Wolfram von Eschenbach war einer der grössten Dichter seiner Zeit. Nur wenige
ernteten soviel Anerkennung wie er. Seine Literatur fand ein grosses Publikum.
Folglich war auch der Einfluss seiner Dichtungen und deren progressive, oft auch
didaktischen Ansätze ausserordentlich für die Literatur und (zumindest die
rezeptive) Gesellschaft jener und der nachfolgenden Zeit. Zu verschiedenen Themen
- höfische Liebe, Ehe und Rittertum - vertrat er in seinen Dichtungen kritische
Ansichten, welche der historischen Realität des Mittelalters weit voraus waren.
So waren Eheschliessungen in der höfischen Welt jener Zeit oft ein Mittel zur
Erreichung eines politischen Zwecks. Dass dabei die „waren minn“ und das daraus
folgende Recht der freien Partnerwahl meistens unterdrückt wurde, lässt Wolframs
Kritik der vorherrschenden Ehepraxis progressiv und berechtigt erscheinen. Seine
literarische Darstellung dieser Problematik ebnet den Weg für einen emanzipierten
Umgang mit der Ehe, auch wenn sich der adelige Hof dieser Tendenz noch
weitgehend verschloss. So fordert Wolfram in seinem Artusroman anhand offener,
manchmal auch in Ironie versteckter Kritik einen Umbruch im Denken: Er intendiert
im „Parzival“ zu einer höfischen Eheauffassung, die sich in ihrem Selbstzweck, der
religiösen Beschliessung von Liebe, manifestiert.
In der folgenden textorientierten Analyse der Ehethematik im „Parzival“ befasse ich
mich mit dem Wesen der Ehe und deren Funktionalität im Text. Dabei werde ich
den Fokus auf das Verhältnis der topoi „minne“, „triuwe“ und Religion zur Praxis der
Eheschliessungen richten.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Ehe im Parzival
- Eheverhältnis versus Minnedienst
- Neigungsehe und freie Gattenwahl
- Herrschaftsübernahme als Ausdruck der Rechtsordnung
- Ehe als „wâren minn mit triuwen”
- Minne und Ehe
- Treue und Ehe
- Religiöse Legitimation der Ehe
- Sigunes Ehe als religiöse Verdienstlichkeit
- Schlussbemerkungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Konzept der Neigungsehe in Wolfram von Eschenbachs „Parzival“. Die Analyse untersucht die Darstellung der Ehe im Roman und beleuchtet, wie sich das Verhältnis von „minne“, „triuwe“ und Religion auf die Praxis der Eheschliessungen auswirkt.
- Kritik an der höfischen Ehepraxis im Mittelalter
- Das Konzept der Neigungsehe in „Parzival“
- Die Bedeutung von Liebe und Treue in der Ehe
- Die religiöse Legitimation der Ehe
- Die Rolle der Ehe in der höfischen Gesellschaft
Zusammenfassung der Kapitel
Die Ehe im Parzival
Dieses Kapitel analysiert die Kritik Wolframs von Eschenbach an der höfischen Ehepraxis seiner Zeit, die oft von politischen und dynastischen Erwägungen bestimmt war. Es wird argumentiert, dass Wolfram in „Parzival“ ein Konzept der Neigungsehe vorstellt, das auf Liebe und freier Gattenwahl basiert.
Ehe als „wâren minn mit triuwen”
Dieser Abschnitt beleuchtet die enge Verbindung von „minne“ und „triuwe“ in der Ehe, wie sie in Wolframs Werk dargestellt wird. Die Rolle der Treue in der Ehe wird mit dem Motiv der Trauer um den Verlust des Geliebten oder Ehepartners verbunden. Die eheliche Liebe wird als Ausdruck der „wâren minn“ betrachtet.
Religiöse Legitimation der Ehe
Dieses Kapitel untersucht, wie die Ehe in „Parzival“ auch eine religiöse Dimension erhält. Das Beispiel von Sigunes Ehe wird als Ausdruck religiöser Verdienstlichkeit dargestellt.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter und Themen des Textes sind: Neigungsehe, „minne“, „triuwe“, Ehepraxis im Mittelalter, höfische Gesellschaft, „Parzival“, Wolfram von Eschenbach, religiöse Legitimation der Ehe, Liebe, Treue, Trauer.
- Quote paper
- Markus Züger (Author), 2000, Ehe als 'wâren minn mit triuwen' - Das Modell der Neigungsehe in Wolfram von Eschenbachs Parzival, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/23940