Der akute Myokardinfarkt nimmt in einer Statistik zu den 10 häufigsten Todesursachen im Jahr 2001 den 2ten Platz ein. In jenem Jahr starben allein in Deutschland insgesamt 65-tausend Männer und Frauen (7,9% Anteil an Gesamtsterbefällen) aufgrund eines akuten Myokardinfratkes. Rechnet man die "Chronisch ischämische Herzkrankheit" (92-tausend; 11,2% Anteil an Gesamtsterbefällen) und die Herzinsuffizienz (56-tausend; 8% Anteil an Gesamtsterbefällen) dazu, starben im Jahre 2001 214-tausend Menschen (25,9% Anteil an Gesamtsterbefällen) an Erkrankungen des Herzens (vgl. Statistisches Bundesamt 2003).
Die Idee zur vorliegenden Arbeit entstand im Rahmen der Lehrveranstaltung „Psychologie der Interkulturellen Kommunikation“ und meiner Mitarbeit in einem kooperativen Forschungsprojekt zur „Reduktion der Prähospitalzeit von Myokardinfarktpatienten“. Eher zufällig stieß ich dabei auf eine Untersuchung von Daniel Bar-On (1986, 1999), in der die Attributionsstile von Myokardinfarktpatienten zu deren „rehabilitation outcomes“ in Beziehung gesetzt wurden. Interessanterweise bezog der Autor die Attributionsmuster der behandelnden Ärzte sowie die Auswirkungen auf den Rehabilitationsprozess in seine Analyse ein. Seine Untersuchungsergebnisse motiviterten mich angesichts deren Relevanz für das Projekt und die Lehrveranstaltung zu einer weiteren Auseinandersetzung mit diesem Thema.
Was hat Kafkas Protagonist mit dem Thema dieses Aufsatzes zu tun? Der Zustand Gregors ist phänomenologisch mit der Lage vergleichbar, in der sich ein Mensch mit plötzlicher (unerwarteter) Erkrankung befindet. Ebenso wie sich Gregor nach der Verwandlung „in seiner Haut“ gefühlt haben mag, können wir uns vorstellen, fühlen sich Opfer eines akuten Myokardinfarkts. Ich spreche von „Opfern“, da sowohl Gregors Situation, als auch die eines Patienten mit akutem Myokardinfarkt alles hat, was eine Krise im psychologischen Sinne kennzeichnet: Unvorhersehbarkeit und Unkontrollierbarkeit eines aversiven Ereignisses, dessen Ursachen im Verborgenen liegen. Die individuellen Attributionen (im Sinne von Antworten auf WARUM-Fragen), die in solch einer Situation gegeben werden, sind für die physische und psychische Bewältigung (Coping) von entscheidender Bedeutung.
Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG
- (INTER-)KULTURELLE ASPEKTE DER ARZT-PATIENT-BEZIEHUNG
- BEGRIFFLICHE GRUNDLAGEN
- ATTRIBUTIONEN: BEGRIFF, FUNKTION UND STRUKTUR
- (SOZIAL-)PSYCHOLOGIE DER ARZT-PATIENT-BEZIEHUNG
- ATTRIBUTIONEN IN DER ARZT-PATIENT-BEZIEHUNG
- BESCHREIBUNG DER STICHPROBE
- METHODIK
- Unabhängige Variablen (Q-Sort)
- Abhängige Variablen (RWF-Skala; Re-Infarkt/Re-Hospitalisierung)
- Durchführung
- ERGEBNISSE
- AUSWERTUNG UND ZUSAMMENFASSUNG
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Rolle individueller Attributionen in der Arzt-Patient-Beziehung im Kontext von akutem Myokardinfarkt und Rehabilitation. Die Arbeit untersucht, ob es bei Herzinfarktpatienten und ihren behandelnden Ärzten bestimmte Attributionsstile gibt, die mit der Krankheitsentstehung, -bewältigung und dem Rehabilitationsprozess zusammenhängen. Der Fokus liegt dabei auf den Auswirkungen unterschiedlicher Zuschreibungen auf die Beziehung zwischen Arzt und Patient.
- Attributionsstile von Herzinfarktpatienten
- Attributionsstile von behandelnden Ärzten
- Zusammenhang zwischen Attributionen und Rehabilitationsprozessen
- Kulturelle Aspekte in der Arzt-Patient-Beziehung
- Psychologische Faktoren im Umgang mit akutem Myokardinfarkt
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt die Relevanz des Themas akuter Myokardinfarkt und Rehabilitation dar und führt die Entstehung der Arbeit im Kontext eines Forschungsprojekts zur Reduktion der Prähospitalzeit von Myokardinfarktpatienten aus. Außerdem wird die Fragestellung der Arbeit definiert und der Bezug zur Arzt-Patient-Beziehung im Kontext von Interkultur hergestellt.
- (Inter-)Kulturelle Aspekte der Arzt-Patient-Beziehung: Dieses Kapitel untersucht die Beziehung zwischen Interkultur und der Arzt-Patient-Beziehung innerhalb der Krankenhaussituation. Patienten und Ärzte werden als Repräsentanten unterschiedlicher (Sub-)Kulturen betrachtet.
- Begriffliche Grundlagen: Dieses Kapitel erläutert die Attributionstheorie, ihre Funktion und Struktur sowie die Bedeutung von Zuschreibungen im Kontext der Arzt-Patient-Beziehung. Die Arbeit behandelt verschiedene Modelle der Arzt-Patient-Beziehung und analysiert die Arzt-Patient-Beziehung unter den Aspekten von Rollenbeziehungen sowie Sozialer Identität.
- Attributionen in der Arzt-Patient-Beziehung: Dieses Kapitel präsentiert die Untersuchung von Bar-On (1999), die den Zusammenhang zwischen Attributionsstilen von Myokardinfarktpatienten und deren Rehabilitationserfolg untersucht. Es werden die Stichprobe, die Methodik und die Ergebnisse der Untersuchung dargestellt.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Themen Akuter Myokardinfarkt, Rehabilitation, Arzt-Patient-Beziehung, Attributionen, Attributionsstile, Interkultur, (Sub-)Kulturen, Rehabilitationsprozess, Krankheitsbewältigung und Psychologie der Interkulturellen Kommunikation.
- Arbeit zitieren
- Christoph Herrmann (Autor:in), 2004, Akuter Myokardinfarkt und Rehabilitation: Zur moderierenden Rolle individueller Attributionen in der Arzt-Patient-Beziehung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/25423