Einfluss und Strategien deutscher Spielfilmproduzenten der Gegenwart in Hinblick auf den kommerziellen Erfolg ihrer Kinofilme anhand ausgewählter Beispiele


Mémoire (de fin d'études), 2003

107 Pages, Note: 2,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung: Kalkulierter Gewinn vs. kalkulierbarem Erfolg

2. Der deutsche Spielfilm: Eine Erfolgsgeschichte?
2.1. Die Entwicklung des deutschen Films seit
2.1.1. Phase 1: Von den Anfängen bis
2.1.2. Phase 2: Deutscher Nachkriegsfilm und „Papas Kino“
2.1.3. Phase 3: Der neue deutsche Film
2.1.4. Phase 4: Die 80er Jahre bis zur Gegenwart
2.2. Der deutsche Spielfilmproduzent heute

3. Mit deutschen Filmproduktionen zu wirtschaftlichem Erfolg?
3.1. Definition des wirtschaftlichen Erfolgs
3.2. Erfolgsfaktoren deutscher Spielfilme
3.2.1. Genre und Inhalt
3.2.2. Produktionsbudget
3.2.3. Besetzung/Auswahl des Teams
3.2.4. Look des Films/Gestaltung
3.2.5. Pressearbeit/Marketing
3.2.6. Auswahl des Verleihs/Kopienanzahl

4. Der kommerzielle deutsche Kinoerfolg: Einfluss und Strategien seiner Produzenten
4.1. Der deutsche Erfolgsproduzent der Gegenwart und seine Methoden
4.1.1. Erläuterung zur Auswahl der Filme und Produzenten
4.1.1.1.MÄNNERPENSIONvon BojeBuck Produktion
4.1.1.2.ANATOMIEvon Claussen + Wöbke Film-
produktion und Deutsche Columbia
Pictures Filmproduktion
4.1.1.3.DASEXPERIMENTvon typhoon networks ag,
Fanes Film, Senator Film Produktion und
SevenPictures
4.1.2. Erfolgsfaktor 1: Genre und Inhalt
4.1.2.1.MÄNNERPENSION
4.2.2.2.ANATOMIE
4.1.2.3.DASEXPERIMENT
4.1.2.4. Fazit zu Genre und Inhalt
4.1.2.5. Exkurs:
SATA - Satellite Aided Trend Analysis
4.1.3. Erfolgsfaktor 2: Produktionsbudget
4.1.3.1.MÄNNERPENSION
4.1.3.2.ANATOMIE
4.1.3.3.DASEXPERIMENT
4.1.3.4. Fazit zu Produktionsbudget
4.1.4. Erfolgsfaktor 3: Besetzung/Auswahl des Teams
4.1.4.1.MÄNNERPENSION
4.1.4.2.ANATOMIE
4.1.4.3.DASEXPERIMENT
4.1.4.4. Fazit zur Besetzung und Auswahl des Teams
4.1.5. Erfolgsfaktor 4: Look des Films/Gestaltung
4.1.5.1.MÄNNERPENSION
4.1.5.2.ANATOMIE
4.1.5.3.DASEXPERIMENT
4.1.5.4. Fazit zu Look des Films/Gestaltung
4.1.6. Erfolgsfaktor 5: Pressearbeit/Marketing
4.1.6.1.MÄNNERPENSION
4.1.6.2.ANATOMIE
4.1.6.3.DASEXPERIMENT
4.1.6.4. Fazit zu Pressearbeit/Marketing
4.1.7. Erfolgsfaktor 6:Auswahl des Verleihs/Kopienanzahl
4.1.7.1.MÄNNERPENSION
4.1.7.2.ANATOMIE
4.1.7.3.DASEXPERIMENT
4.1.7.4. Fazit zu Auswahl des Verleihs/Kopienanzahl
4.2. Zukunftspläne der Produzenten
4.2.1. BojeBuck Produktion GmbH
4.2.2. Claussen + Wöbke Filmproduktion GmbH und Deutsche Columbia Pictures Filmproduktion
4.2.3. typhoon networks ag

5. Schlussbetrachtung und Ausblick

Literaturverzeichnis/Quellennachweis

1. Kalkulierter Gewinn vs. kalkulierbarem Erfolg

„ Welche Filme gemacht werden, spiegelt die Mentalit Ät der Produzenten; welche Filme erfolgreich sind, spiegelt den Geschmack des Publikums. “ 1

Das Zitat von William Goldman, seines Zeichens kein Produzent, aber Oscargekrönter Drehbuchautor2, beschreibt die Situation der Filmproduktion nicht nur in Amerika, sondern auf der ganzen Welt - also auch in Deutschland. Und es deutet auf die Kernfrage hin, zu deren Beantwortung diese Arbeit Ansätze und Vorüberlegungen finden will3: Wie können deutsche Spielfilmproduzenten ihre Filme erfolgreich machen, und zwar vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht?

Die Antwort wäre - Goldman zufolge - gar nicht allzu schwer zu beantworten: Man muss einfach den Geschmack des Publikums treffen. Doch genau das ist das ent- scheidende Problem, weil Produzenten den Geschmack ihrer potentiellen Zuschauer offenbar allzu oft entweder nicht richtig einschätzen oder im Vorfeld analysieren kön- nen4 oder aber - durch welche Umstände auch immer - diesen Geschmack gar nicht unbedingt treffen wollen.

Letzteren Fall wird diese Arbeit allerdings außer Acht lassen und sich statt des- sen an diejenigen wenden, die durchaus Interesse daran haben, ein möglichst großes Publikum für ihre Filme zu finden, um entsprechend große Gewinne zu erwirtschaften. Eine Gebrauchsanleitung für die Herstellung von Kinohits ist diese Arbeit leider nicht5, aber sie versucht an Beispielen zu analysieren, ob Gemeinsamkeiten bei den deutschen Erfolgsfilmen6 seit 1990 festzustellen sind, ob diese geplant waren oder planbar gewe-

Einfluss und Strategien deutscher Spielfilmproduzenten der Gegenwart in Hinblick auf den kommerziellen Erfolg ihrer Kinofilme anhand ausgewählter Beispiele sen wären, in welchem Umfeld und zu welcher Zeit sie im Kino gestartet sind und na- türlich von wem und wie sie produziert wurden. Ziel ist es, herauszufinden, ob es trotz der strukturellen Probleme, die der deutsche Film zumindest seit der Tonfilmzeit7 und allerspätestens seit dem Auswandern großer Talente während des zweiten Weltkriegs8 hat, planbare Faktoren und „Regeln“ gibt, die die Chance auf wirtschaftlichen Erfolg und damit Rentabilität für die Produzenten zumindest erhöhen können9. Nicht uner- wähnt werden auch die Umstände bleiben, unter denen Produzenten heute in Deutsch- land arbeiten. Die Überschrift dieses Kapitels „Kalkulierter Gewinn10 vs. kalkulierba- rem Erfolg“ zeigt bereits die, wenn man so will, „sozialistischen“ oder zumindest plan- wirtschaftlichen Strukturen der hiesigen Filmproduktion auf. Denn anders als in anderen Branchen, in denen der Gewinn (oder Verlust) eine direkte Konsequenz des wirtschaft- lichen Erfolgs (bzw. Misserfolgs) eines Produkts ist, werden bei einem deutschen Spiel- film Gewinn (bei Spielfilmproduktionen als „Producer’s Fee“ bezeichnet) und die sog. Handlungsunkosten gleich mit kalkuliert und sind insofern nahezu unabhängig11 von der Marktfähigkeit des Produkts Film. Ermöglicht wird dies auch durch die staatliche Subventionierung von Filmproduktionen in Form der bundesweiten oder regionalen, wirtschaftlichen oder kulturellen Filmförderung12. Diese Förderung ist zweifelsohne notwendig13, jedoch verlangt auch sie mehr und mehr, den kommerziellen Erfolg eines Einfluss und Strategien deutscher Spielfilmproduzenten der Gegenwart in Hinblick auf den kommerziellen Erfolg ihrer Kinofilme anhand ausgewählter Beispiele Films in den Focus zu rücken14. Ein entscheidender Nachteil des deutschen Fördersys- tems allerdings ist, dass man als Produzent - wenn man hauptsächlich auf dieses setzt - von ihm abhängig ist, denn ohne Fördergelder entsteht dann kein Film. Gerade in der gegenwärtigen Medienkrise15, in der z. B. auch Fernsehproduzenten, die nicht mehr genügend Aufträge von den Sendern erhalten, auf den „Fördermarkt“ drängen und da- mit die Anzahl der Anträge steigt16, die Chance jedes einzelnen Produzenten auf Bewil- ligung seiner beantragten Mittel jedoch sinkt - und damit die Chance auf die Realisier- barkeit seines Filmvorhabens.

Besser wäre es da, als Produzent unabhängiger von den Entscheidungen der staatlichen Filmförderung zu sein. Voraussetzung dafür wäre, andere Investoren zu fin- den bzw. neue Geldquellen für Filmproduktionen - beispielsweise Fonds17 - zu er- schließen. Das allerdings dürfte nur dann funktionieren, wenn die Chancen auf einen wirtschaftlichen Erfolg des Projekts wesentlich höher sind, als es heute bei den meisten deutschen Filmen der Fall ist18. Der deutsche Spielfilm müsste dazu - sicher noch mehr als in der Vergangenheit - eher als Produkt, als wirtschaftliches Gut oder eben als „ Wa- re mit einem Gebrauchswert “ (Bächlin, 1975, S. 9) denn als reine Kunst gesehen wer- den.

Um aufzuzeigen, wie ein solches Produkt, nämlich der erfolgreiche deutsche Spielfilm, entstehen könnte und was Produzenten bislang dafür getan (oder nicht getan) haben, ist diese Arbeit wie folgt aufgebaut: Zunächst wird ein kurzer Abriss über die Geschichte der Filmproduktion in Deutschland seit dem Ende des 19. Jahrhunderts bis heute einen Überblick darüber geben, welche Arten von Filmen entstanden, wie erfolg- reich sie waren und wodurch die gegenwärtige Produktionslandschaft geprägt worden ist. Die Situation der deutschen Produzenten heute wird etwas ausführlicher beschrie- ben, denn um ihre Filme geht es hier. Anschließend folgt eine Definition des Begriffs „erfolgreicher Kinofilm“, der in dieser Arbeit oft verwendet werden wird und der ohne eine genaue Definition zu umfassend und vieldeutig wäre. Überlegungen zu Möglich- keiten und Faktoren der Erfolgsplanung deutscher Spielfilme werden gefolgt vom gro- ßen Kapitel 4, in dem - insbesondere anhand von Interviews, vorbestehender Literatur und anderen Veröffentlichungen - dargestellt wird, wie deutsche Produzenten bislang erfolgreiche Spielfilme hergestellt haben und wie sie dies in Zukunft tun wollen, können und sollten. An drei Beispielen für einen Kinohit (M ÄNNERPENSION , A NATOMIE und D AS E XPERIMENT) werden die unterschiedlichen Entstehungsgeschichten und Aspekte der Produktion vorgestellt und verglichen. Chefs zweier Filmförderungen, Produzenten, ein Marketingfachmann für Kinofilme und andere Experten schätzen zudem die Chancen auf den deutschen Erfolgsfilm ein. Außerdem wird ein neues Instrument zur Erfor- schung der Akzeptanz von Filmen durch die geplante Zielgruppe (SATA) vorgestellt. In der Schlussbetrachtung finden sich die Erkenntnisse aus den gesammelten Informatio- nen und die Einschätzung der Frage, ob es für deutsche Produzenten planbare Erfolgs- faktoren für ihre Filme und damit Erfolgsstrategien für die Zukunft gibt.

2. Der deutsche Spielfilm: Eine Erfolgsgeschichte?

2.1. Die Entwicklung des deutschen Films seit 1895

„ Die St Ärke des deutschen Films ist seine Vielfalt “ 19

2.1.1. Phase 1: Von den Anfängen bis 1945

„Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“ - würde dieses alte Sprichwort uneinge- schränkt gelten, wäre es nicht nachvollziehbar, warum Deutschland nicht das Filmland schlechthin ist. Denn die Geschichte der bewegten Bilder begann hier, im Berliner Win- tergarten-Variete im Jahr 1895. Die Gebrüder Skladanowsky zeigten dort am 1. No- vember20 auf einer Leinwand eine lose Folge von beweglichen Bildern21. Erst knapp zwei Monate später, dafür allerdings von größerer öffentlicher Aufmerksamkeit verfolgt und damit den offiziellen Beginn der Filmgeschichte markierend, präsentierten die Brü- der Lumière im Grand Café Paris mit dem von ihnen entwickelten „Cinématographe“ eine Reihe kurzer Filme22.

Bis es zur wirklichen Arbeitsteilung im Bereich der Filmproduktion - und da- mit zur Herauskristallisierung auch des eigentlichen Produzentenberufes - kam, vergin- gen einige Jahre. Zunächst waren Filmemacher Handwerker, wenn man so will „Auto- renfilmer“, die von der Entwicklung und der Konstruktion der technischen Vorausset- zungen für die Aufnahme und Wiedergabe ihrer Werke über das Drehbuch und die Pro- duktionsleitung bis hin zur Regie und zum Marketing alles in Personalunion alleine ausführten23. Diese ausgeprägten vertikalen Strukturen - natürlich wesentlich professio- nalisiert und arbeitsteilig organisiert - finden sich heute nur noch bei großen Medien- konzernen, die dadurch bessere Möglichkeiten haben, die Gewinne aus allen Produktions- und Auswertungsstadien abzuschöpfen.

Als erster wirklicher Produzent des deutschen Films ist Oskar Messter (*1866, †1943) zu bezeichnen, selbst wenn auch er anfangs noch Produzent, Regisseur, Verlei- her, Kinobesitzer und Musikproduzent in einem war24. Aber mehr als seine Vorgänger oder die meisten seiner Konkurrenten zeichnet sich Messter, der schon 1896 sein erstes Kunstlichtatelier in der Berliner Friedrichstraße betreibt, durch typische Eigenschaften und Fähigkeiten eines guten Produzenten aus25: Er holt berühmte Theaterschauspieler vor die Kamera und hat das richtige Gespür für Geschichten, die ein großes Publikum interessieren. Außerdem experimentiert er schon früh mit Innovationen wie zum Bei- spiel der optischen Überblendung26 oder den „Tonbildern“27, die später großenteils zum Standard in Filmen werden. Durch die Mitwirkung der Theaterstars in Messters Fil- men28 gelingt es dem neuen Medium nach und nach auch, seinen Beigeschmack von billiger Jahrmarktsattraktion29 los zu werden. Dieses allerdings trotz der nicht unbedingt künstlerisch ambitionierten oder inhaltlich bedeutsamen Stellung von Messters Filmen. Er produzierte - im Gegensatz zu seinen französischen Kollegen aus der Kunst wie George Méliès oder Emile Cohl - eher die populären Genres leichter Unterhaltung wie Melodramen, Komödien oder Detektivfilme30. Mit diesen Produktionen und in Kombi- nation mit der Herstellung und dem Verkauf von Filmprojektoren fuhr Messter durch- aus gut: Sein Umsatz im Jahr 1908 belief sich auf knapp 470.000 Mark und hatte sich damit binnen drei Jahren verdreifacht31. Offenbar entsprachen seine Filme den Erwar- tungen des breiteren Publikums; zudem hatte Messter die Gabe, Entwicklungen und Veränderungen frühzeitig zu erkennen und entsprechend zu reagieren32. Ein Zeitgenosse Messters und ebenfalls Pionier und Entwickler des deutschen Films war Paul Davidson, der 1906 die erste Kinokette in Deutschland gründete (PA- GU, Projektions Aktien-Gesellschaft Union). Auch er besaß die wichtige Produzenten- fähigkeit, Partner und sogar Skeptiker des Films für seine Sache zu begeistern. So tat er sich 1911 in einem Verband mit dem Theaterregisseur Max Reinhardt zusammen, um die Kooperation zwischen Filmproduzenten und Theaterschaffenden zu fördern. Das Ergebnis: Theaterschauspieler konnten sich durch Filmrollen Geld dazu verdienen und zudem vor einem allein im Theater unerreichbar großen Publikum spielen. Das Film- gewerbe profitierte insofern, als dass nun auch immer mehr bürgerlich-konservative Zuschauer sowie Intellektuelle das Kino als Kunst und Kultur akzeptierten33. Jedoch: Dieser anfängliche Erfolg der vermeintlich höheren Akzeptanz des Films hielt nicht lange an, denn zu viele Theaterregisseure und Schauspieler begangen den Fehler, nicht die neuen Ausdrucksmittel des Films zu nutzen, sondern mehr und mehr lediglich Thea- terstücke abzufilmen34. Das konnte ein Massenpublikum auf Dauer nicht begeistern.

Was begeistert, sind Innovationen sowohl in technischer35 als auch inhaltlicher Hinsicht bzw. neue „Seh-Attraktionen“: „ Das Publikum wurde langsam abgeh Ärtet, verlangte immer krassere Effekte, und die Filmfabrikaten bekundeten natürlich bereit- williges Entgegenkommen. “ 36. Publikumsfilme sind gefragt, die den Zuschauern neue Welten eröffnen: Seien es Verfolgungsjagden per Auto, Zug, Flugzeug oder Schiff wie in den Detektivfilmen37 oder aber Western mit Indianerstämmen, Planwagen und einem zum Christentum bekehrten Winnetou38. Dieses Erzählkino entwickelt sich in Deutsch- land zwischen 1909 und 1914. Der Umbruch von kurzen zu immer längeren Filmen mit bis zu einer Stunde Spieldauer, die damit quasi „abendfüllend“ werden, bringt auch eine Neustrukturierung des Produktions- und Verleihwesens mit sich. Während in den An- fangsjahren des Films - ob auf dem Rummel oder in festen Lichtspielhäusern - stets mehrere Kurzfilme in einer bunten Mischung hintereinander gezeigt wurden, begann nun das Zeitalter des „Monopolfilms“39. Dieser Film avancierte von einer „ anonymen Ware “ 40 zu einem einzeln vermarktbaren Produkt. Allerdings hatten schon in den 10er Jahren des 20. Jahrhunderts die europäischen Nachbarn Deutschlands sowie die Ameri- kaner das glücklichere Händchen bei den „Kassenschlagern“ unter den Filmen. Der deutsche Film hatte bis 1914 - in der Phase des ersten weltweiten Wirtschaftsbooms - in heimischen Kinos einen Marktanteil von nur 12 %41. Trotzdem war dies für die Bran- che eine lukrative Zeit; denn in den rund 2.900 Kinos sahen einen durchschnittlich er- folgreichen Film etwa 6,5 Millionen Zuschauer (bei einer Kopienzahl von nur 60 Stück)42.

Da seit der ständigen Zunahme an festen Lichtspieltheatern43, die immer wie- der von denselben Zuschauern besucht wurden, der Bedarf an neuen Filmen fortwäh- rend stieg, waren die Produzenten bald nicht mehr in der Lage, ihre Produktionen von der Idee über die Realisierung bis zur Vermarktung alleine zu betreuen. Dieses führte zu einer immer detaillierteren Aufgabenteilung und zu einer neuen Struktur der Filmwirt- schaft in die drei Hauptbereiche Produktion, Verleih und Kinobetrieb. Vorteile brachte diese Entwicklung für alle Beteiligten: Aus Sicht der Produzenten ergab sich eine Stei- gerung des Absatzes, weil über die Verleiher mehr Filme schneller an die Konsumen- ten, also die Kinobetreiber, abgesetzt werden konnten. Zudem entstand ein neues Finan- zierungsinstrument, das heute mit dem Begriff „Verleihgarantie“ bezeichnet wird: Pro- duzenten erhielten für besonders Erfolg versprechende Produktionen bereits im Vorfeld der Realisierung Gelder von den Verleihern, die diese wiederum von den Kinobetrei- bern einnahmen44.

Dass trotz der Entwicklung der deutschen Filmindustrie schon zu Beginn der 10er Jahre ausländische Filme den Markt überschwemmten, lag - wie Siegfried Kracauer es ausdrückt - auch an einer „Mangelerscheinung“45 des deutschen Films:

„ Dass solche Filmlustspiele, die dem Zufall und einem naiven Glücksverlan gen tragende Rollen zuwiesen, nicht in Deutschland entstehen konnten, erkl Ärt sich vielleicht aus der traditionellen deutschen Gedankenwelt, die die Vorstel lung des Glücks zu Gunsten der des Schicksals ver Ächtlich macht. ( … ) Der deutsche Humor ist ein Gefühlshumor ( … ) “ 46

Vor allem amerikanische und in der Vorkriegszeit des Ersten Weltkriegs auch dänische Filme faszinierten das deutsche Publikum, in dem sie auch mit „Kitsch“ und einer gewissen Vereinfachung sowie „clownischem Humor“47 arbeiteten. Dadurch waren sie auch universell verständlich - eine Eigenschaft, die dem amerikanischen Film bis heute zu seinem weltweiten Erfolg verhilft48.

Eine vorübergehende Entschärfung der Konkurrenzsituation mit ausländischen Filmen wurde durch den Ersten Weltkrieg herbeigeführt: Deutschland war vom interna- tionalen Vertriebsnetz abgeschnitten, was zu einem neuen Produktionsschub der heimi- schen Filmwirtschaft führte49. In diesem Zuge entstanden nicht nur eine Unmenge an filmischer „Massenware“, sondern auch diverse Produktionen hoher Qualität50. Diese Qualität ist nicht zuletzt auch den Produzenten der damaligen Zeit zu verdanken: Allen voran Erich Pommer (*1889, †1966), der 1915 die Decla (Deutsche Eclair) gründete und bis zur kurzzeitigen Auswanderung nach Amerika Mitte der 20er Jahre und der vorübergehenden Emigration während des Zweiten Weltkriegs teilweise mehr als 30 Filme im Jahr produzierte51. Auch in Amerika und später wieder in Deutschland war er über Jahrzehnte eine der bedeutendsten Produzenten-Persönlichkeiten mit einer Filmografie von weit über 200 Titeln52. Pommer erkannte, dass die Qualität eines Films durch Aufgabenteilung und Professionalisierung der einzelnen Arbeitsbereiche entsteht. So schrieb er im Januar 1931 in „Der Querschnitt“53:

„ Die Filmherstellung fußte immer auf Kollektivismus, auf bunter Vielheit von Komponenten, die aus entgegengesetzten Richtungen zusammenströmten. “

Nach dem durch den Krieg bedingten Wegfall eines der zuvor größten Konkurrenten des deutschen Films, Frankreich, sahen sich heimische Produzenten nur noch der Vor- machtstellung der dänischen „Nordischen Film-Kompagnie“ ausgesetzt, die allerdings durch die konzernartige, vertikale Struktur (Filmproduktion, Verleih und Kinobetrieb) erheblich war.

Einen ersten Konzern ähnlichen Ausmaßes gab es in Deutschland erst ab 1917, dem Gründungsjahr der UFA (Universum Film AG) mit einem Startkapital von 25 Mil- lionen Mark54. Dieses Unternehmen wurde möglich, da die Gelder für die Gründung nicht von Produzenten selbst, sondern zu einem Drittel vom Staat55 und vor allem von Banken aufgebracht wurden. Letztere hatten sich bis dato aus dem aus ihrer Sicht im- mer noch etwas undurchschaubaren und unseriösen Gewerbe der Filmproduktion zu- rückgehalten; erst als - parallel zum Ersten Weltkrieg - der große kommerzielle Erfolg des Films in Amerika Einzug hielt56, interessierten sich auch in Deutschland Banken für Investitionen in dieser Branche. Mit der UFA wurde in Deutschland, wenn auch in einer Zeit, die - bedingt durch die geringe Konkurrenz auf Grund des Krieges - als „Wolken- kuckucksnest“ für die heimische Produktionslandschaft bezeichnet werden könnte, der Grundstein für die erfolgreiche Filmproduktion in Deutschland auch nach dem Krieg gelegt. Allerdings mit einer Einschränkung, die auch heute noch das Problem vieler kleinerer Produzenten ist: Die Vormachtstellung der wenigen Konzerne bzw. großen Firmen57 etablierte sich und wurde zur existentiellen Bedrohung für einzelne Produzenten. Zeitgleich mit ihrer Gründung schluckte die UFA beispielsweise den MessterKonzern und Teile der PAGU sowie später die May-Film und andere. Diese Konzentrationsbewegung fand allerdings auch im fernen Amerika58 statt, wo 1927 nur noch sieben Konzerne den nationalen und internationalen Filmmarkt bestimmten59.

Vielleicht war es für die Produzenten der Nachkriegszeit einfacher als heute, den Nerv des Publikums zu treffen. Der Erste Weltkrieg lieferte in jedem Fall genügend Motive, die zum einen in Form der expressionistischen Filmkunst60, die sich mit einer dunklen, dämonischen Welt befasste, aufgegriffen und bearbeitet wurden, zum anderen die Voraussetzung für Filme bildeten, die der durch Hunger und Arbeitslosigkeit gepei- nigten Bevölkerung Hoffnung und die Aussicht auf Besserung, zumindest aber eine Fluchtmöglichkeit aus der harten und unwirtlichen Realität gaben61. Auch die Aufklä- rungsfilme62 von Richard Oswald (sowie eine, nach der Abschaffung der staatlichen Zensur möglich gewordene, Reihe von Sexualfilmen mit teilweise weniger aufkläreri- schem Charakter63 ) bestimmten die Zeit der Weimarer Republik; besonderer Beliebtheit erfreuten sich ebenso Detektiv- und Abenteuerfilme, die den „ Hunger nach konzentrier- ter Lebenserfahrung “ 64 ihres Publikums stillten.

Die gute Ausgangslage zumindest der großen Produktionsunternehmen in Deutschland konnte sich nach dem Ersten Weltkrieg zunächst auch dadurch weiter ent- wickeln, dass die fortschreitende Inflation eine im Vergleich zum Ausland äußert preiswerte Produktion von Filmen ermöglichte. Dieses nutzen die heimischen Produ- zenten, die einerseits durch Dumpingpreise bei Auslandsverkäufen ihrer Filme ein gutes Geschäft machten und andererseits ihre Kapazitäten auch ausländischen Produzenten gegen harte Währung für Produktionen in Deutschland zur Verfügung stellten.

Hervorgerufen durch die Stabilisierung der Reichsmark im Jahr 1924 geriet die deutsche Filmwirtschaft, die sich damals zum drittgrößten deutschen Industriezweig entwickelt hatte, ins Schlingern. Offenbar war ein wesentliches Argument für den Er- folg deutscher Filme der Umstand, dass er so preiswert zu haben war. Dieses änderte sich nun und führte dazu, dass vor allem amerikanische Filme wieder vermehrt in den deutschen Markt eindrangen65. Auch die sog. Kontingentpolitik66 Deutschlands konnte daran nachhaltig nichts ändern. Doch damit nicht genug: Der immer noch anhaltende Siegeszug des amerikanischen Films hat in dieser Phase seine Wurzeln, denn es gelang den großen Hollywood-Firmen auch, deutsche Stars vor und hinter der Kamera abzu- werben und sie für ihre eigenen Produktionen zu verpflichten. Damals wie heute steckt dahinter die funktionierende Idee, mit diesen Kreativen nicht nur die eigenen Werke für den heimischen Markt zu bereichern, sondern sie vor allem für den Export in andere Länder, insbesondere in das Herkunftsland der zuvor Abgeworbenen, interessant zu machen. Die Filmschaffenden selbst fanden in Hollywood optimale Bedingungen vor, die nur durch die Prämisse der möglichst weltweiten Marktfähigkeit der produzierten Filme eingeschränkt waren.

Die in ihrer Heimat verbliebenen deutschen Produzenten suchten ihr Heil im Kopieren des amerikanischen Films, der offenbar den Geschmack der ganzen Welt traf:

„ Da Hollywood das Geheimnis entdeckt zu haben schien, wie man aller Welt gefallen könnte, schwebte deutschen Produzenten das Traumbild einer Nach ahmung dessen vor, was sie für den echten Hollywoodstil hielten. “ 67

Diese Strategie ging jedoch nicht auf, sondern beschleunigte laut Kracauer eher den Verfall des deutschen Films68. Denn die Herstellung vergleichbarer Filme in Deutsch- land war so teuer, dass die Einnahmen stets unter den Produktionskosten blieben. Zu- dem verkamen viele Filme dieser Zeit zu Werken „ ohne Spur wirklichen Lebens “ 69 und wurden von Zeitgenossen zum Teil scharf kritisiert, als „ eine Mischung von histori schem Seminar, Ausstattungspantomime, ein lebendig gewordenes Museum ( … ). Alles Kostüm! Alles Maske! “ 70.

Als letzte Chance sahen deutsche Produktionsunternehmen wie die UFA, mit den Amerikanern zusammen zu arbeiten. Der 1925 abgeschlossene ParUfaMet-Vertrag zwischen Paramount, UFA und MGM regelte den Film In- und Export der Unterneh- men von bzw. nach Amerika und beinhaltete zudem einen Vier-Millionen-Dollar-Kredit für die durch nicht rentable Produktionen finanziell angeschlagene UFA. Doch auch das bedeutete nicht die Rettung des Konzerns, denn nur ein Jahr später, 1926, musste Erich Pommer71, der für einige der mit überhöhten Etats produzierten Filme verantwortlich war, gehen. Und er ging nach Amerika. Von dort wurde er allerdings 1927 schon wieder zurück zur UFA geholt, nachdem der Konservative und Reaktionär Alfred Hugenberg über seine Pressekonzerne die UFA übernommen hatte und aus der Krise führen wollte. Unter dem UFA-Generaldirektor Ludwig Klitzsch führte Erich Pommer nun ein zentra- lisiertes Produzentensystem nach amerikanischem Vorbild ein. Ziel war es, die Bereiche Regie und Produktion strikt voneinander zu trennen, vor allem um die Kosten einer Produktion besser im Griff behalten zu können. Spätestens jetzt entstand in Deutschland der Beruf des Produzenten, wie wir ihn heute kennen.

Die Erfolgsfilme der letzten Jahre vor dem Zweiten Weltkrieg waren geprägt durch die neue technische Errungenschaft des Tonfilms, der seit 1928/29 in Deutsch- land Fuß fasste. Im Zuge der Entwicklung des Klangfilm-Verfahrens (gegründet von Siemens, AEG und den Polyphonwerken) entstand in Babelsberg das damals moderne Tonkreuz mit vier originaltontauglichen Studios. Musikalische Lustspiele und Operetten entwickelten sich zu den Filmhits dieser Zeit: D IE DREI VON DER T ANKSTELLE (erfolg- reichster Film 193072 ) oder D ER K ONGRESS TANZT (1930). Drei Jahre später schon unter- steht die gesamte deutsche Filmproduktion dem Kommando des Reichsministers für Volksaufklärung und Propaganda Joseph Goebbels. Ab diesem Zeitpunkt reduziert sich die Anzahl der Produktionsbetriebe rapide, wobei vor allem das Arbeitsverbot für jüdi- sche Filmschaffende dafür verantwortlich ist. Der deutsche Film wird ausschließlich von der Politik des Hitler-Regimes bestimmt. Neben diesem Missbrauch als Propagandamittel der Nazis ist der schwerste und nachhaltigste Schaden für die deutsche Filmwirtschaft die Emigration großer Künstler und Talente, deren Aufzählung den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde. Unter ihnen waren die Produzenten und Regisseure Fritz Lang, Ernst Lubitsch, Erich Pommer und Otto Preminger sowie die Schauspieler Marlene Dietrich, Pola Negri und Conrad Veidt.

„ Der deutsche Film im Dritten Reich hatte wenig Eigenes. ( … ) In den Bilder summen, den Apotheosen lag ein Vernichtungsrausch. “ 73

2.1.2. Phase 2: Deutscher Nachkriegsfilm und „Papas Kino“

Mit Sicherheit haben die beiden Weltkriege die potentiellen Möglichkeiten der deutschen Filmwirtschaft - vielleicht sogar Filmindustrie - außerordentlich einge- schränkt. Denn was sich in diesem Bereich seit fünfzig Jahren entwickelt hatte, war nun, 1945, fast nicht mehr existent. Die deutschen Produzenten begannen unter der Auf- sicht74 der Alliierten nach dem Krieg zwar nicht bei null75, aber die Verluste durch e- migrierte Stars und Persönlichkeiten des Filmgeschäfts sowie die Bestrebungen der Be- satzungsmächte, eine Monopolbildung (Stichwort UFA/UFI) und starke vertikale und horizontale Strukturen bei Produktionsunternehmen zu verhindern76, erschwerten den Neustart der deutschen Filmwirtschaft. Unter dem Stichwort Re-Education (engl. „Um- erziehung“) war es zudem das Anliegen der Besatzungsmächte, das deutsche Volk auch durch die Aufführung ausländischer (d. h. vor allem amerikanischer, französischer, bri- tischer und sowjetischer) Filme wieder zur Demokratie zu bewegen. Die Konsequenz daraus war, dass zunächst fast keine neuen deutschen Filme hergestellt, sondern statt- dessen ausländische Filme synchronisiert wurden. Die Begeisterung der Deutschen für den Kinobesuch war übrigens ungebrochen: von 1945 bis 1948 steigerte sich die Zahl der jährlichen Zuschauer von 150 auf 443 Millionen.

Nachdem in den ersten Monaten nach Kriegsende nur die deutschen Verleiher durch den Handel mit ausländischen77 und alten, „unpolitischen“ Filmen ein Geschäft machten, gingen die Alliierten nach einiger Zeit dazu über, auch wieder Produzenten (die zuvor erfolgreich entnazifiziert78 sein mussten) in Form einer Lizenz die Möglich- keit zu geben, selber Filme herzustellen. Die entsprechenden Lizenzen für den amerika- nischen Sektor erteilte die OMGUS (Office of Military Government for Germa- ny/United States), welche dazu Film-Offiziere einsetzte. Der bedeutendste und vor al- lem für den Aufbau der deutschen Filmlandschaft wichtigste ist Erich Pommer, der ab Sommer 1946 von Berlin aus Produktionslizenzen erteilt. Als deutscher Emigrant ver- tritt er allerdings nicht nur und bedingungslos die Interessen der Amerikaner, sondern versucht, die Eigenständigkeit der deutschen Filmindustrie zu fördern79 - was seinem Arbeitgeber freilich nicht besonders gefällt. So tritt Pommer 1949 von seinem Amt zu- rück und widmet sich bis zu seinem Tod wieder der Produktion eigener Filme in Deutschland und den Vereinigten Staaten.

Das ehemalige Imperium UFI, das sich nach Plänen der Besatzungsmächte durch das Entflechtungsgesetz80 (Lex UFI81 ) auf keinen Fall mehr zu einer für die ame- rikanische Filmindustrie ernst zu nehmenden Konkurrenz entwickeln sollte, verfügte nach dem Krieg immerhin noch über das stattliche Vermögen von 733 Millionen Reichsmark82. Von diesen Werten befanden sich rund 80 % in der sowjetischen und 20 % in der westlich besetzten Zone Deutschlands. Unter den Sowjets entstand 1946 die DEFA, die später zur Produktionsstätte für Filme in der DDR wurde83. Hier entstand auch der erste (ost-) deutsche Nachkriegsfilm (sog. „Trümmerfilm“): D IE MöRDER SIND UNTER UNS von Wolfgang Staudte (1946).

Im Westen versuchen Produzenten und Politiker, die ehemalige UFI gegen die Interessen der Alliierten wieder „auferstehen“ zu lassen, mit „ dem Ziel der Wiederher- stellung einer gesunden deutschen Filmwirtschaft. “ (aus Hauser, 1989, S. 315). Doch dieses Anliegen wird von den Besatzungsmächten über Jahre verhindert. Erst im März 1953 kann der deutsche Bundestag die Ablösung des Entflechtungsgesetzes beschlie- ßen. Aus dem UFI-Nachlass entstehen die Bavaria Filmkunst AG, die UFA-Theater-84 und die UFA-Anlagen85 AG. Hauptaktionär aller Gesellschaften ist die Deutsche Bank. Daneben entstanden in Westdeutschland nach dem Krieg unter anderen folgende Pro- duktionsfirmen: Artur Brauners CCC (produzierte 230 Kinofilme zwischen 1947 und 199486 ), Filmaufbau GmbH (Göttingen), ndF (München) und Real-Film (Hamburg). Die UFA selbst, die über Jahre hinweg zu retten versucht wurde, scheiterte letztlich 1964, als die Deutsche Bank sie an die Verlagsgruppe Bertelsmann verkaufte. Der UFA-Filmstock wird seit 1966 von der F.-W.-Murnau-Stiftung verwaltet, nur der Name UFA blieb für Kinos und Bertelsmann-Produktionsfirmen (UFA, Grundy-UFA u. a.) bis heute erhalten.

Da der Film in Westdeutschland ab den 50er Jahren durchaus in ernst zu nehmender Konkurrenz zu amerikanischen, französischen und anderen ausländischen Filmen stand, ihm aber vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht der Anschluss an internationale Produktionen noch fehlte, begann der Staat 1951 mit „filmpolitischen Hilfsmaßnahmen“87 - die Filmförderung entstand. Und sie förderte vor allem Filme, die in künstlerischer/cineastischer Hinsicht nicht unbedingt gut wegkamen:

„ Das deutsche Kino zwischen 1945 und 1962 ( … ) gilt als nur sekund Är. ( … ) In den Köpfen der Zuschauer und Kritiker sind [die Filme] kaum pr Äsent, als Erinnerungen und Erwartungen. Viel zu kurz sei das Leben ( … ), um sich einen deut schen Film anzuschauen. “ 88

Allerdings: G RüN IST DIE H EIDE (1951) beispielsweise erreichte allein im Kino der da- maligen Zeit über 19 Millionen Besucher, weitere 15 Millionen sahen den Film noch einmal 1980 bei einer ARD-Ausstrahlung89. Das heißt: In kommerzieller Hinsicht wa- ren diese Heimatfilme, die ihrem Publikum auch das Vergessen des Krieges und seiner Folgen erleichtern sollten, äußerst erfolgreich. Und sie wurden in hoher Stückzahl pro- duziert: 1955 entstanden in Westdeutschland 128 Spielfilme. Obwohl viele erfolgreiche Filmschaffende emigriert waren und sich diese auch nur sehr mühsam oder gar nicht nach Deutschland zurück holen ließen90, hatte der deutsche Nachkriegsfilm seine Stars: Hildegard Knef, Maria Schell, Romy Schneider, Horst Buchholz Curd Jürgens sowie Hans Albers, Heinz Rühmann oder Luise Ullrich u. v. a. Sie zogen das Publikum in die Kinosäle, 1956 insgesamt 817 Millionen. Diese Phase wird als „Papas Kino“ bezeich- net, da die Filmschaffenden und die Stars der Nachkriegszeit zu großem Teil dieselben waren, wir vor dem Krieg.

Trotz der großen kommerziellen Erfolge dieser Zeit waren und blieben die deutschen Produzenten zu großem Teil wirtschaftlich abhängig, zunächst von den Ver- leihern (die mit Verleihgarantien bis zu 70 % der Produktionskosten der Filme über- nahmen), später auch vom Fernsehen. Denn anstatt dieses neue Medium ernst zu neh- men - sowohl als Konkurrenz als auch als Partner - herrschte unter den Filmproduzen- ten eine gewisse Arroganz und keine Bereitschaft, mit dem Fernsehen91 zu kooperieren. Dieses Gebaren und das Verpassen eines gelungenen Neustarts in künstlerischer, dra- maturgischer und cineastischer Hinsicht nach dem Krieg führte ab 1957 zum ökonomi- schen Niedergang der deutschen Filmbranche, von dem sie sich bis heute nicht wirklich erholt hat92.

2.1.3. Phase 3: Der neue deutsche Film

„ Solange man ( … ) nicht einsieht, dass die Qualit Ät eines Films allein von der Person des Regisseurs bestimmt wird, gibt es in diesem Land keine guten Fil- me. “ 93

Nachdem der Tiefpunkt des deutschen Films 1961 erreicht schien, als auf der Bundesfilmpreisverleihung weder ein deutscher Spielfilm noch ein deutscher Regisseur eine Auszeichnung erhalten hatte, legte eine neue, junge Generation von anspruchsvol- len Filmemachern am 28. Februar 1962 mit dem „Oberhausener Manifest“ den Grund- stein für den Neuen Deutschen Film: „ Der alte Film ist tot. Wir glauben an den neuen “ (aus dem Oberhausener Manifest in Prinzler/Rentschler, 2001, S. 29). Damit wurde das arbeitsteilige Prinzip bei der Filmherstellung vorübergehend außer Kraft gesetzt: Wie das o. g. Zitat belegt, waren die Regisseur des Neuen Deutschen Films der Auffassung, dass Kommerz und die Arbeit der klassischen Produzenten ihrem Anspruch an die neue künstlerische Qualität ihrer Filme unvereinbar gegenüber standen. Im Oberhausener Manifest wird deshalb als wichtiges Ziel festgehalten: „ Freiheit von der Beeinflussung durch kommerzielle Partner. “ (aus dem Oberhausener Manifest in Prinzler/Rentschler, 2001, S. 29). Die Begriffe „kommerziell“ und „publikumsfreundlich“ galten als Reiz- wörter94. Entsprechend schlecht waren die Einspielergebnisse, die die meisten Autoren- filme erzielten: Die Besucherzahlen gingen von 817 Millionen im Jahr 1956 auf 115 Millionen 1976 zurück95. Erfolgreich hingegen waren die neuen deutschen Filme auf internationalen Festivals und Wettbewerben, wo sie mit Preisen und Auszeichnungen überhäuft wurden96. Doch das mangelnde Interesse der breiten Öffentlichkeit an diesen Werken, zumindest im Kino, trug auch dazu bei, dass der Atlas-Filmverleih von Hanns Eckelkamp, der zwischen 1960 und 1967 der gefragteste Verleih für den Neuen Deut- schen Film war, nach nur sieben Jahren aufgelöst werden musste. Es herrschte in dieser Phase des deutschen Films eine Diskrepanz zwischen dem künstlerischen Freiheits- Anspruch der Autorenfilmer und dem Umstand, dass Filme viel Geld kosten und daher zur Refinanzierung ein großes, zahlendes Publikum benötigen. Ein Umstand, der sich bis in die Gegenwart hinein nicht geändert hat und noch immer nicht von jedem erkannt worden ist. Die Finanzierung der Autorenfilme erfolgte vor allem über Fördergelder (1965 wurde das Kuratorium Junger Deutscher Film zur Nachwuchsförderung gegrün- det; 1968 folgte die FFA - allerdings mit dem Anspruch auf wirtschaftliche Filmförde- rung) und durch Fernseh-Co-Produktionen. Besonders am Filmförderungsgesetz, nach dem die FFA handeln musste, gab es seitens der jungen Filmemacher herbe Kritik, denn ihres Erachtens beeinträchtigte es, durch die Fixierung auf Einspielergebnisse, die neu- en künstlerischen Entwicklungen und den Aspekt der Nachwuchsförderung. Nach zähen Verhandlungen wurde das FFG 1972 novelliert, bezog auch das Fernsehen verstärkt als Finanzierungspartner ein und stellte den Zuschauer mit seinen Bedürfnissen in den Mit- telpunkt97.

Eine wirkliche Errungenschaft der Phase des Neuen Deutschen Films sind die Anfänge einer professionalisierten Nachwuchsförderung in der Filmbranche, die bis heute positive Auswirkungen haben. Die ersten Filmschulen bzw. -klassen wurden ab 1962 (Hochschule für Gestaltung in Ulm) gegründet. 1966 entstand die DFFB und 1967 die HFF München98. Allerdings standen diese Schulen im Westen zunächst ganz im Zeichen der Priorität der Filmemacher, sprich Regisseure. Erst 1988 begann in Mün- chen die gezielte Ausbildung zum Produzenten bzw. Produktionsleiter.

Die Situation der deutschen Produzenten, vor allem der jungen Generation, wurde durch die Epoche des Neuen Deutschen Films nicht eben gestärkt. Zu dominant war die Ausrichtung des Filmschaffens allein im Hinblick auf die einheitliche geistige Konzeption der Filme - und zwar im Sinne des Regisseurs, ohne Rücksicht auf das Publikum, ohne Rücksicht auf den wirtschaftlichen Aspekt. Den Produzenten kam deshalb nur folgende Rolle zu:

„ ( … ) sich bei der Durchführung eines gemeinsamen Projekts darauf zu be- schr Änken, die Finanzierung im Rahmen der vereinbarten Kalkulation abzuwi- ckeln. “ 99

Eine nicht besonders ruhmreiche, wenn auch wirtschaftlich äußerst fruchtbare „Gegenbewegung“ zu den am Massengeschmack vorbei produzierten Autorenfilmen der ersten Generation (Ausnahmen bestätigen diese Regel natürlich), entstand ab Ende der 60er Jahre mit den sog. „Aufklärungsfilmen“ von Oswalt Kolle und den S CHUL- M ÄDCHEN -R EPORTS. Diese hielten sich bis zu Beginn der 80er Jahre erfolgreich in den Kinos und erlebten mit dem Aufkommen des Privatfernsehens zudem eine schnelle Re- naissance.

Doch auch unter den Autorenfilmern entwickelt sich ab den 70er Jahren eine zweite Generation100, die sich - einhergehend mit der Novellierung des FFG 1972 - dem Publikum wieder mehr zuwendet und nicht total vereinnahmt von der Vorstellung des Regisseurs als einzig wahrem Genie und alleinigem Erschaffer großartiger Kunst ist. Reinhard Hauff schreibt dazu in seinen „Wirkungsüberlegungen“ im Jahr 1973101:

„ Es geht jetzt darum, sich aus der Isolation vom Publikum zu lösen und die we- sentlichen Elemente, die Filme ausmachen sollten, wieder zu entdecken: Span- nung z. B. “

Die zweite Generation des Jungen Deutschen Films erkennt, dass es wichtig ist, das Publikum nicht zu quälen, sondern zu faszinieren102. Internationale Erfolge, die auch das Publikum wieder verstärkt ansprechen, sind das Ergebnis: D IE B LECHTROMMEL (1979), D AS B OOT (1981), D IE UNENDLICHE G ESCHICHTE (1984). Allesamt Produktionen, die aufgrund ihres Aufwands wohl kaum ohne das Zutun kreativer und wirtschaftlich versierter Produzenten zustande gekommen wären.

2.1.4. Phase 4: Die 80er Jahre bis zur Gegenwart

Was Anfang der 50er Jahre mit Beginn des öffentlich-rechtlichen Rundfunks begonnen hatte, setzte sich ab 1984 in verschärfter Form fort: Das Fernsehen als großer Konkurrent des Kinofilms im eigenen Land. Denn mit Einführung des Privatfernsehens (zunächst Sat.1 und RTLplus) sanken die Besucherzahlen in den Kinosälen von 112 Millionen im Jahr 1984 auf 103 Millionen 1990 (ein Rückgang um rund 8 %). Aller- dings konnte bis zum Jahr 2000 wieder ein Anstieg auf 149 Millionen beobachtet wer- den, der sich mit knapp 160 Millionen Kinozuschauern 2002 sogar fortgesetzt hat103. Dem gegenüber schwankte der Marktanteil deutscher Produktionen jedoch auf relativ niedrigem Level - zwischen 9,7 % (1990) und 17,3 % (im Erfolgsjahr 1997). Der Durchschnitt seit Ende der 90er Jahre bis heute bewegt sich bei etwa 11 - 14 % (Aus- nahme: 2001 mit 18,4 %, vor allem wegen D ER S CHUH DES M ANITU)104.

Neben dem Aspekt der verstärkten Konkurrenz für den Film durch das mannig- faltige Fernsehangebot, das sich seit Mitte der 80er Jahre in Deutschland entwickelt hat, ist jedoch auch anzumerken, dass genau diese neue „Fernsehindustrie“, gemeinsam mit anderen modernen Auswertungsmöglichkeiten wie DVD oder Internet, vor allem den Altproduzenten von weniger anspruchsvollen Werken eine lukrative, neue Einnahme- quelle beschert hat. In den letzten 15 Jahren konnten fast verschollen geglaubte Filme wie D IE LüMMEL VON DER LETZTEN B ANK, die Lederhosen-Soft-Sex-Filme oder andere Produktionen der 50er bis 70er Jahre, die bis dahin nur eine Kinoauswertung erfahren hatten, noch einmal neu und gewinnbringend unter das Volk gebracht werden105.

Die Phase nach der Zeit des Neuen Deutschen Films bis zur Gegenwart lässt sich nochmals in drei Abschnitte einteilen: Der erste umfasst den Zeitraum von Mitte der 80er bis Anfang der 90er Jahre. Prägend waren hier neben Großproduktionen wie D AS B OOT, D IE UNENDLICHE G ESCHICHTE und die europäische Co-Produktion unter deut- scher Federführung D ER N AME DER R OSE vor allem Komödien. Diese hatten allerdings - einmal abgesehen von den Loriot-Filmen - eher das Niveau von Klamotten und waren in dramaturgischer und künstlerischer Hinsicht nicht unbedingt Kleinode. Von den 21 Erfolgsfilmen zwischen 1982 und 1990, die unter den Top 50 seit 1982 geführt wer- den106, sind zehn - also fast die Hälfte - dieser Kategorie zuzuordnen. Die Titel begin- nen entweder mit „ O TTO …“ 107 oder „ D IDI …“ 108 oder lauten Z WEI N ASEN TANKEN S UPER , D IE S UPERNASEN und Z ÄRTLICHE C HAOTEN (alle drei mit Mike Krüger und Thomas Gott- schalk in den Hauptrollen). Den Erfolg all dieser Filme machte offenbar vor allem der Umstand aus, das hier auf bereits bekannte Schauspieler bzw. Komiker zurückgegriffen wurde, die einem großen Teil der Bevölkerung schon aus dem Fernsehen bzw. von Schallplatten bekannt waren. Dieses Prinzip scheint immer wieder gut zu funktionieren (vgl. D ER S CHUH DES M ANITU), solange es sich bei den Personen nicht unbedingt um Fernsehschauspieler handelt109.

Die Erfolgsproduzenten dieser Zeit waren vor allem Horst Wendlandt110 mit Rialto-Film, Berlin (u. a. für die Otto-Filme verantwortlich) und Bernd Eichinger mit der Neuen Constantin Film, München (D IE UNENDLICHE G ESCHICHTE , D ER N AME DER

R OSE). Die Krüger/Gottschalk-Filme wurden von unterschiedlichen Produzenten vorwiegend aus dem Münchner Raum produziert.

Ob diese Filme Paradebeispiele im Sinne des damaligen Innenministers Fried- rich Zimmermann (CSU) sind, der mit dem Regierungswechsel 1983 an die Macht kam und dem Autorenfilm den Kampf ansagte, weil er der Auffassung war, dass der Steuer- zahler ein wohlbezahltes Recht auf Unterhaltungskino habe, sei dahin gestellt. In jedem Fall wurde aber zumindest versucht, mehr publikumswirksame Filme herzustellen. Ein noch schärferer Konkurrent als das Fernsehen blieb dabei der amerikanische Spielfilm mit hohen Budgets und großem Marketingaufwand111. Dieser diente allerdings man- chem deutschen Film sogar als Vorbild. Reinhard Münster äußerte dazu 1984: „ Wenn ich mir einen Klassiker ansehe, da kann ich doch nur etwas lernen. Es w Äre doch ver- messen zu sagen, ich mache jetzt etwas ganz Neues, wenn es Sachen gibt, auf die ich aufbauen kann. “ 112 Peter F. Bringmanns D ER S CHNEEMANN, Roland Emmerichs J OEY oder Peter Timms F IFTY , F IFTY waren solche Filme nach amerikanischem Vorbild.

Um die deutsche Filmwirtschaft trotz des Abwanderns großer Talente wie kur- ze Zeit nach J OEY Roland Emmerich, Carl Schenkel oder Wolfgang Petersen in die USA weiter zu stärken und zu professionalisieren, begann man Ende der 80er Jahre an der HFF München mit der Ausbildung zum Produzenten bzw. Produktionsleiter, um in diesen wichtigen Berufszweigen nicht mehr länger nur auf Autodidakten angewiesen zu sein. Mit der Wiedervereinigung 1990 kam auch die HFF Potsdam mit einem ähnlichen Studiengang hinzu, später die DFFB und die Filmakademie Ludwigsburg. Auch die Filmförderungen mit Mitteln aus Fernseh- oder Steuergeldern und der Filmabgabe tru- gen ihren Teil zur Stärkung des deutschen Films bei - gegen Beginn der 90er Jahre je- doch mit äußerst mäßigem Erfolg113. Da brachte der Maßnahmen-Katalog von Günter Rohrbach, Geschäftsführer der Bavaria-Film, im Hinblick auf die Frage „Ist unser För- dersystem geeignet, nicht nur die Herstellung deutscher Filme zu ermöglichen, sondern auch ihre Konkurrenzfähigkeit?“ zur rechten Zeit mehrere Lösungsansätze, die in acht Punkten insgesamt darauf abzielten, vor allem die Produzenten zu unterstützen, die dar- auf aus waren, eben solche konkurrenzfähigen Produkte herzustellen. Zu diesem Zweck sollte es mehr Geld für weniger Filme und bessere Absprachen zwischen den einzelnen Förderinstitutionen geben, um wirtschaftlich Erfolg versprechenden Projekten schneller und großzügiger Mittel zur Verfügung zu stellen114. Rohrbachs Vorschläge wurden bis heute fast vollständig aufgenommen und umgesetzt, auch wenn die Erfüllung von Regi- onaleffekten vieler Länderförderer nach wie vor dazu führen, dass es bei vielen Produk- tionen zu einem „Fördertourismus“ und dadurch zu erhöhten Kosten und größerem or- ganisatorischen Aufwand kommt. Immerhin sind aber die die meisten Regionalförde- rungen mittlerweile im Rahmen eines Dachverbandes in ständigem Kontakt miteinan- der. Dass diese Maßnahmen den kommerziellen Erfolg und die Konkurrenzfähigkeit insbesondere gegenüber amerikanischen Produktionen erheblich gesteigert haben, kann man jedoch nicht behaupten - noch immer haben es vor allem die jungen deutschen Produzenten recht schwer und zwischen dem Anspruch der Filmförderer und der Reali- tät des Produzierens herrscht noch immer eine gewisse Diskrepanz, auch wenn sich hier seit einigen Jahren eine „Professionalisierung“ seitens der Produzenten abzeichnet115.

[...]


1 William Goldman in Squire, Jason E., 1995, S. 92

2 William Goldman schrieb u. a. die Drehbücher zu B UTCH C ASSIDY AND THE S UNDANCE K ID (Oscar) und M ISERY

3 Die Arbeit ist insofern eine Prolegomena (griech. „Vorüberlegung“) zu einer vertiefenden, wissenschaftlichen Diskussion.

4 Stichwort „Verwertungsrisiko“, vgl. Bächlin, 1975, S. 96 ff. oder Iljine/Keil, 1997, S. 123

5 zu der Erkenntnis, dass dies nahezu unmöglich ist, kommt auch Bastian Clevé in „Investoren im Visier“, 1998, S. 21: „ Andererseits gibt es Filme, die alles zum Erfolg Notwendige haben: ( … ). Und dennoch will sie keiner sehen. ( … ) ‚ Nobody knows anything ’“

6 Erfolg ist in dieser Arbeit - wenn nicht anders vermerkt - stets in kommerzieller Hinsicht gemeint, auch wenn es eine Vielzahl von Filmbeispielen gibt, die wirtschaftlich weniger bedeutend waren, dafür aber erfolgreich unter künstlerischen oder innovativen Aspekten.

Diplomarbeit von Jan Philip Lange Seite 1

7 1926 brachte Warner Bros. den ersten tönenden Spielfilm heraus. Da sich die Tonfilmproduktion in Deutschland zu langsam entwickelte, drangen die amerikanischen Filme verstärkt auf den deutschen Markt. Zudem konnten deutsche Tonfilmproduktionen nur noch erschwert ins Ausland verkauft werden, da die Dialoge außerhalb des deutschsprachigen Raums nicht verstanden wurden und die Synchronisation zusätzliche Kosten verursachte (vgl. Bächlin, 1975, S. 55 und 63 ff.). Das Problem deutscher Sprache in deutschen Filmen ist auch heute noch einer der wesentlichen Gründe, die eine internationale Auswertung heimischer Produktionen erschweren (vgl. Clevé, 1996, S. 90)

8 vgl. Iljine/Keil, 1997, S. 33

9 Was die Bezeichnung „erfolgreich“ angeht, so wird dieser Begriff im Kontext dieser Arbeit im Kapitel 3.1. genauer definiert.

10 Wichtig: bei Spielfilmproduktionen darf i. d. R. kein Gewinn, sondern lediglich ein Produzentenhonorar kalkuliert werden, das aber dem kalkulierbaren Gewinn bei einer Fernsehproduktion entspricht.

11 Ausnahmen: Wenn der Film die geplanten Fertigungskosten übersteigt, werden Überschreitungen mitunter aus dem Gewinn oder den Handlungsunkosten abgedeckt und mindern so den Gewinn des Produzenten. Andererseits können zusätzliche Erlöse aus der Verwertung des Films fließen, aus denen allerdings zumeist die von der Filmförderung gewährten Darlehen zurückzuzahlen sind und insofern nur in seltenen Fällen zu zusätzlichen Einnahmen des Produzenten werden.

12 Fast kein deutscher Spielfilm (reine Fernsehauftragsproduktionen ausgenommen) entsteht heute ohne Fördermittel der FFA, des BKM oder einer anderen Förderinstitution. Das Volumen aller deutschen Film- förderungen zusammen (alle Förderarten) betrug im Jahr 2002 rund 212 Millionen Euro (vgl. „FFA-Info“ Nr. 1/03).

13 vgl. Artikel „Film ist kein Wirtschaftsgut“ in „Blickpunkt:Film“, Ausgabe 14/03, S. 28

14 vgl. Punkt 1.2.4. der „Allgemeinen Grundsätze in den Vergaberichtlinien des Filmboards Berlin- Brandenburg“: „ Gefördert wird die Herstellung von Kinofilmen. Das Filmvorhaben muss wirtschaftlich verwertbar sein. “ (Quelle: Internet, http://www.filmboard.de/vergabe.htm#allg_grundsaetze, Stand: 01.01.2002, Zugriff am 25.04.2003)

15 vgl. Artikel „Medienkrise - Mehr Schein als Sein“ in „Geldidee“, Ausgabe vom 11.10.2002, S. 1

16 Dem Filmboard Berlin-Brandeburg lagen im Jahr 2003 bereits zur ersten (von jährlich mindestens drei) Vergabeentscheidung im Januar Anträge mit einer Gesamthöhe von 15 Mio. Euro vor. So viel allerdings beträgt das Fördervolumen des Filmboards für ein ganzes Jahr. (Quelle: Rede des Intendanten des Filmboards Berlin-Brandenburg, Prof. Dr. Klaus Keil, am 21.12.2002 in Berlin)

17 Dass eine Zusammenarbeit mit Fonds auch in Deutschland und für deutsche Produktionen grundsätz- lich nicht unmöglich ist, zeigt das Beispiel German Film Productions (u. a. Co-Produzent des TV-Movies D AS W UNDER VON L ENGEDE), ein Fonds, der in deutsche Produktionen investiert - wenn auch vornehm- lich in weniger risikoreiche Fernseh- statt Kino-/Spielfilmproduktionen (Quelle: Internet, http://www.dermedienfonds.de/news.php, Zugriff am 08.11.2003).

18 Im Jahr 1993 hatten 76,3 % der deutschen oder deutsch-ausländischen Co-Produktionen weniger als 20.000 Kinozuschauer und damit Einnahmen an der Kinokasse von nur etwa 100.000,00 Euro (vgl. Clevé, 1996, S. 89)

19 aus der „Hamburger Erklärung“ in Prinzler/Rentschler, 2001, S. 13

20 Bereits im Februar 1895 führte Ottomar Anschütz in Berlin seinen „Schnellseher“ vor, der jedoch noch mit Glasdias statt mit Filmfolien funktioniert (vgl. Prinzler, 1995, S. 1)

21 vgl. Kracauer, 1958, S. 10

22 vgl. Prinzler, 1995, S. 1 und 2

23 Insofern könnte man die Brüder Lumière in Frankreich und Skladanowsky in Deutschland als die ersten Filmproduzenten bezeichnen, wenngleich der kommerzielle Aspekt dieses neuen Unterhaltungsmediums wahrscheinlich noch nicht der primäre Antrieb für ihre Arbeit war (vgl. Bardèche in Gregor/Patalas, 1973, S. 13)

24 Vor seiner Tätigkeit als Filmhersteller hatte Messter bereits Filmprojektoren gebaut und verkauft. Anfangs dienten die von ihm produzierten Filme vor allem dazu, den Käufern seiner Projektoren die entsprechende „Software“, also Filme zur Vorführung, zur Verfügung zu stellen.

25 vgl. Iljine/Keil, 1997, S. 14

26 vgl. Kracauer, 1958, S. 10

27 1903 stellte Messter in Berlin sein „Biophon“ vor, das Filmprojektor und Grammophon synchronisierte. Diese Erfindung setzte sich langfristig jedoch nicht durch.

28 z. B. D AS L IEBESGLüCK EINER B LINDEN oder M EISSNER P ORZELLAN , beide mit Henny Porten

29 „ Das Gesicht des Films in jener Frühzeit glich der Erscheinung eines Gassenjungen: es trug die Züge eines verwilderten und verwahrlosten Geschöpfes, das sich gleichsam nur in der Unterwelt umhertrieb. “ (Kracauer, 1958, S. 11)

30 vgl. Iljine/Keil, 1997, S. 14

31 vgl. „KINtop Schriften 2“, 1994, S. 155)

32 So trennte er 1911, als sich abzeichnete, dass die Tendenz von Kurzfilmen weg und zu Langspielfilmen hing ging, die kinotechnische von der Filmproduktion ab und gründete 1913 die Messter Film GmbH, die später in der UFA aufging (vgl. Jacobsen/Kaes/Prinzler, 1993, S. 24)

33 vgl. Kracauer, 1958, S. 12 und Jacobsen/Kaes/Prinzler, 1993, S. 21

34 vgl. Kracauer, 1958, S. 12 ff.

35 z. B. die „entfesselte“ (d. h. bewegte) Kamera, die der Kameramann Karl Freund 1924 in F. W. Murnaus D ER LETZTE M ANN einsetzt.

36 aus: T. H. Mayer: Lebende Photographien (in „Österreichische Rundschau“ vom 01.04.1912)

37 vgl. Jacobsen/Kaes/Prinzler, 1993, S. 32

38 vgl. Kracauer, 1958, S. 14

39 „Monopolfilm“ meint die Verleihstruktur, die auf die Distribution eines einzelnen Films zielt

40 vgl. Jacobsen/Kaes/Prinzler, 1993, S. 29

41 vgl. Iljine/Keil, 1997, S. 16

42 vgl. Iljine/Keil, 1997, S. 16

43 diese lösten nach und nach das Wanderkinogewerbe, das sein Publikum auf Jahrmärkten und in Varie- tes fand, ab

44 vgl. Bächlin, 1975, S. 26 ff.

45 vgl. Kracauer, 1958, S. 15 ff.

46 Kracauer, 1958, S. 15 und 16

47 vgl. Kracauer, 1958, S. 15

48 Anzumerken ist, dass z. B. während des Ersten Weltkriegs auch deutsche Produktionen vor Kitsch trieften und teilweise sogar im Film behandelte historische Begebenheiten allen Sinnes entleerten (vgl. Kracauer, 1958, S. 31 ff.)

49 Im Jahr 1914 gab es in Deutschland 25 deutsche und 47 ausländische Filmfirmen; 1918 waren es 130 deutsche und nur noch zehn ausländische Unternehmen.

50 zum Beispiel D ER A NDERE (1913) oder S CHUHPALAST P INKUS (1916)

51 vgl. Jacobsen, 1989, S. 165 ff.

Diplomarbeit von Jan Philip Lange Seite 9

52 zum Beispiel D ER LETZTE M ANN (1924), M ETROPOLIS (1925/26), D ER BLAUE E NGEL (1929/30)

53 vgl. Jacobsen, 1989, S. 6

54 vgl. Iljine/Keil 1997, S. 18

55 der die Bedeutung des Films als wirkungsvolles Propagandainstrument erkannt hatte

56 vgl. Bächlin, 1975, S. 35

57 neben der UFA z. B. noch Emelka oder Decla-Bioscop (die später in der UFA aufgeht)

58 wo sich seit 1910 Hollywood als Produktionszentrum entwickelte

59 vgl. Bächlin, 1975, S. 43

60 eingeleitet durch D AS C ABINET DES D R . C ALIGARI (1920)

61 zum Beispiel V ERITAS V INCIT , D IE A USTERNPRINZESSIN oder der Exporthit M ADAME D UBARRY (alle 1919)

62 wie A NDERS ALS DIE A NDERN (1919), einem „sozialhygienischem Filmdrama“ gegen die Diskreminierung von Homosexuellen (vgl. Prinzler, 1995, S. 45)

63 vgl. Iljine/Keil, 1997, S. 20 und 21

64 aus Jacobsen/Kaes/Prinzler, 1993, S. 40

65 vgl. Kracauer, 1958, S. 86 ff.

66 Das Kontingentgesetz sah vor, dass für jeden importierten Film ein deutscher Film exportiert wurde und später sogar, dass für jeden Import ein deutscher Film produziert werden musste (Kompensationssys- tem).

67 Kracauer, 1958, S. 88

68 vgl. Kracauer, 1958, S. 88

69 aus Kracauer, 1958, S. 91

70 Zitat von Hans Siemsen in „Der Querschnitt“ (1922); aus Jacobsen/Kaes/Prinzler, 1993, S. 71

71 1921 war Pommers Decla-Bioscop in der UFA aufgegangen und er selbst zum Chef der UFA-Produkti- onsabteilung geworden.

72 vgl. Amend/Bütow, 1997, S. 17

73 aus Jacobsen/Kaes/Prinzler, 1993, S. 168

74 dazu gehörte vor allem auch die natürlich positive Entnazifizierung und Demokratisierung in Deutschland (vgl. Hauser, 1989, S. XI)

75 immerhin gab es 1945 in Deutschland noch eine Vielzahl von Filmstudios und immerhin über 1.000 bespielbare Kinos

76 vgl. Hauser, 1989, S. 314

77 vor allem britischen und französischen Filmen (die amerikanischen Konzerne belieferten Deutschland, analog zu heute, weitestgehend direkt)

78 Erstaunlicherweise wurden aber auch diverse unter dem Nazi-Regime arbeitende Filmschaffende zügig rehabilitiert (vgl. Iljine/Keil, 1997, S. 43). Möglichweise geschah dies aus Mangel an Nachwuchs, allerdings verhinderten insbesondere die Amerikaner so auch, dass deutsche Talente, die in die USA emigriert und dort erfolgreich waren, nach Deutschland zurückkehrten (obgleich dies einige trotzdem taten, u. a. Billy Wilder, Erich [Eric] Pommer, Max Ophüls).

79 1947 lizenziert Pommer z. B. die ndF in München

80 Ziel des Entflechtungsgesetztes war die Vernichtung bzw. Verhinderung übermäßiger Konzentration (Verflechtung) der Wirtschaftskraft im Bereich der Filmproduktion, des Verleihs und Kinobetriebs.

81 vgl. Hauser, 1989, S. 316

82 vgl. Dost/Hopf/Kluge, 1973, S. 101

83 auf die Filmproduktion in der DDR wird hier und im Folgenden nicht detaillierter eingegangen, da sie in Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit von Produktionen keinen Maßstab bildet, denn sie war zu Zeiten der DDR voll subventioniert. Allerdings kann heute die gesamtdeutsche Filmwirtschaft der Gegenwart auf Know-how und Talent aus der ehemaligen DDR bauen.

84 Kinobetrieb

85 Betrieb von Filmateliers in Berlin

86 vgl. Iljine/Keil, 1997, S. 46

87 vgl. Iljine/Keil, 1997, S. 55

88 aus Jacobsen/Kaes/Prinzler, 1993, S. 171 - 172

89 vgl. Amend/Bütow, 1997, S. 19

90 vgl. Jacobsen/Kaes/Prinzler, 1993, S. 182

91 Das Fernsehen bildet seit seiner Entstehung eine der härtesten und andauernsten Konkurrenz zum deut- schen Spielfilm. Während in den USA dieses neue Medium sofort als Chance für neue Absatzmärkte verstanden wurde (TV-Movies), warteten die deutschen Produzenten (zu) lange ab und gerieten dadurch wiederum in eine Abhängigkeit von Fernsehaufträgen anstatt sich durch eine offensivere Vorgehensweise Vorteile zu verschaffen.

92 vgl. Jacobsen/Kaes/Prinzler, 1993, S. 220 - 221

93 Klaus Lemke in Prinzler/Rentschler, 2001, S. 54

94 vgl. Iljine/Keil, 1997, S. 63

95 vgl. Clevé/Flechsig (Hrsg.), 1996, S. 68

96 vgl. „Die Situation der westdeutschen Filmwirtschaft in den sechziger Jahren“ (Quelle: Internet, http://www.deutsches-filminstitut.de/sozialgeschichte/dt069.htm, Zugriff: 08.05.2003)

97 vgl. Iljine/Keil, 1997, S. 65 - 66

98 Die HFF Potsdam wurde übrigens in der DDR bereits 1954 als Deutsche Hochschule für Filmkunst gegründet.

99 Kluge/Reitz/Schamoni in Film-Telegramm, Ausgabe 14/1962

100 dazu zählen u. a. Berühmtheiten wie Werner Herzog, Rainer Werner Fassbinder, Volker Schlöndorff, Wolfgang Petersen

101 in Prinzler/Rentschler (Hrsg.), 2001, S. 125

102 vgl. Iljine/Keil, 1997, S. 73

103 für diesen quantitativen Erfolg sind vor allem auch die Multiplexe mit verantwortlich, die seit 1990 nach amerikanischem Vorbild in Deutschland entstanden sind und Kino wieder zum Erlebnis machten (durch bequeme Sitze, moderne Projektions- und Tonanlagen, riesige Leinwände, eine große Auswahl attraktiver Filme unter einem Dach sowie ein umfangreiches Angebot an Getränken und Snacks).

104 vgl. „FFA-Info“ Nr. 1/03, S. 9

105 vgl. persönliches Interview mit Rolf Bähr vom 23.05.2003

106 Quelle: Internet, http://www.constantin-film.de/unternehmen/filmerfolge1.php, Zugriff am 18.06.2003

107 Vier Otto-Filme entstanden zwischen 1985 und 1992, ein fünfter - allerdings weniger erfolgreicher - folgte 2001.

108 Dieter Hallervordens Filme D IDI DER D OPPELG ÄNGER (1984) und D IDI AUF VOLLEN T OUREN (1986) erreichten jeweils über zwei bzw. 1,6 Millionen Kinozuschauer.

109 vgl. Kapitel 3.2.3.

110 Horst Wendland (1922 - 2002) wurde von der Kritik oft gering geachtet und war den Regisseuren des Neuen Deutschen Films nicht gerade zugetan (Ausnahme: Rainer Werner Fassbinder, mit dem er Filme produzierte). Seine Produktionen gehören aber zu den erfolgreichsten der deutschen Filmlandschaft: Die 33 Teile umfassende Edgar-Wallace-Reihe ist der größte Erfolg einer Filmserie - weltweit (Quelle: Inter- net, http://www.filmstar.de/entertainment/stars/h/horst_wendlandt.html., Zugriff am 18.06.2003).

111 vgl. Iljine/Keil, 1997, S. 83

112 vgl. Jacobsen/Kaes/Prinzler, 1993, S. 294

113 vgl. Iljine/Keil, 1997, S. 84 - 85

114 vgl. Kreile/Keil, 1990, S. 45 - 49

115 aus persönlichem Interview mit Prof. Klaus Keil am 22.05.2003

Fin de l'extrait de 107 pages

Résumé des informations

Titre
Einfluss und Strategien deutscher Spielfilmproduzenten der Gegenwart in Hinblick auf den kommerziellen Erfolg ihrer Kinofilme anhand ausgewählter Beispiele
Université
Film & Television Academy “Konrad Wolf” Potsdam-Babelsberg  (Studiengang Film- & Fernsehproduktion)
Note
2,0
Auteur
Année
2003
Pages
107
N° de catalogue
V24917
ISBN (ebook)
9783638276795
Taille d'un fichier
1102 KB
Langue
allemand
Annotations
Wie können deutsche Spielfilmproduzenten ihre Kinofilme wirtschaftlich erfolgreicher machen? Was sind die Erfolgsparameter deutscher Spielfilme? - Eine Prolegomena inkl. historischem Abriss über Filmproduktion in Deutschland.
Mots clés
Einfluss, Strategien, Spielfilmproduzenten, Gegenwart, Hinblick, Erfolg, Kinofilme, Beispiele
Citation du texte
Jan Philip Lange (Auteur), 2003, Einfluss und Strategien deutscher Spielfilmproduzenten der Gegenwart in Hinblick auf den kommerziellen Erfolg ihrer Kinofilme anhand ausgewählter Beispiele, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/24917

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