[...] Diskursanalyse machte nun völlig kehrt, ließ diese Annahmen hinter sich und
suchte nach Strukturen, Regeln und Mechanismen der Sprache im tatsächlichen
Gebrauch, stürzte sich auf tatsächlich gesprochene Sprache und Konversationen und
arbeitete an der Erkenntnis, dass Sprache Handlung, soziale Praxis und in ihrer Gestalt
sehr wohl davon abhängig ist, wann sie wo und wie benutzt wird. Nähert man sich nun
diesem Feld und wirft einen unschuldigen Blick auf den weiten Begriff des Diskurses,
wird man mit einer Vielzahl verwirrender Strömungen konfrontiert, die allesamt den
Begriff aufgreifen. Man gerät an gesprächsanalytische Untersuchen ebenso wie an
links-emanzipatorische Unternehmen oder gar an jene Theorie, die seit über dreißig
Jahren die akademische Welt fachübergreifend beschäftigt: Michel Foucaults
Diskurstheorie. Die vorliegende Arbeit will einen Beitrag leisten, dieses weite Feld ein wenig zu
lichten und drei große Strömungen um den Begriff des Diskurses unterscheiden und exemplarisch vorstellen: die ‚klassische Diskursanalyse‘, die kritische Diskursanalyse
und die Diskurstheorie Foucaults. Die hier als ‚klassische Diskursanalyse’ gefasste
Strömung soll anhand der Arbeit von Schegloff und Sacks im Rahmen der
Konversationsanalyse und einem Beitrag von Labov zum verbalen Duellieren
vorgestellt werden. Die kritische Diskursanalyse findet ihre Repräsentation im Beispiel
von van Dijks Untersuchung „Prejudice in Discourse“ (vgl. van Dijk 1984) und
Foucaults weitgefasste Diskurstheorie soll besonders in seinem Konzept der
„Biomacht“ (vgl. Foucault 1999: ) Kontur erlangen.
Im Laufe der exemplarischen Erhellung dieser einzelnen Disziplinen soll zudem
die Frage gestellt werden, was sie warum leisten können und inwiefern sie miteinander
zu tun haben. In diesem Sinne läuft die Vorstellung der drei Strömungen, die in den
frühen Siebzigern mit Schegloffs Konversationsanalyse beginnt, in einen Vorschlag zur
ganz aktuellen Anwendung der Disziplinen in der heutigen Gegenwart aus und mag als
Grundlage dienen, das Augenmerk auf einen unbehaglichen Diskurs zu richten, der
auch und gerade aus Bochum massiv am Leben gehalten wird. Bevor wir jedoch dort
angelangen, begeben wir uns an den Start und entfalten den Weg der Diskursanalyse.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Klassische Diskursanalyse
- Konversationsanalyse
- Summons-Answer Sequences
- Question-Answer Sequences
- Turn Taking & Topic
- Verbales Duellieren
- Konversationsanalyse
- Kritische Diskursanalyse
- „Ideational Structure“ oder das dialektische Verhältnis von Sprache und Wirklichkeit
- Van Dijks Untersuchung zu „Prejudice in Discourse“
- „Topic Sequencing“ und „Topic Change“ als Rahmen zum Anbringen vorurteilsgeladener Meinungen
- Michel Foucaults Diskurstheorie
- „Biomacht“
- Fazit und Vorschlag
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit möchte die vielseitigen Strömungen innerhalb der Diskursanalyse beleuchten und drei wichtige Vertreter exemplarisch vorstellen: die klassische Diskursanalyse, die kritische Diskursanalyse und Michel Foucaults Diskurstheorie. Dabei werden die jeweiligen Ansätze in ihren Grundzügen dargestellt und ihre Relevanz für die Analyse von Sprache im Gebrauch verdeutlicht.
- Analyse von Sprache im Gebrauch und Kontext
- Untersuchung von sprachlichen Strukturen und Regeln
- Verknüpfung von Sprache mit gesellschaftlichen Praktiken
- Kritik an traditionellen Ansätzen der Sprachwissenschaft
- Analyse von Diskursphänomenen wie Konversationsanalyse und Vorurteilsforschung
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Diese Einleitung stellt die Diskursanalyse als ein weites Feld vor, das sich mit der Untersuchung von Sprache in ihrem tatsächlichen Gebrauch beschäftigt. Es werden verschiedene Strömungen innerhalb der Diskursanalyse angesprochen und die Arbeit soll einen Einblick in drei zentrale Bereiche bieten: die klassische Diskursanalyse, die kritische Diskursanalyse und die Diskurstheorie Foucaults.
- Klassische Diskursanalyse: Hier werden die Arbeiten von Schegloff und Sacks im Rahmen der Konversationsanalyse sowie Labovs Untersuchungen zum verbalen Duellieren als Beispiele für die klassische Diskursanalyse vorgestellt. Die Konversationsanalyse analysiert empirisch gesammelte Daten und untersucht, wie Sprache in Konversationen regelhaft verwendet wird. Der Abschnitt über Labovs Untersuchungen zum verbalen Duellieren kann auch als Untergebiet der Konversationsanalyse betrachtet werden.
- Kritische Diskursanalyse: In diesem Kapitel wird Van Dijks Untersuchung „Prejudice in Discourse“ als Beispiel für die kritische Diskursanalyse vorgestellt. Die kritische Diskursanalyse analysiert, wie Sprache zur Konstruktion von Vorurteilen und Diskriminierung beiträgt. Van Dijk untersucht dabei die Mechanismen, wie „Topic Sequencing“ und „Topic Change“ verwendet werden, um vorurteilsgeladene Meinungen in Diskursen zu platzieren.
- Michel Foucaults Diskurstheorie: Dieser Abschnitt befasst sich mit Michel Foucaults Diskurstheorie und konzentriert sich insbesondere auf das Konzept der „Biomacht“. Foucaults Diskurstheorie untersucht, wie Sprache Machtverhältnisse konstituiert und wie sie zur Kontrolle und Disziplinierung von Individuen eingesetzt wird. Der Begriff „Biomacht“ beschreibt die Macht über Leben und Tod, die durch Diskurse ausgeübt werden kann.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den zentralen Themen der Diskursanalyse, darunter Konversationsanalyse, verbales Duellieren, kritische Diskursanalyse, Vorurteile in Diskursen, Michel Foucaults Diskurstheorie und „Biomacht“. Die Analyse von Sprache im Gebrauch, sprachliche Strukturen und Regeln, Machtverhältnisse in Diskursen und die Verknüpfung von Sprache mit gesellschaftlichen Praktiken stehen im Vordergrund.
- Citar trabajo
- Oliver Uschmann (Autor), 2001, Von Paarsequenz bis Biomacht. Ein kleiner Ausblick auf das weite Feld der Diskursanalyse, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/24894