Der wachsende Einfluss der europäischen Mächte auf dem Gebiet des osmanischen Reiches Mitte des 19. Jahrhunderts konfrontierte die traditionelle islamische Gesellschaft mit der kapitalistischen Modernisierung ihrer Wirtschaftweise. Die Übernahme westlichen Lebensstils durch eine neu entstandene kleine kapitalistische Elite und das gleichzeitige Beibehalten der traditionellen feudalistischen Besitzstrukturen verstärkte die soziale Ungleichheit zwischen den verschiedenen sozialen Schichten. 1
Am Beispiel Ägyptens von 1858 bis 1952 wird der Prozess des Verlustes an eigenständiger politischer und sozialer Verantwortung der herrschenden Elite und die sozialen Folgen besonders deutlich. Eine Folge war, dass sich früh der Widerstand gegen die europäische Bevormundung regte und sich von Seiten ägyptischer Intellektueller eine islamische Reformbewegung formierte. Zu dieser Zeit wurde die Vorstellung von einem islamischen Sozialismus entwickelt, der den drängenden sozialen Problemen der damaligen Zeit entgegen gestellt werden sollte. 2 Erst in den dreißiger Jahren, mit der zugespitzten sozialen Lage der Landbevölkerung, erhielt die Vorstellung einer sozial gerechten Gesellschaftsordnung auf der Grundlage des Korans eine besondere Aufmerksamkeit. Mit der Revolution der Freien Offiziere im Juli 1952 flossen auch grundlegende Vorstellungen des islamischen Sozialismus in das wirtschaftspolitische Entwicklungskonzept ein. 3
In dieser Arbeit gilt es weniger zu beurteilen, ob es wirklich eine theologische Kohärenz zwischen der Ideologie und der Lehre des Islams gibt, als viel mehr speziell um die Auswirkungen des islamischen Sozialismus auf die Entwicklung der institutionellen Rahmenbedingungen in der Reform des Agrarsektors. Kurz um die Fragen: Wie wirkte sich der institutionelle Wandel auf die Strukturen der bisherigen Landwirtschaft aus? Und welche Probleme ergaben sich bei seiner Umsetzung?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die wirtschaftlichen und sozialen Hintergründe Ägyptens vom 1879 bis zur Juli - Revolution 1952
- Die Integration der Ideologie des islamischen Sozialismus in ein wirtschafts- und sozialpolitisches Entwicklungskonzept
- Der Ursprung des islamischen Sozialismus
- Die Ideologie des Nasserismus
- Das wirtschafts- und sozialpolitische Entwicklungskonzept Nassers
- Die Agrarreformgesetze von 1952 und 1961
- Das Genossenschaftssystem
- Zusammenfassung: Des ideologischen – institutionellen Wandels
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert die Auswirkungen des islamischen Sozialismus auf die Entwicklung der institutionellen Rahmenbedingungen in der Agrarreform Ägyptens unter Gamal Nasser. Sie untersucht, wie sich der institutionelle Wandel auf die Strukturen der Landwirtschaft auswirkte und welche Probleme bei der Umsetzung auftraten.
- Die Entstehung des islamischen Sozialismus als Reaktion auf die soziale Ungleichheit und die Folgen der europäischen Einflussnahme im 19. Jahrhundert
- Die Integration des islamischen Sozialismus in das wirtschaftspolitische Entwicklungskonzept Nassers
- Die Agrarreformgesetze von 1952 und 1961 als konkrete Umsetzung des islamischen Sozialismus
- Die Herausforderungen bei der Einführung des Genossenschaftssystems
- Der Einfluss der Ideologie auf den institutionellen Wandel in der ägyptischen Landwirtschaft
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik des islamischen Sozialismus in Ägypten unter Gamal Nasser ein und erläutert die Fragestellung der Arbeit. Kapitel 2 beleuchtet die wirtschaftlichen und sozialen Hintergründe Ägyptens vom 19. Jahrhundert bis zur Revolution von 1952, wobei insbesondere die Auswirkungen der europäischen Einflussnahme und des Baumwollbooms auf die traditionelle Sozialstruktur beschrieben werden.
Kapitel 3 widmet sich der Integration des islamischen Sozialismus in das wirtschafts- und sozialpolitische Entwicklungskonzept Nassers. Es werden die Ursprünge des islamischen Sozialismus sowie die Ideologie des Nasserismus beleuchtet.
In Kapitel 4 werden die wichtigsten Elemente des wirtschafts- und sozialpolitischen Entwicklungskonzepts Nassers näher betrachtet, insbesondere die Agrarreformgesetze von 1952 und 1961 sowie das Genossenschaftssystem. Schließlich fasst das letzte Kapitel die Ergebnisse der Arbeit zusammen und stellt die Bedeutung des institutionellen Wandels für die ägyptische Landwirtschaft dar.
Schlüsselwörter
Islamischer Sozialismus, Ägypten, Gamal Nasser, Agrarreform, Genossenschaft, institutioneller Wandel, Wirtschaftsgeschichte, Sozialgeschichte, Entwicklungskonzept, Ideologie.
- Citation du texte
- Sven Rolf (Auteur), 2004, Der islamische Sozialismus - Entwicklungskonzepte unter Gamal Nasser am Beispiel der Agrarreform, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/24976