Die Turbulenzen um die Reformierung der GVO auf dem Kraftfahrzeugsektor in den letzten Jahren sind ein interessantes Beispiel für das Ineinandergreifen und Aufeinandertreffen von Industriepolitik und Wettbewerbspolitik. Dies wurde in den Diskussionen um dieses Thema deutlich. Die ursprüngliche Intention der Wettbewerbskommission Mitte der 80er Jahre war ein erhöhtes Sicherheitsniveau zu schaffen indem sie die Zusammenarbeit zwischen Herstellern und Händlern/Werkstätten intensivieren und schädliche Auswüchse des Wettbewerbs ausschalten. Im Hintergrund spielten allerdings auch industriepolitische Gedanken eine Rolle. So wollte man die europäischen Autoproduzenten vor Markteintritten aus dem fernen Osten schützen. Die davon abhängenden Arbeitsplätze, viele davon in strukturell schwachen Gebieten, sollten vor der Ausdünnung bewahrt werden und eine Stärkung der europäischen Industrien auf dem Heimatmarkt erreicht werden. 1985 wurde daher die erste Version einer Gruppenfreistellungsverordnung erlassen, die 1995 zwar kleinere Korrekturen erfuhr, aber im Wesentlichen bis ins Jahr 2000 unverändert galt. Dann wurde in einem Evaluierungsbericht der Kommission offengelegt, dass die Maßnahmen der GVO zwar recht gut gegriffen hatte, aber in Wirklichkeit weit über das Ziel hinausgeschossen sind. In der Praxis wurde ein Wettbewerb auf Ebene der Ersatzteilversorgung, beim Verkauf von Neufahrzeugen und im Kundendienst durch geschickte Ausnutzung der GVO durch die Hersteller bei der Vertragsgestaltung nahezu ausgeschalten. Hinzu kamen die enormen Preisunterschiede von Neuwagen bis über 40% des Endpreises in den verschiedenen Märkten der EU, aus denen die Konsumenten keinen Nutzen ziehen konnten. Außerdem wurde die Abhängigkeit der Händler und Werkstätten durch schlechte konjunkturelle Lagen, stagnierende Absätze auf dem Neuwagensektor und die engen Verträge mit den Herstellern immer stärker. Aus diesem Handlungsbedarf wurde aus dem Evaluierungsbericht eine Entwurf für eine Reformation der Kfz GVO und schließlich der Erlass einer veränderten Version, die schrittweise bis 2005 in Kraft treten wird. Die erste Stufe wurde schon 2002 gezündet, mit einschneidenden Änderungen bei der Beschaffung von Ersatzteilen, dem Neuwagenverkauf und im Kundendienst. So wird zukünftig den Werkstätten freigestellt sein, von wem sie ihre Ersatzteile beziehen. Sie dürfen nicht mehr genötigt sein, diese nur vom Hersteller des zu wartenden Fahrzeuges zu beziehen. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Abstract
- Einleitung
- Eine Gruppenfreistellungsverordnung
- Die Kfz GVO
- Gründe für die Notwendigkeit einer neuen Kfz GVO
- Die GVO 1400/2002
- Kritik an den neuen Regelungen
- Aus Sicht der Verbraucher
- Aus Sicht der Händler und Werkstätten
- Auswirkungen der GVO 1400/2002
- Stand 1. Oktober 2003
- Was wird die Zukunft bringen?
- Die Reaktionen der Hersteller
- Das Umgehen mit der neuen Situation
- Allgemeine Strategien
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert die Reformierung der Gruppenfreistellungsverordnung (GVO) im Kraftfahrzeugsektor der EU, insbesondere die GVO 1400/2002. Sie untersucht die Hintergründe der Reform, die Kritik an den neuen Regelungen und die Reaktionen der Hersteller. Der Fokus liegt auf den Auswirkungen der GVO auf Verbraucher, Händler, Werkstätten und den Wettbewerb im Automobilmarkt.
- Entwicklung und Hintergründe der Kfz-GVO
- Auswirkungen der GVO 1400/2002 auf den Wettbewerb
- Reaktionen der Hersteller auf die neuen Regelungen
- Sichtweisen von Verbrauchern und Händlern/Werkstätten
- Zukünftige Entwicklungen im Automobilvertrieb
Zusammenfassung der Kapitel
Abstract: Der Abstract beschreibt die Reformierung der GVO im Kraftfahrzeugsektor als ein spannendes Beispiel für das Zusammenspiel von Industrie- und Wettbewerbspolitik. Er hebt die ursprüngliche Intention der Wettbewerbskommission hervor, die Sicherheit zu erhöhen und schädliche Wettbewerbsauswüchse zu beseitigen, aber auch industriepolitische Ziele wie den Schutz europäischer Hersteller vor ausländischer Konkurrenz. Der Abstract benennt die Probleme der vorherigen GVO, wie den nahezu ausgeschalteten Wettbewerb und große Preisunterschiede, und leitet zur Notwendigkeit der Reform über.
Einleitung: Die Einleitung erläutert das europäische Wettbewerbsrecht und die Möglichkeit von Gruppenfreistellungsverordnungen. Sie definiert „Gruppenfreistellungen“ und deren Voraussetzungen. Die Einleitung betont, dass eine GVO nur dann erlaubt ist, wenn sie einen Vorteil für die Konsumenten schafft und keine „hardcore restrictions“ enthält. Sie veranschaulicht die Idee hinter Gruppenfreistellungen an einem Beispiel der Entwicklung energieeffizienter Waschmaschinen.
Einleitung 2.2 Die Kfz GVO: Dieser Abschnitt erklärt die Beweggründe für die Einführung der ersten Kfz-GVO im Jahr 1985. Der Fokus lag auf Sicherheitsaspekten und der Kooperation zwischen Herstellern und Händlern/Werkstätten, um die Qualität von Wartung und Reparatur zu gewährleisten und Verbraucher zu schützen. Der Abschnitt deutet an, dass der Wettbewerb durch die damalige GVO eingeschränkt war, was die Notwendigkeit einer Reform unterstreicht.
Schlüsselwörter
Gruppenfreistellungsverordnung (GVO), Kfz-GVO, Wettbewerbspolitik, Industriepolitik, Automobilindustrie, EU-Binnenmarkt, Verbraucher, Händler, Werkstätten, Ersatzteile, Neuwagenverkauf, Kundendienst, Wettbewerbsbeschränkungen, Preisunterschiede, Marktintegration.
Häufig gestellte Fragen zur Gruppenfreistellungsverordnung (GVO) im Kraftfahrzeugsektor
Was ist der Gegenstand dieses Textes?
Dieser Text analysiert die Reform der Gruppenfreistellungsverordnung (GVO) im Kraftfahrzeugsektor der EU, insbesondere die GVO 1400/2002. Er untersucht die Hintergründe der Reform, die Kritik an den neuen Regelungen und die Reaktionen der Hersteller. Der Fokus liegt auf den Auswirkungen der GVO auf Verbraucher, Händler, Werkstätten und den Wettbewerb im Automobilmarkt.
Welche Themen werden im Text behandelt?
Der Text behandelt folgende Themen: Entwicklung und Hintergründe der Kfz-GVO, Auswirkungen der GVO 1400/2002 auf den Wettbewerb, Reaktionen der Hersteller auf die neuen Regelungen, Sichtweisen von Verbrauchern und Händlern/Werkstätten, zukünftige Entwicklungen im Automobilvertrieb, die Kritik an der vorherigen GVO (nahezu ausgeschalteter Wettbewerb, große Preisunterschiede), die ursprüngliche Intention der Wettbewerbskommission (höhere Sicherheit, Beseitigung schädlicher Wettbewerbsauswüchse, industriepolitische Ziele), das europäische Wettbewerbsrecht und Gruppenfreistellungsverordnungen, die Voraussetzungen für Gruppenfreistellungen und deren Vorteile für Konsumenten, sowie die Bedeutung von „hardcore restrictions“.
Welche Kapitel sind im Text enthalten?
Der Text umfasst folgende Kapitel (oder Abschnitte): Abstract, Einleitung (inkl. Unterkapitel zur Gruppenfreistellungsverordnung und der Kfz-GVO), Die GVO 1400/2002, Kritik an den neuen Regelungen (aus Sicht der Verbraucher und Händler/Werkstätten), Auswirkungen der GVO 1400/2002 (inkl. Ausblick auf die Zukunft), Die Reaktionen der Hersteller (inkl. Strategien zum Umgang mit der neuen Situation).
Wer wird in der Analyse berücksichtigt?
Die Analyse berücksichtigt die Perspektiven von Verbrauchern, Händlern, Werkstätten und Herstellern im Automobilsektor. Sie beleuchtet die Auswirkungen der GVO auf diese verschiedenen Akteure und den Wettbewerb im Markt.
Welche Schlüsselwörter sind relevant?
Relevante Schlüsselwörter sind: Gruppenfreistellungsverordnung (GVO), Kfz-GVO, Wettbewerbspolitik, Industriepolitik, Automobilindustrie, EU-Binnenmarkt, Verbraucher, Händler, Werkstätten, Ersatzteile, Neuwagenverkauf, Kundendienst, Wettbewerbsbeschränkungen, Preisunterschiede, Marktintegration.
Was ist das Hauptziel des Textes?
Das Hauptziel des Textes ist die Analyse der Reformierung der Gruppenfreistellungsverordnung im Kraftfahrzeugsektor und ihrer Auswirkungen auf den Wettbewerb und die verschiedenen Akteure im Automobilmarkt.
Wie wird die GVO 1400/2002 bewertet?
Der Text analysiert sowohl die Gründe für die Einführung der GVO 1400/2002 als auch die Kritik an den neuen Regelungen aus verschiedenen Perspektiven (Verbraucher, Händler/Werkstätten). Die Bewertung ist analytisch und legt die verschiedenen Sichtweisen dar, ohne explizit eine positive oder negative Wertung vorzunehmen.
Welche Rolle spielt die Wettbewerbspolitik?
Die Wettbewerbspolitik spielt eine zentrale Rolle, da die GVO dazu dient, den Wettbewerb im Automobilmarkt zu regulieren und gleichzeitig die Interessen von Verbrauchern zu schützen. Der Text untersucht, wie erfolgreich die GVO 1400/2002 dieses Ziel erreicht hat.
- Quote paper
- Alexander Sekanina (Author), 2004, Die neue Gruppenfreistellungsverordnung auf dem Kraftfahrzeugsektor 1400/2002, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/23623