Ist Amerikanisierung im Bundestagswahlkampf 2002 nachweisbar?


Dossier / Travail, 2004

19 Pages, Note: 1,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1 EINLEITUNG

2 „AMERIKANISIERUNG“
2.1 Indikatoren der Amerikanisierung

3 WAHLKAMPF IN DEN USA
3.1 Grundbedingungen
3.2 Personalisierung
3.3 Professionalisierung
3.4 Verwendung von Marketingtechniken
3.5 Finanzierung

4 BUNDESTAGSWAHLKAMPF 2002 IN DEUTSCHLAND
4.1 Personalisierung
4.2 Professionalisierung
4.3 Verwendung von Marketingtechniken
4.4 Finanzierung

5 URSACHEN FUR ZUNEHMENDE AMERIKANISIERUNG DERDEUTSCHEN WAHLKAMPFE
5.1 Gesellschaftlicher Wandel
5.2 Technische Modernisierung

6 IST AMERIKANISIERUNG IN DER BUNDESTAGSWAHL NACHWEISBAR?
6.1 Adoption
6.2 Shopping
6.3 Zusammenfassung

7 LITERATURVERZEICHNIS

1 Einleitung

Wahlen spielen in reprasentativ-demokratischen Systemen eine entscheidende Rolle. Sie legitimieren das Regierungssystem und delegieren Entscheidungsgewalt vom Volk an die Volksvertreter in den Parlamenten und Regierungen (s.a. Farrell 2002: 71).

In der Bundesrepublik Deutschland werden durch allgemeine, unmittelbare, freie, gleiche und geheime Wahl unter anderem die Abgeordneten fur den Bundestag gewahlt (vgl. GG, Artikel 38). Die Wahlen stellen also einen Wettbewerb zwischen verschiedenen Bewerbern um politische Amter dar.

Die zugespitzte Form dieses Wettbewerbs findet im Vorfeld der Wahlen in Form von Wahlkampfen statt. Ziel dieser Wahlkampfe ist es, dass sowohl Parteien als auch Kandidaten deutlich machen, so Dorner und Vogt, „dass es tatsachlich auf den Wahler als Souveran der demokratischen Ordnung ankommt.“ (2002: 19). Sie deuten den Wahlkampf als ein demokratisches „Ritual“ in dem es vor allem darum geht, dem Wahler durch den Wettbewerb der Parteien um seine Stimme seine Wichtigkeit als Souveran der demokratischen Ordnung vor Augen zu fuhren.

2 „Amerikanisierung“

Die Ausgestaltung dieser Wahlkampfe hat sich seit Grundung der Bundesrepublik verandert, die Professionalisierung hat gerade in den 90er Jahren stark zugenommen. In der Politikwissenschaft werden die Veranderungen der Wahlkampfkonzepte in der Bundesrepublik und Westeuropa der letzten Jahren mit dem nicht unumstrittenen Begriff (s.a. Farrell 2002) der Amerikanisierung zusammengefasst. Der Begriff umfasst im Verstandnis von Falter und Rommele den „Import der neuesten amerikanischen Wahlkampf- und Marketing- Technologien nach Westeuropa..(2002: 50) und zusatzlich den gezielten Einsatz der elektronischen Medien - besonders des Fernsehens.

2.1 Indikatoren der Amerikanisierung

Bei der Untersuchung, ob Amerikanisierungstendenzen im Bundestagswahlkampf des Jahres 2002 nachweisbar sind, soll im Rahmen dieser Ausarbeitung auf drei zugespitzte Indikatoren (vgl. ebenda: 5Iff) zuruckgegriffen werden, die in deutlicher Auspragung in amerikanischen Prasidentschaftswahlkampfen nachgewiesen werden konnen:

1. ) Personalisierung. Die Parteien richten ihre Wahlkampfstrategie komplett

auf ihren Spitzenkandidaten aus, und die Wahlbotschaften werden untrennbar mit seiner Person verbunden, denn, so Falter und Rommele, „zur visuellen Darstellung von Politik eignen sich Personlichkeiten weitaus besser als politisches Handeln und politische Ideologien.“ (2002: 51) Durch moglichst umfassende Prasenz und die bewusste Darstellung seiner Personlichkeit in den Medien soll bei den Wahlern Vertrauen aufgebaut werden (vgl. Altendorfer 2000: 70).

2. ) Professionalisierung. Die Wahlkampagnen werden mit wachsendem

Einfluss von so genannten „spin doctors“, also Spezialisten aus der Meinungsforschungs-, Werbe- oder Medienbranche beraten. Ein „spin doctor“ zieht im Rahmen der Wahlkampagnen „als graue Eminenz im Hintergrund [...] die Faden, entscheidet uber Zeitpunkt und manchmal auch Inhalt von Wahlkampfaussagen, uber Kandidatenauftritte und Imagebemuhungen und bestimmt haufig starker als der Kandidat selbst ,die Themen der Tagesordnung im Wahlkampf “ (Falter und Rommele 2002: 53). Die Kampagnen werden in Zusammenarbeit mit Werbeagenturen umgesetzt und die Wahlkampfzentrale in eigene Raume ausgelagert (so genannte „war rooms“).

3. ) Verwendung von Marketingtechniken. Um Prasenz besonders in den

elektronischen Medien zu erlangen, setzen die Parteien - neben bezahlten Wahlwerbespots - zunehmend auf inszenierte Ereignisse (z.B. Parteitage), um so in der Berichterstattung aufzutauchen und zusatzliche (kostenlose) Medienprasenz zu erlangen. Die Parteievents sind so konzipiert, dass sie „Bilder fur Bilder-Macher“ (Sarcinelli und Geisler 2002: 160) liefern. Amtsinhaber haben es in diesem Bereich dabei immer leichter als deren Herausforderer, denn sie finden durch Staatsbesuche und politische Entscheidungen leichter Erwahnung in der Berichterstattung. Die in der politischen Werbung verwendeten Botschaften mussen nicht nur auf die eigene Partei/den eigenen Kandidaten bezogen sein, sondern konnen auch als „negative campaigning - das Schlechtmachen des politischen Gegners - in Spots, Slogans und Statements verarbeitet werden. Ein weiterer Aspekt ist die Verwendung von Fokusgruppen und Meinungsforschung, um politische Botschaften und Werbespots vor der Veroffentlichung eingehend zu testen. Neben dem Fernsehen als Leitmedium setzen die Wahlkampfe mehr und mehr auf das Internet als Informationsmedium, da uber Partei- und Kandidatenhomepages gezielt die eigenen Wahler angesprochen und uber „rapid response“ - also die schnelle Reaktion auf inhaltliche Aussagen des politischen Gegners - auf aktuelle Ereignisse und Aussagen ohne die Einschrankung journalistischer Filter reagiert werden kann.

Ein Nebeneffekt der Amerikanisierung und der oben angefuhrten Indikatoren sind die enorm hohen Kosten der Wahlkampagnen. Die Parteien sind daher verstarkt auf Wahlkampfspenden („fundraising“) und staatliche Unterstutzung angewiesen.

3 Wahlkampf in den USA

Der Begriff Amerikanisierung setzt voraus, dass die Wahlkampfe in den USA einem speziellen Muster folgen, das in andere Lander exportiert werden kann. Deshalb sollen im Folgenden einige Entwicklungen in den USA anhand der oben genannten Indikatoren naher beschrieben werden.

3.1 Grundbedingungen

Seit den 60er Jahren ist die Wahlbeteiligung in de USA rucklaufig, damals beteiligten sich, so Wasser (1997: 5), „rund zwei Drittel der im Wahlalter befindlichen Burger an Prasidentschaftswahlen; heute hat sich die Wahlbeteiligung bei bestenfalls 50 Prozent eingependelt.“ Die beiden groBen Parteien reagieren auf diesen Vertrauensverlust mit zunehmendem Einsatz von (vor allem finanziellen) Ressourcen im Wahlkampf, denn die Verantwortlichen bei Demokraten und Republikanern haben erkannt, so Brazile (2002: 174), „dass sie ihren Kurs andern und neue Taktiken einsetzen mussen, um das Vertrauen der Wahler in den politischen Prozess wieder herzustellen.“

3.2 Personalisierung

Die Prasidentschaftswahlen in den USA sehen schon aufgrund der verfassungsrechtlich vorgeschriebenen direkten Wahl des Prasidenten einen Spitzenkandidaten vor, der als Galionsfigur fur die Partei in den Wahlkampf zieht. Dabei sind die Parteien bei den letzten Wahlen mehr und mehr in den Hintergrund geruckt - im Namen der Kandidaten werden die Kampagnen von Wahlkampforganisationen konzipiert und verwirklicht: so zum Beispiel bei der Prasidentschaftswahl 1996 die Clinton-Gore-Campaign auf Seiten der Demokraten und die Dole-Campaign auf Seiten der Republikaner. „Der Name der Partei trat weder bei den Demokraten noch bei den Republikanern auf", so Dettke (2000: 78). Die Konzentration auf die Spitzenkandidaten wird auch durch die in der Vorwahlzeit regelmaBig durchgefuhrten TV-Duelle deutlich, die im Nachhinein in Bezug auf Personlichkeitswerte ausgewertet werden - Sympathie und Uberzeugungskraft spielen hierbei eine wichtige Rolle.

Eine weitere Methode, um einen Kontakt zwischen Wahlern und Kandidaten aufzubauen ist, so Brazile, „die Ubertragung automatischer Botschaften unter Einsatz der Stimmen des Kandidaten oder seiner Frau [...] um die unentschlossenen Wahler direkt und personlich anzusprechen und die Basis zu mobilisieren" (2002: 174)

3.3 Professionalisierung

Die Wahlkampfzentralen der Kandidaten sind von der Partei unabhangig und als „war rooms" konzipiert. In diesen Zentralen werden die Strategien und Botschaften entwickelt und abgestimmt. Spatestens seit der Clinton-Gore- Campaign 1992 werden „taglich Sitzungen durch moderne Telefonkonferenzen" abgehalten, in der die Strategien und Reaktionen auf die Angriffe der Opposition und aktuelle Geschehnisse abgestimmt werden (vgl. Brazile 2002: 175).

Die Leitung der „war rooms" obliegt den „spin doctors", die als Spezialisten extra fur die Wahlkampagne engagiert werden. Sie organisieren den Gesamtplan der Kampagne, befassen sich mit der Wahlerforschung, testen Meinungen und Botschaften an Fokusgruppen und kummern sich um die Imagepflege des Kandidaten (vgl. Dettke 2000: 85). Sie sind, so Farrell (2002: 91), „Fachleute aus der Welt des Marketing und der Public Relations, ,brillante Youngsters’, die keine Scheu davor haben, die Parteiphilosophie zu beerdigen, wo es geboten scheint, so lange nur das oberste Ziel erreicht wird, die Kampagne ,on message’ zu halten"

[...]

Fin de l'extrait de 19 pages

Résumé des informations

Titre
Ist Amerikanisierung im Bundestagswahlkampf 2002 nachweisbar?
Université
Martin Luther University  (Institut für Politikwissenschaft)
Note
1,0
Auteur
Année
2004
Pages
19
N° de catalogue
V24422
ISBN (ebook)
9783638272995
ISBN (Livre)
9783656036210
Taille d'un fichier
902 KB
Langue
allemand
Mots clés
Amerikanisierung, Bundestagswahlkampf
Citation du texte
Julian Kanth (Auteur), 2004, Ist Amerikanisierung im Bundestagswahlkampf 2002 nachweisbar?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/24422

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