„The only really satisfactory way to dispose of „Peeping Tom“ would be to
shovel it up and flush it swiftly down the nearest sewer. Even the stench would
remain.”2
Mit diesen Worten kommentierte die Daily Tribune Michael Powell´s
PEEPING TOM, als er 1959 in London uraufgeführt wurde. Andere britische
Pressestimmen äußerten sich ähnlich empört über den heutigen
Filmklassiker. "I don't propose to name the players of this beastly picture,"3
schrieb The Observer4. Und selbst die deutsche Presse war sich einig: „Ein
von einigen formalen Qualitäten ummäntelter Gruselfilm, selber krankhaft
abwegig und peinlich geschmacklos. Abzuraten“ 5 meinte der Filmdienst im
Jahre 1961, nachdem Powells Film unter dem Titel AUGEN DER ANGST in
den deutschen Kinos anlief.
Der Film erzählt die Geschichte des jungen Mark Lewis (dargestellt von Karl-
Heinz Böhm), von Beruf Kameramann und Fotograf, der als Kind für die
pseudowissenschaftlichen Studien seines Vaters missbraucht wurde. Um die
Angstreaktionen von Kinder zu untersuchen, setzte der Vater den kleinen
Mark verschiedensten, künstlich provozierten Angstsituationen aus und
dokumentierte seine Reaktionen mit einer Filmkamera. Mark, der nun als
junger Mann noch immer unter dem Einfluss des inzwischen verstorbenen
Vaters steht, ist fasziniert von der Idee, die ideale Angst, die Angst vor dem
eigenen Tod in einem Dokumentarfilm festzuhalten. Er tötet Frauen und filmt
sie gleichzeitig dabei. Sein Mordinstrument ist eine 16mm Kamera, an der er
einen konkaven Spiegel und ein Messer montiert hat. Mordwaffe und
Dokumentationsinstrument sind also identisch. Durch den Spiegel sind die
Opfer gezwungen, ihrem eigenen Tod in die Augen zu blicken, wodurch sich
ihre Angst, ermordet zu werden, in die Angst vor dem eigenen Tod erhöht.
Mark tötet also auf grausamste Art und Weise, wird jedoch nicht als
perverser Mörder inszeniert sondern als Opfer seines Vaters. [...]
2 ebd., S. 69.
3 www.powell-pressburger.org/Reviews/60_PT/index.html
4 diese Zeitung wird im Film selbst thematisiert: Mark gibt sich als Journalist des Observer aus und
verweist damit indirekt auf den wort-wörtlichen Sinn des Zeitungsnamens
5 Cippitelli/ Dörrenbach, S.69.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung: „Cronique scandaleuse“
- 2. Der kinospezifische Voyeurismus
- 2.1 Die Situation des Subjekts im Kino
- 2.1.1 Die Apparatus-Theorie
- 2.1.2 Der Ansatz von Christian Metz
- 2.2 Blickstrukturen: Der Kinozuschauer als Voyeur
- 2.2.1 Diskursiver und narrativer Voyeurismus nach Christian Metz
- 2.2.2 Das „Feld des Sehens“ nach Jacques Lacan
- 2.2.3 Die Konzeption des Blicks bei Laura Mulvey
- 2.3 Zusammenfassung
- 3. Filmbeispiel: Michel Powells PEEPING TOM
- 3.1 Der voyeuristische Blick in PEEPING TOM
- 3.2 Die Rolle und Macht der filmischen Reflexion
- 3.3 Die Rezeptionssituation des Zuschauers
- 4. Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Hausarbeit befasst sich mit der Analyse von Michael Powells Film PEEPING TOM und dessen Rezeption im Kontext des voyeuristischen Blicks im Kino. Ziel ist es, die Ursachen für den Skandal, den der Film 1959 auslöste, zu untersuchen.
- Kinospezifische Voyeurismus-Strukturen
- Die Konstruktion des Zuschauerblicks
- Die Rolle der filmischen Reflexion
- Die Rezeptionssituation des Zuschauers
- Die Inszenierung des Mörders und seiner Geschichte
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beleuchtet die Einleitung und die Problematik von PEEPING TOM.
Kapitel zwei analysiert den kinospezifischen Voyeurismus und die Situation des Kinosubjekts, wobei die Theorien von Jean-Louis Baudry, Christian Metz, Jacques Lacan und Laura Mulvey im Fokus stehen.
Kapitel drei widmet sich dem Filmbeispiel PEEPING TOM und analysiert den voyeuristischen Blick, die Rolle der filmischen Reflexion sowie die Rezeptionssituation des Zuschauers.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Begriffen Voyeurismus, Reflexivität, Blickstrukturen, filmische Inszenierung, Rezeptionssituation, Zuschauerblick und Filmgeschichte.
- Arbeit zitieren
- Anne Klotz (Autor:in), 2004, Voyeurismus im Kino: Michael Powells PEEPING TOM, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/24786