren begann die Rüstungsindustrie in den USA mit der systematischen Planung und Umsetzung ihrer Vorhaben. So wurde 1941 die erste Atombombe im Rahmen des Manhattan Engineering Projects entwickelt. Später folgten die Raum- und Luftfahrtunternehmen (NASA mit dem Apollo-Projekt). Mit der vermehrten Beteiligung von europäischen Firmen an der amerikanischen Raumfahrtentwicklung in den 1960er Jahren wurde Projektmanagement auch in Europa verbreitet eingesetzt. Zu Beginn waren es hauptsächlich Ingenieure der technischen Bereiche, die Projektmanagement einsetzten, nach und nach gewannen auch betriebswirtschaftliche und ökonomische Aspekte stark an Bedeutung (vgl. Litke, 2005, S. 7).

Welche Rolle diese Aspekte in der heutigen Zeit spielen und welche Aufgaben das Projektmanagement dabei zu bewältigen hat, wird im nächsten Abschnitt beschrieben.

2.1.4. Projektmanagement

In der geschichtlichen Entwicklung des Projektmanagements zeigt sich, dass zu Beginn des Projektmanagements sehr stark die Umsetzung des einzelnen Projektes im Vordergrund stand. In heutiger Zeit hat sich die systemische Weiterentwicklung des Unternehmens in den Vordergrund gerückt (vgl. Litke, 2005, S. 7). Für diese Zielsetzung sind im Projektmanagement verschiedene Aufgaben zu bewältigen.

Bei Projekten steht die Bewältigung von komplexen Projektaufgaben in einem ständig veränderten Umfeld im Mittelpunkt, den Aufgaben des Projektmanagements werden die allgemein gültigen Managementfunktionen zugrunde gelegt. Dabei ist allerdings zu beachten, dass der Projektmanagement-Prozess von inhaltlichen Prozessen zur Erfüllung von Projektleistungen (z.B. Testen von Software, Beschaffung von Komponenten) zu unterscheiden ist (vgl. Gareis, 2006, S. 79). Prinzipiell gliedern sich die Managementaufgaben in Projekten dabei in

- Planung
- Organisation, Kommunikation, Koordination
- Führung
- Steuerung, Controlling (vgl. Patzak, 2009, S. 24f.)

Ergänzend zu den angeführten Aufgaben wird von Wastian, Braumandl & von Rosenstiel (2009, S. 14f.) noch angemerkt, dass durch die Lösung von nicht alltäglichen Problemen mit offenem Lösungsweg ein kollektiver und aktiver Lernprozess eingeschlossen wird, der ebenfalls gemanagt werden muss.

Bei der Planung und Umsetzung von Projekten entsteht eine Spannung zwischen den angeführten Planungsgrößen. Verändert sich eine der drei Komponenten, so bewirkt diese Veränderung unweigerlich, dass auch die anderen Komponenten angepasst werden müssen. Wird zum Beispiel der inhaltliche Umfang des Projektes stark vergrößert, so müssen der Terminplan und/oder auch die geplanten Ressourcen verändert werden, um das Projekt innerhalb der Planung fertigstellen zu können. Soll das Projekt dagegen in kürzerer Zeit fertiggestellt werden, so müssen mehr Ressourcen geplant oder inhaltliche Abstriche in Kauf genommen werden (vgl. Bea, Scheurer & Hesselmann, 2008, S. 38f.).

Ein erfolgreich gemanagtes Projekt lässt sich nach den Ausführungen von Wastian, Braumandl & von Rosenstiel, (2009, S. 15) am Soll-Ist-Vergleich der drei Zielgrößen des 'Magischen Dreiecks' erkennen:

- Projektinhalt (Qualität und Funktion)
- Terminplan
- Ressourcen bzw. Kosten.

Abbildung 2 zeigt den schematischen Zusammenhang dieser Merkmale.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Magisches Dreieck der Projektsteuerung

Für Gareis (2006, S. 80) sind die Zielgrößen des 'Magischen Dreiecks' jedoch nicht ausreichend. Zusätzlich zu den mess- und vergleichbaren Größen werden die Bedeutung und Berücksichtigung der Organisation, der Unternehmenskultur und auch der Zusammenhang zu den Umwelten bzw. andere Projekte usw. hervorgeheben. Das bedeutet, dass bei der Anpassung des Inhalts u.a. die strategische Ausrichtung des Unternehmens bedacht werden muss. Auch das Projektende kann nicht ohne Rücksichtnahme auf andere laufende Projekte oder eventuell vorliegende gesetzliche Fristen festgelegt oder verschoben werden.

In dem von Hobel & Schütte (2006) beschriebenen 'Magischen Quadrat', welches in Abbildung 3 dargestellt wird, wird das Projektziel in Qualität des Projektergebnisses und in die Qualität des Leitungsumfanges getrennt. Damit lässt sich darstellen, dass nicht nur die Qualität des gelieferten Produktes eine Spannung erzeugt, sondern auch die Umsetzung der Anforderung im vollen Funktions- und Leistungsumfang (vgl. Hobel & Schütte, 2006, S. 173).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Magisches Quadrat

Zusammenfassend lässt sich Projektmanagement somit als Organisation, Steuerung und Umsetzung des Projektinhaltes innerhalb der Projektzieldefinition des 'Magischen Dreiecks' oder 'Magischen Quadrates' und dem Managen des daraus resultierenden Lernprozesses definieren. Im nächsten Abschnitt wird nun auf die Ziele des Projektmanagements näher eingegangen.

2.1.5. Ziele des Projektmanagement

Neben der wirtschaftlichen Abwicklung eines Projektes innerhalb der oben beschriebenen Spannungsfelder des Projektmanagements gewinnen Projekte auch immer eine stärkere Bedeutung in der strategischen Unternehmensentwicklung. Projektmanagement wird dabei als Führungsinstrument, um das Unternehmen effektiv weiter zu entwickeln, bezeichnet (vgl. Bea, Scheurer & Hesselmann, 2011, S. 11).

Durch den ständig steigenden Anteil von Projekten in den unternehmerischen Tätigkeiten erhalten Projekte eine immer höhere Bedeutung. Das hat zur Folge, dass die Auswahl der Projekte immer stärker auf die strategische Weiterentwicklung des Unternehmens ausgerichtet ist. Beim Einsatz des Projektmanagements ist somit immer auf die Eigenheit des jeweiligen Unternehmens Rücksicht zu nehmen. Denn stehen die angewandten Methoden im Widerspruch mit der Unternehmenskultur, so wird das Vorgehen nur auf geringe bzw. sogar keine Akzeptanz stoßen und die Umsetzung kann scheitern (vgl. Heintel & Krainz, 2011, S 25). Das Projektmanagement läuft somit im Gleichklang mit der Sichtweise der Unternehmensführung und der Unternehmenskultur. Neben der Projektselektion nach Gesichtspunkten der strategischen Weiterentwicklung findet bei der Auswahl auch die wertorientierte Komponente Beachtung. Umgesetzte Projekte sollen zur Steigerung des Unternehmenswertes führen. Der Projekterfolg wird dabei direkt in Zusammenhang mit dieser messbaren Steigerung gebracht. Nach Bea, Scheurer & Hesselmann (2011, S. 15) muss diese Wertsteigerung aber nicht direkt mit dem Projektziel verbunden sein, denn selbst eine (kurzfristig) negative Auswirkung des Projektes kann langfristig für den Unternehmenserfolg maßgeblich sein. So kann zum Beispiel die technische Realisierung von gesetzlichen Vorgaben wie beispielsweise Basel II[4] unmittelbar keinen Geschäftserfolg bringen, doch sind diese Maßnahmen für das Weiterbestehen des Unternehmens unerlässlich (vgl. Kalus & Witter, 2003, S. 262f.).

So lässt sich Projektmanagement in enger Zusammenarbeit mit der Führungskonzeption sehen, das auch die zwei Unternehmensziele

- Strategische Weiterentwicklung
- Steigerung des Unternehmens (vgl. Bea, Scheurer & Hesselmann, 2011, S. 15)

bei der Auswahl und Umsetzung zu erfüllen hat. Durch die Definition der Ziele des Projektmanagements lassen sich nun in weiterer Folge auch Erfolg oder Misserfolg von Projekten beschreiben.

2.1.6. Projekterfolg und Projektmisserfolg

Bei den Zielen des Projektmanagements wurde bereits beschrieben, dass der Erfolg eines Projektes einerseits mit der direkten oder indirekten Wertsteigerung, als auch mit der strategischen Weiterentwicklung des Unternehmens zusammenhängt. Diese allgemeinen Zielsetzungen sind jedoch für die Projektumsetzung zu ungenau.

Laut Kerzner (2008, S. 26) ist ein Projekt dann erfolgreich, wenn es bei der Umsetzung nur wenige oder mit dem Auftraggeber abgestimmte Änderungen des Inhaltes gab und der Projektablauf keine Beeinträchtigung auf den Arbeitsablauf des Unternehmens verursacht. Patzak & Rattay präzisieren diese Aussage und sehen ein Projekt nur dann als erfolgreich an, „wenn die gewünschten ökonomischen Ergebnisse erzielt werden, wenn das Projektmanagement also wirksam ist“ (Patzak & Rattay, 2009, S. 33). Der Projekterfolgt kann somit als Erreichung des Projektzieles innerhalb des Spannungsfeldes des Magischen Drei- oder Vierecks unter effizienter Ressourcennutzung zusammengefasst werden. Neben der inhaltlichen erfolgreichen Umsetzung sind auch die Zufriedenheit und Akzeptanz der Stakeholder und des Projektleiters ausschlaggebend. Abbildung 4 zeigt den schematischen Zusammenhang des Projekterfolgs nach Patzak & Rattay (2009, S. 33).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Projekterfolg

Daraus lassen sich für ein erfolgreiches Projekt die folgenden 3 Kriterien zusammenfassen:

- Wirksamkeit (Zielerreichung, Termineinhaltung, Kosteneinhaltung, effiziente Ressourcennutzung)
- externe Zufriedenheit (Kunde, Team, restliches Umfeld)
- eigene Zufriedenheit (vgl. Patzak & Rattay, 2009, S. 33)

Die einzelnen Tätigkeiten für die erfolgreiche Umsetzung von Projekten erfolgen in verschiedenen Phasen, welche im nächsten Abschnitt detailliert beschrieben werden.

2.1.7. Projektphasen

Wenn man mir eine Stunde geben würde,

ein Problem zu lösen, von dem mein Leben abhängt,

würde ich 40 Minuten dazu verwenden, es zu studieren,

15 Minuten zu prüfen und fünf Minuten, um es zu lösen.

(Albert Einstein zit. in Faßbender & Tanhofer, 2011, S. 50)

Bei der Umsetzung von bedeutenden Vorhaben soll Schelle (2010, S. 35f.) zu Folge, eine angemessene Zeit für die Planung berücksichtigt werden. Nur mit einer fundierten Recherche, einer detaillierten Planung und der darauf basierenden Prüfung lassen sich bereits vor der Projektumsetzung mögliche Fehler erkennen und korrigieren. Dabei ist es jedenfalls notwendig, sich die entsprechende Zeit zu nehmen (vgl. Heimbold, 2005, S. 60). Durch die Einteilung in Projektphasen kann die Planung schrittweise, systemorientiert und schematisch erfolgen. Dies führt zur Beibehaltung einer gewissen Flexibilität trotz einer systemorientierten Betrachtungsweise. In weiterer Folge führt dies zu einer Komplexitätsreduktion (vgl. Bea, Scheurer & Hesselmann, 2011, S. 43). In der Literatur lassen sich viele verschiedene Einteilungen der Projektphasen finden. Inhaltlich decken die verschiedenen Ansichten die Startphase, die Umsetzung und den Abschluss des Projektes inklusive der Kontrollmaßnahmen ab. Für diese Arbeit wird die Unterteilung nach Bea, Scheurer & Hesselmann (2011, S. 43) in

- Projektstart
- Zielpräzisierung
- Projektplanung
- Projektumsetzung
- Projektkontrolle
- Abschluss

mit den begleitenden Prozessen

- Qualitätsmanagement
- Risiko- und Chancenmanagement (vgl. Bea, Scheurer & Hesselmann, 2011, S. 43)

zugrunde gelegt.

Vor der genaueren Beschreibung der Projektphasen werden die begleitenden Prozesse – beginnend mit dem Qualitäts-, Risiko- und Chancenmanagement – näher erläutert, da diese im gesamten Projektverlauf zur Anwendung kommen.

2.1.7.1. Qualitätsmanagement

Die Qualität oder Leistung wird in der Literatur durchgängig mit dem Erfüllen der Anforderungen oder Erwartungen der Projektbeteiligten beschrieben. Patzak & Rattay (2009) ergänzen, dass auch das Übertreffen der Erwartungen vom Kunden als Qualität wahrgenommen wird. Die Erwartungen können dabei angegeben und vereinbart sein, aber auch lediglich emotional erwartet werden (vgl. Patzak & Rattay, 2009, S. 41ff.).

In Abbildung 5 wird dargestellt, wie nach Kano die Kundenzufriedenheit mit der Erfüllung der Erwartungen in Zusammenhang gebracht werden kann.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Kundenzufriedenheit nach Kano

1. Basisanforderungen werden vom Kunden als selbstverständlich erachtet und nicht explizit ausgesprochen. Dem Kunden sind diese Funktionen meist nicht mehr bewusst, da diese oft schon als Selbstverständlichkeit angesehen werden. Die Nichterfüllung dieser Funktion führt jedoch unweigerlich zur Unzufriedenheit. Der Kunde wird das Produkt oder die Leistung in diesem Umfang nicht erwerben bzw. nicht wieder kaufen.
2. Leistungsanforderungen sind jene Funktionalitäten, welche mit dem Kunden im Rahmen des Auftrages vereinbart wurden. Diese stellen die Mindestanforderungen für eine prinzipielle Zufriedenheit des Kunden dar.
3. Begeisterungsfaktoren sind zusätzliche, für den Kunden nützliche Funktionen, die dieser nicht erwartet oder explizit eingefordert hat. Da diese Leistungen dem Kunden zunächst gar nicht bewusst waren, hat die Nichterfüllung keine Auswirkung auf die Kundenzufriedenheit. Die Erfüllung jedoch erzeugt Begeisterung (vgl. Patzak und Rattay, 2009, S. 245f.).

Zur Erfüllung der Erwartungen beschäftigt sich das Qualitätsmanagement mit der Planung, Steuerung, Sicherung und Verbesserung der Qualität (Bea, Scheurer & Hesselmann, 2011, S. 330f.). Dabei müssen sich diese Tätigkeiten auf das Projektergebnis sowie auf die technischen- und Managementprozesse beziehen (vgl. Bea, Scheurer & Hesselmann, 2011, 329). Damit steht das Qualitätsmanagement in sehr engen Zusammenhang mit dem in Abschnitt 2.1.6 beschriebenen Projekterfolg.

Das Qualitätsmanagement begleitet das Projekt von der Startphase bis zum endgültigen Abschluss. Als Qualität werden dabei „die Gesamtheit von Eigenschaften […] und des zugehörigen Prozesses, bezogen auf deren Eignung zur Erfüllung vorgegebener Anforderungen oder Erwartungen“ (Patzak & Rattay, 2009, S. 41) beschrieben.

Neben dem Qualitätsmanagement begleiten die Tätigkeiten im Rahmen des Risiko- und Chancenmanagements das Projekt von der Initiierung bis zum Abschluss.

2.1.7.2. Risiko- und Chancenmanagement

Mit der Planung und Durchführung von Projekten sind unweigerlich auch immer Risiken verbunden, denn trotz sorgfältigster Planung können jederzeit unvorhergesehene Ereignisse eintreten (vgl. Ross, 2012, S. 23). Im Gegenzug können sich dabei aber auch neue Möglichkeiten und Chancen ergeben, welche erst bei der Projektplanung sichtbar werden.

Durch die Analyse der unterschiedlichen Interessen der Stakeholder lassen sich bereits zu Projektbeginn erste Rückschlüsse auf mögliche Risiken schließen. Diese können bereits einen Abbruch des Projektes in der Projektstartphase verursachen, da die Umsetzung nicht mehr realistisch oder wirtschaftlich nicht mehr sinnvoll scheint. Gleichzeit kann das Resultat aber auch eine Forcierung des Projektes bewirken, wenn sich aus der Betrachtung ein unbedingter Handlungsbedarf ableiten lässt (vgl. Patzak &Ratay, 2009, S. 93). Beispielsweise könnte die Recherche ergeben, dass gesetzliche Formerfordernisse nicht eingehalten werden und dadurch die Umsetzung des Projektes unumgänglich ist.

Da sich projektrelevante Rahmenbedingungen ändern können, sollte in regelmäßigen Abständen eine neuerliche Prüfung der Risiken erfolgen. Ziel dabei ist es, frühzeitig Veränderungen bei den Risiken zu erkennen und gegebenenfalls entsprechende Schritte zu veranlassen. Gleichzeitig wird auch die Wirksamkeit der gewählten Maßnahmen für die bereits bekannten Risiken kontrolliert (vgl. Patzak &Ratay, 2009, S. 312ff.).

Nach der Beschreibung der Prozesse, die das Projekt während der gesamten Laufzeit begleiten, wird im Folgenden mit der Darstellung der Projektphasen, beginnend mit der Startphase, fortgesetzt.

2.1.7.3. Projektstartphase

Die Auslöser für die Initialisierung von Projekten können sehr vielfältig sein. Dabei können die Ideen unternehmensintern entstanden oder auch von externen Kunden angefragt worden sein. Die folgende Aufzählung gibt einen kleinen Ausschnitt, aus welchen Beweggründen Projektideen eingebracht werden:

- Umsetzung von definierten Unternehmensstrategien
- Umfeld bedingte Auslöser (gesetzliche Vorgaben, Wettbewerbssituation…)
- komplexe Anfrage eines Kunden
- neue Ideen für Produkte und Dienstleistungen
- dringender Veränderungsbedarf in der eigenen Organisation (vgl. Patzak & Rattay, 2009, S. 85)

Im Rahmen der Projektwürdigkeitsprüfung (Projektclearing) wird geprüft, ob die Aufgabenstellung als Routineaufgabe oder als Projekt durchgeführt wird bzw. kann auch der Entschluss getroffen werden, dass das Vorhaben nicht umgesetzt wird. Bei dieser Beschlussfindung finden auch die grundliegenden Ziele für die Projektauswahl (vgl. Abschnitt 2.1.5) Berücksichtigung (vgl. Patzak & Rattay, 2009, S. 91f.). Bei positiver Entscheidung werden in weitere Folge nun verschiedenste Aktivitäten durchgeführt, um die Grundlagen für den schriftlichen Projektauftrag zu liefern.

Als Basis für den zu erstellenden Projektauftrag müssen die Projektziele[5] als auch die Nichtziele[6] vorläufig beschrieben werden. Neben den Zielen zur Messbarkeit des Projekterfolges werden auch die Erfolgsfaktoren aufgezählt. Dabei ist darauf zu achten, dass diese Ziele klar und realistisch sind (vgl. Bohinc, 2010, S. 34). Auch die zu erledigenden Aufgaben werden nun definiert und daraus wird eine erste Zeitplanung erstellt.

Ein weiterer bedeutender Aspekt in der Projektstartphase ist der Aufbau der Projektorganisation. Hier werden die Rahmenbedingungen für eine möglichst wirkungsvolle Zusammenarbeit aller am Projekt beteiligten Personen geschaffen. Dazu zählen die Auswahl und Ernennung des Projektleiters und des Projektteams (vgl. Abschnitt 2.2.3).

- „Aufbau einer Organisationsform […]
- Eindeutige Zuordnung von Personen zu den wichtigen Projektrollen
- Klare Aufgaben, Verantwortungs- und Zuständigkeitsabgrenzungen […]
- Abgrenzung der Projektrollen zu den Rollen der Stammorganisation
- Vereinbarung eines projektbezogenen Informationssystems […]“ (Patzak & Rattay, 2009, S. 143)

Nach der Auswahl des Projektleiters und der Teammitglieder sowie der Zuteilung der jeweiligen Aufgaben gilt es nun, aus den einzelnen, meist unterschiedlichen Persönlichkeiten der Mitglieder ein homogenes Team aufzubauen. Eine detailliertere Beschreibung der Teamentwicklungsphasen erfolgt im Abschnitt 2.2.4.

In der Folge ist es nun für die einzelnen geplanten Schritte notwendig, die definierten Ziele zu konkretisieren, daraus Pläne zu erstellen, diese umzusetzen, die Ergebnisse zu kontrollieren und mögliche Abweichungen oder Änderungen festzustellen. Aus diesen Ergebnissen lässt sich erkennen, ob eine Anpassung der Ziele und/oder der Planung notwendig ist oder ob mit dem ursprünglichen Plan fortgesetzt werden kann. Dieser Kreislauf wiederholt sich bis zum Abschluss des Projektes (vgl. Bea, Scheurer & Hesselmann, 2011, S. 43ff.). In Abbildung 6 werden die Abhängigkeiten dieser Phasen dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Phasen des Projektmanagements

Für die Projektstartphase lässt sich zusammenfassen, dass hier die systemische Behandlung von Ideen, mit dem Ziel ein grobes Bild von der Aufgabenstellung zu erhalten, erfolgt. Das Ziel ist, eine schriftlich fixierte Zieldefinition (Spezifikation) zu erhalten (vgl. Patzak & Rattay, 2009, S. 92ff.). Gleichzeitig wird die Projektorganisation ins Leben gerufen und die Projektteams gebildet, bevor mit der weiteren Planung fortgesetzt und die Ausführung begonnen werden kann. Im Folgenden wird nun detailliert auf diese Phasen eingegangen.

2.1.7.4. Phase der Zielpräzisierung

Unter Zielpräzisierung ist zu verstehen, dass die ersten Zielüberlegungen aus der Projektstartphase systematisch konkretisiert und adaptiert werden. Der Prozess der Zielpräzisierung wird in der Literatur auch der Projektstartphase (vgl. Patzak & Rattay, 2009, S. 92ff.) zugeordnet. Diese Beschreibung hat allerdings zur Folge, dass per Definition zu Beginn der Umsetzung das Ziel bereits eindeutig festgelegt wurde und dieses im Laufe des Projektes nicht mehr verändert werden kann. Doch zu Projektbeginn sind häufig die Ziele und Nichtziele des Projektes noch nicht „präzise und endgültig formuliert“ (Bea, Scheurer & Hesselmann, 2011, S. 111).

Die Inhalte des Zielpräzisierungsprozesses unterscheiden sich jedoch nach der aktuellen Phase im Projektverlauf. So wird im Zuge der Startphase aus den gesamten während der Zielpräzision erarbeiteten Informationen der schriftliche Projektauftrag – das Lastenheft – erstellt (vgl. Bea, Scheurer & Hesselmann, 2011, S. 122f.). Wichtig dabei ist, dass der Inhalt des Projektauftrages mit allen relevanten Stakeholdern abgestimmt wurde und auch von Auftraggeber und Projektleiter akzeptiert wird (vgl. Patzak & Rattay, 2009, S. 140f.). In diesem Zuge wird das Lastenheft vom Projektteam mit Terminen und den Kosten ergänzt. Dieses Dokument wird als Pflichtenheft bezeichnet, da hier das Projektteam die für die Umsetzung notwenigen Maßnahmen – die Pflichten – eingetragen hat. Für eine übersichtliche Darstellung kann beispielsweise ein Projektstrukturplan (vgl. Abbildung 7) erstellt werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Projektstrukturplan

Bei auftretenden Abweichungen zur bisherigen Planung werden mit dem Projektauftraggeber Maßnahmen abgestimmt und für die weitere Umsetzung berücksichtigt (vgl. Bea, Scheurer & Hesselmann, 2011, S. 124 f.). In der Umsetzungsphase dienen nun die definierten und adaptierten Ziele als Kontrollwerte. Bei Abweichungen zur Planung dienen diese Daten als Basis für eine neuerliche Bewertung und Anpassung (vgl. Bea, Scheurer & Hesselmann, 2011, S. 125ff.).

Mit dem in der Zielpräzisierungsphase erstellten Pflichtenheft wird die Projektplanung fortgesetzt.

2.1.7.5. Projektplanung

Wesentlich in einem Projekt ist die Durchführung aller notwendigen Aufgaben. Um einen Überblick über diese Aufgaben zu erhalten, wird der in der Zielpräzisierung erstellte Projektstrukturplan dabei weiter in überschaubare, vor allen in plan- und kontrollierbare Teilaufgaben, s. g. Arbeitspakete, zerlegt (vgl. Gareis, 2006, S. 239). Durch die weitere Bearbeitung des Projektstrukturplans und die Erstellung eines Projektablaufplans können diese Zusammengehörig- und Abhängigkeiten von Tätigkeiten dargestellt werden (Bea, Scheurer & Hesselmann, 2011, S. 157ff.).

Mit den im Projektstrukturplan definierten Arbeitspaketen können nun der grundliegende Ablauf- und Terminplan präzisiert werden. Durch den Projektstrukturplan und die beschriebenen Arbeitspakete werden bereits frühzeitig Abhängigkeiten aufgezeigt, die für eine möglichst realistische Zeitplanung berücksichtigt werden müssen. So kann beispielsweise vor der Fertigstellung eines Prototyps nicht mit einem Probelauf begonnen werden. Daher muss in der Terminplanung festgehalten werden, dass der Testbetrieb frühestens mit der Fertigstellung des Prototyps begonnen werden kann. Das hat zur Auswirkung, dass wenn sich diese verzögert, auch der Testlauf verspätet beginnt. Die Summation der für die einzelnen Projektschritte benötigten Zeiten, unter zeitlicher Berücksichtigung allfälliger Abhängigkeiten, ergibt den kalkulierten Endzeitpunkt des gesamten Projektes.

Im Anschluss werden die, in der Aufgaben- und Terminplanung definierten, Ressourcen evaluiert, denn für einen optimalen Ablauf müssen die jeweils benötigten Ressourcen zum richtigen Zeitpunkt in ausreichender Menge und am richtigen Ort zur Verfügung stehen (vgl. Patzak & Rattay, 2009, S. 282). Die Ressourcen

[...]


[1] Als Tagesgeschäft werden in dieser Arbeit alle Tätigkeiten definiert, welche von den Mitarbeitern im Rahmen ihrer Linienfunktion erledigt werden. In Banken können diese Aufgaben beispielsweise die Eröffnung oder Schließung von Kundenkonten oder die Berechnung von Kreditangeboten sein.

[2] In dieser Arbeit wird der Begriff 'Stakeholder' (englisch: stake = Anteil, Beteiligung; holder = Halter, Besitzer) für Personen, Gruppen oder Institutionen, welche an der Umsetzung des Projektes beteiligt sind bzw. das Ergebnis der Umsetzung auf diese Personen eine Auswirkung hat, verwendet.

[3] Ein Programm wird als eine Zusammenfassung verschiedener Projekte, die ein gemeinsames Ziel verfolgen, bezeichnet (vgl. Internet: http://www.projektmagazin.de/glossarterm/programm-management, Stand 1.9.2012)

[4] Internationale Konvergenz der Kapitalmessung und Eigenkapitalanforderungen (vgl. Österreichischen National Bank (ÖNB), 2004)

[5] Das Projektziel beschreibet jene Inhalte, die mit dem Projekt realisiert werden sollen (Gareis, 2006, S. 236ff.).

[6] Nichtziele schließen Leistungen, welche nicht mit diesem Projekt verwirklicht werden sollen, explizit aus der Planung und Umsetzung aus (Gareis, 2006, S. 236ff.).

Ende der Leseprobe aus 114 Seiten

Details

Titel
Die Ressource 'Mensch': Ein vernachlässigtes Erfolgskriterium für den Projekterfolg?
Hochschule
ARGE Bildungsmanagement Wien
Veranstaltung
Projektmanagement
Note
sehr gut
Autor
Jahr
2012
Seiten
114
Katalognummer
V232889
ISBN (eBook)
9783656488484
ISBN (Buch)
9783656491156
Dateigröße
2281 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
ressource, mensch, erfolgskriterium, projekterfolg
Arbeit zitieren
MBA Rene Kromer (Autor:in), 2012, Die Ressource 'Mensch': Ein vernachlässigtes Erfolgskriterium für den Projekterfolg?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/232889

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