Irland ist populär geworden. Wie in kein anderes Land hat Irland in den letzten Jahren einen
immensen Anstieg an kultureller Bedeutung in Europa und besonders in Deutschland zu
verbuchen. Reisebüros bieten eine deutlich gesteigerte Anzahl an Individual- und
Pauschalreisen in das Westlichste der Länder der EU. an. Irische Musik erobert sich mit Stars
wie „Enya“, „Sinhead O´Connor“ oder „The Corrs“ die vordersten Plätze in der
Popmusikbranche. Traditionelle irische Volksmusik wird durch Tapdanceshows wie Lord of
the Dance oder Riverdance an ein Millionenpublikum verkauft.
Im Gefolge von New-Age-Strömungen und Mittelalter-Boom lässt sich aber auch ein stark
gesteigertes Interesse an altem keltischen Gedankengut feststellen. In den Buchhandlungen
stapeln sich Reiseführer und Bildbände über die grüne Insel, aber auch populärwissenschaftliche
Werke über Druiden, gaelische (meist irische und schottische) Lyrik und
keltische Kultur.
Kurz gesagt: Irland ist „in“; und auch wenn viele der momentanen Strömungen
wissenschaftlich oder kulturell bedenklich sind, oder der Geldmacherei dienen1, legitimiert
die gesteigerte Aufmerksamkeit, welche der irischen Kultur entgegengebracht wird, auf jeden
Fall die Behandlung des Stoffgebiets in einem Seminar über Europäische Märchen. Zudem ist
Irland das Land mit der größten Stoffülle an Märchen und sagenha ften Erzählungen in ganz
Europa was eine Beschäftigung mit den Märchen dieser Region somit unumgänglich macht. 2
Aufgrund der daraus resultierenden umfangreichen Thematik und der beschränkten Kapazität
dieser Arbeit, möchte ich mich hier darauf beschränken einen kleinen Überblick über die
irische Märchenlandschaft und einen Einblick in die neuere Märchenforschung zu geben.
So beschäftigt sich die Arbeit im ersten Teil mit den Definitionen von Märchen, Sage und
Legende und deren Anwendbarkeit auf irische Erzählstoffe, da die Abgrenzung dieser
Termini gerade bei den Erzählungen keltischen Ursprungs sehr schwer ist
Der zweite Teil der Arbeit versucht die wichtige kulturelle Bedeutung der Märchen für die
irische Bevölkerung und das irische Selbstverständnis anhand Irlands wechselvoller
Geschichte herauszuarbeiten. Insbesondere soll das Wiedererstarken der irischen Identität
aufgrund der Märchensammelleidenschaft während des „Irish Revival“ untersucht werden. [...]
1 Zum Beispiel die weit verbreitete unreflektierte Gleichsetzung von Keltisch und Irisch.
2 Vergl. Hetmann, Frederik, Irische Märchen , Frankfurt am Main, 1971, S.7.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Die Begriffe Sage, Märchen, Legende und ihre Bedeutung für das irische Märchen
2. Die Kulturelle Bedeutung des Märchens für Irland
2.1 Irland und seine Märchen
2.2 Das „Irish Revival“
3. Die Irischen Märchentypen
3.1 Die Heldengeschichten
3.2 Die Seanchas- Geschichten über die Anderswelt
3.3. Historische Märchen
4. Fazit
5. Literatur
Einleitung
Irland ist populär geworden. Wie in kein anderes Land hat Irland in den letzten Jahren einen immensen Anstieg an kultureller Bedeutung in Europa und besonders in Deutschland zu verbuchen. Reisebüros bieten eine deutlich gesteigerte Anzahl an Individual- und Pauschalreisen in das Westlichste der Länder der EU. an. Irische Musik erobert sich mit Stars wie „Enya“, „Sinhead O´Connor“ oder „The Corrs“ die vordersten Plätze in der Popmusikbranche. Traditionelle irische Volksmusik wird durch Tapdanceshows wie Lord of the Dance oder Riverdance an ein Millionenpublikum verkauft.
Im Gefolge von New-Age-Strömungen und Mittelalter-Boom lässt sich aber auch ein stark gesteigertes Interesse an altem keltischen Gedankengut feststellen. In den Buchhandlungen stapeln sich Reiseführer und Bildbände über die grüne Insel, aber auch populär-wissenschaftliche Werke über Druiden, gaelische (meist irische und schottische) Lyrik und keltische Kultur.
Kurz gesagt: Irland ist „in“; und auch wenn viele der momentanen Strömungen wissenschaftlich oder kulturell bedenklich sind, oder der Geldmacherei dienen[1], legitimiert die gesteigerte Aufmerksamkeit, welche der irischen Kultur entgegengebracht wird, auf jeden Fall die Behandlung des Stoffgebiets in einem Seminar über Europäische Märchen. Zudem ist Irland das Land mit der größten Stoffülle an Märchen und sagenhaften Erzählungen in ganz Europa was eine Beschäftigung mit den Märchen dieser Region somit unumgänglich macht.[2]
Aufgrund der daraus resultierenden umfangreichen Thematik und der beschränkten Kapazität dieser Arbeit, möchte ich mich hier darauf beschränken einen kleinen Überblick über die irische Märchenlandschaft und einen Einblick in die neuere Märchenforschung zu geben.
So beschäftigt sich die Arbeit im ersten Teil mit den Definitionen von Märchen, Sage und Legende und deren Anwendbarkeit auf irische Erzählstoffe, da die Abgrenzung dieser Termini gerade bei den Erzählungen keltischen Ursprungs sehr schwer ist
Der zweite Teil der Arbeit versucht die wichtige kulturelle Bedeutung der Märchen für die irische Bevölkerung und das irische Selbstverständnis anhand Irlands wechselvoller Geschichte herauszuarbeiten. Insbesondere soll das Wiedererstarken der irischen Identität aufgrund der Märchensammelleidenschaft während des „Irish Revival“ untersucht werden.
Teil Drei beschäftigt sich konkret mit den verschiedenen Märchentypen Irlands und gibt einen Überblick über die wichtigsten Helden, Gestalten, und Themen irischer Märchen. Wichtige gaelische Wörter sind zum besseren Verständnis in Lautschrift noch einmal angegeben.
Im Fazit soll ein kurzes Resümee über die Arbeit geben und Überlegungen zur Einbettung irischer Märchen in den Unterricht der Grundschule anregen.
Wichtige Nachschlagewerke für das Entstehen dieser Arbeit waren die Enzyclopädie des Märchens[3], die „encyclopaedia of irish folk tradidtion“[4]:sowie der Literatur-Brockhaus[5], in welchen in kurzer und knapper Form und relativ aktuell das wichtigste zu den Definitionen von Märchen, Sage und Legende, sowie irischen Spezialtermini verzeichnet sind. Ebenso unentbehrlich für eine Arbeit zu diesem Thema sind die Sammlungen von Frederik Hetmann „Irischen Märchen“ und die „ Reise in die Anderswelt“[6][7], beide liefern gute Hintergrundinformationen sowie eine Auswahl wichtiger irischer Märchen und Sagen. Angaben zum neuesten Forschungsstand über irische Märchen sind dem Aufsatz von Juliette Wood in Diether Röths Handbuch zu Märchenforschung in Europa[8] entnommen. Weiterführende Gedanken gehen auf die Diplomarbeit von Stephan Stockhausen zurück, der sich in einem Exkurs mit der irischen Sagenwelt beschäftigt hat.[9]
Als Quelle wurde Thomas Crofton Crokers „Irische Elfenmärchen“ von 1825 in der Übersetzung der Gebrüder Grimm verwendet.[10]
1. Die Begriffe Sage, Märchen, Legende und ihre Bedeutung für das irische Märchen
Der Begriff „Märchen“ ist im Deutschen genauer definiert als in den meisten anderen Sprachen, sowohl in Abgrenzung auf allgemeinere Erzählungen, als auch gegen benachbarte Erzählstoffe wie Fabeln, Sagen, Legenden oder dem Schwank.[11] So versteht man in Deutschland seit den Gebrüdern Grimm unter einem Märchen eine phantasievoll ausgeschmückte Erzählung bei der die Naturgesetze aufgehoben sind und Wunder möglich sind. Die Helden haben keine ausgearbeiteten charakterlichen Merkmale, erleben wunderbare Erlebnisse und kommen durch zaubermächtigen Helfer (oft auch sprechende Tiere) an das gewünschte Ziel.[12] Aus dieser - für sehr viele Erzählstoffe zutreffenden - Definition haben sich mit der Zeit verschiedene Untergattungen des Märchens entwickelt, welche die Bedeutung des Begriffs „Märchens“ noch stärker eingrenzen. Hier seien die wichtigsten Vertreter genannt: Das Zaubermärchen, das Tiermärchen, das Kunstmärchen und das Volksmärchen. Die Gattungsformen der verschiedenen Untergruppen vermischen sich jedoch schon beim Märchen sehr stark.
Auch der Begriff Sage wurde im wesentlichen von den Gebrüdern Grimm eingegrenzt, so ist nach deren Definition eine Sage: „eine mündliche Erzählung deren Realitätsanspruch über dem des Märchens liegt (...) sowie im Unterschied zum Märchen eine strenge Scheidung der jenseitigen und der dieseitigen Welt“[13] Auch bei der Sage bildeten sich verschiedene Untergruppen wie zum Beispiel die Toten-, oder Hexensagen heraus. Eine weitere wichtige Untergruppierung der Sage ist die Historische Sage ,welcher eine historische Persönlichkeit oder ein historisches Ereignis zu Grunde liegt.[14]
Die Legende ist die „Erzählung der Lebensgeschichte eines Heiligen oder exemplarische Geschehnisse daraus.“[15] Legenden wurden in den mittelalterlichen Klöstern zur Erbauung der Mönche und Nonnen vorgelesen. „Im Unterschied zum Märchen spielen in Legenden die transzendenten Mächte eine geringere Rolle als die belehrende Exzemplifizierung der Tugenden des Heiligen.[16] “ So ist in Legenden der Charakter des „Helden“ mehr ausgebaut als im Märchen und eine Legende soll immer der Demonstration von gottgefälligem Leben dienen.
[...]
[1] Zum Beispiel die weit verbreitete unreflektierte Gleichsetzung von Keltisch und Irisch.
[2] Vergl. Hetmann, Frederik, Irische Märchen , Frankfurt am Main, 1971, S.7.
[3] Brednich, Rolf Wilhelm (Hrsg), Enzyklopädie des Märchens , Handwörterbuch zur historischen und vergleichenden Erzählforschung., Berlin, 1979 –2002,
[4] Ò hÒgáin, Dáithí:Myth, legend and romance, an encyclopaediaof irish folk tradidtion, NewYork, 1991
[5] Habicht Werner (Hrsg.), Der Literatur Brockhaus,( Band 2-3), Mannheim, 1988
[6] Hetmann, Frederik, Irische Märchen,
[7] Hetmann, Frederik, Die Reise in die Anderswelt, Köln, 1983, (2. Aufl.)
[8] Wood, Juliane, Volksmärchen und Volksmärchenforschung in Großbritannien und Irland, in: Dieter Röth/ Walter Kahn (Hrsg), Märchen und Märchenforschng in Europ-ein Handbuch-, Frankfurt a. M., 1993, S. 106 – 129.
[9] Stockhausen, Stephan: Man sieht nur mit dem Herzen gut, Von der Entwicklung des kindlichen Todeskonzeptes unter besonderer Berücksichtigung des Einflusses von Kinderliteratur (), http://www.stockhausenonline.de/
[10] Croker, Thomas Crofton, Irische Elfenmärchen - Übersetzt von den Gebrüdern Grimm, Berlin, 1985
[11] Vergl.: Enzyklopädie des Märchens, (Band 5) S.252.
[12] Vergl.: Der Literatur Brockhaus,( Band 2), S.560.
[13] Vergl.: Der Literatur Brockhaus,( Band 3), S.266.
[14] Der Literatur Brockhaus,( Band 3), S.267.
[15].Der Literatur Brockhaus,( Band 2), S.456.
[16] ebd. S. 456.
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