Mediale Beratung in der Sozialen Arbeit

Ist Onlineberatung eine gleichwertige Alternative zum face-to-face Kontakt? Eine Betrachtung unter dem Aspekt der Beratungsqualität


Dossier / Travail, 2013

16 Pages, Note: 1,7


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Beratung
2.1 Begriffsklärung
2.2 Beratungsanlässe
2.3 Merkmale von Beratung
2.4 Formen von Beratung
2.4.1 Der persönliche Kontakt (face-to-face)
2.4.2 Der Online-Kontakt

3. Veränderte Lebenswelten im Kontext Beratung

4. Zur Wirksamkeit von Onlineberatung

5. Fazit

Anhang

Literaturverzeichnis Anlagen

1. Einleitung

Beraten ist ebenso wie erziehen, helfen, vermitteln, organisieren, arrangieren, informieren, planen und betreuen eine zentrale Tätigkeit der Sozialen Arbeit (vgl. Chasse/Wensierski 2008: 327). Sozialarbeit im Internet und Onlineberatung (OB) sind hingegen relativ junge Handlungsfelder der Profession, werden aber zunehmend frequentiert. Denn das Internet ist aus dem Alltag der Menschen nicht mehr wegzudenken: Während der Anteil der Internetnutzer in Deutschland im Jahr 2001 bei „nur“ 37 Prozent lag, verfügten im Jahr 2012 bereits 75,6 Prozent1 aller Haushalte über einen eigenen Anschluss (vgl. Statista 2012). Diese Tatsache begründet den Vormarsch des Mediums Internet in die Praxis der Profession; denn die große Verbreitung des Internets hat das Entstehen zahlreicher Online- Beratungsangeboten begünstigt. Die Angebotspalette erstreckt sich über psychosoziale Beratung (www.profamilia.de, www.telefonseelsorge.de) bis hin zu staatlichen Beratungsangeboten mit Themenschwerpunkten wie Raucherentwöhnung, Organspende, Suchtprävention und vielem mehr (vgl. BZgA o.A).

Diese Arbeit stellt grundsätzliche Merkmale von OB und face-to-face Kontakt heraus und widmet anschließend der Frage, ob Unterschiede hinsichtlich der Wirksamkeit zu erkennen sind. Ist ein Online-Berater2 in der Lage, grundsätzliche Prinzipien von Beratung so umzusetzen, wie er es im direkten Kontakt tun würde oder könnte? Oder führt computergestützte Kommunikation mit der einhergehenden Technisierung zwangsläufig zu einer emotionalen Verarmung im Beratungskontext? Kann OB nahtlos in die herkömmliche Beratungslandschaft eingefügt werden oder müssten bisher gültige Definitionen entsprechend angepasst werden?

2. Beratung

2.1 Begriffsklärung

Professionelle Beratung ist grundsätzlich als personenbezogene, soziale Dienstleistung zu verstehen (vgl. Chasse/Wensierski 2008: 327) und „ eine Interaktion zwischen zumindest zwei Beteiligten, bei der die beratende(n) Person(en) die Ratsuchende(n) - mit Einsatz von kommunikativen Mitteln - dabei unterstützen, in Bezug auf eine Frage oder auf ein Problem mehr Wissen, Orientierung, oder Lösungskompetenz zu gewinnen “ (Hinrichs in: Engel et al 2010: 13). Die Intensität dieser Unterstützung kann sich im gesamten Spektrum zwischen gezielter Beeinflussung einerseits und Hilfe zur Selbsthilfe andererseits, bewegen. Der Deutsche Berufsverband für Soziale Arbeit e.V. (DBSH) hat eine „Qualitätsbeschreibung sozialprofessionelle Beratung“ beschlossen und schafft dadurch Klarheit über Beratung als wesentliches Tätigkeitsmerkmal von Fachkräften innerhalb der Profession: „ Sozialprofessionelle Beratung ist eine subjektangepasste, biographiebezogene, situationsadäquate, kommunikativ vermittelte und vereinbarte Unterstützungshandlung zur Verbesserung der Einsichts-, Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit von Einzelnen, Gruppen und Institutionen “ (DBSH 2013). OB unterscheidet sich inhaltlich nicht von Beratung im direkten Kontakt, bedient sich jedoch spezieller Kommunikationsmittel: „ Onlineberatung ist eine Form der Beratung die mit Hilfe verschiedener Kommunikationsmittel wie zum Beispiel Foren, Chats oder E-Mailüber das Internet angeboten und durchgeführt wird. Bei der Onlineberatung gibt es, wie auch bei der klassischen Beratung, Qualitätsmerkmale und professionelle Anforderungen die erfüllt sein müssen, um eine angemessene, fachliche Beratung anbieten zu können “ (HAWK 2011 [a]). Obwohl sich in der sozialarbeiterischen Beratungspraxis keine strikte Trennung vornehmen lässt, soll grundsätzliche zwischen den Begriffen „Beratung“ und „Psychotherapie“ unterschieden werden. Für eine Beratung eignen sich ausschließlich Menschen, die „ im privaten und beruflichen Bereich nochäußerlich „ normal “ funktionieren; nicht so defizitär und gestört sind, dass sie längere psychotherapeutische oder psychiatrische Hilfe benötigen “ (Nestmann 1997 zit. in: Chasse/Wensierski 2008: 328).

2.2 Beratungsanlässe

In den letzten Jahrzehnten hat sich das Angebot von professionellen Beratungsmöglichkeiten vielfältig entwickelt. Der sogenannten Unterschichtberatung3 der siebziger Jahren folgten diverse Schwerpunkte, wie zum Beispiel (z.B.) Jugendberatung, Migrantenberatung, Beratung bei sexuellem Missbrauch und Trennungsberatung (vgl. Chasse/Wensierski 2008: 327). Ursächlich für den steten Wandel der Beratungsanlässe sind gesellschaftliche Veränderungen, die mit einer steigenden Komplexität und Unsicherheit in wesentlichen Lebensbereichen (Familie, Schule, Beruf) einhergehen. Paarbeziehungen und Erziehungsaufgaben unterliegen individualisierenden Tendenzen, so dass herkömmliche Regeln und Normen ungültig werden und neuen Konflikten weichen müssen. Zudem steigen die allgemeinen Ansprüche an das Leben, so dass der Alltag ständig neu ausgehandelt werden muss. In Folge dessen scheitert derzeit jede dritte Ehe; die Zahl der Alleinerziehenden steigt. All dies begünstigt die Entstehung von Problemen im zwischenmenschlichen Kontext und fördert zudem psychische Erkrankungen. Die Tatsache, dass etwa 10 Prozent der deutschen Bevölkerung über weniger als 50 Prozent des durchschnittlichen Einkommens verfügen und demzufolge als arm gelten, verursacht zusätzlich ökologische Schwierigkeiten. Die Gesamtheit dieser Fakten erklärt den enormen Anstieg des Beratungsbedürfnisses in Deutschland (vgl. Chasse/Wensierski 2008: 328).

2.3 Merkmale von Beratung

Beratung ist im Bereich der Sozialen Arbeit „ das umfassendste und am stärksten diversifizierte Berufsfeld von psychologisch, pädagogisch und sozialarbeiterisch tätigen PraktikerInnen “ (Schäfter 2010:15). Während „Beraten“ ursprünglich eher transistiv, im Sinne von „einen Ratschlag geben“, verstanden wurde, meint Beratung heute vielmehr eine angeleitete, gemeinsame Überlegung bezüglich der Belange des zu Beratenden. Diese Entwicklung ist sowohl der Adaption der personenzentrierten Beratung geschuldet, als auch der Tatsache, dass die Gesellschaft immer mehr Eigenverantwortung der Menschen einfordert (Schäfter 2010: 16). Professionelle Beratung in der Sozialen Arbeit ist des Weiteren

- typisch (häufig wiederkehrend, aufgaben-/ auftragsbezogen) für die Profession
– wertorientiert (auf berufseigene Normen bezogen)
– theoretisch fundiert (durch fachtheoretische Beiträge, Konzepte, Begründungen)
– eigenständig (sowohl von anderen beruflichen Handlungen als auch von anderen Beratungsberufen [wie bspw. der Psychologie, Jurisprudenz, Medizin] unterscheidbar)
- an der Lebenswelt4 des Klienten orientiert, ressourcen- und netzwerkorientiert
– eine an professionellen Prinzipien orientierte Praxis mit ganzheitlichem und nachhaltigem Bezug (vgl. DBSH 2013)
- geprägt vom Verständnis des Beratungsprozesses als gemeinsame Suche nach Lösungen, an welchem Berater und Klient gleichermaßen beteiligt sind
- geprägt von Autonomie, Selbstlenkung und Eigenverantwortung des Klienten (Sandres 2004: 798 in: Schäfter 2010: 17)
- präventiv, kurativ und/oder rehabilitativ einsetzbar (Sieckendick et al. 1999: 13 in: Schäfter 2010: 17)
- von prozesshaftem Charakter geprägt. Sie kann sich auf ein Einzelgespräch beschränken oder aber über längere Zeit andauern, ist jedoch immer zeitlich begrenzt.
- zur Selbstexploration ermutigend. Sie zielt auf die (Wieder-) Herstellung der Autonomie des Klienten ab (vgl. Schäfter 2010: 17).
- Einzeln oder in Gruppen durchführbar
– inhaltlich von anderen Formen sozialpädagogischen Handels (z.B. unterrichten, informieren, erziehen, planen, organisieren) abzugrenzen
- informell oder funktional (vgl. Schäfter 2010: 20)
- auf Freiwilligkeit begründet (wobei diese eventuell erst hergestellt werden muss) (vgl. Schäfter 2010: 20f)
- abhängig von einer professionelle Beziehung zwischen Berater und Ratsuchendem, welche auf Empathie, Akzeptanz und Authentizität basiert (vgl. Chasse/Wensierski 2008: 332)

2.4 Formen von Beratung

Grundsätzlich wird zwischen psychologischer, sozialer, pädagogischer und psychosozialer Beratung unterschieden. Psychologische Beratung basiert auf Grundsätzen der wissenschaftlichen Psychologie und „ ist ein auf Wechselbeziehungen zwischen Personen bzw. Gruppen beruhender Prozess zur Förderung psychischer Kompetenz und Handlungskompetenz (Veränderung von Denk-, Gefühls- und Handlungsmustern), zur Aktivierung vorhandener und Erschließung neuer Ressourcen, zum Abbau störender Faktoren. Hierbei besteht Einvernehmen zwischen den teilnehmenden Personen (Psychologin, Psychologe, ratsuchender Person/Gruppe)über den Beratungsbedarf “ (bdp 2000: 2). Soziale Beratung ist ein breitgefächerter Begriff, welcher die Gesamtheit aller Problemlagen beschreibt, die sich auf Individuen oder Gruppen in oder mit ihrem sozialen Umfeld beziehen. Hierbei kann es sich sowohl um die personenbezogene Umwelt (Familie, Schule, Beruf, etc.) handeln, als auch um materielle, rechtliche und institutionelle Strukturen selbiger. Thiersch benennt die Arbeitsschritte Wahrnehmung des Problems, Erstellung eines Entwurfes von Hilfsmöglichkeiten und Unterstützung bei der Ressourcenerschließung als Handlungsfeld des sozialen Beraters Pädagogische Beratung definiert Mollenhauer als Phase im Erziehungsprozess, in welchem Unterstützung im Hinblick auf Entscheidungsfindung geleistet wird. Hierbei kommt es nicht darauf an, den Klienten zu belehren, sondern ihn im Rahmen einer offenen Kommunikation zu befähigen, aus vermittelten Informationen eigene, hilfreiche Rückschlüsse zu ziehen (vgl. Hinrichs 2008: 33). Psychosoziale Beratung meint nach Zygowski (1989) einen Interaktiosprozess, der der emotionalen Entlastung durch Vermittlung von psychosozialen Kompetenzen und Handlungsfertigkeiten dient (vgl. Siekendiek et al. 2008: 20).

2.4.1 Der persönliche Kontakt (face-to-face)

Beratung ist gleichermaßen Kommunikation. Darum werden im Folgenden Merkmale von Kommunikation erläutert, welche primär für face-to-face Kontakte gültig sind. Ein wesentliches Merkmal von Beratung im persönlichen Kontext ist Wechselseitigkeit.

[...]


1 Statistik siehe Anhang 1

2 In dieser Hausarbeit wird, wenn im allgemeinen Sinne von Personen die Rede ist, zugunsten des Leseflusses ausschließlich die männliche Form der Person(en) verwendet.

3 vgl. Hollstein 1978

4 Zum Weiterlesen: Thiersch, Hans (2009): Lebensweltorientierte Soziale Arbeit - Aufgaben der Praxis im sozialen Wandel. 7.Auflage. Juventa-Verlag Weinheim und München.

Fin de l'extrait de 16 pages

Résumé des informations

Titre
Mediale Beratung in der Sozialen Arbeit
Sous-titre
Ist Onlineberatung eine gleichwertige Alternative zum face-to-face Kontakt? Eine Betrachtung unter dem Aspekt der Beratungsqualität
Université
Fachhochschule Koblenz - Standort RheinAhrCampus Remagen  (Fachbereich Soziele Arbeit)
Cours
Basa-Online Modul P5
Note
1,7
Auteur
Année
2013
Pages
16
N° de catalogue
V233233
ISBN (ebook)
9783656502418
ISBN (Livre)
9783656503293
Taille d'un fichier
620 KB
Langue
allemand
Mots clés
mediale, beratung, sozialen, arbeit, onlineberatung, alternative, kontakt, eine, betrachtung, aspekt, beratungsqualität
Citation du texte
Nadine Schaper (Auteur), 2013, Mediale Beratung in der Sozialen Arbeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/233233

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