Die Verschuldungskrisen in einzelnen Ländern führten zur Restrukturierung ihrer Auslandsverschuldung.
Die etablierten Institutionen führten Verhandlungen und unterstützten
mit wirtschafts- und währungspolitischen Maßnahmen sowohl das Schuldnerland als
auch Gläubigerländer und -banken. Die Stabilität des internationalen Finanz- und
Währungssystems ist durch Verschuldungskrisen in ständiger Gefahr. Neue Institutionen
wie das Forum für Finanzmarktstabilität (FSF) entstanden, etablierte Institutionen wie
der Londoner und Pariser Club intensivierten ihre Bemühungen zu effizienteren Restrukturierungsverhandlungen.
Insbesondere der IWF steht in der Kritik und entwickelt kontinuierlich
neue Instrumente und Maßnahmen zur Krisenprävention und -bewältigung.
Neue Verschuldungsarten entstanden in Anleihen und deren Derivate. Sie führen zu
großen Herausforderungen an die etablierten Institutionen und Restrukturierungsprozesse.
Sobald sich ein Schuldner in einer Situation befindet, in der er seine Schulden nicht mehr
bedienen kann (Verschuldungskrise)1, bieten sich ihm zwei Möglichkeiten: Seine Schulden
werden restrukturiert, so dass er weiterexistieren kann, oder es droht ihm die Liquidation.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass einerseits Kreditverträge verbindlich und
einzuhalten sind, andererseits Ansteckungsgefahren für andere Schuldner und Gläubiger
bestehen, wenn ein Schuldner seine Verbindlichkeiten nicht zurückzahlen kann. Auch
souveräne Staaten finanzieren ihre Ausgaben über Kreditaufnahme und setzen sich der
Gefahr aus, diese nicht bedienen zu können. Sie lösen Finanz- und Schuldenkrisen aus,
die volkswirtschaftliche und soziale Kosten im Schuldnerland verursachen. Da die Liquidation
eines souveränen Staates unmöglich ist, wird eine Restrukturierung des Schuldenbestandes
unumgänglich. Auch Gläubiger erleiden dabei Verluste durch ineffiziente
Restrukturierungsprozesse.
Diese Arbeit thematisiert den gesamten Restrukturierungsprozess. Auf den Definitionsteil
folgt eine Analyse des Restrukturierungsprozesses, wobei insbesondere auf Verhandlungen,
Interessenheterogenität und Schuldentragfähigkeit eingegangen wird. Das
Redesign des Restrukturierungsprozesses wird anhand von derzeit diskutierten Ansätzen
vorgenommen. Das letzte Kapitel analysiert Russland und seine bisherigen Restrukturierungen.
1 Vgl. zum folgenden REINHARDT (1990), S. 1.
Inhaltsverzeichnis
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- EINLEITUNG
- RESTRUKTURIERUNG, REPUDIATION UND RETORSIONEN
- RESTRUKTURIERUNG
- REPUDIATION UND RETORSIONEN
- ANALYSE DES RESTRUKTURIERUNGSPROZESSES
- KLASSIFIZIERUNG DER OPTIONEN UND GLÄUBIGERREGIME
- VERHANDLUNGEN
- Verhandlungen im Londoner Club
- Verhandlungen im Pariser Club
- Taktische Konzepte
- INTERESSENHETEROGENITÄT
- Interessen und Verhandlungsziele des Schuldnerlandes
- Interessen und Verhandlungsziele der internationalen Regime
- Interessen und Verhandlungsziele der sonstigen Akteure
- Gleichbehandlung aller Gläubigergruppen
- MERKMALE DER SCHULDENTRAGFÄHIGKEIT
- Insolvenzbedingungen
- Moral-hazard-Problematik
- Überschuldungsgrenzwerte und Zahlungsfähigkeit
- Aufbringungs-, Transfer und Akzeptanzproblem
- DURCHSETZBARKEIT INTERNATIONALER KREDITVERTRÄGE
- STÄRKEN-SCHWÄCHEN-PROFIL
- REDESIGN DES RESTRUKTURIERUNGSPROZESSES
- INTERNATIONALER WÄHRUNGSFONDS UND EINBEZIEHUNG DES PRIVATSEKTORS
- Kreditvergabestrategie des IWF
- Reform des IWF
- Einbeziehung des Privatsektors
- COLLECTIVE-ACTION-CLAUSES IN ANLEIHEBEDINGUNGEN
- Definition und Beschreibung der Unterklauseln
- Beurteilung der CAC's
- INTERNATIONALE INSOLVENZORDNUNG
- Vorbild USA
- Sovereign Debt Restructuring Mechanism
- Beurteilung des SDRM
- SCHULDENRESTRUKTURIERUNGEN RUSSLANDS
- ALLGEMEINE WIRTSCHAFTSLAGE
- SCHULDENSTAND
- RESTRUKTURIERUNGSSTRATEGIE RUSSLANDS
- BISHERIGE RESTRUKTURIERUNGSABKOMMEN
- SCHLUSSBEMERKUNGEN UND AUSBLICK
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Diplomarbeit befasst sich mit der Analyse der Restrukturierung von Staatsverschuldung in Entwicklungsländern. Sie untersucht den gesamten Restrukturierungsprozess, von den Definitionen über die Analyse des Prozesses bis hin zu den derzeit diskutierten Ansätzen zur Reform des Systems. Die Arbeit fokussiert auf die Herausforderungen, die mit der Verschuldungskrise in Entwicklungsländern verbunden sind, und beleuchtet die komplexen Verhandlungsprozesse zwischen Schuldnerländern, Gläubigern und internationalen Institutionen.
- Analyse des Restrukturierungsprozesses und dessen Herausforderungen
- Untersuchung der Interessenheterogenität zwischen Schuldnerländern, Gläubigern und internationalen Institutionen
- Diskussion von Reformansätzen zur Verbesserung des Restrukturierungsprozesses
- Anwendung des Restrukturierungsprozesses auf das Beispiel Russland
- Bewertung der Auswirkungen von Restrukturierungen auf die wirtschaftliche Entwicklung von Entwicklungsländern
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Dieses Kapitel stellt die Problematik der Staatsverschuldung in Entwicklungsländern dar und erläutert die Notwendigkeit von Restrukturierungen. Es verdeutlicht die Bedeutung des internationalen Währungs- und Finanzsystems und die Herausforderungen, die durch Verschuldungskrisen entstehen.
- Restrukturierung, Repudiation und Retorsionen: Dieses Kapitel definiert die Begriffe "Restrukturierung", "Repudiation" und "Retorsionen" und erklärt die Unterschiede zwischen Umschuldung und Refinanzierung. Es untersucht verschiedene Strategien, die Schuldnerländern offen stehen, wenn sie kurz vor dem Default stehen.
- Analyse des Restrukturierungsprozesses: Dieses Kapitel analysiert den gesamten Restrukturierungsprozess. Es betrachtet die Klassifizierung der Optionen und Gläubigerregime, die Verhandlungen mit dem Londoner und Pariser Club und die taktischen Konzepte, die in diesen Verhandlungen eingesetzt werden. Darüber hinaus untersucht es die Interessenheterogenität der verschiedenen Akteure sowie die Merkmale der Schuldentragfähigkeit und die Durchsetzbarkeit internationaler Kreditverträge.
- Redesign des Restrukturierungsprozesses: Dieses Kapitel beschäftigt sich mit aktuellen Ansätzen zur Reform des Restrukturierungsprozesses. Es analysiert die Kreditvergabestrategie des IWF, die Notwendigkeit einer Reform des IWF und die Einbeziehung des Privatsektors in den Restrukturierungsprozess. Es betrachtet außerdem die Rolle von Collective-action-clauses (CACs) in Anleihebedingungen und diskutiert die Einführung einer internationalen Insolvenzordnung, insbesondere den Sovereign Debt Restructuring Mechanism (SDRM).
- Schuldenrestrukturierungen Russlands: Dieses Kapitel analysiert die wirtschaftliche Lage Russlands und seinen Schuldenstand. Es untersucht die Restrukturierungsstrategie Russlands und die bisher erzielten Restrukturierungsabkommen.
Schlüsselwörter
Die Diplomarbeit beleuchtet die Schlüsselthemen der Staatsverschuldung, Restrukturierung, Repudiation, Retorsionen, Gläubigerregime, Interessenheterogenität, Schuldentragfähigkeit, internationale Institutionen, Internationale Währungsfonds (IWF), Collective-action-clauses (CACs), Sovereign Debt Restructuring Mechanism (SDRM), und die Fallstudie Russland.
- Citation du texte
- Stephan Müller (Auteur), 2003, Analyse der Restrukturierung von Staatsverschuldung in Entwicklungsländern, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/25174