Verständnis literarischer Texte im fremdkulturellen Kontext. W. Koeppens „Jakob Littners Aufzeichnungen aus einem Erdloch“


Hausarbeit (Hauptseminar), 2008

14 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1.Einleitung

2.Verständnis literarischer Texte im fremdkulturellen Kontext
2.1 Die zentrale Textaussage
2.2 Hermeneutik
2.2.1 Hermeneutischer Zirkel
2.2.2 Hermeneutische Differenz
2.3 Wirkung des Lesers auf den Text

3.Analyse von „Jakob Littners Aufzeichnungen aus einem Erdloch“
3.1 Inhalt
3.2 Wortklärung
3.3 Interpretation
3.3.1 Fremde
3.3.2 Fremdheitskonstruktion
3.3.3 Vorurteil/ Stereotyp
3.3.4 Apell an die Menschlichkeit
3.4 Mögliche Wirkung auf fremdkulturellen Leser
3.5 Entstehungs- und Editionsgeschichte

4.Zusammenfassung

5.Literaturverzeichnis

1.Einleitung

Im Folgenden soll anhand von „Jakob Littners Aufzeichnungen aus einem Erdloch“ die Auseinandersetzung mit fremdkulturellen Texten in der interkulturellen Germanistik aufgezeigt werden. Dabei wird einerseits auf die hermeneutischen Methoden eingegangen, andererseits soll auch deutlich werden, was zu beachten ist, wenn der im fremdkulturellen Kontext verwendete Text in sich schon die Fremde thematisiert. Dazu soll, nach theoretischen Vorbetrachtungen über hermeneutische Methoden, das Werk „Jakob Littners Aufzeichnungen aus einem Erdloch“ bezüglich dieser Aspekte im Detail betrachtet werden.

2.Verständnis literarischer Texte im fremdkulturellen Kontext

In der interkulturellen Germanistik, die eine Zwischenposition zwischen Inlandsgermanistik und Auslandsgermanistik einzunehmen sucht, ist die Frage nach der Art des Verständnisses literarischer Texte im fremdkulturellen Kontext von besonderer Bedeutung.[1] Wenn literarische Texte aus dem deutschsprachigem Kulturkreis im Ausland thematisiert werden, kann aufgrund der kulturellen Distanz nicht davon ausgegangen werden, dass die Rezipienten mit fremdkulturellen Hintergrund gleiche Deutungsschemata anwenden, wie beispielsweise in Deutschland sozialisierte Leser. Im Folgenden sollen daher einige ausgewählte Herangehensweisen und Interpretationsansätze bezüglich literarischer Texte im fremdkulturellen Kontext vorgestellt werden.

2.1 Die zentrale Textaussage

Die Frage, ob ein Text „richtig“, im Sinne eines absoluten Wertes, interpretiert werden kann, oder ob es vielmehr zu jedem Text in Abhängigkeit der Leser vielfache Auslegungsmöglichkeiten gibt, die alle gleichwertig und legitim sind, wurde unter Germanisten vielfach diskutiert. Die Meinungen dazu differieren zwar erheblich, doch von der Methode der Schulinterpretation, die stark vom Zwang abhängt, die Schüler zu bewerten, und so häufig Interpretationsansätze als sachlich falsch ablehnt, wird sich größtenteils in Fachkreisen distanziert.[2] Enzensberger äußert sich zur „Idee fixe von der richtigen Interpretation“ wie folgt:

„An dieser Wahnvorstellung wird mit unbegreiflicher Hartnäckigkeit festgehalten, obwohl ihre logische Inkonsistenz und ihre empirische Unhaltbarkeit auf der Hand liegen. Wenn zehn Leute einen literarischen Text lesen, kommt es zu zehn verschiedenen Lektüren.“[3]

Es besteht also nahezu ein Konsens, dass verschiedene Auslegungsweisen und „individuelle Lesarten“[4] akzeptabel sind, dennoch gibt es verschiedene Ansichten, ob diese unendlich groß seien oder ob die Anzahl der möglichen Interpretationen doch beschränkt ist, wenn man das Vorhandensein einer Autorintention oder eines sensus litteralis, anerkennt.

Kann man demnach davon ausgehen, dass es zu jedem literarischem Text generell mehrere Interpretationen, einen Auslegungsspielraum[5], geben kann, so gilt dies umso mehr, wenn der Text im fremdkulturellen Kontext betrachtet wird, da die Leser hier mit einem anderen sozialen, geschichtlichen und kulturellen Hintergrund an das literarische Werk herantreten und somit den Text unter anderen Prämissen lesen werden.[6] Dies umso mehr, beachtet man den „dialogischen Kommunikationsprozess zwischen Text und Leser“[7]. Es gilt diesem Phänomen mit Toleranz zu begegnen und nicht anderen die eigene, konventionelle Lesart aufzwingen zu wollen.

2.2 Hermeneutik

Ein wichtiger Schlüssel zum Verstehen literarischer Texte ist die Hermeneutik, dies gilt insbesondere auch im fremdkulturellen Kontext. Hermeneutik ist ein ursprünglich aus dem Griechischen stammende Wort, welches später einer lateinischen Neuprägung unterlag. Das griechische Verb ἑρμηνεύειν bedeutet soviel wie „aussagen, verkünden, dolmetschen, erklären, auslegen“.[8]

Hermeneutik fördert also den Verstehensprozess, indem zusätzliche Informationen über den Autor oder den geschichtlichen Hintergrund gewonnen werden, welche wiederum auf den Text selbst angewendet werden. Dies ist insbesondere bei der Bearbeitung literarischer Texte im fremdkulturellen Kontext sehr wichtig, da es so leichter fällt, sich in einen Text einzufühlen, der ohne diese Hintergrundinformationen sehr fern und fremd scheinen kann. Dies durch unterschiedliche Lebenserfahrungen oder fehlendes Kontextwissen über die Lebensumwelt des Autors. „Hermeneutische Reflexion setzt ein, wenn Störungen auftreten, die Gefahr des Nicht- oder Missverstehens wächst.“[9]

Doch kann man auch anführen, dass diese hermeneutische Bearbeitung des Textes den Leser zu sehr auf eine Auslegung einschränkt und so weiteren Assoziationen hinderlich ist. Auch aus anderen Gründen, wie Skepsis gegenüber der Intention des „Verstehenwollens“ lehnen einige Wissenschaftler die Hermeneutik ab. So sieht E.W. Said darin nur einen Ausdruck des Willens zur Macht[10], dies ist wiederum eng mit dem Begriff des Ethnozentrismus verbunden.

2.2.1 Hermeneutischer Zirkel

Der hermeneutische Zirkel besagt, dass man im Umgang mit einem literarischen Text eine Kreisbewegung (oder eine Spiralbewegung) ausführt, indem man sich ausgehend von der Lektüre textexternen Informationen zuwendet, die unklare Stellen klären, aber genauso auch weitere Fragen aufwerfen können. Gadamer formuliert als Regel dazu, „dass man das Ganze aus dem Einzelnen und das Einzelne aus dem Ganzen verstehen muss“[11]. Der hermeneutische Zirkel ist demnach als „Wechselspiel von Sprachverstehen und sachlichem Wissen“[12] zu verstehen. Dies zeigt, warum die Hermeneutik gerade in der interkulturellen Germanistik einen hohen Stellenwert hat (oder haben sollte), da man hier von geringerem sachlichem Wissen, und in Abhängigkeit vom Sprachlevel der Leser, auch von einem nicht vollständigen Sprachverstehen, ausgehen muss.

2.2.2 Hermeneutische Differenz

Ein weiterer, nicht zu vernachlässigender Aspekt ist die hermeneutische Differenz, die besagt, „dass das was verstanden bzw. gedeutet werden soll, [...] zunächst fremd, abständig, distanziert [ist], und [...] erst im Verstehens- bzw. Deutungsakt ‚angeeignet‘ werden [muss]“[13].

Man unterscheidet dabei zwischen linguistischer Differenz, also die Voraussetzung einer spezifischen Sprachkompetenz, historischer Differenz, die sowohl sprachliche Deutungsschwierigkeiten durch veraltete Wörter, als auch sachliche Probleme durch mangelndes Hintergrundwissen umfasst, und der poetologisch/ rhetorischen Differenz, die sich auf künstliche Ausdrucksformen bezieht.[14]

[...]


[1] Vgl. D. Krusche, Warum gerade Deutsch? Zur Typik fremdkultureller Rezeptionsinteressen. In: Alois Wierlacher (Hg.): Perspektiven und Verfahren interkultureller Germanistik, München 1987, S. 102-103.

[2] Vgl. J. Vogt, Einladung zur Literaturwissenschaft, München 2002², S. 54-55.

[3] H.M. Enzensberger, Mittelmaß und Wahn. Gesammelte Zerstreuungen, Frankfurt/M. 1988, S. 350.

[4] J. Vogt, Einladung zur Literaturwissenschaft, München 2002², S. 54.

[5] Ebd., S. 64.

[6] Vgl. Wirkungsgeschichte, http://www.uni-essen.de/literaturwissenschaft-aktiv, Stand: 16.08.2008.

[7] Rezeptions- und Wirkungsästhetik, http://www.uni-essen.de/literaturwissenschaft-aktiv, Stand: 16.08.2008.

[8] Vgl. J. Vogt, Einladung zur Literaturwissenschaft², München 2002, S. 55.

[9] Ebd., S. 58.

[10] Vgl. E.W. Said, Orientalismus, Frankfurt am Main 1981, S. 8-39.

[11] H.G. Gadamer, Wahrheit und Methode. Grundzüge einer philosophischen Hermeneutik, Tübingen 1972, S. 275.

[12] J. Vogt, Einladung zur Literaturwissenschaft, München 2002², S. 60.

[13] Hermeneutische Differenz, http://www.uni-essen.de/literaturwissenschaft-aktiv, Stand: 16.08.2008.

[14] Vgl. http://www.uni-essen.de/literaturwissenschaft-aktiv, Stand: 16.08.2008.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Verständnis literarischer Texte im fremdkulturellen Kontext. W. Koeppens „Jakob Littners Aufzeichnungen aus einem Erdloch“
Hochschule
Universität Bayreuth  (Fakultät: Sprach- und Literaturwissenschaften Lehrstuhl: Interkulturelle Germanistik (Deutsch als Fremdsprache))
Veranstaltung
Proseminar: Literatur-Kultur-Fremde. Einführung in die literaturwissenschaftliche Komponente interkultureller Germanistik
Note
2,3
Autor
Jahr
2008
Seiten
14
Katalognummer
V232935
ISBN (eBook)
9783656489863
ISBN (Buch)
9783656491323
Dateigröße
813 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
verständnis, texte, kontext, koeppens, jakob, littners, aufzeichnungen, erdloch
Arbeit zitieren
M.Phil Lydia Einenkel (Autor:in), 2008, Verständnis literarischer Texte im fremdkulturellen Kontext. W. Koeppens „Jakob Littners Aufzeichnungen aus einem Erdloch“, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/232935

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