Microfinance. Die Erfahrungen in Entwicklungsländern


Diploma Thesis, 2003

95 Pages, Grade: 2,7


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

1. Kapitel: Einleitung

2. Kapitel: Arten von Microfinanceangeboten
2.1 Kredite:
2.1.1 Individuelle Kredite
2.1.2 Gruppenorientierte Kredite:
2.2. Sparen:
2.2.1 Verpflichtendes Sparen:
2.2.2 Freiwilliges Sparen:
2.3 Versicherungen:

3. Kapitel: Die Nachfrageseite von Microfinance und die Analyse des Kreditmarktes für Kleinkredite
3.1 Die Nachfrageseite von Microfinance
3.2 Ursachen für ein kaum vorhandenes Angebot
3.2.1 Unterlassene Finanzmarktreformen
3.2.2 Asymmetrische Information
3.2.2.1 Adverse Selektion
3.2.2.2 Moral Hazard
3.2.3 Transaktionskosten
3.3 Das Modell von Stiglitz und Weiss
3.4 Erweiterungen von Tschach zum Stiglitz/Weiss-Modell

4. Kapitel: Volkswirtschaftliche Auswirkungen von Microfinance
4.1 Auswirkungen für das jeweilige Entwicklungsland
4.2. Auswirkungen für Industrieländer
4.3. Schlussfolgerungen für EL und IL

5. Kapitel: Erkenntnisse am Beispiel Bolivien und Indonesien
5.1 Erfahrungen in Bolivien 5.2 Erfahrungen in Indonesien

6. Kapitel: Markteintritts- und Marktabdeckungsstrategien
6.1 Institutionalisierung
6.1.1 Downgrading
6.1.2 Upgrading
6.2 Marktabdeckungsstrategien:
6.2.1 Sprinklerstrategie:
6.2.2 Wasserfallstrategie:

7. Kapitel: Ausblick und Schlusswort

ANHANG 1 ñ 20

Literaturverzeichnis:

Abbildungsverzeichnis:

Abbildung 1: Effekte der adversen Selektion

Abbildung 2: Renditefunktion der Bank

Abbildung 3: Das Modell von Stiglitz und Weiss

Abbildung 4: Die zentralen Aussagen von Stiglitz/Weiss (1981)

Abbildung 5: Die Abhängigkeit der Kapitalrendite von der Unternehmensgröfle

Abbildung 6: Die Kosten des Kreditangebots der Banken

Abbildung 7: Die Wirkungen gesetzlicher oder intrinsischer Höchstzinssätze auf die Kreditvergabe

Abbildung 8: Das Kreditangebot der Banken im erweiterten Stiglitz/Weiss Modell

Abbildung 9: Das Kreditangebot der Banken bei asymmetrischer Informationsverteilung

Abbildung 10: Die Wirkung sinkender TK durch stärkere ausl. Konkurrenz

Abbildung 11: Pfändungskosten und Kreditangebot der Banken

Abbildung 12: Die Kreditangebotsfunktion des formellen und informellen Finanzsektors

Abbildung 13: Die Wirkungen einer Erhöhung des Sparens

Abkrzungsverzeichnis :

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Kapitel: Einleitung

Spätestens seit Muhammad Yanus es 1976 in Bangladesch im Laufe einer Studie schaffte, Kredite an die ärmsten Bevölkerungsschichten zu vergeben und dabei Rücklaufquoten von unglaublichen 98% zu erreichen, hat sich in der Fachpresse der Begriff Microfinance schnell herumgesprochen.

Microfinance wird daher oftmals gleichbedeutend mit dem Begriff Mikrokredit verwendet, obwohl unter Microfinance ein breites Angebot an Mikrofinanzdienstleistungen, wie beispielsweise Kredit-, Spar- oder auch Versicherungsangeboten an Mikrokunden, verstanden wird.1 Dieses Angebot wird ausführlicher im 2. Kapitel dargestellt. Der Microfinancemarkt umfasst neben dieser Angebotsseite auch die Nachfrageseite nach Microfinaceprodukten. Diese Nachfrage wird im 3. Kapitel erläutert. Auf eine quantitative Abgrenzung des Markes wird verzichtet, da dies von Land zu Land variiert.

In dieser Arbeit liegt das Hauptaugenmerk auf dem Kreditmarkt und deshalb werden die Auswirkungen bezüglich der Kreditrationierung vertieft aufgezeigt.2

Mit der erfolgreichen Pionierarbeit von Yanus wuchs die Hoffnung, man hätte endlich ein probates Mittel, die Armut auf der Welt in ihre Schranken zu verweisen. Die Arbeit der aus diesem Projekt hervorgegangenen Grameen Bank galt jahrelang als erfolgreicher Benchmark für Nachahmer in vielen Ländern der Welt. Schmerzhafte Erfahrungen haben diese Nachahmer vor allem in Südamerika erlitten, da sich eine einfache Kopie der Grammen Bank für die dortigen Rahmenbedingungen als kaum praktikabel erwies. Diese und weitere schmerzhafte Erfahrungen haben zu einem Umdenken im Bereich Microfinance geführt.

In den 90er-Jahren führten heftige Debatten zu der Aufspaltung in zwei Lager, in das institutionelle und das wohlfahrtsorientierte Lager.3 Das wohlfahrtsorientierte Lager verfolgt einen sehr sozialen Ansatz, der Microfinance gerne sehr stark subventioniert sähe, da diese Subventionen ja den ƒrmsten der Armen zugute kämen.

Mit gezielten Angeboten, die neben Krediten und Sparen auch Schulungen und Bildungsmaflnahmen einschlieflen, sollte den ƒrmsten der Armen eine Möglichkeit gegeben werden ihre Armut zu verlassen und ihr Leben menschenwürdig zu gestalten.

Zu diesem Ansatz zählt auch die Grameen Bank, deren Erfolg in einer Untersuchung eher kritisch hinterfragt wird.1 Die Pionierleistung der Grameen Bank soll auf keinen Fall geschmälert werden, doch ist dieser wohlfahrtsorientierte Ansatz nicht geeignet die Armut global zu bekämpfen, da die Mittel in diesem Bereich nur begrenzt flieflen und man somit mit groflen Subventionssummen längerfristig nicht rechnen kann.

Der institutionelle Ansatz demgegenüber sieht vor Anbieter aufzubauen und zu unterstützen, damit diese sich dauerhaft als Institutionen etablieren können und dauerhaft den Armen zur Verfügung stehen.2 Dieser Ansatz verfolgt einen klar marktwirtschaftlichen Aspekt, da diese Institutionen um dauerhaft überlebensfähig sein zu können, gewinnorientiert arbeiten müssen. Nach einer Anschubfinanzierung und der erfolgreichen Etablierung wird die MFI vollständig subventionsfrei im Markt agieren müssen.

Persönlich schliefle ich mich klar dem institutionellen Ansatz an, da ich überzeugt bin, dass die weltweite Nachfrage nach Microfinance langfristig nur bedient werden kann, wenn MFI selbstständig und profitabel arbeiten können. Nur dies kann global und nachhaltig zu einer Verringerung der Lücke zwischen Angebot und Nachfrage nach Microfinance führen und damit dann auch zu einer nachhaltigen Senkung der Armut weltweit. Ob diese Sichtweise reine Wunschvorstellung ist, oder ob es doch wirklich Realität werden könnte, wird sich zeigen. Erste ernsthafte Erkenntnisse konnte man schon in einigen Entwicklungsländern ziehen.

Mit meiner Arbeit möchte ich dem interessierten Leser einen ersten ernsthaften ‹berblick über die Thematik Microfinance bieten.

Beginnend wird im 2. Kapitel ein ‹berblick über die Angebotsseite von Microfinance verschafft, der über Kredite hinausgeht.

Anschlieflend wird ein Blick auf die Nachfrageseite und die theoretischen Gründe für eine Unterversorgung grofler Teile der Weltbevölkerung mit Krediten geworfen.

Zur Verdeutlichung wird ein Modell von Stiglitz und Weiss aus dem Jahre 1981 kurz vorgestellt. Dieses Modell wird anschlieflend ausführlich mit den Erweiterungen von Tschach aus dem Jahre 1998 vertieft. In diesem 3. Kapitel werden die Hauptgründe für eine Kreditunterversorgung ausführlich erarbeitet. Mit dem Verständnis der theoretischen Seite wird im 4. Kapitel die volkswirtschaftliche Bedeutung des Microfinancemarktes verdeutlicht. Menschen in den reicheren Ländern, aber auch kritischen Geistern in den Entwicklungsländern soll hier eine plausible und logische Argumentationskette aufgezeigt werden, warum neben internationalen Entwicklungsgesellschaften und privaten Banken auch Staaten mittels Entwicklungshilfezahlungen in den Microfinancebereich investieren sollten.

Im 5. Kapitel werden exemplarisch an zwei Beispielen die Erfahrungen des institutionellen Ansatzes in Entwicklungsländern verdeutlicht. Als Beispiele wurden Bolivien und Indonesien gewählt, da diese Länder sehr erfolgreiche Beispiele in diesem Bereich sind, obwohl sie sich von ihren wirtschaftlichen und kulturellen Ausgangsdaten kaum stärker unterscheiden könnten. Genauer wird dabei auf die Entwicklung der MFI von BancoSol in Bolivien und Bank Rakyat Indonesia in Indonesien eingegangen. Das 6. Kapitel soll als betriebswirtschaftlicher Teil dieser Arbeit strategische Möglichkeiten für erfolgreiche MFI aufzeigen. Dabei werden verschiedene Markteintritts- und Marktabdeckungsstrategien erläutert.

Beendet wird die Arbeit mit dem Schlusswort und einem Ausblick für das Themengebiet.

2. Kapitel: Arten von Microfinanceangeboten

Die Angebote, die MFI ihren Kunden bieten sollten, erstrecken sich über Kredite hinaus. Kredite sind ein erster guter Schritt, doch müssen weitere Angebote folgen, um Menschen die gesamten Vorteile einer MFI zugute kommen zu lassen. In diesem Kapitel werden verschiedene Kreditvergabeverfahren unterschieden und anschlieflend auch verschiedene Sparangebote aufgezeigt. Den Abschluss bilden Versicherungen als noch relativ junges Segment von Angeboten. Natürlich können weitere Angebote wie inländischer und ausländischer Geldtransfer oder Kredit- und Debitkarten als Angebote aufgenommen werden, doch ist dies je nach Entwicklung des jeweiligen Landes und Finanzmarktes spezifisch zu unterscheiden. In dieser Arbeit werden die grundlegenden Angebote erläutert.

2.1 Kredite:

Kredite stellen das Hauptprodukt der MFI. Der Zugang zu adäquaten Krediten bietet vor allem für Mikrounternehmen eine Fülle von Vorteilen. Man kann profitable Investitionen tätigen und daraus Gewinne erwirtschaften, man kann neuere Technologien in den Betrieb einführen, man kann das Kleingeschäft expansiv nach vorne bringen, man kann die wirtschaftlichen Tätigkeiten erweitern und streuen, man kann externen Schocks besser begegnen und die Risikoanfälligkeit senken, man reduziert die Abhängigkeit von Krediten des informellen Sektors und kann dadurch die Rentabilität von Investitionen erhöhen.1 All dies zeigt auf, wie wichtig der Kreditzugang ist.

Bei der Kreditvergabe lassen sich zwei Verfahren unterscheiden. Zuerst das auch in westeuropäischen Ländern gängige individuellbasierte Kreditverfahren. Bei diesem Verfahren erhält der Antragsteller nach erfolgreicher Prüfung des Kreditantrages einen Kredit.

Im Gegensatz zu diesem Verfahren erhält im gruppenorientierten Verfahren kein einzelner Antragsteller, sondern nur eine Gruppe nach erfolgreicher Kreditprüfung einen Kredit.

2.1.1 Individuelle Kredite

Bei der individuellen Kreditvergabe lassen sich zwei Varianten unterscheiden.1 Man unterscheidet das konventionelle Kreditverfahren und das unkonventionelle Kreditverfahren. Das konventionelle Verfahren ist das gängige Verfahren für Volkswirtschaften mit schon entwickeltem Finanzsektor. Die Zusage eines Kredits hängt vom Vorhandensein und der Bewertung von Besitzständen des Antragstellers ab. Die Bonität des Kreditnehmers wird mittels einer Analyse seines Vermögens ermittelt, darunter fallen auch imaginäre Vermögensgegenstände wie etwa Lizenzen. Der Ansatz ist i.d.R. bilanzen- und dokumentenorientiert. Die Kreditgeschichte des Kreditnehmers flieflt als qualitativer Aspekt in die quantitative Analyse mit ein. Den Groflteil der Analyse stellt die ‹berprüfung des Wahrheitsgehaltes der Daten des Kreditnehmers dar. Dieser Ansatz hat sich in Entwicklungsländern für die Zielgruppe der Klein- und Kleinstbetriebe als völlig ungeeignet gezeigt.

Die Gründe für das Versagen liegen auf der Hand. Viele Betriebe sind nicht offiziell registriert und unterliegen auch nicht der Pflicht der Aufstellung einer Bilanz. Der wichtigste Grund für das Versagen dieses Kreditverfahrens beruht auf dem Nichtvorhandensein von gängigen Banksicherheiten wie Grund und Boden, Maschinen oder aber auch einer Kreditgeschichte.

Wegen diesen Umständen wurde von Praktikern der unkonventionelle Ansatz entwickelt. Dieser Ansatz geht über den konventionellen hinaus. Zur Kreditanalyse werden ebenfalls quantitative Aspekte einbezogen, soweit diese vorhanden sind. Bei Bedarf erfolgt dann noch eine Kreditprüfung beim Kreditnehmer vor Ort, d.h. in Geschäftsräumen und unter Umständen auch im privaten Wohnbereich des Kreditnehmers.

Ziel dieses Vorgehens ist es, eine physische Bestandsaufnahme der vom Kreditnehmer angeführten Sicherheiten zu ermöglichen und viel wichtiger noch die Lebensumstände des Kreditnehmers zu untersuchen.

Aus den Lebensumständen lassen sich wichtige Rückschlüsse über das soziale Verhalten und die Vertrauenswürdigkeit des Kreditnehmers gewinnen. Es lassen sich somit weit mehr qualitative Aspekte in die Analyse einbringen.

Indem der Kreditnehmer diesen für ihn unangenehmen Prozess zulässt, erzeugt er einen stärkeren Signallingeffekt und macht der Bank deutlich, dass er ein guter Kreditnehmer sein möchte. Durch dieses Verhalten wird das Risiko der adversen Selektion für die Bank gesenkt. Als Banksicherheiten werden dann neben Schmuck auch Gegenstände der Wohnungseinrichtung wie bspw. der Fernseher oder die Couch, genommen. Diese Gegenstände haben normalerweise keinen ausreichenden monetären Gegenwert um den Kredit zu sichern. Sie haben mehr einen psychologischen Erziehungszweck, da dem Kreditnehmer bewusst gemacht wird, dass auch er etwas zu verlieren hat, wenn er seinen Kredit nicht zurückbezahlt. Dies reduziert den moral hazard nach Vertragsabschluss. Wichtig ist vor allem der Umstand, dass in diesem Verfahren neben rein quantitativen Aspekten weitaus mehr qualitative Aspekte in die Analyse mit eingehen.

Verbunden mit den normalen Strafmaflnahmen bei der Nichteinhaltung von Kreditverpflichtungen und einer regelmäfligen ‹berwachung der Kreditverpflichtungen ergibt sich eine signifikante Absenkung des Moral- Hazard-Risikos bei der Kreditvergabe durch dieses Verfahren. Man sollte nicht aufler Acht lassen, dass die Erfüllung der Kreditverpflichtung neben der finanziellen Möglichkeit zu dieser auch mindestens im gleichen Verhältnis von der intrinsischen Motivation des KN abhängt.1 Der unkonventionelle Ansatz ist im Vergleich zum konventionellen Ansatz mit sehr hohen Kosten pro Kreditvergabe verbunden. Elementares Ziel der MFI muss es also sein diese Transaktionskosten soweit wie möglich zu senken. Durch die Technologierevolution der vergangenen Jahre und Jahrzehnte ist dies durchaus möglich und kein theoretisches Hirngespinst mehr.

Trotz aller Bemühungen wird das Kostenniveau der Bank mit unkonventioneller wohl über dem Kostenniveau einer vergleichbaren Bank mit konventioneller Kreditvergabe liegen. Dies impliziert, dass diese Bank höhere Zinsen und/oder Gebühren verlangen werden muss, um die finanzielle Vitalität der Bank nicht zu gefährden.

Aus Sicht des Kreditnehmers stellen hohe Zinsen einen negativen Aspekt dar. Verdeutlicht man sich jedoch die Alternativen, nämlich gar keinen Kredit zu S.124 erhalten oder sich den Kredit im informellen Sektor zu horrenden Preisen zu besorgen, so relativiert sich dies schnell wieder.

Im informellen Sektor Ñinterest rates are sometimes well over 100 per cent per year, but in other cases they are more reasonable and may be little higher than the rates charged by the formal microfinance institution.ì1

Die Bank muss ihr Preisniveau für ihre Dienstleistungen marktwirtschaftlich kalkulieren. Eine Bank, die Kredite subventioniert, um den Armen zu helfen, und dabei nicht kostendeckend arbeitet, ist auf das Wohlwollen ihrer Gönner angewiesen. Sie kann sich nicht als dauerhafte Institution etablieren und wird als solche auch überhaupt nicht ernst genommen. Gute Vorreiter haben es geschafft die Kosten auf ein durchaus akzeptables Niveau von 20 - 30% zu senken.

Erweitern lassen sich beide Kreditvergabe-Verfahren durch eine intertemporale Komponente, indem dem Kreditnehmer nach erfolgreicher Rückzahlung seines ersten Kredits ein neuer, noch höher datierter, in Aussicht gestellt wird. So lassen sich durch geringere Kredite zu Beginn der Zusammenarbeit der Bank und des Kunden die Ausfallrisiken der MFI und die Informationsasymmetrien abbauen. Der Kunde baut mittelfristig eine Kreditgeschichte bei der MFI auf, sodass die Kosten für die Analyse und ‹berwachung des Kunden sinken, da ein Kunde, der mehrfach seine Kredite pünktlich zurückgezahlt hat, als guter Kunde akkreditiert ist und somit ein geringeres Kreditausfallrisiko genieflt. Die Risikokosten der Bank sinken.

2.1.2 Gruppenorientierte Kredite:

Gruppenorientierte Kredite unterscheiden sich vom individuellen Verfahren darin, dass Kredite nicht an Einzelne, sondern an eine Gruppe gezahlt werden.

Es lassen sich drei gängige Varianten unterscheiden.2

Die Gruppe agiert im ersten Fall als finanzieller Intermediär. Sie erhält von der Bank einen Kredit, für den sie auch gegenüber der Bank haftbar ist, und vergibt dieses Geld eigenverantwortlich an die Mitglieder der Gruppe. Hier werden alle elementaren Bankverpflichtungen an die Gruppe übertragen.

Bei der zweiten Variante erfüllt die Gruppe den Zweck der gegenseitigen Kreditsicherung. Darunter versteht man, dass, falls einzelne Gruppenmitglieder ihre Kredite nicht zurückbezahlen, die anderen Gruppenmitglieder diese Kredite bezahlen müssen oder in abgeschwächter Form das Recht auf zukünftige Kredite verlieren. Dies veranlasst die Mitglieder die gegenseitige ‹berwachung zu verstärken und senkt somit die Informationsasymmetrien und Ausfallrisiken für die Bank.

In der dritten Variante übernimmt die Gruppe die Funktion eines sozialen Netzwerkes. Die Mitglieder der Gruppe sollen sich zusammengehörig fühlen und einen sog. Teamspirit entstehen lassen, das heiflt aber auch, dass die Gruppenmitglieder ähnliche Ziele und Interessen haben müssen. Das Zugehörigkeitsgefühl zur Gruppe erzeugt einen starken Gruppenzwang und einen moralischen Aspekt, die Verpflichtungen gegenüber der MFI zu erfüllen. Will ein Mitglied solch einer Gruppe seinen Kredit nicht zurückzubezahlen, so erleidet er einen Imageverlust innerhalb der Gruppe und wird wahrscheinlich auch aus ihr ausgeschlossen. Um dies zu vermeiden, wird er alles versuchen, um seine Verpflichtungen zu erfüllen. Die intrinsische Motivation zur Zahlungswilligkeit steigt dadurch stark an.

Bemerkenswert ist, dass selbst der Vorreiter des gruppenorientierten Ansatzes die Grameen Bank in Bangladesch mittlerweile von den harten sozialen Sanktionsmechanismen abweicht und ein neues Programm Grameen 2 gestartet hat.1 Bei diesem werden keine Gruppen mehr benötigt und einzelne Personen können bei Problemen den Kredit neu verhandeln, sie können die Kreditlaufzeit verlängern und somit die monatliche finanzielle Belastung senken. Sollten sie dennoch den Kredit nicht zurückbezahlen können, so werden sie auch keine neuen Kredite bekommen, bis sie den alten vollständig zurückbezahlt haben.

Ihr soziales Ansehen wird bei Nichterfüllung der Kreditverpflichtungen weiterhin stark leiden, da die Grameen Bank eine sehr starke soziale Nähe zu ihren Kunden aufgebaut hat und als Mitglied der ÑDorfgemeinschaftì angesehen wird. Wird eine Verpflichtung gegenüber der Grameen Bank nicht ausgeführt, so gilt dies als eine nicht ausgeübte Verpflichtung gegenüber der Dorfgemeinschaft. Dieses Verfahren hat vor allem in Südamerika keine Früchte getragen, da dort in Groflstädten Menschen in Gruppen zusammengeschlossen wurden, die privat

kaum etwas miteinander zu tun hatten. Aus diesem Grund konnten die sozialen Sanktionsmechanismen nicht greifen.

2.2 Sparen:

Sparen galt und gilt immer noch als Ñthe forgotten half of rural financeì.1

Ob arme Menschen überhaupt sparen können und wollen, wurde lange Zeit kontrovers diskutiert. Die Praxis zeigt jedoch eindeutig, dass Arme sparen wollen und dies auch können. Man muss sich bewusst machen, dass einseitig nur Kreditangebote nicht ausreichen, um den Wohlstand der Armen zu erhöhen. Sparen bietet eine Vielzahl von Vorteilen. Allen voran erfüllt es die Funktion der Wertaufbewahrung. Sparen ermöglicht durch eine positive Verzinsung einen Vermögenszuwachs. Dadurch steigt die Eigenkapitalbasis und man kann dadurch Projekte oder auch neuere Technologien zu einem gröfleren Teil selber finanzieren. Sparen ermöglicht eine bessere intertemporale Konsumglättung. Die Anfälligkeit externer Schocks kann gesenkt werden und auch die Ressourcenallokation kann verbessert werden. Durch eine bessere Eigenkapitalbasis sinkt die Abhängigkeit von Krediten aus dem informellen Sektor.2 All diese Vorteile führen zu einer Verbesserung der Lebensumstände und zu einer geringeren Armut. Allgemein lässt sich formulieren, dass Sparen den Armen noch mehr nützt, da jeder Mensch aus Banksicht Ñsparwürdigì sein sollte, wohingegen nicht jeder kreditwürdig ist. Ferner sind nicht alle Armen unternehmerisch tätig, sodass Kredite für sie attraktiv wären. Sparen hingegen wollen viel mehr Menschen.3

Bei Sparangeboten lassen sich zwei grundlegende Ansätze unterscheiden, das verpflichtende und das freiwillige Sparen.

2.2.1 Verpflichtendes Sparen:

Beim verpflichtenden Sparen wird für eine Leistung der Bank ein bestimmter Betrag für den Kunden angelegt. Bei der Kreditvergabe wird ein fixer Betrag oder ein prozentualer Anteil des Kredites nicht ausbezahlt, sondern verbleibt bei der Bank und wird auf ein Sparbuch des Kunden eingezahlt und dort verzinst.

Dieses Geld ist normalerweise für die Laufzeit des Kredites für den Kunden nicht erreichbar, d.h., er hat erst Zugriff auf sein Geld, wenn der Kredit vollständig zurückbezahlt wurde. Wird der Kredit nicht vollständig zurückbezahlt, wird das Sparguthaben als Sicherheit bei der Bank verbleiben. Es dient somit auch der Sicherung des Kredites. Aus diesem Grund empfinden die meisten Kunden dies auch als zusätzliche Gebühr, die sie für ihren Kredit bezahlen müssen.

Neben dieser Sicherungsfunktion soll das verpflichtende Sparen eine Erziehungsfunktion wahrnehmen und den Kunden die Vorteile des Sparens näher bringen, nebenbei wird das Sparbuch noch verzinst, d.h., es kommt zu einem wenn auch kleinen Vermögenszuwachs.

2.2.2 Freiwilliges Sparen:

Im Gegensatz zum oben beschriebenen Sparen hat das freiwillige Sparen keinen verpflichtenden Charakter. Grundannahme ist: Arme wollen und können sparen. Die Bank muss Sparangebote anbieten, die den Bedürfnissen der Armen am besten entsprechen. Es gibt hierbei verschiedene Möglichkeiten, wie bspw. Sparbücher, zielorientierte Sparverträge oder aber auch einfach sichere Schlieflfächer. Sparbücher bspw. bieten den Kunden die Möglichkeit ihr Geld in eine sichere Institution zu geben und somit gegen Raub und Verlust zu schützen, des Weiteren kann damit leichter über den intertemporalen Konsum entschieden werden. Das Kapital generiert eine positive Verzinsung und dies führt zu einem Vermögenszuwachs, der stärkeren Konsum in der Zukunft ermöglicht.

2.3 Versicherungen:

Ein sehr junges Feld der Microfinanceangebote ist das Feld der Versicherungen. Es gibt nur sehr wenige Informationen über den Erfolg oder Misserfolg von Versicherungen im Microfinancesektor. Eines ist sicher: Versicherungen werden auch unter den armen Bevölkerungsschichten nachgefragt, denn auch Versicherungen können ihren Nutzen erhöhen. Sie bieten Schutz gegen Schocks oder Verluste und tragen somit zu einer Risikoreduzierung bei. Die MFI müssen Versicherungen den Bedürfnissen der Kunden anpassen. Die Kreditversicherung hat sich in zahlreichen MFI etabliert. Gegen eine geringe Gebühr, die bspw. jährlich gezahlt wird, sichert ein Kreditnehmer seine Familie vor Kreditrückzahlungsforderungen bei seinem Ableben. Der Kredit wird dann aus diesem Sicherungsfond bezahlt und die Familie bleibt schuldenfrei. Diese Art der Versicherung hilft dem KN, da er seine Familie dadurch absichern kann und der Bank, da sie im Todesfall des KN schnell an Gelder des Sicherungsfonds gelangt, sie ist also auch gegen einen Ausfall des Kredites bei Todesfall abgesichert.

Grundlegend sollte man sich Gedanken machen, ob nicht auch die Einführung alternativer Instrumente in diesem Markt Sinn machen. So könnten Wetterderivate ein durchaus lukratives Angebot für Bauern sein, da diese sich dadurch gegen schlechtes Wetter und daraus folgende Einnahmeausfälle absichern könnten. Vor allem in Gegenden mit starken Wetterschwankungen dürfte dieses Angebot eine rege Nachfrage entfachen und für MFI durchaus lukrativ und interessant sein.

3. Kapitel: Die Nachfrageseite von Microfinance und die Analyse des Kreditmarktes für Kleinkredite

÷konomen scheint es oftmals nicht einleuchtend, warum es zu keiner Bedienung der Nachfrage kommt, wenn weltweit eine enorme Nachfrage nach diesen Dienstleistungen vorhanden sein soll. Nach dem World Development Report 2003 der Weltbank leben heute noch 2,8 Milliarden Menschen mit weniger als 2 Dollar pro Tag, davon 1,2 Milliarden Menschen immer noch mit weniger als einem Dollar pro Tag.1

Diese Menschen haben eine Nachfrage nach Finanzdienstleistungen, die kaum erfüllt wird. ÑAbout 90 percent of the people in developing countries lack of financial services from institutions, either for credit of for savings.ì2 Wären die klassischen Annahmen des Marktes erfüllt, d.h. handle es sich um einen vollkommen Markt, so würden über den Preismechanismus Angebot und Nachfrage ausgeglichen und es käme zu keiner Rationierung. Hier soll dies am Beispiel der Kreditrationierung verdeutlicht werden.

Das in der Realität zu beobachtende Phänomen des Ausschlusses von Teilen der Gesellschaft vom Finanzdienstleistungsmarkt lässt vermuten, dass hier der Markt nicht reibungslos funktioniert. In diesem Kapitel werden die wichtigsten Gründe für dieses Marktversagen verdeutlicht und zum Abschluss des Kapitels wird das Modell von Stiglitz und Weiss erläutert, welches von Tschach noch entscheidend erweitert wurde. Dieses Modell stellt ein stabiles theoretisches Gerüst für das Verständnis der Kreditrationierung dar.

3.1 Die Nachfrageseite von Microfinance

Zu Beginn soll verdeutlicht werden, wer die Nachfrager von Microfinanceangeboten sind. Allgemein lässt sich sagen, alle Teile der Bevölkerung, die keine oder keine ausreichende Versorgung mit Finanzdienstleistungen erhalten.

In den folgenden Unterpunkten dieses Kapitels wird gezeigt, weshalb es dazu kommt, dass Menschen keinen Zutritt zum Finanzmarkt erhalten.

Dies sind vor allem Gruppen, die in einer Gesellschaft an den Rand der Bedeutungslosigkeit gedrückt werden. Frauen führen in weiten Teilen der Welt ein Schattendasein. Sie leben in patriarchalischen Gesellschaften und dürfen nur begrenzten Tätigkeiten nachgehen. Aber auch Klein- und Kleinstbetriebe erhalten oftmals aufgrund ihrer Gröfle keinen ausreichenden Zugang zum Kreditmarkt, da sie bspw. keine ausreichenden Sicherheiten aufbringen oder Banken ihr Risiko nicht richtig einschätzen können. Menschen in ländlichen Gegenden haben oftmals einfach gar keine Bank in ihrer Nähe, sodass sie vollständig vom Finanzmarkt ausgeschlossen sind. Alle diese Gruppen haben Eines gemeinsam: Sie wurden bisher als nicht bankwürdig angesehen. Sie bilden die Nachfrage nach Microfinance.1

Diese Arbeit beschäftigt sich hauptsächlich mit der Zielgruppe der wirtschaftlich tätigen Armen, Klein- und Kleinstunternehmern, da diesen eine Schlüsselstellung in der weiteren Entwicklung der jeweiligen Volkswirtschaft zukommt und diese dazu beitragen können die Armut nachhaltig zu senken. Schafft man es, diese Gruppe mit adäquaten Angeboten zu bedienen, so schafft dies Wachstumsimpulse und führt zu mehr Beschäftigung und somit zu einem steigenden Nettosozialprodukt.

Ob man ökonomisch die ƒrmsten der Armen, die dazu nicht unternehmerisch tätig sind, kostendeckend mit Microfinanceangeboten bedienen kann, wird in dieser Arbeit nicht erläutert. Man kann aber auf jeden Fall zeigen, dass auch die ƒrmsten der Armen profitieren, wenn man den Unternehmern mit Microfinanceangeboten hilft. Diese können dann durch Investitionen besser neue Arbeitsplätze schaffen. Diese Arbeitsplätze werden auch mit Menschen aus den ärmsten Bevölkerungsschichten besetzt, da ihr Lohn meist sehr niedrig ist. Somit führt eine Verbesserung der Situation der unternehmerischen Armen zu einer Verbesserung der Lebensumstände der anderen Armen und sogar der ƒrmsten der Armen. Durch ein geregeltes Einkommen können sie dann auch selbst die Angebote nutzen.2

Diesen Mikrounternehmen kann ein verbesserter Zugang zum Finanzmarkt helfen ihr Geschäft profitabler und sogar gesetzeskonformer zu machen, da Mitarbeiter dann auch offiziell beschäftigt werden können und nicht mehr illegal. Dies führt auch zu einer Steigerung der Steuerabgaben, von der die ganze Bevölkerung profitiert.

Da dem Kreditmarkt in dieser Hinsicht eine Schlüsselstellung zukommt, wird ihm in dieser Arbeit auch das Hauptaugenmerk geschenkt, da Ñit is the availability of capital and not ist cost that determines the level of investmentì.1

3.2 Ursachen für ein kaum vorhandenes Angebot

Dieses Teilkapitel soll aufzeigen, weshalb es zu einer Kreditunterversorgung und Kreditrationierung in vielen Entwicklungsländern kommt.2 Sparangebote werden im Zuge sinkender Kreditrationierung stärker angeboten, so dass eine Analyse der Unterversorgung mit Sparangeboten in dieser Arbeit ausgeblendet wird.

3.2.1 Unterlassene Finanzmarktreformen

In den meisten Ländern der Welt sind in der vergangenen Dekade grofle Anstrengungen getätigt worden, um den Finanzmarkt zu reformieren. Zu einer Finanzmarktreform gehört zu aller erst die Einführung eines zweistufigen Bankensystems, d.h. die Abkehr vom einstufigen Bankensystem. Die Liberalisierung der Zinshöhe ist für den Mikromarkt von elementarer Bedeutung. MFI müssen höhere Zinsen verlangen können, um eine kostendeckende Tätigkeit zu gewährleisten. Dauerhaft defizitäre Banken werden nicht am Markt bestehen bleiben und somit würde es erneut zu einer Unterversorgung des Mikromarktes kommen.

Subventionierte Kredite sollten ebenfalls überdacht werden, da diese zu einer Verzerrung des Marktes führen, und sich potenzielle Nutzniefler dieser subventionierten Kredite daran gewöhnen und spätere Microfinanceangebote als zu teuer ablehnen werden. Ebenfalls sollte eine Begrenzung des Kreditvolumens abgeschafft werden. Als wichtigsten Liberalisierungspunkt sehe ich jedoch neben diesen Aspekten, die ÷ffnung des heimischen Kapitalmarktes für ausländische Banken an. Dies mag natürlich die heimischen Banken nicht erfreuen, doch zeigt sich, dass Konkurrenz immer noch der beste Motor für Preissenkungen und Innovationen ist. Einheimische Banken werden durch die ausländische Konkurrenz gezwungen, ihre Arbeit effizienter zu gestalten und ihre Kosten auf ein internationales Niveau zu senken. Durch diesen Druck und den Verlust von Marktanteilen an die ausländische Konkurrenz im klassischen Bankengeschäft werden die einheimischen Banken gezwungen, ihre Kundenbasis auszuweiten und neue Wege zu gehen, um weiterhin Gewinne erwirtschaften zu können. Durch die Liberalisierung und ÷ffnung des heimischen Finanzmarktes entstehen auch neue kleinere Banken, die sich gerade auf kleine Marktsegmente spezialisieren und dort ein profitables Geschäft suchen. Das Mikromarktsegment profitiert unheimlich von dieser ÷ffnung, da oftmals schon spezialisierte ausländische MFI den Markt entweder selbst betreten (Upgrading), oder aber einen einheimischen Partner zu einer spezialisierten MFI umwandeln (Downgrading). Diese beiden Strategien werden ausführlicher im 6. Kapitel besprochen.

3.2.2 Asymmetrische Information

Gäbe es keine Unterschiede im Informationsstand zwischen Bank und Kunden, so läge vollständige Information vor und jeder Kunde würde den seiner Risikoklasse entsprechenden Vertrag erhalten. In der Realität ergibt sich der Fall, dass Informationen oftmals überhaupt nicht beschafft werden können, oder die Beschaffung nur mit groflen Kosten möglich ist. Asymmetrische Information liegt vor, Ñwenn eine der an der Transaktion beteiligten Parteien einen niedrigeren Informationsstand hat als die andereì.1 Zeitlich kann dieser Informationsasymmetrie nun vor oder nach der Transaktion sein, danach unterscheidet man zwischen adverser Selektion und moral hazard.

3.2.2.1 Adverse Selektion

Adverse Selektion liegt vor, wenn aufgrund von Informationsasymmetrien die guten Kunden vor Vertragsschluss vom Markt verdrängt werden.2 Das klassische Lemons-Modell von Akerlof lässt sich mit leichter Abänderung auch auf den Kreditmarkt übertragen. Dies soll durch ein Beispiel verdeutlicht werden. Angenommen eine Bank habe zwei verschiedene Arten von Kunden, nämlich gute Kunden A und schlechte Kunden B. Die Kunden zahlen mit unterschiedlicher Wahrscheinlichkeit ihren Kredit zurück, wobei die Wahrscheinlichkeit von A p(A) gröfler ist als die Wahrscheinlichkeit von B p(B), also p(A) > p(B). Hätte die Bank nun vollständige Informationen bezüglich dieser Wahrscheinlichkeiten, so würde sie jedem Kreditnehmer den zu

seinen Risiken passenden Vertrag anbieten. A müsste

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

an Zinsen bezahlen, wobei aufgrund obiger Annahme

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Es ergeben sich also zwei Arten von Kreditverträgen mit unterschiedlichen Konditionen, oder anders ausgedrückt, es entstehen zwei Märkte, nämlich der Markt für gute und der Markt für schlechte Kunden. Es kommt zu keiner Kreditrationierung und Angebot und Nachfrage sind ausgeglichen. In der Realität herrscht allerdings keine vollständige Information zwischen den Partnern, es liegt asymmetrische Information vor. Die Bank kann keine guten Aussagen über die Wahrscheinlichkeiten p(A) und p(B) treffen. Im Ausgangszustand gehen wir von einem gleichen Anteil von A und B-Kunden aus. Die Bank wird allen Kunden die gleichen Konditionen anbieten, nämlich Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Aufgrund der für A höheren Kosten wird die Nachfrage von A-Kunden zurückgehen. Dies führt dazu, dass sich der Anteil von schlechten zu guten Kunden verschiebt und die Bank nun einen neu gewichteten Zinssatz anbieten muss, der noch höher ist als der vorherige, also für A-Kunden noch schlechter ist, sodass erneut A-Kunden vom Markt ausscheiden. Dieser Prozess setzt sich

solange fort, bis keine guten Kunden mehr im Markt vorhanden sind und die

schlechten dann

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

bezahlen müssen.

Der Markt für gute Kunden ist also völlig zusammengebrochen.1 Dieser Zusammenhang wird in Abb. 1 dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Effekte der adversen Selektion

Quelle Stiglitz/Weiss

Eine Bank kalkuliert die Höhe ihres Zinssatzes r anhand der Kosten, die der Bank entstehen. Hat die Bank relativ hohe Transaktionskosten, Risikokosten oder hohe Refinanzierungssätze, so wird auch der Zinssatz relativ hoch sein. Ist der Zinssatz r entsprechend hoch, so werden die guten Kunden überhaupt nicht als Nachfrager am Markt agieren, da ihre sicheren Projekte eine relativ kleine Rendite bringen.

Eine höhere Rendite lässt sich i.d.R. nur durch ein höheres Risiko erwirtschaften. Die sicheren Kunden werden also, wenn überhaupt, nur begrenzt Kredite nachfragen. Die Bank wird aufgrund dieser adversen Selektion ihren Zinssatz nach oben anpassen, um das höhere Ausfallrisiko der schlechten Kunden zu antizipieren.

[...]


1 Mikrofinanzinstitutionen sind demnach Institutionen, deren Hauptgeschäft es ist, solche Mikrofinanzdienstleistungen ihren Kunden zu bieten http://www.adb.org/Documents/Policies/Microfinance/microfinance0100.asp?p=microfnc Stand: 10.10.03

2 Berger M. : Microfinance: An Emerging Market within the Emerging Markets, S. 2

3 Woller G., Dunford C. und Woodworth W. : Where to Microfinance, S.30

1 Schmidt R. H. und Zeitinger C.-P. : Critical Issues in Small and Medium Enterprise Finance

2 Woller G., Dunford C. und Woodworth W. : Where to Microfinance

1 http://www.adb.org/Documents/Policies/Microfinance/microfinance0100.asp?p=microfnc Stand: 10.09.03

1 Schmidt R. H. und Zeitinger C.-P. : Critical Issues in Small and Microbusiness Finance, S.107ff.

1 Schmidt R. H. und Zeitinger C.-P. : Critical Issues in Small and Microbusiness Finance,S.124

1 Harper M. : Profit For The Poor: Cases in micro-finance, S.11

2 Schmidt R. und Zeitinger C.-P. : Critical Issues in Small and Microbusiness Finance

1 http://www.grameen-info.org/ Stand: 15.09.03

1 Robinson M. : The Microfinance Revolution, S.30

2 http://www.adb.org/Documents/Policies/Microfinance/microfinance0100.asp?p=microfnc Stand: 10.09.03

3 Im Anhang 10 ist dazu ein treffender Beitrag aus M. Robinsoní s The Microfinance Revolution eingefügt.

1 http://econ.worldbank.org/files/17949_i-26__00--Overview.pdf Stand: 16.08.03, S.1 und S.3

2 Robinson M. : The Microfinance Revolution, S. 9

1 Man darf nicht unberücksichtigt lassen, dass Menschen in verschiedenen Teilen der Welt aufgrund politischer, ethnischer, religiöser oder geschlechtlicher Merkmale diskriminiert werden und bislang möglicherweise völlig vom Finanzmarkt ausgeschlossen werden. Auch diese Gruppen gehören zur Nachfrageseite.

2 Robinson M. : The Microfinance Revolution, S.19

1 Greenwald B. , Stiglitz J. und Weiss A. : Informational Imperfections in the Capital Market and Macroeconomic Fluctuations, S.198

2 Der Microfinancemarkt kann nur sehr schlecht per Definition festgelegt werden und variiert von Land zu Land. Im Anhang 20 ist eine Definition der EU für Unternehmen eingefügt.

1 Heer B. : Vorlesungsskript: Geld, Banken und Finanzmärkte, S.50

2 Akerlof G. : The Market for Lemons: Qualitative Uncertainty and the Market Mechanism

1 Akerlof G. : The Market for Lemons: Qualitative Uncertainty and the Market Mechanism 21

Excerpt out of 95 pages

Details

Title
Microfinance. Die Erfahrungen in Entwicklungsländern
College
University of Bamberg  (Lehrstuhl für Internationale Wirtschaftsbeziehungen)
Grade
2,7
Author
Year
2003
Pages
95
Catalog Number
V24570
ISBN (eBook)
9783638274159
File size
2407 KB
Language
German
Notes
Mit meiner Arbeit möchte ich dem interessierten Leser einen ersten ernsthaften Überblick über die Thematik Microfinance bieten.
Keywords
Microfinance, Erfahrungen, Entwicklungsländern
Quote paper
Djordje Popovic (Author), 2003, Microfinance. Die Erfahrungen in Entwicklungsländern, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/24570

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Title: Microfinance. Die Erfahrungen in Entwicklungsländern



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