NAFTA und MERCOSUR im Kontext des außenpolitischen Paradigmenwechsels der USA und im Vergleich mit der Europäischen Union


Hausarbeit, 2004

22 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhalt

1. Integrationsräume und ihre Kennzeichen

2. Die NAFTA: Das Größte Freihandelsgebiet der Welt
2.1. Entstehung der NAFTA: von bilateralen Handelsabkommen zum wirtschaftlichen Integrationsraum
2.2. Motivation zum Beitritt zur NAFTA und wirtschaftliche Daten der Mitgliedstaaten
2.2.1. USA
2.2.2. Kanada
2.2.3. Mexiko
2.3. Aufgaben und Ziele der NAFTA und ihrer Mitglieder
2.4. Instrumente der NAFTA
2.4.1. Die Freihandelskommission
2.4.2. Das NAFTA-Sekretariat
2.5. Außenpolitischer Paradigmenwechsel: von Bush über Clinton zu Bush und von Militarisierung über Globalisierung zu Regionalisierung

3. Der MERCOSUR: der gemeinsame Markt des Südens als Gegenpart zur NAFTA
3.1. Geschichte des MERCOSUR: von diktatorischen Regimes zur liberalen Wirtschaftspolitik
3.2. Funktionen, Ziele und Besonderheiten des MERCOSUR
3.3. wirtschaftliche Daten der MERCOSUR-Mitglieder
3.3.1. Argentinien
3.3.2. Brasilien
3.3.3. Paraguay und Uruguay
3.4. Die institutionelle Struktur: Organe des MERCOSUR
3.4.1. Der Rat des gemeinsamen Marktes und die Parlamentarische Kommission
3.4.2. Die Gruppe des gemeinsamen Marktes und die Handelskommission
3.5. Nach zwölf Jahren Mercosur: eine ernüchternde Bilanz

4. NAFTA, MERCOSUR und EU: Gemeinsamkeiten und Unterschied.

5. Literaturliste

1. Integrationsräume und ihre Kennzeichen

Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs gehören Zusammenschlüsse von Staaten zu regionalen Integrationsräumen zu einem der signifikantesten Beobachtungen der internationalen Staatenwelt. Allein zwischen 1990 und 1995 wurden weltweit mehr als 30 neue Integrationsräume geschaffen (vgl. Kaiser 1999: 1). Dieser Prozess der internationalen, wirtschaftlichen Integration steht in einem engen Zusammenhang mit dem Prozess der immer schneller fortschreitenden Globalisierung. Aufgrund des „interdependenten Welthandelssystems steigern regionale Integrationszonen [...] die Exportchancen der Mitgliedstaaten“ (Kaiser 1999: 2) und führen zu einer Verbesserung des Welteinkommens.

Die wirtschaftlich stärksten Integrationsräume sind die Europäische Gemeinschaft und die Nordamerikanische Freihandelszone NAFTA (North American Free Trade Agreement). Die NAFTA und ihr südamerikanisches Pandon, der MERCOSUR (Mercado Común del Cono Sur – Gemeinsamer Markt des Südens), sind Freihandelszonen. Als Freihandelszonen werden Zusammenschlüsse von Staaten bezeichnet, zwischen denen Güter oder bestimmte Güterbündel ohne die Auferlegung von Zöllen bzw. Handelsvorschriften gehandelt werden dürfen (vgl. Müller 1999: 10f). Es finden also Exporte und Importe ohne tarifäre und je nach Abkommen auch nicht-tarifäre Handelshemmnisse statt. Diesem Wirtschaftssystem liegt die Freihandelstheorie zu Grunde, welche besagt, „dass eine grenzübergreifende Freihandelszone zur Entwicklung eines tatsächlich „freien“ Marktes mit internationaler Arbeitsteilung, maximaler Produktion und maximalem Wohlstand führt“ (Müller 1999: 11).

Der Unterschied zwischen einer Freihandelszone und der nächst höheren Stufe, einer Zollunion, besteht darin, dass bei einer Freihandelszone „jedes Mitgliedsland weiterhin die Möglichkeit hat, eine autonome Handelspolitik gegenüber Drittländern zu verfolgen“ (Stock 2000: 4).

Diese Arbeit widmet sich speziell den zwei Freihandelszonen von NAFTA und MERCOSUR und wirft einen Blick auf Entstehung, Funktion und Aufgaben dieser beiden Integrationsräume auch im Hinblick auf den Paradigmenwechsel in der amerikanischen Außenpolitik von Clinton und Bush jr. Letztlich werden Gemeinsamkeiten und fundamentale Unterschiede von NAFTA und MERCOSUR mit der Europäischen Union diese Arbeit abrunden.

2. Die NAFTA: Das größte Freihandelsgebiet der Welt

2.1. Entstehung der NAFTA: von bilateralen Handelsabkommen zum wirtschaftlichen Integrationsraum

George Bush sen. plädierte während seiner Amtszeit von 1988 bis 1992 für eine multilaterale Öffnung der Märkte. Durch Freihandelsabkommen wollte er neue Absatzmärkte für die amerikanische Wirtschaft erschließen. Sein Nachfolger Clinton konnte so mit der Vorarbeit von Bush sen. die letzten Weichen zur Etablierung der Nordamerikanischen Freihandelszone NAFTA stellen.

Die elementare Weichenstellung begann bereits am 11. Juni 1990, als Bush sen. und Carlos Salinas, damaliger Präsident Mexikos, sich einigten, Gespräche über ein bilaterales Freihandelsabkommen aufzunehmen. Bereits 1989 unterzeichneten die USA und Mexiko ein bilaterales Rahmenabkommen zur „Förderung von Handel, Investitionen und Technlogietransfer“ (Stock 2000: 8). Erste Annäherungen waren also bereits gemacht.

Bush sen. wurde vom Kongress eine Fast-Track-Vollmacht erteilt, welche ihm erlaubte, Verhandlungen über die Errichtung einer Freihandelszone zu führen. Der Kongress wurde permanent über den Stand der Verhandlungen unterrichtet, hatte jedoch wegen des Fast-Tracks im Gegenzug nur die Möglichkeit bei der Abstimmung über den Vertragstext zuzustimmen oder abzulehnen (Vgl. Stock 2000: 8).

Im Februar 1991 trat auch Kanada in die Gespräche über ein Freihandelsabkommen zwischen Mexiko und den USA mit ein und nach mehr als anderthalb Jahren der Verhandlungen konnte am 17. Dezember 1992 der NAFTA-Vertrag von den Staatsoberhäuptern Mexikos, den USA und Kanadas unterzeichnet werden. Dieser löste das bereits bestehende Freihandelsabkommen zwischen der USA und Kanada ab und gliederte es in die NAFTA ein. Zu diesem Zeitpunkt war es Bill Clinton und nicht Bush sen., der die Verhandlungen mit zum Abschluss brachte, jedoch aber Nachbesserungen verlangte, womit es zu Parallelabkommen über die Bereiche Umwelt- und Arbeitsschutz sowie über die Möglichkeit zur Eindämmung übermäßiger Importe kam (Vgl. Stock 2000: 9). Daher dauerte es erneut, bis letztlich Mexiko Ende November 1993 als letzter der drei Staaten den mehr als 2000 Seiten umfassenden NAFTA-Vertragstext inklusive Rahmenabkommen ratifizierte. Somit trat die NAFTA zum 1. Januar 1994 in Kraft und bildet seit jeher das größte Freihandelsgebiet der Welt. Sie „umfaßt [umfasst, Anm. Grasser] ein Gebiet von 13,2 Millionen Quadratkilometern, 354 Millionen Einwohnern“ (Müller 1999: 8) und erreicht eine Wirtschaftsleistung von mehr als 7,2 Billionen US$. Zudem ist sie das erste Freihandelsabkommen zwischen Industriestaaten (USA, Kanada) und einem Entwicklungsland (Mexiko).

2.2. Motivation zum Beitritt zur NAFTA und wirtschaftliche Daten der Mitgliedstaaten

Die NAFTA ist seit ihrer Entstehung im Jahre 1994 „gemessen am Kriterium der wirtschaftlichen Interdependenz [...] zweifellos eine Erfolgsgeschichte“ (Gratius 2002: 155). Mehr als 56% der Im- und Exporte wickeln die USA, Kanada und Mexiko untereinander ab, der intraregionale Handel stieg bis 2001 um mehr als 109% (Vgl. Gratius 2002: 156). Die Abhängigkeit Kanadas und Mexikos vom großen Nachbarn USA zeigt nicht nur die Tatsache, dass die USA für mehr als 90% des Bruttosozialprodukts aufkommen, sondern auch, dass die USA mehr als zwanzig mal so viele ausländische Direktinvestitionen erhalten wie Mexiko und mehr als vier mal so viele wie Kanada (Vgl. Gratius 2002: 155f). Dies sorgt natürlich dafür, dass die anwachsende Wirtschaftskraft der USA auf Kanada und Mexiko eine Sogwirkung in Form von ebenfalls erhöhter Wirtschaftsleistung ausübt.

Im Zuge der Analyse der NAFTA erscheint es auch deswegen wichtig, die wirtschaftlichen Daten der einzelnen Länder genauer zu untersuchen.

2.2.1. USA

Die USA gelten für die NAFTA als das wirtschaftliche Zugpferd. Das amerikanische BIP liegt mit mehr als 9.700 Mrd. US$ fast zehnmal so hoch wie das von Kanada und Mexiko zusammen. Das beschert den USA ein BIP/Kopf von etwa 31.000 US$ (Vgl. Gratius 2002: 160). Im letzten Quartal 2003 wuchs die amerikanische Wirtschaft real um 8,2% im Vergleich zum Vorjahresmonat.

Die Motivation der USA zur Etablierung der NAFTA war vor allem die Stärkung der eigenen Wirtschaft und die Sicherung des Zugangs zu mexikanischen Erdöl- und Erdgasvorkommen (Vgl. Stock 2000: 10). Anstatt jedoch nur eigennützige Ziele zu verfolgen, dachten die USA auch an ihren Handelspartner Mexiko. Durch die NAFTA sollte Mexiko wirtschaftlich stabilisiert werden, da „wirtschaftliche Reformmaßnahmen und Ansätze zur Demokratie unumkehrbar“ (Stock 2000: 10) wurden. Dass durch die Steigerung des mexikanischen Wohlstands auch die illegalen Einwanderungsströme eingeschränkt werden könnten und der Drogenschmuggel verringert, war eine für die USA positive Entwicklung, womit die Errichtung der NAFTA Vorteile für beide Seiten brachte.

2.2.2. Kanada

Kanada erreichte 2003 ein Bruttoinlandsprodukt von etwa 1.000 Mrd. US$ und somit ein BIP/Kopf von 25.250 US$ (Vgl. iXPOS 2003a). In der Rangfolge der wirtschaftlich stärksten Länder in der NAFTA nimmt es somit nach den USA und vor Mexiko den zweiten Platz ein und profitiert wie Mexiko vom starken Wirtschaftswachstum in den USA. Kanada exportiert 85% seiner Güter und Dienstleistungen in die USA und bezieht wiederum 74% seiner Importe von seinem südlichen Nachbarn (Vgl. iXPOS 2003a).

Aufgrund dieser Abhängigkeit war es verständlich, dass sich Kanada in die NAFTA bzw. das Freihandelsabkommen mit den USA und Mexiko integrieren wollte, um wirtschaftlich auf dem nordamerikanischen Kontinent nicht auf verlorenem Posten zu stehen.

2.2.3. Mexiko

Mexiko ist das erste Entwicklungsland, das einem Freihandelsabkommen mit Industriestaaten beigetreten ist. Dass die NAFTA Mexiko fast nur Vorteile beschert, ist unbestreitbar. Es muss sich den Regeln der Marktwirtschaft unterwerfen und wird somit wirtschaftlich berechenbar (vgl. Ammon 1998: 128), was Investoren und Anleger dazu bringt, Kapital nach Mexiko zu bringen, da die Risikoprämie dementsprechend geringer ist als noch in der prä-NAFTA-Ära. Durch die Teilhabe an der NAFTA sichert sich Mexiko den Zugang zum wirtschaftlich starken nordamerikanischen Markt, zu „know-how“ und Finanzmitteln (vgl. Stock 2000: 11). Mexikos Wirtschaft ist ebenso wie Kanada stark an die Konjunkturlage der USA gebunden. Nachdem sich die Weltwirtschaft 2004 erholen wird und die USA kräftige Zuwachsraten verbuchen, zieht nicht nur Kanadas, sondern auch Mexikos Konjunktur wieder an und Prognosen gehen für 2004 mit einem realen BIP-Wachstum von 2,8% aus, nachdem die Wirtschaft 2003 lediglich um 1,2% gewachsen ist (Vgl. iXPOS 2003b). Ein schwacher Peso und eine geringe Inflation werden somit für einen Exportüberhang in 2004 sorgen.

2.3. Aufgaben und Ziele der NAFTA und ihrer Mitglieder

Dass die NAFTA aus ökonomischen Gründen etabliert wurde, ist unbestreitbar. Allgemein gilt, dass sie zur Erfüllung dreier Hauptziele errichtet wurde. Zum einen soll das nordamerikanische Wirtschaftsgebiet ein Gegenstück zu den Wirtschaftsblöcken in Europa und Südostasien bilden, einen Ausbau der ökonomischen Liberalisierung und internationalen Arbeitsteilung innerhalb Nordamerikas fördern und dieser Liberalisierungsgrad durch einen völkerrechtlichen Vertrag zur Stabilisierung der nordamerikanischen Wirtschaft beitragen (vgl. Müller 1998: 12f).

In Artikel 102 (1) des 22 Kapitel umfassenden NAFTA-Vertragswerkes sind die Ziele der drei Mitgliedstaaten explizit erläutert und festgeschrieben. Sie bestehen darin, „Handelsschranken zu beseitigen, den grenzüberschreitenden Waren- und Dienstleistungsverkehr zu erleichtern, einen fairen Wettbewerb innerhalb der Freihandelszone zu fördern“ (Stock 2000: 14) als auch Investitionsmöglichkeiten zu erhöhen und geistiges Eigentum zu schützen. Der Umwelt räumen die Parteien übrigens laut Artikel 104 Vorrang vor dem Handel ein.

Von größter Wichtigkeit sind bezüglich jeglicher Freihandelsabkommen die Ursprungsregeln. Auch die NAFTA bedient sich solcher Ursprungsregeln , also der Tatsache, dass allein die Mitgliedstaaten von den Vorteilen des Freihandels profitieren. Ein Gut gilt dann als Ursprungsgut und darf frei unter den drei Mitgliedstaaten gehandelt werden, wenn es vollständig im NAFTA-Raum produziert wurde oder aber – bei nicht alleiniger Produktion im NAFTA-Raum – bei der Verarbeitung im NAFTA-Raum die Zollkategorie dadurch geändert wurde (vgl. Ammon 1998: 108).

Das Vertragswerk der NAFTA regelt somit „detailliert, wann welche Güter von welchen Ländern von welchen Handels- und Investitionshemmnissen befreit werden“ (Ammon 1998: 127). Dies beschert allen Mitgliedstaaten Handelsvorteile, wenngleich der größte Vorteil der NAFTA aber nicht darin liegt, wie bereits oben gezeigt wurde.

[...]

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
NAFTA und MERCOSUR im Kontext des außenpolitischen Paradigmenwechsels der USA und im Vergleich mit der Europäischen Union
Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg  (Politische Wissenschaft)
Veranstaltung
Amerikanische Außenpolitik zwischen Kontinuität und Wandel
Note
2
Autor
Jahr
2004
Seiten
22
Katalognummer
V23661
ISBN (eBook)
9783638267403
Dateigröße
571 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Behandelt werden die beiden wirtschaftlichen Integrationsräume NAFTA und MERCOSUR in Hinblick auf ihre Entstehung, ihre wirtschaftliche Situation und ihre strukturelle Organisation. Weiterhin werden beide Integrationsräume miteinander und auch mit der EU verglichen.
Schlagworte
NAFTA, MERCOSUR, Kontext, Paradigmenwechsels, Vergleich, Europäischen, Union, Amerikanische, Außenpolitik, Kontinuität, Wandel
Arbeit zitieren
Sebastian Grasser (Autor:in), 2004, NAFTA und MERCOSUR im Kontext des außenpolitischen Paradigmenwechsels der USA und im Vergleich mit der Europäischen Union, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/23661

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