Föderalismus in Deutschland - Entwicklung und Stellenwert


Trabajo Escrito, 2001

16 Páginas, Calificación: 1


Extracto


Gliederung:

1.1.1.) Föderalismus als theoretisches Prinzip
1.1.2.) Föderalismusmodelle
1.2.) Die historische Entwicklung des Föderalismus in Deutschland

2.1.1.) Föderalismus in der bundesdeutschen Praxis
2.1.2.) Die „Länderkammer“ Bundesrat
2.2.) Föderalismus und Gesetzgebung in der BRD
2.3.) Föderalismus und Finanzen in der BRD

3.) Vor- und Nachteile des föderalistischen Prinzips in der BRD

Literaturverzeichnis

1.1.1.) Föderalismus als theoretisches Prinzip

Geht man über die Bundesstaaten (USA, Deutschland) hinaus und rechnet ähnliche Staatsgebilde hinzu, könnte man über 70% der Staaten als föderalistisch (lateinisch foedus: Vertrag oder Bündnis) organisiert bezeichnen. Schon in den Bundesstaaten gibt es erhebliche Unterschiede: Niedersachsen ist etwas größer als die ganze Schweiz, aber selbst der kleinste Kanton der Schweiz hat mehr Spielraum für eigenständige Entwicklung als ein deutsches Bundesland. Andererseits haben die deutschen Länder mehr Einfluss auf Entscheidungen der BRD als Gliedstaaten in irgendeinem anderen Bundesstaat.

„ Unter Föderalismus versteht man ein Struktur- und Organisationsprinzip von politischen Systemen, in denen mehr oder weniger selbständige Glieder zu einemübergeordneten Ganzen zusammengeschlossen sind (1, S.71) “ . Mit der knappen Formel von der „ Vielfalt in der Ein- heit ( 3, S.14) “ lässt sich der dahinterstehende Grundgedanke erklären und verdeutlichen.

Die unterschiedlichen Erscheinungsformen föderativer Systeme lassen sich darauf zurückführen, dass in manchen die Vielfalt stärker betont wird, während andere der Einheit mehr Bedeutung beimessen. Im Prinzip kann man von einer gewissen Gleichartigkeit der Glieder ausgehen, ohne die keine Einheit dauerhaft bestehen könnte. Trotzdem gründet sich Föderalismus gerade auf den Besonderheiten der einzelnen Glieder, die eine Verschmel-zung zu einem Einheitsstaat verhindern.

Die Intention des Einheitsstaates besteht daraus, eine dominante Ordnung vorzugeben, während föderale Systeme sich kontinuierlich weiter entwickeln und in einem Spannungs- feld zweier unterschiedlicher Vorstellungen stehen: „ das zugrundeliegende bündische Prinzip beinhaltet einen permanenten Ballanceakt zwischen gewollter Homogenität und Heterogenität (1, S.72) “ .

Um diesen Prozess treffend zu umschreiben, benutzen KILPER/ LHOTTA drei Aspekte: „ Gleichgewicht, Dezentralisierung und Zentralisieru (1, S. 73) “, drei Begriffe, die eigentlich schon fast gegensätzlicher nicht mehr sein können. Doch sie umschreiben die bestehenden gewollten Spannungen in der politischen Willensbildung und damit ein Stück mehr Demo- kratie. Die politische Entscheidungsfindung scheint auf ihrem Weg in föderalen Systemen also eine Menge Hürden nehmen zu müssen. Damit dieses Spannungsfeld ausgeglichen werden kann, sind Politiker auf stetige Debatten und Diskussionen angewiesen.

„ Nach ELAZAR wurzeln föderative Prinzipien in der Idee, dass freie Menschen auf einer freien Willensentscheidung dauerhafte, aber gleichzeitig (sachlich) begrenzte politische Verbin dungen (Gemeinschaften) eingehen können, um gemeinsame Ziele zu verfolgen und dabei doch ihre spezifischen Eigenheiten zu bewahren (1, S.30) “.

Bei hartnäckigen Streit- und Konfliktfällen entscheiden bestimmte Schlichtungsinstanzen oder vermitteln zwischen den politischen Gremien. Beispielsweise kann der Vermittlungs- ausschuss bei intensiven Meinungsverschiedenheiten zwischen Bundestag und Bundesrat (meistens zudem von der jeweiligen Opposition dominiert) in der Diskussion für Annähe-rung sorgen. Inbesondere auch deswegen, weil er nach föderalem Prinzip aus Mitgliedern beider Körperschaften besteht. Grundsätzlich entscheidet das Bundesverfassungsgericht darüber, ob mehrheitlich getroffene politische Entscheidungen verfassungskonform sind oder Nachbesserungen bedürfen.

Daneben sind wesentliche Funktionen des Föderalismus außerdem „ Machtaufgliederung mittels vertikaler Gewaltenteilung und Minoritätensch (1, S.72) “ . Dieser Schutz bezieht sich nicht nur auf politische Instanzen, sondern vielmehr ein auf ein ganzes Netzwerk von Akteuren des politischen und öffentlichen Lebens, also neben Regierungen, Parlamenten und Gerichten auch Verbände und Parteien, die erheblich zur Meinungsbildung beitragen.

1.1.2.) Föderalismusmodelle

Nach der bayrischen Lande entrale für politische Bildungsarbeit (4, Kap. 3/1) gibt es für die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern prinzipiell unterschiedliche Grundmodelle:

a) dualer Föderalismus: es ist möglich, dass man die Zuständigkeitsbereiche von Bund und Ländern strikt trennt und jeweils seinen eigenen Verwaltungsapparat unterhält (z.B. USA)
b) Exekutivföderalismus: je mehr nationale und europäische Aufgaben von Bund und Ländern zu regeln sind, desto stärker ist die Zusammenarbeit von Bund und Ländern. Da die Rolle der Exekutive in der historischen Entwicklug der BRD stetig gestärkt wurde, werden auch die Mitwir- kungs-und Mitentscheidungsrechte bei Fragen der europäischen Politik durch den Bundesrat, also dem „Parlament“ der Länderexekutive, wahrgenommen.
c) kooperativer Föderalismus: wenn in entscheidenden Politikfeldern Bundes- und Länder- exekutive gemeinsam entscheiden müssen bzw. die Finanzierung oder Durchführung staatlicher Aufgaben meist nur durch eine Bund-Länder-Kooperation möglich ist (Politikverflechtung).
d) Wettbewerbsföderalismus: Er soll auf einer größeren Eigenständigkeit der Länder beruhen. Statt durch Absprachen sollen beste Lösungen für Probleme im Wettbewerb der Länder ge- funden werden. Die daraus resultierende größere Transparenz sowie das intensivere eigen- ständige politische Gestalten von Landesregierungen, ergäbe eine Stärkung der Landesebene.

Die Merkmale des modernen Föderalismus sind zum erstenmal 1787, nach der Unabhän- gigkeitserklärung, im Bundesstaat der USA verwirklicht und seitdem zu einem „ rechtspolit- ischen Exportschlager (Bothe 1988 in1, S.15) “ geworden. Die amerikanische Verfassung ent- schied sich damals für eine bundesstaatliche Organisationsform. Die Verantwortlichen gingen davon aus, dass „ bürgerliche Freiheit im Verbund mit Volkssouveränität, Parlament-arismus, Gewaltenteilung und Menschenrechten nur in human beherrschbaren kleinen Terri-torien gewährleistetet werden könne, diese aber gegenäußere Angriffe und innere Umstürze zu schwach zur Selbstbehauptung seien. Die Lösung liege in der wahren Bundesrepublik als einer Gesellscha von Gesellschaften, die sich durch den Anschluss weiterer Mitglieder vergrößern kann, bis ihre Macht für die Sicherheit aller Bundesgenossen ausreicht (2, S. 14) “.

Weiterhin existieren föderale Systeme wie internationale Organisationen (NATO), supranationale Staatengemeinschaften oder Konföderationen, die dem Bundesstaat am nächsten kommen, weil sie „ ein völkerrechtlicher Zusammenschlußvon Staate ind, „ bei dem die Einzelstaaten ihre Unabhängigkeit behalten (2, S. 17) “.

Ähnlich wie der amerikanische, der ja auf gleichen Vorstellungen beruht, ist der deutsche Bundesstaat aufgebaut. Im bundesstaatlichen Prinzip behalten die Gliedstaaten zwar ihre individuelle Eigenart, jedoch nur eine teilweise Selbständigkeit gegenüber dem Gesamt-staat, bei dem auch die völkerrechtliche Souveränität liegt. Die Gliedstaaten haben kein Austrittsrecht aus dem Gesamtstaat (Seperatismus). Sie besitzen eigene Aufgabenbereiche, utz die sie in Eigenverantwortung regeln (Länder mit Staatsqualität). Zur Finanzierung dieser Aufgaben können sie die Möglichkeit erhalten, Steuern zu erheben.

Der deutsche Föderalismus ist charakteristischerweise vom Unitarismus (lateinisch: unitas - Einheit) geprägt, d.h. der Bund wird zu Lasten der Gliedstaaten gestärkt (besonders im Bereich der Gesetzgebung). Aus diesem Grund gibt es zum Beispiel eine nordrhein-west-fälische Stadtentwicklungspolitik., eine schleswig-holsteinische Umweltpolitik oder eine bayrische Schulpolitik -- aber eine Außenpolitik oder eine Verteidigungspolitik nicht. Diese Ministerien übernimmt, als staatlich übergeordnete Instanz, der Bund.

Ein gegensätzliches System verfolgt der französische Einheitsstaat: „ Die einzelnen Unter gliederungen sind keine Gliedstaaten, sondern reine Verwaltungsstellen (2, S. 17) “ .

1.2.) Die historische Entwicklung des Föderalismus in Deut schland

Am 8. Mai 1945 hört mit der bedingungslosen Kapitulation Nazideutschlands de facto ein deutscher Staat auf zu existieren. Bei den schon bald einsetzenden Weichenstellungen für ein zukünftiges Deutschland kn pfen vor allem die Amerikaner an jene Ländertradition an, die bis ins Mittelalter zurückreicht.

Schon durch den Investiturstreit im 12./13. Jhd. (Kampf zwischen Kaiser und Papst um die Einsetzung von Bischhöfen/ Äbten), als auch im „ Interregnum “, der kaiserlosen Zeit von 1250-1273, schwindet die Königsmacht fast gänzlich. Die Wahl des weitgehend unbedeutenden Rudolf von Habsburg 1273 zeigt, dass die Fürsten eine starke Königsherrschaft nicht mehr zulassen wollen. Anfänge eines Territorialstaats entwickeln sich.

Die Goldene Bull, Karls des IV. 1356, definierte schließlich fast königsgleiche Rechte für die sieben Kur (Wahl-)fürsten, die auch für die Ernennung des Königs sorgen sollten. 1495 setzten die Reichsstände im ewigen Landfrieden zu Worms gegen Kaiser Maximilian I. sogar eine reichsweite, vom Kaiser unabhängige, Rechtssprechung durch. Unter Karl V. (1519-1556) galt bereits die Verpflichtung, als Kaiser die Goldene Bulle, den ewigen Landfrieden und den Augsburger Religionsfrieden von 1555 (,cuius regio, eius religio' r , egionale Religionszugehörigkeit) zu beschwören.

Der westfälische Friede 1648 gewährte den Reichsständen zusätzlich das Bündnissrecht und den Territorialfürsten die Landeshoheit. Damit war das heilige römische Reich deutscher Nation endgültig nun auch verfassungsrechtlich ein Staatenbund geworden. Auf dem immer- währenden Reichstag (1663-1806) kontrollierten die Reichstände die Politik des Reichsober- haupts. Ammon/ Hartmeier sahen darin die Misere: „ So hat die große Anzahl unterschiedlicher Territorien und die Verschiedenheit der inneren Strukturen die Funkttionsfähigkeit beeinträch-tigt, ja gar die Reformunfähigkeit und die gänzliche Schwächung des Reichsgebildes herbe (6, S. 15) “ .

Mit dem Aufstieg Napoleons und der Gründung des Rheinbundes 1806 erfährt das „Reich“ sein Ende. Mediatisierung (Herrschaftsübernahme von Reichsterritorien durch Landesfürsten) und Säkularisierung (Herrschaftsübernahme geistlicher Territorien durch weltliche Fürsten) lassen vor allem die kleinen Territorien verschwinden. Einige Fürsten erhalten Rangerhöhungen ohne kaiserliche Zustimmung.

Als sich 1814/ 15 die Sieger über Napoleon auf dem Wiener Kongress einer neuen Friedens- ordnung zuwenden, wird der Gedanke eines deutschen Nationalstaats verworfen. Geschaf- fen wird der Deutsche Bund mit 38 souveränen deutschen Staaten, die nur lose zusammen- geschlossen waren. Das einzige Organ war der Bundestag in Frankfurt, ein Gesandtenkon- gress. „ Zu irgendeiner Maßnahme von schöpferischer Bedeutung hat er sich nicht aufraffen können. (...) Die Deutschen (...) mussten es ertragen, dass es ein ungleiches Straf- und Zivilrech gab, dass die Münzen von Grenzpfahl zu Grenzpfahl wechselten ( 5, S. 148) “.

Im Zuge der Paulskirchenrevolution 1848/ 49 versuchte man einen Bundesstaat mit einem vom Monarchen gebildeten Oberhaupt zu erschaffen. Den Gliedstaaten sollte „ die Ausfüh rung der Bundesgesetze (und natürlich ihrer eigenen Gesetze)überlassen bleiben (1, S. 46)“. Doch soweit kam es nicht. Die Revolution scheiterte.

Nach dem deutsch-französischen Krieg trat 1871 die von Otto von Bismarck, dem deutschen Reichskanzler, ausgearbeitete Verfassung des ersten deutsche Reichs in Kraft. 25 Einzel-staaten zierten die deutsche Landkarte. Die süddeutschen Staaten wie Bayern konnten sich bestimmte Reservatrechte (eigene Post und Bahn z.B.) sichern. Bismarck bestimmte mit dem Bundesrat (in ihm saßen Bevollmächtigte der Mitgliedstaaten) die Reichspolitik. Den Vor-sitz im Bundesrat hatte der Reichskanzler inne, er wurde vom Kaiser ernannt. Ein demokratisch funktionierendes Parlament wurde dadurch blockiert, dass dem Reichstag der vom Kanzler und damit der Regierung dominierte Bundesrat gegenüberstand. Finanziell ge-sehen war das Reich von den Ländern abhängig. Die Stellung des Reichtags blieb in der Praxis schwach.

„ Die Dominanz Preußens, die Reservatrechte einiger süddeutscher Staaten, die Heterogenität der Gliedstaaten und das in seiner Macht deutlich beschränkte Parlament verhinderten, dass sich funktionierende bundesstaatliche Arbeitsmuster herausbilden konnten (6, S. 61) “.

Nach dem ersten Weltkrieg entstand 1919 die Weimarer Republik, deren Verfassung die Nationalversammlung beschlossen hatte. Die Bedeutung des sogenannten Reichsrats wurde im Vergleich zum vorherigen Bundesrat eingeschränkt. Die Länder verfügten durch ihren Reichsrat gegenüber dem starken Reichstag nur noch über ein Vetorecht in der Gesetzgebung. Daneben enthielt die Verfassung eine zentralistische Tendenz mit einem außer- ordentlich starken Reichspräsidenten.

Eine „Länderkonferenz“ der Reichsregierung und der Ministerpräsidenten tagte 1928-30 er- folglos. Die Regierung v. Papen führte dann den endgültigen Bruch herbei: am 20.7.1932 setzte sie durch einen Staatsstreich die preußische Regierung ab und leitete eine neue Ära deutscher Geschichte ein. Am 30.01.1933 fand Adolf Hitlers Machtübernahme statt. Sofort versuchte er Deutschland auch auf Länderebene „gleichzuschalten“. Sogenanne Gau- leiter, also Reichsstatthalter, wurden als direkte Kontrollinstanzen des Reichs „installiert“. Die Länder wurden reine Verwaltungsorgane. Am 14.02.1934 wurde mit der Auflösung des Reichsrats der föderale Aufbau komplett in einen zentralistischen umgewandelt:

„ Die Landesregierungen wurden der Reichsregierung unterstellt, die Länderparlamente wurden aufgelöst, die Reichsstatthalter wurden der Dienstaufsicht des Reichsinnenminsters unters (ellt (...) 5, S. 151) “ . Der NS-Staat begann sich zu entfalten und fand nach dem 2. Weltkrieg mit der Kapitulation und dem Beginn einer föderalen Neuordnung sein Ende.

Im neuen Zeitabschnitt der Föderalismusgeschichte kontrollierten die alliierten Besatzungs- mächte den Aufbau der Verfassung in Westdeutschland. Die Frankfurter Dokumente am 1.07.1948 stellten schließlich endgültig den Wendepunkt zu einem föderalen System dar:

„Der britische Außenminister Ernest Bevin erklärte im Oktober 1946, dass die deutsche Verfas sung sich weder an dem Extrem eines losen Staatenbundes autonomer Staaten noch am andere Extrem eines zentralisierten Einheitsstaates orientieren sollte ( 3, S. 72)“.

[...]

Final del extracto de 16 páginas

Detalles

Título
Föderalismus in Deutschland - Entwicklung und Stellenwert
Universidad
Justus-Liebig-University Giessen  (Institut für Politikwissenschaft)
Curso
Politisch-Soziales System der BRD, SS 2001
Calificación
1
Autor
Año
2001
Páginas
16
No. de catálogo
V2369
ISBN (Ebook)
9783638114462
Tamaño de fichero
489 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Föderalismus, Deutschland, Entwicklung, Stellenwert, Politisch-Soziales, System
Citar trabajo
Jochen Becker (Autor), 2001, Föderalismus in Deutschland - Entwicklung und Stellenwert, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/2369

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