Die Rohstoffkontingentierung im Dritten Reich


Seminararbeit, 2001

15 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Gliederung der Arbeit:

1. Einleitung

2. Hitlers wirtschaftliche ziele und die Forderungen der Wirtschaft

3.1 Rohstoffkontingentierung: Begriffsklärung und Gründe für eine Kontingentie- rung
3.2 Die Überwachungsstelle für Eisen und Stahl

4.1 Die Rohstoffkontingentierung innerhalb der Wehrmacht
4.2 Maßnahmen zur Rohstoffeinsparung

5. Die Anordnung 22

6. Rohstoffzuteilungen an die Wehrmacht im Jahre 1937

7. Die Verlangsamung der Aufrüstung

8. Auswirkungen der ersten Kontingentierungsphase

9. Schlußbetrachtung

10. Bibliographie

1. Einleitung

Diese Arbeit versucht, einen Überblick über die Rohstoffkontingentierung im Dritten Reich von 1934 bis 1937 zu geben. Dabei wird in erster Linie auf die Geschehnisse vor der eigentlichen Kontingentierung eingegangen. Demzufolge werden die Gründe erläutert, die eine Kontingentierung notwendig werden ließen, wonach dann die Vor-bereitungen, die gesetzlichen Grundlagen und die Durchführung der Kontingentie-rung behandelt werden.

Es soll also ein Überblick über die gesetzliche Vorgehensweise, die Notwendigkeit und die allgemeinen Verfahren, welche eine Kontingentierung der Rohstoffe nötig werden ließen, gegeben werden. Hierbei scheint es als gegeben, lediglich auf die äußerst wichtigen Rohstoffe Eisen und Stahl Bezug zu nehmen, da die Behandlung der übrigen Rohstoffen den Rahmen dieser Hausarbeit sprengen würde. Zu Beginn soll nun kurz auf die (wirtschafts-)politische Situation im Dritten Reich, sowie die (wirtschafts-)politischen Pläne der Führung eingegangen werden, damit der Leser einen geschichtlichen Zusammenhang herstellen kann.

2. Hitlers wirtschaftliche Ziele und die Forderungen der Wirtschaft

Im November 1932 forderten die Repräsentanten der Wirtschaft den Reichspräsiden-ten v. Hindenburg zur raschen Ernennung von Adolf Hitler zum Reichskanzler auf. Die Oberen der Wirtschaft gingen davon aus, dass die NSDAP (unter Hitlers Füh-rung) die noch aus der Weimarer Republik stammenden Wirtschaftsordnungen um-gestalten und somit die akuten Probleme der Wirtschaft lösen würde. Maßgeblichen Anteil an der Forderung, Hitler zum Reichskanzler zu ernennen hatte der IG-Farbenkonzern. Die Industrie, insbesondere die Chemie-, Metall- und Produktionsgü-terindustrie ging davon aus, dass die bevorstehende (und quasi „versprochene“) Auf-rüstung der stagnierenden deutschen Wirtschaft einen gewaltigen Aufschwung ver-leihen würde, da sie ja durch die Weltwirtschaftskrise schwer angeschlagen war. So war es nicht verwunderlich, dass der NSDAP seitens der Industrie nicht unwesentli-che finanzielle Mittel zur Unterstützung zuflossen.1

Das Groß der Wirtschaft sah es, genau wie das „Nationalsozialistische Expansions-programm“ der NSDAP, als äußerst wichtig an, im eventuellen Kriegsfall autark zu wirtschaften, also so weit es geht unabhängig von Importen aus dem Ausland zu bleiben.

Hitler wollte die wirtschaftliche Krise langfristig durch Aufrüstung und Eroberung neu-en Lebensraums, insbesondere im Osten Europas, lösen. Dazu fehlte es jedoch an Soldaten. Diese sollten nach Meinung Hitlers schnellstmöglich Rekrutiert werden. Diese „Wehrhaftmachung des Volkes“ war das oberste Ziel der NS-Wirtschaftspolitik und sollte indirekt einen Rückgang der sehr hohen Arbeitslosenquote bewirken. Zu-sammenfassend lässt sich also sagen, dass die NSDAP, die Reichswehr und die Wirtschaft einen ungeschriebenen Pakt schlossen: die NS-Führung gab die Ziele vor, anhand derer formulierte die Reichswehr ihre Bedarfspläne zur Aufrüstung und die Industrie setzte unter Beibehalt des marktwirtschaftlichen Systems das Aufrüstungs-programm konsequent um.2

Gegen Ende des Jahres 1933 kam es zu einer Steigerung der Rohstoffimporte, welche durch Hitlers Wirtschaftspolitik hervorgerufen wurde. Insbesondere die rasche Umsetzung der Rüstungsvorhaben, aber auch der Binnenhandel waren die Ursachen für den Anstieg des Importes.

Auf der anderen Seite litt jedoch der Export Deutschlands. Gründe dafür waren die zu starke Fixierung auf die eigene (innerdeutsche) Wirtschaft - im Hinblick auf Autarkie - und eine Vielzahl wirtschaftspolitischer Sanktionen und Boykottmaßnahmen gegen das Deutsche Reich.

So ist es nicht verwunderlich, dass Anfang des Jahrs 1934 erstmals eine negative Handelsbilanz zu Buche stand. Doch schon einige Monate vorher warnten Wirtschaftsexperten, die Zahlungsfähigkeit Deutschlands könne aufgrund der Transferleistungen und der durch den Importüberschuss hervorgerufenen Devisenknappheit bald nicht mehr aufrecht erhalten werden.

Zur Lösung dieser schwerwiegenden Probleme, also zur Wiederherstellung der Zah-lungsfähigkeit und zum Ausgleich der Handelsbilanz wurde unter dem Reichswirt-schaftsminister Hjalmar Schacht der „Neue Plan“ entwickelt. Durch diesen Plan wur-de ein europäischer Wirtschaftsraum vorbereitet, in dem durch direkte Handelsbezie-hungen ein Austausch der benötigten Rohstoffe garantiert wurde.3 Die Umsetzung des Neuen Plans war mittelfristig ein Erfolg, da mit ihm ein Ausgleich der Handelsbilanz einher ging. Doch nach und nach wurde die Einhaltung der Auf- rüstungsvorhaben immer wichtiger, da schnellstmöglich mit dem Krieg begonnen werden sollte. Das Deutsche Reich konnte mit dem Neuen Plan seine selbstdefinierten Ziele (Aufrüstung und Autarkie) nicht einhalten.

Resultat dieser Erkenntnis war im Sommer 1936 der Vierjahresplan, dessen Inhalt Hitler in einer Denkschrift folgendermaßen darstellte: „Die deutsche Armee muss in vier Jahren einsatzfähig, die deutsche Wirtschaft muss in vier Jahren kriegsfähig sein.“4

Hitler beauftragte Hermann Göring als Leiter der Vierjahrsplan-Behörde, welche sämtliche rüstungswirtschaftlichen Abläufe koordinieren und kontrollieren sollte.5 Als Hitler am 5.11.1937 eine Bilanz seiner nunmehr viereinhalbjährigen Herrschaft vorlegte, kam man in Anwesenheit aller Oberen der Wehrmacht und verschiedener Reichsministerien zu dem Ergebnis, eine rohstoffbezogene Autarkie eventuell ver-wirklichen zu können. Eine Autarkie bei der Versorgung mit Nahrungsmitteln sei al-lerdings in keinster Weise zu erreichen. Eine totale wirtschaftliche Unabhängigkeit könne, so Hitler auf dieser Konferenz, lediglich durch eine entscheidende Vergröße-rung des Lebensraumes erreicht werden. Er sprach damit den damals schon abseh-baren Beginn des Zweiten Weltkrieges an und hatte schon damals die Erweiterung des Reiches in Richtung Osten vor Augen.6

3.1 Rohstoffkontingentierung: Begriffsklärung und Gründe für eine Kontingen-tierung

Zunächst erscheint es mir wichtig, den Begriff „Kontingentierung“ zu erläutern. Der Begriff "Kontingent" stammt aus der Außenhandelstherminologie und bezeichnet in diesem Zusammenhang als "Mengen-Kontingent" "die als Ausnahme von einem Ein-fuhrverbot durch den Staat einem anderen erteilte Erlaubnis, eine bestimmte Höchstmenge von einer bestimmten Ware innerhalb eines bestimmten Zeitraums einzuführen und dies unabhängig von den für die Einfuhr geforderten Zöllen".7

Mit anderen Worten: Ist ein Rohstoff, oder allgemein ein Gut, kontingentiert, so gibt es eine festgelegte Höchstmenge, die abgesetzt, eingeführt, hergestellt oder auf sonstige Art und Weise im Wirtschaftskreislauf auftreten darf. In dieser Arbeit geht es um die Zuteilung von Rohstoffen zwischen den NS-Wirtschaftsbehörden und den Industrieunternehmen, wie bereits erwähnt hauptsächlich um Eisen und Stahl.

Die Gründe für eine Rohstoffkontingentierung sind logischerweise wirtschaftlicher Natur. Da die Versorgung der deutschen Industrie bereits in der Anfangszeit des NS-Regimes (Ende 1933/Anfang 1934) knapp bemessen war - hauptsächlich wegen der konsequenten Autarkiepolitik - und zeitgleich der Gesamtbedarf der Industrie an Rohstoffen stetig anstieg, war es für die Oberen der Wirtschaft Zeit zu handeln. Die Knappheit an Rohstoffen, von denen die deutsche Industrie aufgrund der äußerst geringen natürlichen Vorkommen innerhalb des deutschen Staatsgebietes abhängig ist und deshalb importiert werden müssen, stellte ein schwerwiegendes Problem dar. Es bot sich einerseits zwar die Möglichkeit an, bestehende rohstoffintensive Vorha-ben zu verschieben oder deren Dauer zu strecken, wodurch eine kurzfristige Entlas-tung der Rohstoffversorgung erreicht hätte werden können, doch machte dies die konsequente Umsetzung des Vierjahresplans, vor allem dessen zeitliche Einhaltung, politisch gesehen unmöglich. Andererseits hätten die bereits bestehenden Projekte und Bauvorhaben auf deren Notwendigkeit hin überprüft werden können, doch auch dagegen wehrten sich die Verantwortlichen der NS-Führung. Die Rohstofflage Deutschlands sollte sich also weiterhin verschärfen, sofern nicht eine Wirtschaftsform gefunden werden würde, welche die unvermeidbaren Auswirkungen der akuten Roh-stoffverknappung so gering wie nur eben möglich halten konnte. Aufgrund des wei-terhin anhaltenden Exportrückgangs und der daraus resultierenden Knappheit an Devisen war die konsequente Umsetzung einer solchen Wirtschaftsform noch unum-gänglicher geworden, deren Maxime die Sicherung der Rohstoffversorgung ist.8

So kam es im Frühjahr 1934 zu drei Gesetzen, welche die Rohstoffbewirtschaftung regelten: Zum „Gesetz über den Verkehr mit industriellen Rohstoffen und Halbfabrikaten“, der „Verordnung über den Warenverkehr“ und dem „Gesetz der wirtschaftlichen Maßnahmen“.

Ersteres Gesetz regelte die Beschaffung, Lagerung, Verteilung, den Absatz und den Verbrauch der Rohstoffe. Diese Aufgabe wurde verschiedenen Behörden zugeteilt bzw. es wurden dafür Behörden errichtet. Für die Rohstoffe Eisen und Stahl war dies die „Überwachungsstelle für unedle Metalle“.

[...]


1 Vgl. Ritschl in Bracher/Funke/Jacobsen, S. 118 ff.

2 Mickel, Wiegand: Geschichte, Politik und Gesellschaft

3 Barkai, Avraham: Das Wirtschaftssystem des Nationalsozialismus

4 Hofer, Dokumente. A.a.O., S.86

5 North, Deutsche Wirtschaftsgeschichte, S. 335

6 Hofer, Dokumente. A.a.O., S. 193ff

7 Brockhaus-Enzyklopädie in 24 Bänden, 19. Auflage

8 Sarholz, Die Auswirkungen der Kontingentierung von Eisen und Stahl auf die Aufrüstung der Wehrmacht von 1936 bis 1939

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Die Rohstoffkontingentierung im Dritten Reich
Hochschule
Universität Mannheim  (Lst. für Wirtschafts- und Sozialgeschichte (Prof. Buchheim))
Veranstaltung
Proseminar Einführung in die Wirtschafts- und Sozialgeschichte
Note
2,3
Autor
Jahr
2001
Seiten
15
Katalognummer
V23993
ISBN (eBook)
9783638269827
Dateigröße
467 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Rohstoffkontingentierung, Dritten, Reich, Proseminar, Einführung, Wirtschafts-, Sozialgeschichte
Arbeit zitieren
Jörg Scharfenberger (Autor:in), 2001, Die Rohstoffkontingentierung im Dritten Reich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/23993

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