Die flamines maiores und minores

Ständige Mitgliedschaft im Pontifikalkollegium?


Hausarbeit, 2013

21 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Vorwort

2.1 Einleitung
2.2 Zielsetzung und Fragestellung

3 Die Flamen
3.1 Ethymologische Analyse
3.2 Die flamines im Pontifikalkollegium
3.3 Die Pflichten des Flamen Dialis
3.4 Die Rechte und Aufgaben der flamines

4 Die Abstammung der flamines – Patrizier oder Plebejer?
4.1 Flamines maiores und flamines minores
4.2 Lex Ogulnia von 300 v. Chr.
4.3 Plebejische flamines minores vor der Lex Ogulnia ?

5 Schlussfolgerung

Verzeichnis der literarischen Quellen

Verzeichnis der Inschriften

Verzeichnis der Sekundärliteratur

Verzeichnis der Internetquellen

Abbildungsverzeichnis

1 Vorwort

Während der Recherche im Zuge der Erstellung des Referates für das Proseminar „Religion und Kult in Rom und seinen Provinzen“ an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg stieß ich auf die Priesterschaft der flamines. Diese interessierten mich wegen der Möglichkeit, durch sie, die römische „Opferreligion“ näher verstehen zu können, von Beginn an stark. Die flamines im Pontifikalkollegium stellten sich als außerordentliche Gruppierung heraus, die Einblick in das Innerste der römischen Religion und in die Kulte gewährten. Desweiteren zeichneten sie sich durch eine Vielzahl an Quellen verschiedenster Autoren aus, sodass sich schon von Anfang an erkennen ließ, welch große Bedeutung sie in der römischen Zeit hatten. Darüber hinaus sind sie eine der ältesten Instanzen in der römischen Religion und im Kultwesen und existierten bis zur Abschaffung durch das Christentum ständig weiter. Auch die Vielzahl an heute skurril erscheinenden Pflichten und Restriktionen, die ihnen auferlegt wurden, stellten sich als vielversprechende Quelle aus den Überlieferungen heraus, um weitere Einblicke in die Zeit des römischen Königtums zu gewinnen.

2.1 Einleitung

„Caerimoniae impositae flamini Diali multae, item castus multiplices”[1], schrieb schon Gellius in seinem Werk “Noctes Atticae” als Einleitung zu seinem Kapitel über die Iuppiterpriester. Mit diesen wenigen Worten umschrieb er einen Katalog an Regeln und Pflichten, der die Flamen und insbesondere den Flamen Dialis umgab und nach welchem die Priester leben mussten. Die Priester selbst waren Mitglieder im Kollegium der Pontifices und dem Pontifex Maximus unterstellt. In ihrer Position als Opferpriester für einen einzelnen Gott, verfügten sie über ein über Jahrhunderte gesammeltes Wissenswerk, was kultische Handlungen, den Umgang mit den Göttern und das Deuten verschiedenster Zeichen betraf. Allerdings waren sie, im Gegensatz zu den Auguren oder den Haruspices, durch ihre Eigenschaft als Einzelpriester nicht kollegial organisiert.

Weiterhin ist zu beachten, dass ihre Handlungen kaum politisches Potential hatten und somit rein auf den Kult ausgerichtet waren und nicht durch Machtgewinn verfälscht wurden.

Interessant ist vor allem, dass in nahezu jeder auffindbaren Sekundärliteratur davon zu lesen ist, dass die Flamen ständige Mitglieder des Pontifikalkollegiums waren. Allerdings gibt es hierzu mehrere Aspekte, die zu berücksichtigen sind, die dafür, aber auch dagegen sprechen.

2.2 Zielsetzung und Fragestellung

In der vorliegenden Hausarbeit werden zunächst die flamines näher erläutert. Dazu wird versucht, den ethymologischen Ursprung des Begriffes „flamen“ zu klären, denn je nach Deutung, gibt dieser Aufschluss über die Tätigkeiten der flamines. Danach soll kurz ihre Stellung im Kollegium der Pontifices aufgezeigt werden, um schließlich auf den Katalog von Pflichten zu sprechen zu kommen, der sie umgab. Dazu wird hauptsächlich der Flamen Dialis betrachtet, da ihm die meisten Pflichten auferlegt wurden und er diese, zum eigenen Schutze und zum Schutze der in ihm kanalisierten Magie, wahren musste.

Insbesondere soll nach dem allgemeinen Teil die Frage geklärt werden, ob die flamines, respektive die flamines minores, ein ständiges Mitglied des Pontifikalkollegiums waren, oder ob es durchaus sein konnte, das diese erst später aufgenommen wurden, oder gar nie dazu gehört hatten. Diese Frage stellt sich dadurch, dass erst im Zuge der Lex Ogulnia von 300 v. Chr. es Plebejern erlaubt wurde, Priesterämter zu bekleiden, aber die Flamen selbst, dem Anschein nach, schon vorher Mitglieder des Kollegiums waren. Allerdings lässt die Unterteilung der Flamen in maiores und minores vermuten, dass Plebejer diese Ämter ausführen konnten und vor allem ausgeführt haben. Dies soll anhand verschiedener Quellen veranschaulicht werden, um schließlich die Fragestellung zu beantworten.

3 Die Flamen

3.1 Ethymologischer Ursprung

Analysiert man den Namen eines Flamen, erkennt man sofort, dass der adjektivische cognomen vom Namen des jeweiligen, zuständigen Gottes abstammt und somit direkt den Zuständigkeitsbereich eines Flamen determiniert. Der Begriff flamen an sich, taucht zum ersten Mal in der Mitte des zweiten Jahrhunderts vor Christus, auf der Grabinschrift von P. Cornelius Scipio auf.[2]

Bisher konnte noch keine Einigung gefunden werden, woher der Begriff flamen abstammt. Mehrere Möglichkeiten werden in Betracht gezogen, welche sich teilweise gegenseitig ausschließen oder für viele, eine kleinere Bedeutung haben als andere Optionen. Allerdings sollten alle, oder möglichst viele beachtet werden, um anhand der verschiedenen Deutungen zu veranschaulichen, welche Funktionen und Aufgaben den Flamen angerechnet werden.

Nach Theodor Mommsen ist der Name, ein von flagro kommendes Derivat , welches er selbst mit „Zünder“ übersetzt und damit das Entzünden des Opferfeuers durch einen flamen meint, welches für ihn die Hauptbedeutung darstellt. Allerdings müsste man, um dieser Interpretation zustimmen zu können dem Suffix – men eine kausative Bedeutung zumessen, die aber bei diesem extrem verbreiteten Suffix ansonsten nicht auftritt.[3]

Ein weiterer Versuch den Ursprung zu finden verknüpft das Wort flamen mit dem Sanskrit bráhman- (Neutrum), oder alternativ mit brahmán- (Maskulinum), was eine breitere Zustimmung unter den Wissenschaftlern findet. Otto Schrader bevorzugte die Form im Neutrum, welche er mit „Zauberspruch“ übersetzte und somit eine weitere Funktion der Flamen hervorhebt.[4]

Sophus Bugge schlug 1879 vor, das flamen von *bhlād-(s)men abstammt und somit „Opfer“ bedeutet. Dies lässt sich mit Theodor Mommsen vereinbaren und zeigt, dass die Opferhandlung, wohl der prägendste Moment der flamines zu sein schien.[5]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Die Apex, Nahaufnahme der Ara Pacis

Ein weiterer Ursprung könnte der filum bzw. filamen an der Apex der Priester sein. Die Apex[6] war die Kopfbedeckung der Priester in Rom, welche sich in mehreren Einzelheiten von dem normalen pilleus der Bürger unterschied. Sie wurde aus Wolle, oder Fell eines zuvor geopferten Tieres hergestellt und an seiner Spitze wurde ein Olivenzweig mit einem wollenen Band oder Faden (filum) befestigt, welcher den Zweig überragt und oben ab stand und schließlich „Apex“ genannt wurde. Diese Auffassung taucht zum ersten Mal bei Varro, in De Lingua Latina auf und wurde seitdem von verschiedenen Autoren der Antike wieder aufgegriffen.[7]

Welche Deutung nun die einzig Wahre ist, lässt sich nicht mit hundert prozentiger Sicherheit sagen. Je nach dem, bekommt der Begriff eine andere Bedeutungsebene zugeschrieben, die in dem einen oder anderen Moment von Nutzen sein kann. So kam es auch dazu, dass die verschiedenen Übersetzungsmöglichkeiten das Verständnis der Konzepte der Funktionen und Aufgaben der Flamen in der Wissenschaft, erheblich beeinflussten

3.2 Die flamines im Pontifikalkollegium

Grundsätzlich bestand das Kollegium der Pontifices aus dem rex sacrorum (auch rex sacerdotum), den drei flamen maiores[8], den zwölf flamines minores[9], den sechs virgines vestales und zu Beginn vermutlich aus drei weiteren pontifices[10], darunter der Pontifex Maximus. Die Namensgebung lässt vermuten, dass der rex sacrorum zunächst an der Spitze des Kollegiums gestanden hatte und ein Überrest aus der Königszeit darstellte. Der Name rex veranlasst die Annahme, dass es sich bei ihm um den König des Sakralwesens gehandelt hat und ihm somit alle Aufgaben und Pflichten der Kulte unterlagen. Allerdings scheint es durch eine Umwälzung dazu gekommen zu sein, dass dieser zugunsten des Pontifex Maximus entmachtet wurde.[11] Darauf deutet unter anderem hin, dass die Regia[12], welche ursprünglich das Haus des rex gewesen sein musste, in späteren Zeiten als Amtslokal des Pontifex Maximus und des Pontifikalkollegiums auftrat. Das Wohnhaus des Pontifex Maximus blieb jedoch die Domus Publica.[13] Weiterhin waren die Vestalinnen wohl anfänglich unter der Obhut des rex und nicht des Pontifex.[14] Auch verwunderlich erscheint, dass die drei flamines maiores in der offiziellen Reihenfolge des Kollegiums noch vor dem Pontifex Maximus rangierten, wohingegen er sich bei dieser nur an fünfter Stelle befand,[15] obwohl der Pontifex Maximus die Oberaufsicht über die flamines inne hatte und sie dazu zwingen konnte, ihren sakralen Pflichten nachzukommen.

Alle Mitglieder des Kollegiums hatten ihre Ämter auf Lebenszeit inne. Die Wahl erfolgte zunächst, durch Kooptation durch den Pontifex Maximus, der die Mitglieder selbst wählte. Nach der Kooptation erfolgte die Inauguration[16] um die Zustimmung der Götter für die Wahl des neuen Mitgliedes einzuholen. Die Hauptaufgabe des Kollegiums war es den pax deorum zu bewahren. Damit einher ging die Pflicht die Bevölkerung mittels ihrer decreta bzw. responsa, über die Richtigkeit und Wirksamkeit kultischer Handlungen zu beraten, um den göttlichen Frieden zu bewahren.[17]

3.3 Die Pflichten des Flamen Dialis

Die flamines, wie auch die Römer, glaubten, sie wären so alt wie Rom selbst und führten daher ihre Gründung auf den zweiten römischen König Numa Pompilius zurück.[18] Daraus wird ersichtlich, dass die Position, die die Flamen in Rom eingenommen hatten, von großer Bedeutung für das Verständnis der römischen Religion ist und dass diese ein sehr großes Ansehen in der Gesellschaft hatten. Sie tragen dazu bei, einige Aspekte der Religion besser verstehen zu können und geben Auskunft über viele kultische Handlungen und Verfahren die im Zuge der

Entwicklung Roms aufgekommen sind. Der Flamen Dialis als Oberster unter den Flamen, gibt uns heute am besten Einblick über die Rechte, aber auch über die Pflichten, die mit dem Amt des Flamen einhergegangen sind. Daher erscheint es logisch, sich den Aufgaben und Funktionen der flamines über die Quellen des Flamen Dialis zu nähern und sich diese zu veranschaulichen.

Grundsätzlich gab es viele Pflichten und Restriktionen, die dem Flamen Dialis anhafteten und die vor allem darauf abzielten, einen früheren Zustand zu sichern und somit die Überreste aus vergangenen Zeiten zu bewahren. So musste jeder Flamen Dialis von patrizischer Abstammung sein, in der Confarreationsehe leben und aus einer abstammen, um somit die Verbindung mit der einst für alle Patrizier geltenden Ordnung aufrecht zu erhalten.[19] Weitere heute skurril erscheinende Pflichten, wie das sein Haar nur mit einem Bronzemesser geschnitten werden und er nur, von der Flaminica, seiner Frau gewebte Kleidung tragen durfte, sind ebenfalls Überbleibsel aus älteren Zeiten.

[...]


[1] Gell., 15, 1.

[2] AE 1987, 00063: “Quei apice insigne Dial[is fl]aminis gesistei / mors perfec[it] tua ut essent omnia / brevia honos fama virtusque / gloria atque ingenium quibus sei / in longa licuiset tibe utier vita / facile facteis superases gloriam / maiorum qua re lubens te in gremiu / Scipio recipit terra Publi / prognatum Publio Corneli.”

[3] Mommsen, Theodor: Römische Geschichte Band I, O.o 1912, S. 166.

[4] Schrader, Otto: Reallexikon der indogermanischen Altertumskunde, Strassburg 1901, S. 638.

[5] Bugge, Sophus: in: Bezzenberger’s Beiträge zur Kunde der indogermanischen Sprachen 3,

Göttingen 1879, S. 98.

[6] Abb. 1 und Abb. 2 (Abbildungsverzeichnis)

[7] Vgl. Vanggaard, Jens H.: The Flamen. A Study in the History and Sociology of Roman Religion,

Kopenhagen 1988, S. 40 – 45.

[8] Namentlich: Dialis, Martialis, Quirinalis

[9] Namentlich: Volcanalis, Voltunalis, Palatualis, Furrinalis, Floralis, Carmentalis, Cerialis,

Falacer, Pomonalis. Unsicher sind: Portunalis, Virbialis (Aricia), Lucularis (Lavinium)

[10] Diese wurden nach und nach erweitert: zunächst auf 6, dann auf 9. Sulla vermehrte die Zahl dann

auf 15 und Caesar fügte noch ein 16. Mitglied hinzu.

[11] Vgl. Wissowa, Georg: Religion und Kultus der Römer, in: Handbuch der klassischen

Altertumswissenschaften, Band V 4. Abt., München 1912, S. 503 – 505.

[12] Abb. 3.

[13] Abb. 4.

[14] Vgl. Latte, Kurt: Römische Religionsgeschichte, München 1960, S. 110.

[15] Fest., 195 M. 299 L.: „Ordo sacerdotum aestimatur deorum. Maximus videtur Rex, dein Dialis,

post hunc Martialis, quarto loco Quirinalis, quinto pontifex maximus.”

[16] Vgl. Wissowa, Georg: Religion und Kultus der Römer, in: Handbuch der klassischen

Altertumswissenschaften, Band V 4. Abt., München 1912, S. 490.

[17] Cancik, Hubert [Hrsg.]: Art. “Pontifex, Pontifices”, in: der neue Pauly. Enzyklopädie der

Antike, Stuttgart/Weimar 1997.

[18] Vgl. Cic., rep . II, 26.

[19] Vgl. Tac., ann. IV, 16.

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Die flamines maiores und minores
Untertitel
Ständige Mitgliedschaft im Pontifikalkollegium?
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg  (Seminar für Alte Geschichte und Epigraphik)
Veranstaltung
Proseminar: Religion und Kult in Rom und seinen Provinzen
Note
1,7
Autor
Jahr
2013
Seiten
21
Katalognummer
V233387
ISBN (eBook)
9783656504672
ISBN (Buch)
9783656504214
Dateigröße
1294 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
ständige, mitgliedschaft, pontifikalkollegium
Arbeit zitieren
Andreas Dick (Autor:in), 2013, Die flamines maiores und minores, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/233387

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