[...] Hier führte das Beihilferecht nicht wie in anderen
Fällen lediglich zur Restrukturierung oder Abwicklung eines einzelnen Unternehmens.
Das Beihilferecht wurde vielmehr als Instrument zur Umwälzung
und Neuordnung des gesamten öffentlichen Bankensektors in Deutschland genutzt.
Mit Folgen, die im einzelnen noch gar nicht absehbar sind. Hintergrund ist, dass mit Anstaltslast und Gewährträgerhaftung (siehe hierzu
Anhang I) ein zentraler Baustein des öffentlichen Bankensystems betroffen ist,
dessen Entfernung eine Überarbeitung der Rechtsgrundlagen für das öffentliche
Bankwesen erfordert. Gegenstand des nun abgeschlossenen Verfahrens ist
nicht ein offensichtlicher Rechtsverstoß, sondern eine höchst komplexe öffentlich-
rechtliche Rechtslage, deren beihilferechtliche Bewertung noch immer
äußerst umstritten ist. Trotz dieser ungeklärten Rechtslage und der weit reichenden
Konsequenzen einer Umsetzung der Vorstellungen der Europäischen
Kommission ist nicht einmal der Abschluss des Verfahrens abgewartet worden.
Kaum dass die Kommission das förmliche Prüfungsverfahren eingeleitet hatte,
haben sich am 17. Juli 2001 die Deutsche Bundesregierung und die Europäische
Kommission im Grundsatz auf eine Reform der Haftungsgrundlagen der
Sparkassen und Landesbanken verständigt.
Nach Abschaffung der Haftungsmechanismen der öffentlichen Hand ab dem
19. Juli 2005 wird die Zukunft der dazugehörigen Kreditinstitute von einer
erfolgreichen Neuordnung abhängen. Insbesondere die Landesbanken werden
sich gezwungen sehen, ihre Strategien zu überdenken und sich auf einen verstärkten
Wettbewerb nach Ablauf der Übergangszeit einzustellen. In der vorliegenden Arbeit analysiere ich die Handlungsoptionen der öffentlich-
rechtlichen Banken nach Aufhebung von Gewährträgerhaftung und Anstaltslast
und gebe einen Ausblick auf die hieraus resultierenden Chancen und
Risiken. Ausgehen möchte ich zunächst von den Rahmenvorgaben für eine
Neugestaltung der Beziehung der Gebietskörperschaften zu den Landesbanken
und Sparkassen, die in den Verständigungen getroffen wurden. Um diesen
Eckpunkten gerecht zu werden, stehen derzeit unterschiedliche Modelle zur
Diskussion. Auch wenn es zu diesem Zeitpunkt schwierig ist, ihre wahrscheinliche
Erfolgsquote festzulegen, erscheinen allerdings einige Modelle vielversprechender
als andere. Bei der Vorstellung der einzelnen Modelle bewege ich
mich von den unmittelbar notwendigen Handlungen zu den weiter in der Zukunft
liegenden Optionen.
Inhaltsverzeichnis
- Weg zur Neuordnung des öffentlichen Bankensektors
- Inhalt und Auswirkungen der Verständigung
- Verständigung über Sparkassen und Landesbanken
- Verständigung über Ausrichtung der Förderinstitute
- Urteil der Rating-Agenturen
- Handlungsoptionen öffentlich-rechtlicher Kreditinstitute
- Aufstockung der Sicherungsfonds
- Eigenkapitalverbessernde Maßnahmen
- Eigenkapitalerhöhungen
- Eigenkapitalfreisetzungen
- Gegenwärtiger Lösungsansatz der Länder
- Kompensationslösung
- Aufspaltungslösung
- Kooperationen und Joint Ventures
- Konsolidierungsoptionen
- Horizontale Integration
- Vertikale Integration
- Fusionen mit privaten Banken
- Formelle und materielle Privatisierung
- Schlussbetrachtung und Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Handlungsoptionen öffentlich-rechtlicher Kreditinstitute nach der Aufhebung von Gewährträgerhaftung und Anstaltslast. Sie analysiert die Auswirkungen der Verständigung mit der EU-Kommission und bewertet verschiedene Strategien zur Stärkung der Kapitalbasis und zur Anpassung an den veränderten Wettbewerbsumfeld.
- Auswirkungen der Aufhebung von Gewährträgerhaftung und Anstaltslast
- Bewertung verschiedener Strategien zur Kapitalstärkung
- Analyse von Konsolidierungsoptionen (Fusionen, Kooperationen)
- Untersuchung der Möglichkeiten der Privatisierung
- Bewertung des gegenwärtigen Lösungsansatzes der Länder
Zusammenfassung der Kapitel
Weg zur Neuordnung des öffentlichen Bankensektors: Dieses Kapitel beschreibt den historischen Weg zur Neuordnung des öffentlichen Bankensektors in Deutschland, die Notwendigkeit der Veränderungen aufgrund der EU-Vorgaben und die damit verbundenen Herausforderungen für die betroffenen Institute. Es legt den Grundstein für die Analyse der Handlungsoptionen in den folgenden Kapiteln.
Inhalt und Auswirkungen der Verständigung: Dieses Kapitel analysiert im Detail die Verständigung zwischen den deutschen Behörden und der EU-Kommission bezüglich der Sparkassen und Landesbanken sowie der Förderinstitute. Es beleuchtet die konkreten Auflagen und die Auswirkungen auf die Kreditinstitute, einschließlich der Einschätzung der Rating-Agenturen und deren Konsequenzen für die Finanzmärkte. Die Analyse liefert ein klares Bild der Ausgangssituation und der bestehenden Probleme.
Handlungsoptionen öffentlich-rechtlicher Kreditinstitute: Dieses umfangreiche Kapitel präsentiert eine umfassende Übersicht über die verschiedenen Handlungsoptionen, die den öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten zur Verfügung stehen, um die Folgen der veränderten Rahmenbedingungen zu bewältigen. Es werden detailliert Maßnahmen zur Aufstockung der Sicherungsfonds, eigenkapitalverbessernde Maßnahmen (Eigenkapitalerhöhungen und -freisetzungen), der gegenwärtige Lösungsansatz der Länder sowie Kompensations- und Aufspaltungslösungen diskutiert. Zusätzlich werden Kooperationen, Joint Ventures und verschiedene Konsolidierungsoptionen (horizontale und vertikale Integration, Fusionen mit privaten Banken) analysiert. Schließlich wird auch die formelle und materielle Privatisierung als mögliche Option beleuchtet. Der Fokus liegt dabei auf den Vor- und Nachteilen jeder einzelnen Maßnahme und deren Auswirkungen auf die finanzielle Stabilität und die zukünftige Ausrichtung der Institute.
Schlüsselwörter
Öffentlich-rechtliche Kreditinstitute, Gewährträgerhaftung, Anstaltslast, EU-Kommission, Sparkassen, Landesbanken, Förderinstitute, Eigenkapital, Konsolidierung, Privatisierung, Fusionen, Kooperationen, Rating-Agenturen, Finanzstabilität.
FAQ: Handlungsoptionen öffentlich-rechtlicher Kreditinstitute nach Aufhebung der Gewährträgerhaftung und Anstaltslast
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht die Handlungsoptionen öffentlich-rechtlicher Kreditinstitute (wie Sparkassen und Landesbanken) nach der Aufhebung der Gewährträgerhaftung und Anstaltslast. Sie analysiert die Auswirkungen der Verständigung mit der EU-Kommission und bewertet verschiedene Strategien zur Stärkung der Kapitalbasis und zur Anpassung an den veränderten Wettbewerb.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit deckt ein breites Spektrum an Themen ab, darunter die Auswirkungen der Aufhebung der Gewährträgerhaftung und Anstaltslast, die Bewertung verschiedener Strategien zur Kapitalstärkung (Eigenkapitalerhöhungen, -freisetzungen), die Analyse von Konsolidierungsoptionen (Fusionen, Kooperationen), die Untersuchung der Möglichkeiten der Privatisierung und die Bewertung des gegenwärtigen Lösungsansatzes der Länder.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in Kapitel, die den Weg zur Neuordnung des öffentlichen Bankensektors, den Inhalt und die Auswirkungen der Verständigung mit der EU-Kommission, die Handlungsoptionen öffentlich-rechtlicher Kreditinstitute (einschließlich Maßnahmen zur Kapitalstärkung, Konsolidierung und Privatisierung) und eine Schlussbetrachtung behandeln. Ein Inhaltsverzeichnis bietet eine detaillierte Übersicht.
Welche Handlungsoptionen für öffentlich-rechtliche Kreditinstitute werden diskutiert?
Die Arbeit diskutiert eine Vielzahl von Handlungsoptionen, darunter die Aufstockung der Sicherungsfonds, eigenkapitalverbessernde Maßnahmen (Eigenkapitalerhöhungen und -freisetzungen), den gegenwärtigen Lösungsansatz der Länder, Kompensations- und Aufspaltungslösungen, Kooperationen, Joint Ventures, horizontale und vertikale Integration, Fusionen mit privaten Banken und formelle sowie materielle Privatisierung. Die Vor- und Nachteile jeder Option werden analysiert.
Welche Rolle spielt die EU-Kommission?
Die EU-Kommission spielt eine zentrale Rolle, da die Aufhebung der Gewährträgerhaftung und Anstaltslast auf EU-Vorgaben zurückzuführen ist. Die Verständigung zwischen den deutschen Behörden und der EU-Kommission wird detailliert analysiert, ebenso wie deren Auswirkungen auf die Kreditinstitute.
Welche Bedeutung haben Rating-Agenturen?
Die Einschätzung der Rating-Agenturen und deren Konsequenzen für die Finanzmärkte werden als wichtiger Aspekt der Auswirkungen der Verständigung mit der EU-Kommission betrachtet.
Was ist das Fazit der Arbeit?
Das Fazit fasst die wichtigsten Ergebnisse der Analyse der Handlungsoptionen zusammen und bietet eine Bewertung der verschiedenen Strategien zur Stärkung der öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt?
Schlüsselwörter sind: öffentlich-rechtliche Kreditinstitute, Gewährträgerhaftung, Anstaltslast, EU-Kommission, Sparkassen, Landesbanken, Förderinstitute, Eigenkapital, Konsolidierung, Privatisierung, Fusionen, Kooperationen, Rating-Agenturen, Finanzstabilität.
- Arbeit zitieren
- Joachim Mathe (Autor:in), 2002, Handlungsoptionen öffentlich-rechtlicher Kreditinstitute nach Aufhebung von Gewährträgerhaftung und Anstaltslast, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/23975