Heilung nach Operationen - das Risiko in der postoperativen Phase und in der orthopädischen Rehabilitation


Etude Scientifique, 2004

30 Pages


Extrait


Inhalt

1. Ziel der orthopädischen Rehabilitation

2. Überblick über die behandelten Patienten

3. Komplikationen während der Rehabilitation
3.1. Kardiologische Komplikationen und Exitus
3.1.1. Diskussion über die Ursachen der kardiologischen Komplikationen
3.1.2. Vermeidung von kardiologischen Komplikationen und Exitus
Spiroergometrie als Instrument der Trainingssteuerung
3.2. Weichteilkomplikationen
3.2.1. Diskussion über das Auftreten von Weichteilkomplikationen
3.2.2. Vermeidung und Reduzierung von Weichteilkomplikationen
3.3. Luxationen von Hüft-Totalendoprothesen
Voroperationen
Luxationshergang
3.3.1. Diskussion über die Ursachen und Häufigkeit einer Luxation
3.3.2. Vermeidung von Luxationen von Hüft-Totalendoprothesen
3.4. Tiefe Beinvenenthrombosen
3.4.1. Diskussion über das Auftreten und die Ursache von tiefen Beinvenenthrombosen
3.4.2. Reduzierung des Risikos von tiefen Beinvenenthrombosen
Medikamentöse Thromboseprophylaxe
Mobilisierung
Mechanische Thromboseprophylaxe
Antithrombosestrümpfe
Intermittierende pneumatische Kompression
Aktive Übungen und Aquatherapien
3.5. Gastroenterologische Komplikationen
3.5.1. Reduzierung der gastroenterologischen Komplikationen
3.6. Frakturen
3.6.1. Reduzierung des Frakturrisikos

4. Allgemeine Hinweise für die orthopädische Rehabilitation

Literatur

1. Ziel der orthopädischen Rehabilitation

Im Sinne der Kostenreduktion ist es sinnvoll, Therapien auf das Notwendigste einzuschränken. In vielen Fällen ist es möglich, den stationären Aufenthalt nach Operationen zu verkürzen, ohne dass für den Patienten Nachteile entstehen (28). Die weitere Konsequenz daraus ist die Einschränkung der ambulanten und vor allem der teuren stationären Rehabilitationsmaßnahmen.

Allerdings darf nicht übersehen werden, dass eine Verletzung oder Operation weitreichende Folgen haben kann:

Bei Patienten im Alter von 66 – 91 Jahren, die wegen einer Schenkelhalsfraktur innerhalb von zwei Tagen operiert wurden und anschließend sofort aufstehen durften, wurde durchdie Immobilisierung von nur zwei bis drei Tagenein lang dauernder Abbauprozess in Gang gesetzt (29). Der Verlust an Knochenmasse wardrei Monatenach der Operation am stärksten (6 – 22 % Verlust), obwohl die Patienten direkt nach der Operation voll belasten durften. Nachsechs Monatenwar der Knochenverlust nur geringfügig gebessert. Eine Zunahme der Muskelmasse an dem nicht operierten Bein nach sechs Monaten machte deutlich, dass die operierten Patienten vorwiegend das gesunde Bein belasteten.

Auch die muskulären Defizite sind beachtenswert: Noch 1- 2 Jahre nach Kreuzbandoperationen oder nach Implantation einer Knieendoprothese wurden Kraftdefizite des M. quadriceps festgestellt, während sich die Kraft der ischiokruralen Muskulatur regenerierte (2, 8). Bei Patienten mit ausgeheilten Beinverletzungen konnte sogar noch nach 1 – 5 Jahren eine Kraftminderung im verletzten Bein nachgewiesen werden (38).

Rechnet man alle postoperativen Kosten zusammen, dann macht sich eine frühe Entlassung aus dem Akutkrankenhaus nicht immer bezahlt. Vielmehrerhöhtensich bei Patienten mit Schenkelhalsfrakturen, deren stationärer Aufenthalt in der Akutklinik von 20 auf 12 Tage reduziert werden konnte, die gesamten Behandlungskosten im Folgejahr um 12 % . Dies war durch eine anschließende längere Betreuung in geriatrischen Kliniken (hier verdoppelte sich die Aufenthaltszeit) oder Pflegeheimen bedingt (43).

Nach Operationen des Bewegungsapparates ist eine intensive Rehabilitationsbehandlung sinnvoll, weil sonst muskuläre Atrophien über Jahre nachweisbar sind und Imbalancen und Fehlhaltungen lange bestehen bleiben (2, 6). Durch ein Training kann das postoperativ reduzierte Leistungsniveau um 10 – 20 % erhöht werden kann, womit die Alltagsaktivität des Patienten intensiviert und damit der weitere Trainingseffekt beschleunigt werden. Zudem wird die Gelenkbeweglichkeit gezielt verbessert und viele Alltagsfunktionen wie Treppensteigen unter sicherer Anleitung trainiert. Spezifische Verhaltensmaßregeln können erlernt und eingeübt werden (39).

Dazu sind ein fachkompetentes Rehabilitationsteam, eine gute medizinische Diagnostik und eine spezielle apparative Ausrüstung eines spezialisierten Rehazentrums notwendig (6, 19). Das integrative Konzept aus den Bereichen der Physiotherapie, Ergotherapie, Psychologie, Orthopädietechnik, Pflege- und ärztlichem Dienst gewährleistet eine optimale Behandlung in einer Rehabilitationseinrichtung. Nur dann haben beispielsweise auch ältere Menschen die Chance, ihre Selbständigkeit zu erhalten (19).

Ziele der orthopädischen Rehabilitation sind die frühe Mobilisierung des operierten Patienten und die schnelle Wiedereingliederung ins Alltags- bzw. Berufsleben. Beachtliche Rehabilitationserfolge wurden bei verletzten Leistungssportlern durch die Anwendung trainingsphysiologischer Grundlagen erreicht (33). Dabei stehen die Verbesserung der Beweglichkeit der operierten Gelenke, die Erhöhung der Muskelkraft bzw. der Ausgleich von Muskelatrophien und das Training der kardiopulmonalen Ausdauer im Vordergrund (45). Inzwischen werden derartige Behandlungskonzepte auch bei Nichtsportlern mit gleichem Erfolg angewendet.

Allerdings kann ein intensives Rehabilitationskonzept mit Gefahren verbunden sein, insbesondere wenn ältere Patienten behandelt werden. Die stationäre Rehabilitation von operierten Patienten sollte daher neben der schnellen Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit auch diegrößtmögliche Sicherheit in der Heilungsphasegewährleisten.

Ziel dieser Untersuchung war die Analyse von Zwischenfällen bei Patienten, bei denen eine intensive orthopädische Rehabilitation mit routinemäßig angewendetem Kraft- und Ausdauertraining durchgeführt wurde, um die Komplikationsrate zu senken.

2. Überblick über die behandelten Patienten

In den Jahren 1998-2000 wurden in der Klinik Lindenplatz, Bad Sassendorf, 7049 Patienten (durchschnittliches Alter = 65,69 ± 12,84 Jahre, 2104 Männer und 4945 Frauen) nach einer Operation am Bewegungsapparat stationär im Rahmen einer Anschlußheilbehandlung (AHB) therapiert. In der Mehrzahl waren bei diesen Patienten eine Hüft- Totalendoprothese (Hüft-TEP) oder Knie-Totalendoprothese implantiert worden (s. Tab. 1). Bei den restlichen Patienten waren Bandscheibenoperationen, Spondylodesen, Osteosynthesen nach Frakturen und Politraumata, Umstellungsosteotomien, Bandplastiken, Amputationen und andere Operationen durchgeführt worden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 1

Anzahl und mittleres Alter (± Standardabweichung) der Patienten, die nach der Implantation einer Hüft- oder Knietotalendoprothese in der Klinik Lindenplatz von 1998 bis 2000 behandelt wurden.

Als Komplikation wurden nur diejenigen Patienten registriert, bei denen eine Zurückverlegung in ein Akutkrankenhaus notwendig wurde. Dies hat den Vorteil, dass nur die wirklich schweren Fälle gewertet wurden. Bei vielen der im Klinikalltag auftretenden Komplikationen jedoch, wie etwa bei den Wundheilungsstörungen, führte dieses Vorgehen zu einer Reduktion der tatsächlichen Fallzahl: Die meisten der Patienten mit oberflächlichen oder auch etwas tieferen Infektionen wurden nach weiterer Diagnostik (Sonographie, Labor, etc.) und evtl. auch Rücksprache mit dem operierenden Krankenhaus in der Reha-Klinik behandelt. Luxationen dagegen wurden immer registriert, auch wenn sie teilweise in der Reha-Klinik reponiert worden waren. Allerdings waren diese Repositionsversuche selten, da in den vorangegangenen Jahren (1995 – 1997) dabei gelegentlich weitere Komplikationen wie akute Atemdepression nach starker Analgetikagabe, Rezidivluxationen, starke Schmerzzustände und mitunter frustrane Repositionsversuche auftraten. Auch Beinvenenthrombosen wurden immer verlegt, um im Akutkrankenhaus die Phlebographie durchführen zu lassen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1

Anzahl und Verteilung der insgesamt schweren Komplikationen im Zeitraum von 1998 bis 2000. Bei den kardialen und gastrointestinalen Komplikationen war eine Zunahme, bei den Frakturen eine Reduzierung im Laufe der Jahre festzustellen. Die Zunahme unter der Rubrik "Sonstiges" spiegelt die zunehmende Multimorbidität der Reha-Patienten wieder. Weitere Information s. Text.

3. Komplikationen während der Rehabilitation

Bei den 7049 Patienten traten 240 Komplikationen auf, die eine Verlegung in ein Akutkrankenhaus oder eine Entlassung nötig machten (Abb. 1). Dabei handelte es sich um 40 kardiologische Notfallsituationen (0,57%, bezogen auf alle AHB-Patienten), 32 Luxationen von Hüft-Totalendoprothesen (0,45%; drei dieser Patienten mußten ein zweites Mal wegen erneuter Luxation verlegt werden), 31 tiefe Beinvenenthrombosen (0,44 %), 31 Weichteil- oder Knocheninfektionen (0,44%) und 19 gastroenterologische Komplikationen (0,27 %). 18 Patienten waren nicht rehabilitationsfähig wegen Demenz, akuten Psychosen, Harn- und Stuhlinkontinenz, dekompensierter Herzinsuffizienz oder Multimorbidität. 13 Patienten erlitten neurologische Komplikationen wie Apoplex (5 Patienten), epileptischer Anfall (4 Patienten), sowie unklare Lähmung, Hirnmetastase und Verdacht auf multiple Sklerose. 11 Patienten zogen sich eine Fraktur während des stationären Aufenthaltes zu. Bei 10 Patienten traten lumbale/cervikale Komplikationen (Spondylodiszitis, akuter Bandscheibenvorfall mit neurologischen Symptomen) auf. Bei 25 Patienten waren Komplikationen aus verschiedenen Bereichen wie unklare progrediente Änamie (3 Patienten), pulmonale Komplikationen (3 Patienten), akute psychogene Symptome (3 Patienten), Niereninsuffizienz (2 Patienten), Harnverhalt (2 Patienten), Glaukomanfall, Augenblutung, Zentralvenenthrombose, Leberfunktionsstörungen, akute Leistenhernie, schwere Ossifikationen nach Endoprothese, Plasmozytom, Suizidgefahr und ein Carcinomrezidiv der Grund für die Verlegung. 6 Patienten wurden wegen Verstoß gegen die Hausordnung (nächtliche Abwesenheit, wiederholtes Rauchen) oder Alkoholismus (3 Patienten) vorzeitig entlassen. Vier Patienten verstarben während der Rehabilitation.

Bezogen auf die Patientengruppe mit einer Hüft-Totalendoprothese (3387 Patienten) betrug die Häufigkeit der Luxationsereignisse 0,94 %.

Insgesamt lag die Zahl der Komplikationen, die in der Rehabilitationsklinik – teilweise in Verbindung mit einem Konsiliararzt (Neurologen, Augen-, HNO-Arzt, Urologen usw.) - behandelt werden konnten, sehr viel höher als die Zahl der hier aufgeführten Komplikationen und Verlegungen.

3.1. Kardiologische Komplikationen und Exitus

Bei den 40 kardiologischen Notfällen, die zur Verlegung führten, waren 12 Männer (Altersmittelwert 66,0 Jahre, 48 – 81 Jahre) und 28 Frauen (Altersmittelwert 73,6 Jahre, 43 – 87 Jahre) betroffen. Dabei handelte es sich um 8 Verlegungen wegen Verdacht auf Lungenembolie, 6 schwere Herzrhythmusstörungen (meist Tachyarrhythmien), 6 Herzinfarkte, 5 Synkopen, 4 schwere Stenokardien, 3 globale Herzinsuffizienzen sowie um Schockzustände, arterielle Embolien, unklare Atemnotanfälle oder um reversible Herzstillstände.

Nur Patienten mit starken akuten oder lebensbedrohlichen Symptomen wurden verlegt, alle anderen Patienten wurden durch den Stationsarzt und den internistischen Facharzt diagnostiziert und therapiert. Die Häufigkeit von beherrschbaren kardiologischen Komplikationen wie Herzrhythmusstörungen, Blutdruckkrisen, Angina pectoris-Anfällen, dekompensierte Herzinsuffizienz u.a. lag um ein Vielfaches viel höher als die Zahl der Notfälle, die zur Verlegung führten. Mehr als ein Drittel der kardialen Beschwerden traten nachts auf.

Weitere 4 Patienten verstarben im Zeitraum von 1998 bis 2000 während der stationären Rehabilitation (s. Tab. 2).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab.2

Todesfälle bei vier Patienten (G.: m = männlich, w = weiblich) während einer stationären Rehabilitation in den Jahren 1998 bis 2000. Der Tod trat jeweils am 1., 10., 14. bzw. am 27. Tag des stationären Aufenthaltes auf.

3.1.1. Diskussion über die Ursachen der kardiologischen Komplikationen

Durch Zunahme des Alters der Patienten, die große orthopädische Operationen gut überstehen, steigt auch die Mortalität der einzelnen Patienten. Bei Patienten unterhalb von 45 Jahren, die in Unfallkliniken operiert werden müssen, weisen nur in 10 % Nebenerkrankungen auf; dagegen leiden 41,3 % der traumatisierten Patienten über 75 Jahre an Begleiterkrankungen (kompensierte oder dekompensierte Herzinsuffizienz, Herzrhythmusstörungen, Diabetes, Erkrankungen der Atmungsorgane, Osteoporose etc.) (1, 36). Begleiterkrankungen sind im Bereich der Unfallchirurgie oder Orthopädie ein ernst zu nehmender Faktor. Vor allem Nebenerkrankungen von Nieren und Herz sowie bösartige Tumore haben einen signifikanten Anstieg der operativen oder postoperativen Sterblichkeit zur Folge.

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Fin de l'extrait de 30 pages

Résumé des informations

Titre
Heilung nach Operationen - das Risiko in der postoperativen Phase und in der orthopädischen Rehabilitation
Auteur
Année
2004
Pages
30
N° de catalogue
V24036
ISBN (ebook)
9783638270137
ISBN (Livre)
9783638648226
Taille d'un fichier
806 KB
Langue
allemand
Annotations
Orthopädische Reha-Klinik Lindenplatz mit sportmedizinischer Abteilung, Bad Sassendorf (Chefarzt: Dr. Ch. Schönle)
Mots clés
Heilung, Operationen, Risiko, Phase, Rehabilitation
Citation du texte
Christoph Schönle, Dr. (Auteur), 2004, Heilung nach Operationen - das Risiko in der postoperativen Phase und in der orthopädischen Rehabilitation, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/24036

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