Zeitmanagement: Spezifika im Leben der Studenten


Diploma Thesis, 2001

105 Pages, Grade: sehr gut


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Themenabgrenzung

3. Definition der Grundbegriffen
3.1 Die Zeit
3.2 Management
3.3 Selbstmanagement
3.4 Zeitmanagement (TM)
3.5 Zeitmanagement im Rahmen des Selbstmanagements

4. Begründung der Beschäftigung mit der Zeitmanagement-Problematik
4.1 Weshalb eigentlich Zeitmanagement?
4.2 Die Studenten als Zielgruppe
4.3 Zum Thema ‘Streß‘

5. Theoretische Ansätze und Modelle des Zeitmanagements
5.1 Selbstmanagement – Vergangenheit und Gegenwart
5.2 Entwicklung des Zeitmanagements
5.3 Zeitmanagement – theoretische Ansätze
5.4 Konzeption des klassischen Zeitmanagements
5.5 Konzeption des ganzheitlichen Zeitmanagements
5.6 Zeitmanagement und die Persönlichkeit
5.7 Ludische Beratung
5.8 Zeitmanagement – Stand der Forschung

6. Zeitmanagement im Leben der Studenten
6.1 Analyse des Zeitmanagement-Verhaltens von Studenten an der Universität Trnava und der Katholischen Universität Eichstätt (Studie 1)
6.1.1 Methode
6.1.2 Ergebnisse
6.1.3 Diskussion
6.2 Transformation der Zeitmanagement-Methoden in ein für Studenten passendes System (Studie 2)
6.2.1 Bereiche des Zeitmanagements und des Studiums
6.2.2 Hauptfaktoren des Zeitmanagements im Rahmen des Studiums
6.2.3 Das Zeitmanagement-Modell eines Universitätsstudenten
6.2.4 Möglichkeiten theoretischer und empirischer Bestätigung des Modells
6.2.5 Methode
6.2.6 Ergebnisse
6.2.7 Diskussion
6.3 Lebensziele im Konzept des ganzheitlichen Zeitmanagements und deren Stand bei Studenten (Studie 3)
6.3.1 Methode
6.3.2 Ergebnisse
6.3.3 Diskussion

7. Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Anhang

1. Einleitung

Der Begriff “Zeit“ wurde in der Vergangenheit und der Gegenwart zu einem häufig und sehr verschieden definierten Terminus. Nach Blanke et al. (1996) gilt Zeit als universales Thema der wissenschaftlichen Diskussionen, denn alles was passiert, geschieht in der Zeit. Abgesehen des unterschiedlichen Verständnisses im Rahmen der einzelnen Disziplinen und Systeme, ist sie unvermeidlicher Bestandteil des Lebens, mit dem der Mensch ständig konfrontiert ist. Das erfordert, diese Tatsache in einer bestimmten Weise zu erfassen.

Zeit ist ein einzigartiges und begrenztes Gut. Doch wie auch die anderen limitierten Güter, kann man sie mehr oder weniger effektiv beherrschen. Die Anerkennung des Zeitmanagements als ein adäquates, die persönliche und die Organisationsleistung beeinflussendes Mittel regte die Erforschung dieses Bereiches und die Entwicklung der theoretischen Zeitmanagement-Modelle an (Mpofu, D’Amico & Cleghorn, 1996). Aufgrund der in “how to“-Publikationen beschriebenen Methoden effektiver Arbeit, wurde diese Problematik zum Inhalt wissenschaftlich ökonomischer und psychologischer Untersuchungen.

Die vorliegende Diplomarbeit verfolgt das Ziel aktiver Bearbeitung der Zeitmanagement-Problematik (bzw. der Selbstführung im Hinblick auf die Zeit). Sie befaßt sich mit den allgemeinen Selbst- und Zeitmanagement-Kenntnissen aus dem Standpunkt der menschlichen Tätigkeit in Beruf und Studium und deren Besonderheiten, Verknüpfungen, möglichen Applikationen und Innovationen. Vorgestellt werden einzelne theoretische Ansätze und Modelle sowie Forschungsstudien dieses Gebiets. Im Weiteren wird darüber nachgedacht, warum es nötig ist, sich mit dieser Problematik zu befassen und welche Faktoren von Zeitmanagement-Verhalten zu beeinflussen sind. Ziel der Arbeit ist, auf mögliche Einschränkungen bei der Transformation der theoretischen Konzepte in ein für Studenten passendes System hinzuweisen, bzw. die Spezifika zu betrachten, die beim Studium erwägt werden sollten. Diese werden sich im vorgeschlagenen Zeitmanagement-Modell für Universitätsstudenten widerspiegeln.

Im empirischen Teil der Arbeit wird das Niveau des Zeitmanagement-Verhaltens, der Einfluß eines Zeitmanagement-Seminars an der Qualität des Zeitmanagement-Verhaltens und die Frage des Setzens eines Lebensziels erforscht. In zwei Studien wird ein interkultureller Vergleich deutscher und slowakischer Studenten angeboten.

Erste Anregungen, sich mit dieser Problematik zu befassen, stammen aus dem Jahr 1997, als wir im Rahmen der Animatorsschule (ŠA, Bratislava, 1995-1998) am Kurs “Management & Coaching“ teilnahmen (Leiter – Ing. Alojz Marek). Im Verlauf des Studiums an der Universität Trnava wurde das Thema des Zeitmanagements zum Inhalt der Vordiplomarbeit. In dieser ging es um die Bearbeitung des klassischen Zeitmanagements und einen Entwurf von Möglichkeiten, bestimmte Erkenntnisse auf das Studentenleben anzuwenden. Die Arbeit wurde als selbständiger Vortrag präsentiert. Mit dem empirischen Teil nahm ich an der Konferenz der wissenschaftlichen Tätigkeit von Studenten (ŠVOČ; Universität Trnava, 1999) teil, wo die Arbeit mit dem dritten Preis bewertet wurde. Nach der Entscheidung, die Thematik des Zeitmanagements als Diplomarbeit weiter auszubauen, war es nötig, die Kenntnisse in den ökonomisch-psychologischen Bereichen zu vertiefen. Dies wurde mir während des Studienaufenthalts an der Katholischen Universität Eichstätt, am Lehrstuhl für Sozial- und Wirtschaftspsychologie ermöglicht. Durch den Studienaufenthalt in Deutschland, das in Europa am weitesten entwickelnde Land in Bezug auf die Zeitmanagement-Problematik, konnte ich Kontakte mit führenden deutschen Zeitmanagement-Experten – Prof. Lothar J. Seiwert und Josef Schmidt – knüpfen.

Im Nachhinein möchte ich mich bei allen bedanken, die mir beim Konzipieren der Arbeit halfen: Ing. Alojz Marek für erste Anregungen und Ausgeben von Fachliteratur, Prof. Dr. Vincent Kovačič für die Betreuung der Vordiplomarbeit, doc. Dr. Hieronym Florek für die Betreuung der Diplomarbeit, Prof. Dr. Ruprecht Wimmer – Präsident der Katholischen Universität Eichstätt – für die Ermöglichung des Studienaufenthalts sowie Prof. Dr. Lothar J. Seiwert und Josef Schmidt für fachliches Feed-Back und die Bereitstellung von Fachliteratur.

Meine Dank geht auch an Angelika Konz und Ralf Jennerjahn für Korrekturen und ihre Hilfe bei der deutschen Version meiner Diplomarbeit.

Peter Gröpel

2. Themenabgrenzung

Die Literatur, die sich mit der Problematik der Zeit befaßt ist immens und multidimensional. Wahrscheinlich wurden die meisten Forschungen von Psychologen erstellt, die Zeitperzeption und -wahrnehmung untersuchten; ein großer Teil bezieht sich auch auf die kulturellen und philosophischen Einstellungen zur Zeit (McFadden & Dart, 1992). Bond und Feather (1988) geben ebenfalls an, dass sich die psychologischen Untersuchungen der Zeit besonders mit der Perzeption und Einschätzung beschäftigten sowie mit der Zeitperspektive, zukünftigen Orientierung, Psychopathologie der Zeit, subjektiven Erlebnissen der Zeit und Persönlichkeitsattributen[1].

Der Beginn der Zeitmanagement-Untersuchungen in den 70-ern und anfangs der 80‑er Jahren bezieht sich vor allem auf den Bereich der Lernfertigkeiten (study skills) und Selbstkontrolle (siehe Kirschenbaum & Perri, 1982) oder wurde mit dem Titel „procrastination“ verbunden. Neuere Untersuchungen befassen sich direkt mit dem Zeitmanagement und seinen Faktoren (Bond & Feather, 1988; Britton & Tesser, 1991; Feather & Bond, 1983; Macan et kol., 1990; Macan, 1994; McFadden & Dart, 1992; Mpofu, D’Amico & Cleghorn, 1996) sowie den Zeitmanagement-Training und der Evaluation (Macan, 1996; Orpen, 1993; Woolfolk & Woolfolk, 1986).

Diese Arbeit beschäftigt sich mit dem Thema des Zeitmanagements bei der Studentenpopulation, bzw. mit der Organisation ihrer beim Studium zur Verfügung stehenden Zeit. Konkret geht es um die Frage, welche spezifischen Merkmale bei der Transformation des für Führungskräfte entwickelten Zeitmanagement-Modells in ein für Studenten passendes System in Erwägung gezogen werden sollten. Die Grundtheorie basiert auf dem Zeitmanagement-Konzept von Lothar J. Seiwert (siehe Seiwert, 1990, 1995, 2000). Dabei wird nicht auf die Frage der Effektivität von Zeitmanagement-Methoden und Techniken in Alltag von Führungskräften eingegangen, sondern wird vorausgesetzt.

Aus fachlicher Sicht handelt es sich um die Problematik, die zu den Gebieten angewandter Wirtschaftspsychologie zu zählen ist, wobei auch andere psychologische Bereiche angeschnitten und im Rahmen ihrer Interdisziplinarität auch Gebiete der Ökonomie und der Führung angesprochen werden. Theoretische Grundlage bildet die Integration der psychologischen, pädagogischen und ökonomischen Wissenschaften (Abb.1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.1. Interdisziplinärität des Zeitmanagement-Auffassung

Im Rahmen der Psychologie liegt der Schwerpunkt in den folgenden Disziplinen:

- Arbeitspsychologie
- Managementpsychologie
- Sozialpsychologie
- Beratungspsychologie
- pädagogische Psychologie

Den Bereich des Zeitmanagements zählt man zu den Theorien der Selbstorganisation, das bedeutet, dass es in diesem Zusammenhang um eine gewisse psychische Verhaltensregulation geht. Im diesen Kontext werden Kenntnisse der Persönlichkeitspsychologie und Streßtheorie (klinische Psychologie) angesprochen.

Aus ökonomischer Sicht werden besonders die klassischen Managementfunktionen und das Verständnis der Zeit als knappe Ressource und Raum ökonomischer Entscheidungen hervorgehoben.

Fazit: In der Arbeit geht es um Gemeinsamkeiten der Gebiete der Psychologie, des Managements und von Verhaltensmodellen, deren optimale Bearbeitung angestrebt wird, um so einen synergetischen Effekt aus diesen drei Bereichen zu erreichen, der sich in der Praxis in der Arbeitsleistung, der Persönlichkeitsqualifikation und der Personalentwicklung zeigt.

3. Definition der Grundbegriffen

3.1 Die Zeit

Mit der Problematik der Zeit befassen sich verschiedene Wissenschaftsdisziplinen von verschiedenen Standpunkten aus, d.h. die Definition des Begriffs “Zeit“ entspricht genau eben der Wissenschaft, die sich damit beschäftigt (Grác, 1979). Es geht also um einen interdisziplinären Begriff. Man unterscheidet astronomische, mechanische, biologische Zeit, Reaktions-, Personal-, Dispositions-, Arbeitszeit usw.

Die Zeit (Time) bildet so neben der Psychologie auch den Gegenstand anderer Wissenschaften. Für alle ist jedoch typisch, dass sie eine Maßfunktion der Objekte der jeweiligen Wissenschaftsdisziplin darstellt. Dies ermöglicht, Eigenarten zu abstrahieren und somit die allgemeinen Charakteristiken der Zeit zu erfassen. „Die Zeit als ein Maß stellt die Dimension dar, mit der die Dauer, die Geschwindigkeit und die Folge von Ereignissen bestimmt wird“ (Grác, 1979 S.211).

Meier (1998) definiert Zeit als „Abfolge des Geschehens, die wir als Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft am Entstehen und Vergehen der Dinge erfahren“ (S.23).

Aus der Sicht der Psychologie bezieht sich die Problematik der Zeit auf ihre Wahrnehmung und Perzeption, Schätzung, subjektive Erfahrung und ihr Wertverständnis. „Die Besonderheit des psychologischen Zugangs zur Zeitvalorisation besteht in der Tatsache, dass sie von der subjektiven Erfahrung des Zeitwerts ausgeht. Hochgeschätzt wird besonders die Zeit, um die man sich bemüht, also ‘Zeit für sich selbst‘ ohne Rücksicht darauf, welchen Bereich sie betrifft“ (Grác, 1979 S.246).

Aufgabe der pädagogisch-psychologischen Zugänge ist, dem Mensch lernen, Freizeit als realen Wert wahrzunehmen und ihn zum angepaßten Erfassen dieser Variable zu erziehen. Eines der Erziehungsziele sollte auch die rationelle Zeitnutzung sein.

In Management und Ökonomie wird die Zeit als Produktionsfaktor, wertvolles Gut oder knappe Ressource verstanden. Man kann sie weder lagern noch vermehren, sie vergeht unwiderruflich. „Zeit ist das unerbittlichste und das am wenigsten flexible Ele­ment in unserer Existenz“ (Engstrom & Mackenzie; in Mackenzie, 1988 S.12).

Unterteilung der Zeit

Man unterscheidet grundsätzlich Arbeitszeit (Produktion) und Zeit der Erholung (Verbrauch). Darüber hinaus sollte man auch den Zeitraum physiologischer Bedürfnisse, wie Schlafen, Essen u. a. in Erwägung ziehen. In meinem theoretischen Ansatz unterscheide ich so folgende Unterteilung (Tab.1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab.1 Unterteilung der Zeit

Die Zeit des physiologischen Bedarfs beinhaltet Schlafen, Nahrung, Hygiene; die Arbeitszeit umfasst belohnte sowie unbelohnte Arbeitstätigkeit; die Freizeit ist als Raum ohne direkte Verpflichtungen zu verstehen. Arbeits- und Freizeit bilden einen Dispositionsraum zur Entwicklung individueller Fähigkeiten.

3.2 Management

Management (manus – Hand, agere – führen, leiten) versteht man auf dreierlei Arten, nämlich als (Kovačič, 1997):

- die Gruppe der Führungskräfte
- die Führungsfunktion
- die theoretisch-wissenschaftliche Disziplin, die sich mit der Führung und der Reichweite der Tätigkeiten von Führungskräften befaßt

Das Wort “Management“ wird vom lateinischen “manus agere“ (“an der Hand führen“ oder, genauer, “ein Pferd in allen Gangarten üben“) hergeleitet. Davon leitet sich das italienische “maneggiare“ ab und später das englische Verb “to manage“ (handhaben, bewerkstelligen, leiten, führen).

Geschichtliche Entwicklung (Graf-Götz & Glatz, 1999) : bestimmte Managementfunktionen sind bereits in der Antike und im Mittelalter bei religiösen, politischen und militärischen Projekten erkennbar, wobei damals die spezifisch ökonomische Orientierung noch fehlte (z.B. Bewässerungsprojekte und Pyramidenbau in Ägypten, der Aufbau einer Infrastruktur im alten Rom, Organisation der Steuereintreibung in Babylonien und Indien etc.).

Die Industrialisierung und die damit verbundenen gesellschaftlichen, politischen und technologischen Veränderungen des 18. Jahrhunderts schafften Voraussetzungen für die Entwicklung eines unserem Verständnis nahe kommenden Managements. Aufgrund des raschen Wachstums der Unternehmen, das eine Trennung von Eigentum und Unternehmensführung notwendig machte, entstand eine neue Berufsgruppe – die Manager. Das Interesse an einem reibungslosen Funktionieren der Organisation wurde zum Ansatzpunkt der wissenschaftlichen Beschäftigung mit dem Management.

Ein anderer Ort, an dem über Management nachgedacht wurde, war das Militär. Hier hatte sich vor allem der preußische General Carl von Clausewitz mit der Frage der Führung großer Armeen beschäftigt. Seine Erfolge führten zu einer Übernahme militärischer Organisations- und Führungsmodelle durch Wirtschaftsbetriebe.

Die neuere Geschichtsschreibung des Managements beginnt mit den Arbeiten des amerikanischen Ingenieurs Frederick W. Taylor und unterscheidet drei Ansätze:

- die Zeit des Taylorismus (“scientific management“; Entwicklung formaler Strukturen, Rationalisierung, “economic man“)
- die Zeit der Human-Relation-Bewegung (soziales System, Berücksichtigung und Einbeziehung sozialer Prozesse, “social man“)
- die Zeit der Integration (kybernetische und systemtheoretische Theorien, soziotechnische Systeme, “selfactualizing man“)

Die Definition des Managements wurde von den jeweiligen Konzeptionen abgeleitet. Heute verstehen wir unter Management „den Prozeß der zielbezogenen, interpersonellen Verhaltensbeeinflussung“ (Staehle, 1994; in Graf-Götz & Glatz, 1999 S.95), „Mitarbeiter in ihrem Verhalten so zu beeinflussen, dass ein bestimmtes Unternehmensziel erreicht werden kann“ (Schreiber & Krause[2] ).

Bei der Frage des Managements sollten die Begriffe Führungsfunktionen, Führungsphilosophie, Führungsstil und Führungstechniken angemerkt werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 2. Nach Glasl/Lievegoed 1996; in Graf-Götz & Glatz, 1999 S.95

Managementfunktionen: Das Management ist oftmals als Gesamtheit mehrerer Funktionen zu verstehen. Dazu zählt man Erkennen und Analysieren der Probleme, Zielsetzung, Planen, Entscheiden, Initiieren von Alternativen, Organisieren, Koordinieren, Motivieren, Kontrollieren sowie Kommunikation und Kooperation (nach Sarges, 1990).

Diese klassischen Führungsfunktionen sind in verschiedenen Modellen des Managementzyklus unterschiedlich stark vertreten, doch meistens in derselben Reihenfolge. Heeg und Meyer-Dohm geben folgendes Modell an (Abb.2).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.2. Der Management-Zyklus (in Heeg & Meyer-Dohm, 1994 S.192)

Wie oben dargestellt, folgt auf die Zielsetzung die Planung; über die Planungsalternativen wird entschieden, bevor zur Realisation übergegangen wird. Die Realisation wird dann kontrolliert, ob sie zielgerecht durchgeführt wird. Bei Abweichungen können sich wiederum Auswirkungen auf die Zielsetzung ergeben. Alle diese Managementfunktionen werden letztlich durch Kommunikation ermöglicht (Heeg & Meyer-Dohm, 1994).

3.3 Selbstmanagement

Der Begriff “Selbstmanagement“ (engl. Self-Management) taucht erstmals in der Managementliteratur der 60-ger und 70-ger Jahre auf. Peter Drucker schreibt, dass wenn ein Manager sich nicht selbst führen könne, „werden ihn keine Fähigkeiten, Fertigkeiten, Erfahrung und kein Wissen zu einem leistungsfähigen Manager machen“ (Drucker, 1961; in Graf-Götz & Glatz, 1999 S.182). Selbstmanagement ist hier als Selbstverpflichtung (‘commitment‘) zu sehen.

In der neueren Literatur wird Selbstmanagement eher als Chance zur individuellen Selbstverwirklichung (Covey, 1996), als Ausdruck der Selbstbehauptung (Tracy, 1995) und Selbstverantwortung (Sprenger, 1996) verstanden. Im Vordergrund dieser Konzepte steht die einzelne Person mit ihren ganz individuellen Fähigkeiten und Ansprüchen und nicht mehr die Anforderungen des Arbeitsplatzes (nach Graf-Götz & Glatz, 1999 S.182).

Definition des Selbstmanagements: Selbstmanagement bedeutet „bewußte Selbstorganisation, d.h. das Planen und Umsetzen situationsspezifischer Arbeits- und Verhaltenstechniken im Studium und in der Arbeit“ (Meier, 1998 S.6); „konsequente und zielorientierte Anwendung bewährter Arbeitstechniken in der täglichen Praxis, um sich selbst und die eigenen Lebensbereiche so zu führen und zu organisieren, zu managen, dass die zu Verfügung stehende Zeit sinnvoll und optimal genutzt wird“ (Seiwert, 1984; in Heeg & Meyer-Dohm, 1994 S.292).

Aus klinischer Sicht wird Selbstmanagement als Sammelbegriff für solche Therapieansätze verstanden, die Klienten zu besserer Selbststeuerung anleiten und möglichst aktiv zu einer eigenständigen Problembewältigung befähigen. Nach einem erfolgreichen Ablauf dieser Lern- und Veränderungsprozessen sind Klienten wieder in der Lage, ihr Leben ohne externe professionelle Hilfe in Einklang mit ihren Zielen zu gestalten. Diese Sichtweise ist eng verbunden mit Ansätzen der sozialen Lerntheorie, der Selbstkontrolle, der Selbstregulation und der kognitiven Verhaltenstherapie (Kanfer, Reinecker & Schmelzer, 1996).

Graf-Götz und Glatz (1999) definieren Selbstmanagement im Spannungsfeld »Person – berufliche Rolle – Zeit« (Abb.3). Es wird als „zeitliche, persönliche (tätige) Selbstverantwortung bei der Wahrnehmung einer oder mehrerer Rollen“ verstanden (S.188). Die Berücksichtigung der zeitlichen Dimension soll sowohl dem Gedanken der Rollenentwicklung als auch dem Aspekt der Selbstverwirklichung Rechnung tragen, die als wesentliche Bestandteile eines Selbstmanagement angesehen sind.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.3. Selbstmanagement im Spannungsfeld »Person – berufliche

Rolle – Zeit« (in Graf-Götz & Glatz, 1999 S.188).

Selbstmanagement ist erforderlich um notwendige Prioritäten zu setzen, mit Widersprüchen umgehen zu können und nicht erfüllbare Ansprüche zurückzuweisen. Es wird die Konflikte zwar nicht auflösen, die wir aufgrund unserer Rollenvielfalt haben, es läßt uns jedoch die unterschiedlichen Anforderungen besser erkennen, die Gegensätzlichkeiten ausbalancieren und läßt uns die Notwendigkeit, Entscheidungen auch in unsicheren Verhältnissen zu treffen, als normal begreifen (Graf-Götz & Glatz, 1999).

3.4 Zeitmanagement (TM)

Der Begriff “Zeitmanagement“ (engl. Time-Management; TM) ist eng in Zusammenhang mit Selbstmanagement zu sehen und wird als ein Teil von ihm, oder sogar als sein Synonym verstanden (siehe 3.5). Im Folgenden nehme ich mir einige Abgrenzungen dieses Begriffs vor.

Carl Hobbs (1989) definiert Zeitmanagement als „Gesamtheit der Handlungen zur Beherrschung von Ereignissen“ (S.28); Meier (1998) sieht es als Ziel- und Prioritätensetzung. „Zeitmanagement bedeutet nicht, noch mehr in noch kürzerer Zeit zu erledigen, sondern zu lernen, Unwichtiges loszulassen, um Wichtiges zu tun“ (S.24).

Cole (1990) versteht Zeitmanagement als eine der Grundbedingungen in der Arbeitspraxis. „Personaleffektivität in der Arbeit ist in erster Linie als Funktion der individuellen Zeitführung angesehen“ (S.198). Otto Buchegger (1999) verknüpft es synonymisch mit dem Begriff Lebensmanagement (Life-Management), was für die Konzeption des ganzheitlichen Zeitmanagements kennzeichnend ist (vgl. z.B. Greichen, Seiwert & Fuchs, 1992).

Für Prof. Seiwert, einer der führenden Experten dieses Bereichs bedeutet Zeitmanagement „die eigene Zeit und Arbeit zu beherrschen, anstatt sich von ihnen beherrschen zu lassen“ (1990, S.9).

Einer der ersten Autoren, der zum Thema Zeitmanagement schrieb, der Amerikaner Alec R. Mackenzie, bezeichnet den Begriff “Zeitmanagement“ als irreführend. „Im strengen Sinne gibt es kein Management der Zeit, denn der Zeiger der Uhr steht jenseits jeder Steuerung. Es bewegt sich unaufhörlich weiter. Die Zeit vergeht mit einer vorherbestimmten Geschwindigkeit, ganz gleich, was wir tun. Es geht nicht um das Management der Uhr, sondern um das Management im Hinblick auf die Uhr“ (Mackenzie, 1988 S.13).

D.h. man organisiert nicht die Zeit, sondern sich selbst im Hinblick auf die Zeit. Dies wird üblicherweise auch unter Zeitmanagement verstanden. Das führt dazu, die Aufmerksamkeit nicht so sehr auf die Dinge und die Zeit zu richten, sondern mehr auf die Ziele und Grundsätze, die einem wichtig sind. Vorrangig anzustreben ist Effektivität und nicht Effizienz, bzw. ihre Integrität (vgl. Graf-Götz & Glatz, 1999).

- Dinge richtig tun = effizient arbeiten
- die richtige Dinge tun = effektiv arbeiten
- Integrität Þ die richtigen Dinge richtig tun

Fazit: Das Zeitmanagement umfaßt eine gewisse Gesamtheit von Techniken, Methoden und Verhaltensweisen, die einem helfen, sich selbst und die Bereiche des eigenen Lebens aktiv und effektiv im Hinblick auf die Zeit zu steuern, was die Gesamtheit bestimmter Fähigkeiten zur Aneignung dieser Techniken und Verhaltensweisen sowie den Wille ihrer Umsetzung im Alltag voraussetzt.

3.5 Zeitmanagement im Rahmen des Selbstmanagements

Selbst- und Zeitmanagement zählt man im Rahmen des Managements zu den Theorien der Selbstorganisation. Im Bereich des Zeitmanagements kristallisierten sich mit dem Wertewandel allmählich zwei Hauptkonzeptionen heraus.

Klassisches Zeitmanagement – hier geht es vor allem um die konkreten Arbeits­techniken. Es orientiert sich am Bereich effektiver Arbeitsorganisation und ‑realisation. In dieser Konzeption wird Zeitmanagement als ein Teilbereich des Selbst­managements verstanden. „Zeitmanagement ist das Kernstück jeglicher Arbeits­metho­dik sowie eines erfolgreichen Selbstmanagements“ (Seiwert, 1990 S.5).

Erfolgreiches Selbstmanagement beinhaltet mindestens vier Hauptmerkmale: Beziehung zum Leben, Selbstanalyse, persönliche Ziele (+ ihre Realisation) und Selbstorganisation (vgl. Nagel, 1992 S.147). Klassisches Zeitmanagement bezieht sich besonders auf die Ziele und Selbstorganisation (Abb.4).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.4. Zeitmanagement im Rahmen des Selbstmanage-

ments (nach Gröpel, 1998 S.32)

‘Beziehung zum Leben‘ (Lebensverständnis) bezeichnet die Fähigkeit positiv zu denken, sich selbst und die Umgebung optimistisch wahrzunehmen und sich auf konstruktive und kritische Erarbeitung eigener Verhaltensentwicklung auszurichten. Dabei hilft die Selbstanalyse die persönlichen Stärken und Schwächen zu entdecken und das Feed-Back aus der Umwelt sowie Selbstbeurteilung im Prozeß der Persönlichkeitswicklung zu bearbeiten. Das Ziel wird als Voraussetzung der Leistung, als Verhaltensmotivator und Schutz gegen Manipulation angesehen. Seine Realisation hängt mit der Selbstorganisation zusammen, in deren Rahmen man plant, entscheidet, organisiert und kontrolliert (Gröpel, 1998).

Ganzheitliches Zeitmanagement – es verfolgt das Ziel, „für alle wichtigen Lebensbereiche – Beruf, Familie, Gesundheit und Frage nach dem Sinn – nicht nur Zeit zu schaffen, sondern diese vier Bereiche auch in Balance zu bringen und zu halten“ (Seiwert, 2000 S.76). In dieser Konzeption wird Zeitmanagement als Synonym des Selbstmanagements oder sogar Lebensmanagements verstanden. Es beinhaltet aber auch die Techniken des klassisch wahrgenommenes Zeitmanagement.

4. Begründung der Beschäftigung mit der Zeitmanagement-Problematik

4.1 Weshalb eigentlich Zeitmanagement?

Es gibt mehrere Gründe für einen Bedarf an Beschäftigung mit Selbst- und Zeitmanagement. Viele der Autoren halten es für eine nötige Voraussetzung erfolgreicher Arbeits- und Führungstätigkeit, oder sogar des Erfolgs in allen wichtigen Lebensbereichen.

„Die wichtigste Voraussetzung beruflichen Erfolgs im Unternehmen ist Erfolg als Selbst- und Zeitmanager“ (Hobbs, 1989 S.151); „Zeitmanagement ist die Grundfrage der Arbeitspraxis“ (Cole, 1990 S.198); „Wenn Ihr Ziel das Management ist, muß es zuallererst das Selbstmanagement sein“ (Osborn, 1959; in Mackenzie, 1988 S.79); „Denn nur wer sich selbst steuern kann, kann es auch für andere“ (Buchegger[3] ); Ein perfekt funktionierendes Zeitmanagement ist Voraussetzung und Grundlage für Ihre Erfolge in allen Lebensbereichen“ (Petsche[4] ).

Meier (1998) betrachtet Zeitmanagement als eine der sogenannten Schlüsselqualifikationen. „Neben dem beruflich adäquaten Grundlagenwissen braucht man heute in der Praxis eine Vielzahl von Schlüsselqualifikationen bzw. Managementtechniken. Dies sind in erster Linie Arbeits- und Kommunikationstechniken, kooperative Verhaltens- und Arbeitsweisen“ (S.6).

Ein anderer Grund, sich mit der besagten Problematik zu befassen, ist die wachsende Komplexität und Dynamik neben der sinkenden zur Verfügung stehenden Zeit. In der Literatur wurde dieses Paradox als “Zeitschere“ bezeichnet (Abb.5).

Mit wachsender Komplexität und Dynamik steigt die benötigte Reaktionszeit. Obwohl die Zeit als Konstante angesehen ist, bringt diese Komplexität jedoch neue Anreize und Aufgaben. Damit sinkt die verfügbare Reaktionszeit. Man braucht dann mehr Zeit zum Nachdenken, hat aber nicht genügend Zeit zum Handeln (Buchegger, 1999).

Ein ähnliches Problem stellt die Explosion der Wissen gegenüber der unverhältnismäßiger Akzeleration der Entwicklung dar. Den Ernst dieses Faktes spricht schon John Naisbitt (1984; in Firestien, 1994) in den Megatrenden an. „Jeden Tag werden 6 bis 7 tausend Fachartikel von Wissenschaftlern geschrieben, die Anzahl der wissenschaftlichen und technischen Informationen steigt alljährlich um 13%, was in 5,5 Jahre ihre Verdoppelung bedeutet; dieser Durchschnitt wird bald auf 40% steigen, als die Folge neuer, viel leistungsfähigerer Systeme sowie der wachsenden Zahl von Wissenschaftlern. D.h. die Verdoppelung des Wissens alle 12 Monate“ (S.137). Als eine mögliche Lösung wurde die Intensifikation betrachtet. Die Experten sprechen jedoch an dieser Stelle von Rationalisierung und rationellen Arbeitstechniken, wobei diese in einem gewissen Maße die steigernden Herausforderungen der Fach- und Studienarbeit bewältigen helfen sollen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.5. Zeitschere[5] (in Graf-Götz & Glatz, 1999 s.260)

Zu den interessanten Ergebnissen in der Arbeitssphäre kam Stroebe (1982; in Heeg & Meyer-Dohm, 1994), die die Wichtigkeit bestätigen, sich mit dem Zeitmanagement und der Arbeitsrationalisierung zu beschäftigen. Wie seine Untersuchung (1976-1982) belegt, gaben die meisten der 663 deutschen Manager Bedarf an zusätzlicher Arbeitszeit von 10-30% an, um das tägliche Arbeitspensum optimal zu erledigen. Dabei arbeiten sie jedoch nur durchschnittlich während 30-50% der Arbeitszeit aktiv (Tabelle 3).

Feather und Bond (1983) kamen bei der Arbeitslosigkeitsuntersuchung und deren Beziehung zum Zeitmanagement zum Ergebnis einer signifikanten positiven Korrelation zwischen Zeitmanagement-Verhalten und Selbstachtung, und einer negativen zwischen Zeitmanagement-Verhalten und depressiven Syndromen. Ähnliche Schlüsse zieht auch Hepworth (in Feather & Bond, 1983), darüber hinaus behauptet er, dass „die Fähigkeit eigene Zeit zu führen und organisieren, als guter Prädiktor der mentalen Gesundheit gelten kann“ (S.250).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab.3 (Stroebe 1982, bearbeitet nach Heeg & Mayer-Dohm, 1994 s.290-292)

4.2 Die Studenten als Zielgruppe

Eine andere Frage, die noch zu beantworten wäre ist, warum ich mich bei der Zeitmanagement-Problematik an der Studentenpopulation ausrichtete.

Nach den Ergebnissen des Hochschul-Informationssystems (HIS) in Hannover beträgt die Studienwoche eines Studenten 53 Stunden (Untersuchung zum “Zeitbudget im Studienalltag“). Diese Durchschnittswerte werden jedoch in einzelnen Fachbereichen überschritten. Die Studenten der Medizin und der Ingenieurwissenschaften haben z.B. einen wöchentlichen Zeitaufwand von fast 60 Stunden. Daraus wird klar, dass gerade Studenten einem sehr hohen Zeitstreß ausgesetzt sind (Barbara Schott; in Schmidt & von Fournier, 1995). Weissberg et al. (1982; in Britton & Tesser, 1991) bestätigen diese Fakten. 67% der Studenten in ihrer Studie betrachteten die effektive Organisation der eigenen Zeit als ihr momentan größtes Bedürfnis.

Josef Schmidt (1995) ist der Ansicht, dass gerade die Zeit der Jugend die richtige Zeit ist, sich mit Selbst- und Zeitmanagement zu beschäftigen. Management bedeutet nach ihm immer zuerst Selbstmanagement. „Es ist erfrischend zu sehen, wie groß das Interesse der Jugendlichen ist, wenn man Themen wie strategische Planung anspricht“ (Schmidt & von Fournier, 1995 s.7).

Otto Buchegger[6] ist auch der Meinung, dass jugendliche akademische Berufsanfänger und Studierende in höheren Semestern die ideale Zielgruppe zum Erlernen der Selbst- und Zeitmanagement-Methoden bilden. „Der Nachteil der Jugend ist allerdings, dass wegen mangelnder Erfahrung nicht immer eingesehen wird, dass die Anwendung nützlich ist. Ein Problem der Jugend ist nämlich ihre Vorliebe für eine normative Weltschau. Die Jugend will die Welt so sehen, wie sie sein sollte und nicht, wie sie ist. Wer keine Erfahrung hat, hat zuwenig Fehler gemacht, um einzusehen, dass eine Methodik Vorteile bringen kann. So wird jemand, der schon viele Fehler auf einem Gebiet gemacht hat, eher bereit sein zu lernen, wie sich Fehler vermeiden lassen“.

Grác schrieb bereits 1979, dass „eine besondere Erziehungssorge den einzelnen Dispositionszeit-Inhabern (d.h. Adoleszenten) gewidmet werden sollte. Dadurch dass der Dispositionszeitraum nicht vermehrt, sondern nur rational genutzt werden kann, besteht die Aufgabe der Erziehung darin, die Jugendlichen so vorzubereiten, damit sie ihre Zeit als Entwicklungsraum ihrer Begabung zielbewußt organisieren“ (Grác, 1979 S.305).

Ein anderer Grund, warum ich mich auf die Studentenpopulation ausrichtete, stellt die Tatsache dar, dass der Mensch in diesem Alter relativ leicht lernen und einige Verhaltensweisen aneignen kann, die später als Gewohnheit interiorisiert sein werden. Ebenso ist hier das Studium zu berücksichtigen. Nagel (1992) gibt an, dass „Probleme, die durch eine untaugliche Zeitorganisation entstehen, die Freude am Studium wesentlich vermindern. Ein nicht existierendes Erfolgserlebnis behindert deutlich die Lerngeschwindigkeit und Studienmotivation. Der Endzustand wird dann als Mißerfolg erlebt“ (S.141). Woolfolk und Woolfolk (1986) sind der Meinung, dass Zeitmanagement sowie die Lernfertigkeiten relevante Themen einer Studienberatung bilden, denn beide Seiten, Studenten wie Lehrer, von einem Training des Planens, der Lerntechniken und des Zeitmanagements allgemein profitieren können.

Aus den Forschungsergebnissen des Zeitmanagements von Studenten ergeben sich wei­ter positive Korrelationen zwischen perzipierter Zeitkontrolle (einer der Faktoren des Zeitma­nagements) einerseits und Studiumszufriedenheit, subjektiv wahrgenommener Leistungsfähigkeit (Macan et al., 1990) sowie besseren Studienergebnissen anderseits (Britton & Tesser, 1991). Suboptimales Zeitmanagement wird in Zusammenhang mit niedrigeren Studienleistung gebracht und als eine Streßquelle angesehen (Gall, 1988; Longman & Atkinson, 1988; Walter & Siebert, 1981; all in Macan, 1990).

4.3 Zum Thema ‘Streß‘

Ein weiterer Grund, sich mit dem Zeitmanagement zu befassen, stellt die Problematik des sogenannten Zeitstresses dar. Die Folgen eines langfristigen Stresses sind bereits aus den Erkenntnissen der klinischen Psychologie und Medizin bekannt und werden als Zivilisations- oder Managerkrankheiten bezeichnet. Selbst- und Zeitmanagement hilft, dieses Problem in einem gewissen Maße überwinden.

Als Grundlage der Entstehung von Streß wird die somatisch-psychische Diskrepanz zwischen hohen Herausforderungen oder Wünschen und der Realität betrachtet, abe­r auch andauernde Anspannung, Entspannungsmangel, zu kurze Regenerationsphasen und die Individualität des Menschen. Die Theorien der Arbeitspsychologie sprechen über die Problematik “Anforderungen versus Leistungsfähigkeit“, wobei einer der Gründe des Zeitstresses die falsche Einschätzung der notwendigen Leistungsfähigkeit darstellt. „Die Leistungsmotivationsforschung[7] hat gezeigt, dass Individuen am ehesten durch Aufgaben mittleren Schwierigkeitsgrads zu motivieren sind. Sie wollen gefordert, aber nicht überfordert werden. Unterforderung wirkt genauso belastend und schädigend auf das Individuum wie Überforderung“ (Diedrichsen; in Hovestädt, 1997 S.95). Das gesunde Mittelmaß soll bei durchschnittlichen 80 Prozent der eigenen Leistungsfähigkeit liegen, 90 oder 100 Prozent bildet die Grenze der Hektik (Hovestädt, 1997).

Die Studie von Bond & Feater (1988) wies auf eine negative Korrelation zwischen Zeitmanagement und Streß hin, d.h. effektives Zeitmanagement-Verhalten hatte eine positive Wirkung auf die Verminderung von Streß (sowie auf die anderen negativen Gesundheitsfaktoren) und umgekehrt. Diese Ergebnisse wurden ebenfalls durch andere Forscher bestätigt (Warr, Banks & Ullah, 1985, in Bond & Feather, 1988; Macan et al. 1990; Macan, 1994; Woolfolk & Woolfolk, 1986).

Zu den möglichen Lösungen der Zeitstressverminderung gehört nach Buchegger (1999) das Einplanen von Pufferzeiten, denn wer plant, pünktlich zu sein, wird im Normalfall zu spät kommen (vgl. Buehler, Griffin & Ross, 1994). Wie die Streßsituation wirkt, hängt weiter davon ab, ob das Individuum die Angelegenheit als eu- oder distressig wahrnimmt. Zur Verminderung und Bewältigung des Stresses gehört vor allem Entspannung, Regeneration, Ruhe, aktives Ausruhen, Bedürfnisbefriedigung usw. Aufgabe des Zeitmanagements ist, für diese Aktivitäten Zeit zu schaffen, oder, nach der Konzeption des ganzheitlichen Zeitmanagements, das Leben in Einklang und Balance zu bringen und halten. „Ein konsequentes Zeitmanagement wird nicht nur eine deutliche Verbesserung von Übersicht, Planung und Kontrolle bewirken, sondern zusätzlich zum Abbau von Hektik und Streß – und damit zu einem positiven optimistischen Lebensgefühl beitragen“ (Seiwert, 1990 S.49).

5. Theoretische Ansätze und Modelle des Zeitmanagements

In diesem Teil der Arbeit wird über die Vergangenheit und die Gegenwart der Zeitmanagement-Problematik nachgedacht, einige theoretische Ansätze der Zeitmanagement-Autoren gestellt und in dieser Zeit die zwei wichtigsten Konzeptionen des Zeitmanagements betrachtet. Weiter wird die Frage der Persönlichkeit als einer der Grundfaktoren der Zeitorganisation beleuchtet. Abschließend wird kurz auf einige Forschungsstudien dieses Bereichs eingegangen.

5.1 Selbstmanagement – Vergangenheit und Gegenwart

Es ist nicht klar, wie alt das Thema des Zeitmanagements (bzw. der Selbstorganisation im Hinblick auf die Zeit) eigentlich ist. In der neueren Geschichte wurden diese Begriffe in Rahmen von ökonomischen Publikationen angesprochen und diese Problematik wurde zum Inhalt von ökonomisch und psychologisch orientierten Vorträgen. Der Begriff »Selbstmanagement« taucht erstmals in der Literatur der 60-er und 70-er Jahre auf und ist mit den Nahmen wie P. F. Drucker in der anglo-amerikanischen Gesellschaft oder Gustav Grossmann in deutschsprachigen Ländern verknüpft. Wie schon bei der Definition der Begriffe (Kapitel 3.3) angegeben wurde, verstand man Selbstmanagement zu dieser Zeit als Selbstverpflichtung, bzw. als nötige Voraussetzung eines leistungsfähigen Managers (Drucker 1961; in Graf‑Götz & Glatz, 1999)[8].

Im Gegensatz dazu wird in der neueren Literatur Selbstmanagement als Chance zur individuellen Selbstverwirklichung (Covey, 1996) oder als Ausdruck der Selbstbehauptung (Tracy, 1995) und Selbstverantwortung (Sprenger, 1996) verstanden. Im Vordergrund dieser Konzepte steht die einzelne Person mit ihren individuellen Fähigkeiten und Ansprüchen und nicht mehr die Anforderung des Arbeitsplatzes (in Graf‑Götz & Glatz, 1999). Diese Entwicklung spiegelt den Übergang von taloristisch wahrgenommenem ökonomischen Menschen, über Mayos Human-Relation-Bewegung, bis hin zum Maslow‘schen Konzept der Selbstaktualisierung wider.

In der Zwischenzeit wurde der Begriff »Self-Management« in der internationalen Fachsprache zu einem anerkannten Terminus, der als eigenständiges Stichwort in den ‘Thesaurus of Psychological Index Terms‘ aufgenommen wurde (APA, 1993; in Kanfer, Reinecher & Schnelzer, 1996 S.6).

[...]


[1] Empfehlenswerte Literatur, die sich mit den psychologischen Grundfragen der Zeit beschäftigt, ist die Fraisse’s Monographie „Psychologie der Zeit“ (Fraisse, P. (1963). The Psychology of Time. London: Eyre & Spottiswoode).

[2] Schreiber, Krause: Die Prüfung der Personalfachkaufleute, Kiehl Verlag S.547 – zitiert im Rahmen des Seminar “Führung und Management“ an der Katholischen Universität Eichstätt, Lehrstuhl für Sozial- und Wirtschaftspsychologie, WS 2000.

[3] Buchegger, O.: www.praxilogie.de/lebensmanagement.htm, 25.11.1999

[4] Petsche: www.europool.de/petsche/timeman.htm, 25.11.1999

[5] Der Begriff “Reaktionszeit“ hat hier eine breitere Bedeutung, als es der Psychologie üblich ist. Es geht um die Zeit der Reaktion bzw. der Adaptation an die sich verändernden Bedingungen.

[6] Buchegger, O.: www.praxilogie.de/lebensmanagement.htm, 25.11.1999

[7] Die Problematik der Leistungsmotivation (‘need achievement‘) ist nachzulesen bei z.B.: McClelland, D.C. (1966). Die Leistungsgesellschaft. Psychologische Analyse der Voraussetzungen wirtschaftlicher Entwicklung. Stuttgart: Kohlhammer.

[8] Zeitmanagement wurde in diesem Zeitraum als einer seiner Teilbereiche angesehen. Beiträge zur Zeitplanung und Arbeitssystemgestaltung gehören zu den ältesten Themen des Selbstmanagements.

Excerpt out of 105 pages

Details

Title
Zeitmanagement: Spezifika im Leben der Studenten
College
University of Trnava  (Lehrstuhl für Psychologie)
Grade
sehr gut
Author
Year
2001
Pages
105
Catalog Number
V235
ISBN (eBook)
9783638101790
File size
791 KB
Language
German
Notes
Die Diplomarbeit beinhaltet einen ausfuerlichen theoretischen Teil mit einem Ueberblick verschiedener Time-Management-Konzeptionen, -Ansaetzen sowie einen Ueberblick ueber den Stand der Forschung. Ein empirischer Teil bietet drei Forschungstudien (zwei Umfrage, ein Experiment) mit einem internationalen Vergleich slowakischer und deutscher Studenten. Diese Arbeit beantwortet die Frage, welche spezifischen Merkmale bei der Transformation der, fuer Fuehrungskraefte entwickelten, Zeitmanagement-Systemen in ein fuer Studenten passendes System in Erwaegung gezogen werden sollen.
Keywords
Time-Management (Zeitmanagement), Zeitmanagement-Konzeptioenen, Zeit, Management, Lebensziele
Quote paper
Peter Groepel (Author), 2001, Zeitmanagement: Spezifika im Leben der Studenten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/235

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