Wie sicher sind die Renten? Die Rentenversicherung zu Beginn des 21. Jahrhunderts


Dossier / Travail de Séminaire, 2004

16 Pages, Note: 1,3


Extrait


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

II. Die Rentenversicherung - eine Mischung aus Äquivalenz- und Solidaritätsprinzip

III. Strukturprobleme
1. Die Demographische Entwicklung
2. Der Generationenvertrag
3. Die Pflicht zum Defizitausgleich
4. Der Beitragssatz und die Beitragsbemessungsgrenze

IV. Reformansätze
1. Die Riester-Rente (1.1.2002)
2. Die Einführung des Nachhaltigkeitsfaktors (1.4.2004)

V. Ausblick

VI. Schluss

VII. Literaturverzeichnis

VIII. Abbildungsverzeichnis

I. Einleitung

„Die Renten sind sicher“ – Dieser Satz aus der Bundestagsdebatte um den Bundeshaushalt im September des Jahres 1984 wird dem damaligen Bundesarbeitsminister Norbert Blüm (CDU) noch in heutiger Zeit vorgehalten. Er erklärte damals, für die Renten bestehe eine Bundesgarantie und die Bürger sollten sich nicht von der Opposition in Angst versetzen lassen. Diese hatte behauptet, die Regierung stehe in ihrer Rentenpolitik vor dem Bankrott. „Blüm: Renten sicher – Opposition: Kassen leer“[1] titelte damals die Westdeutsche Allgemeine Zeitung. Und auch in der zweiten Lesung wiederholte Blüm sein Credo: „Niemand muss um seine Rente fürchten“, sagte der Bundesarbeitsminister auf Meldungen, die Rente für das kommende Haushaltsjahr werde „auf Pump“ finanziert[2]. In einem 2003 erschienen Aufsatz zur Zukunft der Renten bezeichnete Oswald Metzgers den späteren Slogan Blüms („Aber eines ist sicher: Die Rente!“) sogar als „verlogene Metapher“[3] und den Minister als „Kohls launige Allzweckwaffe zur Sicherung der christdemokratischen Wählerstimmen, im Speziellen derjenigen der Rentner“[4]. Man darf nun nicht vergessen: Blüm traf seine Aussage erstmals im Jahr 1984, das war noch vor der Wiedervereinigung und den damit verbundenen finanziellen Engpässen, vor dem immensen Anstieg der Arbeitslosenzahlen und auch vor der immer höher werdenden Verschuldung der öffentlichen Haushalte. Die Lage im Fiskus hat sich in den mittlerweile 20 Jahren seit Blüms legendärem Satz nicht unbedingt verbessert. Der Bund hat stets neue Lücken im Haushalt zu stopfen. Im Jahr 2003 beliefen sich die Ausgaben für die Rentenversicherung auf 226 Milliarden Euro[5], einer Zahl die beinahe drei Mal so hoch ist wie der gesamte Haushalt der Europäischen Union. Die Rentenversicherung ist noch immer der größte Posten im System der sozialen Sicherung. Bleibt die Frage: Wie sicher sind die Renten wirklich? In dieser Arbeit sollen Probleme und Reformansätze in der Gesetzlichen Rentenversicherung zu Beginn des 21. Jahrhunderts dargestellt werden. Zunächst werden die sozialen Prinzipien, mit denen sich die Rentenversicherung umschreiben lässt, erläutert. Danach werden die Strukturprobleme erläutert, wobei die demographische Entwicklung, der so genannte Generationenvertrag, der Beitragssatz und die Beitragsbemessungsgrenze sowie die Pflicht des Bundes zum Defizitausgleich angeführt werden. Danach werden mit der Riesterrente und der Einführung des Nachhaltigkeitsfaktors zwei Reformansätze erläutert. Abschließend wird ein Ausblick auf die Zukunft der gesetzlichen Rentenversicherung gegeben.

II. Die Rentenversicherung - eine Mischung aus Äquivalenz- und Solidaritätsprinzip

Wie auch die anderen Versicherungen des sozialen Sicherungssystems in Deutschland ist die Rentenversicherung als Pflichtversicherung konstruiert. „Die Konstruktion als Pflichtversicherung soll gewährleisten, dass Anspruchsberechtigte auch die Leistungen erhalten, die sie sich durch ihre Beitragszahlungen verdient haben“[6]. Das System der Pflichtversicherung erschwert zudem den Empfang von zu hohen Leistungen für „Nicht-Berechtigte“ und ist deshalb eng mit dem Äquivalenzprinzip verbunden. Das Äquivalenzprinzip basiert auf einem engen Zusammenhang zwischen der Leistung des Versicherungsnehmers (Beiträge) und der Gegenleistung des Versicherers. Es beruht sozusagen auf konkreten „Kosten-Nutzen-Kalkülen“[7]. Auf die Rente bezogen hieße das: Wer länger in die Rentenkasse einzahlt oder ein höheres Einkommen hat und demnach auch höhere Beiträge zahlt, dem steht auch eine dementsprechend höhere Rente zu. Jedoch wird das Äquivalenzprinzip in der Gesetzlichen Rentenversicherung vom Solidaritätsprinzip abgeschwächt[8]. Das Solidaritätsprinzip geht nach dem Grundsatz „Einer für Alle und Alle für Einen“ vor und ist für „auf das Einstehen füreinander angelegt“[9]. Die höheren Beiträge von sozial Starken sollen den sozial Schwachen zu Gute kommen. Die Lasten zur Unterstützung der sozial schwächeren Bevölkerungsgruppe soll somit auf alle Schultern verteilt werden. Das Solidaritätsprinzip kann auch korrigierend aus das Äquivalenzprinzip einwirken, damit keine allzu großen sozialen Ungleichheiten entstehen. Bei der Rentenversicherung ist ein solches solidarisches Element beispielsweise das der versicherungsfremden Leistungen. So werden zum Beispiel Zeiten der Kindererziehung und der Ausbildung an einer Hochschule teilweise oder gänzlich so gerechnet, als hätte der Betroffene in dieser Zeit in die Rentenversicherung eingezahlt. Hier durchbricht das Solidaritätsprinzip das sonst vorherrschende Äquivalenzprinzip eindeutig, da die Leistungen eben nicht mehr absolut von den tatsächlich erbrachten Beiträgen abhängt. Gleiches gilt für die Hinterbliebenenrenten für Witwen und Waisen.

III. Strukturprobleme

Um die Struktur der Rentenversicherung erläutern zu können, muss man über 100 Jahre zurückgehen: Die gesetzliche Rentenversicherung wurde 1889 eingeführt und strukturiert sich nach dem so genannten „Bismarck-Modell“. Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Invaliditäts- und Alterssicherung neben der Krankenversicherung (1883) und der Unfallversicherung (1884) zu einer der „tragenden Säulen eines Systems der sozialen Sicherung, auf denen Deutschland bis heute ruht“[10]. Kennzeichnend für das Modell ist zum einen die Versicherungspflicht, die zunächst auf alle Arbeiter ab dem 16. Lebensjahr und bestimmte Angestellte mit einem Jahresverdienst von 2000 Mark galt. Zehn Jahre später wurde diese Pflichtversicherung auf weitere Angestelltengruppen ausgedehnt[11]. Zum anderen typisch für das „Bismarck-Modell“ ist die so genannte Beitragsparität: Arbeitnehmer und Arbeitgeber zahlen zu gleichen Teilen in die Rentenkasse ein[12]. Diese Punkte, die Pflichtversicherung sowie die Beitragsparität haben sich bis heute erhalten und prägen die Struktur der Gesetzlichen Rentenversicherung. In den folgenden Abschnitten werden die Strukturprobleme in diesem „gewachsenem“ System dargelegt.

1. Die Demographische Entwicklung

Dass die demographische Entwicklung in Deutschland einmal zu einem Problem erden könnte, das hätte der ehemalige Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland Konrad Adenauer (CDU) nie für möglich gehalten. Seine Annahme „Kinder kriegen die Leute immer“ erwies sich im Nachhinein betrachtet jedoch als Fehleinschätzung. Die Gesellschaft hat sich im Laufe der Zeit so verändert, dass Kinder nicht mehr als „wirtschaftlich rentierende Investition“[13] gesehen werden, sondern nur noch emotionalen Wert haben. Die Folge: Die Gesellschaft altert. Bei immer weniger Kindern, steigt gleichzeitig die Lebenserwartung. Anfang des 21. Jahrhunderts macht der Anteil der unter 20-Jährigen nur noch 21 Prozent aus, während der Anteil der über 59-Jährigen auf 24 Prozent steigt[14]. Für die nächsten Jahrzehnte wird sich dieser Trend zur alternder Gesellschaft den Prognosen zu Folge noch verstärken. „In den nächsten vierzig, fünfzig Jahren steigt der Anteil der über Sechzigjährigen auf 35 bis 38 Prozent, jener der unter Zwanzigjährigen wird aller Voraussicht nach auf 16 bis 17 Prozent sinken“[15].

[...]


[1] Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 14.09.1984.

[2] Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29.11.1984.

[3] Metzger: Die Zukunft der Renten, S. 59.

[4] ebd., S. 59.

[5] Zahl entnommen aus: Der Spiegel 18/04, S. 25.

[6] Pilz: Sozialstaat, im Erscheinen.

[7] Pilz/Ortwein: Das politische System der BRD, S. 262.

[8] Pilz: Sozialstaat, im Erscheinen.

[9] ebd.

[10] Metzler: Der deutsche Sozialstaat, S. 20.

[11] Frerich: Sozialpolitik, S. 80 f.

[12] Metzler: Der deutsche Sozialstaat, S. 24.

[13] Miegel: Deformierte Gesellschaft, S. 22.

[14] Zahlen entnommen aus ebd., S. 25.

[15] Lehr: Herausforderung alternde Gesellschaft, S. 40.

Fin de l'extrait de 16 pages

Résumé des informations

Titre
Wie sicher sind die Renten? Die Rentenversicherung zu Beginn des 21. Jahrhunderts
Université
University of Regensburg  (Politikwissenschaften)
Cours
Hauptseminar: Der Sozialstaat
Note
1,3
Auteur
Année
2004
Pages
16
N° de catalogue
V25084
ISBN (ebook)
9783638278126
Taille d'un fichier
594 KB
Langue
allemand
Mots clés
Renten, Rentenversicherung, Beginn, Jahrhunderts, Hauptseminar, Sozialstaat
Citation du texte
Manuel März (Auteur), 2004, Wie sicher sind die Renten? Die Rentenversicherung zu Beginn des 21. Jahrhunderts, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/25084

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