Wandel der Väterrolle


Hausarbeit, 2012

14 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung: Wandel der Väterrolle

2. Hauptteil
2.1 Geschichtliche Entwicklung
2.2 Hintergründe
2.2.1 Gesellschaftlicher Wandel
2.2.2 Gleichstellung der Frau und Egalisierung der Geschlechterrollen
2.3 Vaterschaft Heute
2.4 Diskrepanz zwischen Theorie und Wirklichkeit

3. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung: Wandel der Väterrolle

Wenn man die Rolle des Vaters in der Familie geschichtlich betrachtet, merkt man, dass diese sich ständig wandelt. Während früher die Mutter die Erziehung der Kinder übernahm und der Vater die Rolle des Familienoberhaupts und Ernährers hatte, der nur selten als harter Erzieher (Mühling 2007, 11) in Erscheinung trat, ist er heute oftmals mehr in die Erziehung involviert und ein gleichwertiger Teil der Familie. Durch eine zunehmend egalitäre Rollenverteilung zwischen Frau und Mann, ist es heute immer häufiger festzustellen, dass auch die Beschäftigung mit den Kindern zur Vatersache geworden ist und eine viel engere Bindung zwischen Vater und Kind entsteht als es früher der Fall war.

So ist es auch nicht verwunderlich, dass eine Vielzahl von Männern der Meinung ist, dass sich Väter vermehrt an der Erziehung beteiligen sollen (Bundesministerium für Familie 2005, 28).
Die Ansprüche an den sogenannten „modernen Vater“ sind sehr hoch, da er sich liebevoll um seine Kinder und deren Erziehung kümmern, aber auch wie früher für die Ernährung der Familie sorgen soll. Dies führt bei vielen Vätern zu Vereinbarkeitskonflikten, da viele von ihnen Vollzeit arbeiten.

Hier sind die Männer in einer Zwickmühle zwischen modernen Denk- und Lebensweisen und alten Karriere- und Rollenstrukturen gefangen, weshalb sich Väter zwar immer stärker in der Familie engagieren, aber in Umfragen trotzdem immer wieder angegeben wird, dass viele den Wunsch haben mehr Zeit mit den Kindern und der Familie und weniger Zeit mit dem Beruf zu verbringen.

Der geschichtliche Wandel der Gesellschaft und somit der Väterrolle steht auch heute nicht still. Es kommen stetig neue Lebensmodelle und Familienformen hinzu und die „normale Familie“ oder den „modernen Vater“ zu charakterisieren wird immer schwieriger.
Ich werde versuchen die Gründe aufzuzeigen und uns für das Thema „Vaterschaft im Wandel“ zu sensibilisieren, da es ein wichtiger Teil unseres modernen Lebens ist, der meiner Meinung nach immer noch zu wenig Beachtung findet und oft an der Umsetzung scheitert.

2. Hauptteil

2.1 Geschichtliche Entwicklung

Um die Väterrolle und den mit ihr verbundenen Wandel besser zu verstehen, müssen wir zunächst ihre Geschichte näher beleuchten und uns an unser modernes Familienbild annähern.

Die Vater- und Familienstrukturen, die wir heute kennen, sind ein Produkt der jüngeren Geschichte, beginnend im römischen Reich. Dort wurde erstmals das sogenannte „Patriarchat“ zum politischen und gesellschaftlichen System, dass das Zusammenleben in den zahlreichen „Familienverbänden“ regelte. Hierbei war genau festgelegt, dass die Mütter sich um die Erziehung der Töchter kümmerten, während die Väter das Aufwachsen ihrer Söhne mit harter Strenge und absoluter Unterordnung vorantrieben. Gleichzeitig war der „pater familias“ das Familienoberhaupt des gesamten Familienverbandes, womit er die uneingeschränkte Macht über Leben und Tod jedes einzelnen Mitglieds besaß. Der Verband bestand aus seinen Kindern, seiner Frau, seinen Sklaven sowie allen weiteren Familienmitgliedern aus der nachfolgenden Linie.

Dieses gesellschaftliche System herrschte während der gesamten Zeit des römischen Reiches über das soziale Zusammenleben sowie die Erziehung der Kinder und war bis ins 19. Jahrhundert ein Vorbild für die Väterrolle.

Erst im Mittelalter entstand die Vorstufe des heute bekannten Vaters, innerhalb der Familie als geschlossene soziale Einheit. Allerdings ist über die Rechte, Pflichten und das genaue Vaterbild im Mittelalter wenig überliefert. Es finden sich nur einzelne aktenkundige Vermerke über Verwandtschaft, Abstammung und die Abgrenzung der Familie nach außen, durch einen gemeinsamen Familiennamen (Mühling 2007, 9-10).

Im 18. Jahrhundert gab es dann, neben dem Modell der Kleinfamilie bzw. Kernfamilie, bei der nur blutsverwandte Familienmitglieder unter einem Dach lebten, auch das Modell der Großfamilie, auch bekannt unter dem Namen „ganzes Haus“.

Hierbei erlebte das römische Patriarchat eine regelrechte Renaissance, da der Vater als Oberhaupt der Großfamilie, ähnlich wie im römischen Reich, das Sagen im „ganzen Haus“ hatte, so dass ihm nicht nur Ehefrau und Kindern, sondern auch Knechte, Mägde, Stallburschen, etc. unterstellt waren.

Der Begriff Mutterschaft und Vaterschaft in unserem heutigen Selbstverständnis, gewann allerdings erst Anfang des 18. Jahrhunderts in den intimer organisierten Kleinfamilien an Bedeutung (Opitz 1992 in Mühling 2007, 10).

Es ist vor allem der Aufklärung zu verdanken, dass sich die autoritäre, harte und emotionslose Vaterrolle mit der Zeit stark verändert hat.

Große Erziehungstheoretiker wie Rousseau, wandten sich in dieser Zeit vermehrt an die Väter und sprachen ihn als Erzieher an. Die Kinder sollten sich nach Rousseau nicht mehr dem Vater unterordnen, sondern „[ihren] eigenen Charakter in voller Reinheit entfalten können“ (Mühling 2007, 10).

In den Kleinfamilien wurden Vätern und Müttern feste Rollen zugewiesen, die noch bis ins 19. Jahrhundert bestand hatten. Dem Vater fiel vor allem die Rolle als Ernährer, Beschützer und Vorbild zu. Er war das Oberhaupt der Familie, welche er auch in der Öffentlichkeit zu vertreten hatte. Seine Kinder waren sowohl körperlich als auch emotional von ihm abhängig und ein Großteil der pädagogischen Funktion wurde ihm zugeschrieben (Lenzen 1991, 255ff).

Im Zuge der Industrialisierung wurde nach Tanja Mühling und Harald Rost aus der „familialen Hausgemeinschaft“ im Laufe des 19. Jahrhunderts die sogenannte „Repräsentationsfamilie“, die einen erneuten Wandel der Geschlechterrollen mit sich brachte.

Durch den Rückgang der häuslichen Produktion wurde die Mutter wieder vermehrt zur Hausfrau, die zuhause blieb um sich um Haushalt, Küche und die Kindererziehung zu kümmern, während der Vater durch seine ständige Abwesenheit weitgehend von der Erziehung und dem Umgang mit den Kindern entbunden wurde.

Hierbei entstanden wiederum völlig neue Machtverhältnisse in der Familie, da der Vater zwar sowohl zu Erfolg und Ansehen kam, als auch die Familie nach außen repräsentieren konnte, aber die Mutter, durch seine ständige Abwesenheit, die alleinige Herrschaft über die Führung des Haushalts und die Pflege und Erziehung der Kinder erhielt.

Es herrschte also nach wie vor ein patriarchales Vaterbild, mit einer nicht emanzipierten Mutter (Kinder – Kirche – Küche) und den traditionell autoritär erzogenen Kindern.[1]

Durch das stark wachsende Fabrik- und Verwaltungswesen kam es während der industriellen Revolution zur allmählichen Trennung von Arbeits- und Wohnbereich und die neue bürgerliche Familie entwickelte sich vor allem in den Städten zur „Kernfamilie“, die in der Regel aus zwei Generationen bestand (Paetzold 1989, 24).

Nach dem zweiten Weltkrieg zählten für die Väter vor allem Leistung, Beruf und soziales Ansehen. Dadurch konnten sie zwar ihrer Familie einen immer besseren Lebensstandard ermöglichen, aber durch die ständige Abwesenheit, ähnlich wie zur Zeit der Industrialisierung, gab es nur eine sehr geringe emotionale Bindung zwischen Vätern und Kindern (Lempp 1986 in Mühling 2007, 11).

Die Gesellschaft forderte von den Männern vermehrtes Engagement in der Familie, sie sollten vor allem ihren Söhnen ein Vorbild sein und ihnen Hobbies und sportliche Aktivitäten näherbringen.

Auch wenn die Väter hierbei aufgefordert wurden, einen aktiven Beitrag zur Erziehung zu leisten, war damit damals noch nicht die Mithilfe im Haushalt oder Verpflegung der Familie gemeint (Bundesministerium für Familie 2005, 9).

Mit der Emanzipationsbewegung und damit verbundener Gleichstellung der Geschlechterrollen, sowie der Neubewertung der tradierten Geschlechterrollen, hat sich in den letzten 50 Jahren nicht nur die Gesellschaft und die Stellung der Frau, sondern auch die Rolle des Vaters nochmal grundlegend geändert. Die Gleichberechtigung von Frau und Mann im Beruflichen und im Privaten sowie die Pluralisierung und Individualisierung der Lebensformen machen eine eindeutige Rollenzuweisung immer schwieriger.

2.2 Hintergründe

2.2.1 Gesellschaftlicher Wandel

Wie an der Geschichte der Vaterschaft zu sehen ist, war die Familienstruktur und somit auch die Väterrolle einem ständigen Wandel unterworfen. Dieser war immer von äußerlichen Einflüssen wie der gesellschaftlichen Struktur, der wirtschaftlichen Lage, der Moralvorstellungen oder auch der erstrebenswerten Erziehungsziele abhängig und von Kultur zu Kultur unterschiedlich.

Während es im römische Reich von Bedeutung war, dass Väter ihre Söhne zu harten Kämpfern und erfolgreichen Persönlichkeiten ausbildeten, so war es im „ganzen Haus“ des Mittelalters essentiell, dass die ganze Sippe mit Essen versorgt war und die Hausmutter dafür sorgte, dass es allen gut geht, während der Vater mit Hilfe von Knechten und Söhnen für den Lebensmittelnachschub sorgte.

Die bürgerliche Kleinfamilie, die sich während der Industrialisierung gebildet hat, war also eine logische Entwicklung aus dem Wandel der Gesellschaft. Als die Männer und Väter anfingen in den Fabriken zu arbeiten, wurde es notwendig, dass die Frau und Mutter zuhause bleibt, die Kinder versorgt und kocht, während der Mann in der Arbeit ist. Diese ungleiche Rollenverteilung hat die Industrialisierung erst möglich gemacht und basierte gleichzeitig auf ihr (Beck und Beck-Gernsheim, Das ganz normale Chaos der Liebe 1990, 36).

Um die enge Verknüpfung zwischen gesellschaftlichem Wandel und Wandel der Familien und somit der Rolle der Mutter und des Vaters besser zu verstehen, müssen wir zunächst die Komplexität der Beziehungen zwischen den Geschlechtern näher erläutern. Die Beziehung zwischen zwei Menschen, die die Basis der Familie bildet, besteht nämlich nicht nur in erster Linie aus Sexualität, Zärtlichkeit, Harmonie und Ehe als Basis der Elternschaft, sondern beinhaltet gleichzeitig auch Arbeit, Beruf, Mobilität, Ungleichheit, soziale Ungerechtigkeit, Politik, Wirtschaft und vieles mehr. Wenn man also von „Familie“ sprechen will muss man all diese Faktoren gleichermaßen betrachten (Beck, Risikogesellschaft 1986, 161).

Dies wird vor allem durch den Wegfall des „Sicherungssystems Familie“ und der damit verbundenen Individualisierung der Lebens- und Arbeitswelt immer deutlicher.

Während in der bürgerlichen Kleinfamilie klar geregelt war, wer für was zuständig ist und man wusste, auf wen man sich verlassen kann, gibt es heute eine Vielzahl von möglichen Lebensformen und die einzelnen Menschen sind vermehrt auf sich alleine gestellt. Die Frau kann sich nicht mehr drauf verlassen, dass sie einen Mann heiratet, der für sie sorgt, sondern sie ist selbst für ihre Bildung und ihren Unterhalt verantwortlich. Im Gegenzug kann auch der Mann sich nicht mehr drauf verlassen, dass er eine Ehefrau findet, die die Kinder erzieht und sich um den Haushalt kümmert, während er dem Beruf nachgeht, sondern er wird, so wie die Frau, einen Weg finden müssen beides zu verknüpfen. Es gibt immer mehr Alleinerziehende oder kinderlose Ehepaare sowie nicht eheliche Lebensgemeinschaften und es entstehen sogenannte „Patchwork-Familien“, wenn Eheleute sich scheiden lassen und neue Partner finden.

Des Weiteren bilden sich immer neue Lebensmodelle, wie gleichgeschlechtliche bzw. Regenbogen-Familien, polyamore Familien, Einpersonenhaushalte, Wohngemeinschaften usw. aus.

Man kann also von einer Pluralisierung der Lebensformen sprechen, die sich auch in der sinkenden Geburtenzahl, dem Rückgang der Eheschließungen und dem Anstieg der Scheidungsrate bemerkbar macht.

Die riesige Bandbreite neuer Lebenswelten schafft auch eine Vielzahl neuer Vater- und Mutterbilder. Es gibt nicht „den Vater von heute“ sondern viele verschiedene Lebensmodelle in denen Man(n) Vater sein kann: „Es gibt „neue“ und traditionelle Väter, Ledige und Verheiratete, harmonisch getrennt Lebende und im Streit Geschiedene.“ Liebevolle und Harte, Engagierte und Uninteressierte usw. „Außerdem Stief-, Pflege- und Adoptivväter, Alleinernährer und Haupternährer, Hausmänner oder Väter, die mit geteilter Elternschaft experimentieren.“ (Gesterkamp 2007 in Mühling 2007, 97)

[...]


[1] Während in der industriellen Normalfamilie der Vater für die finanzielle Versorgung zuständig war und häufig auch die Kinderstube reichlich mit Spielzeug füllte, mussten in den ärmeren Bevölkerungsschichten zum Teil alle Familienmitglieder (oft ab 10 Jahren) arbeiten, um den gemeinsamen Unterhalt bestreiten zu können. (Paetzold 1989, 25)

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Wandel der Väterrolle
Hochschule
Katholische Stiftungsfachhochschule München
Note
1,3
Autor
Jahr
2012
Seiten
14
Katalognummer
V233185
ISBN (eBook)
9783656502777
ISBN (Buch)
9783656503118
Dateigröße
830 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Väter, Vater, Rolle, Soziologie, Familie, Erziehung, vaterschaft
Arbeit zitieren
Jonas Schnabel (Autor:in), 2012, Wandel der Väterrolle, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/233185

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