Das menschliche Wesen ist unbestimmt. Es kommt nahezu ohne angeborene Verhaltensmuster und Instinkte auf die Welt 1 – und dennoch wächst es offensichtlich nicht in einer chaotischen, ungeregelten, sondern in einer stabilen Gesellschaft auf. Da diese Gesellschaft wiederum ein „menschliches Produkt“2 ist, stellt sich die Frage, wie deren Ordnung im Alltag überhaupt entstehen kann und wodurch sie bewahrt wird. Es ist ersichtlich, dass „soziale Ordnung“ dabei auf zweierlei Ebenen betrachtet werden muss: Zum einen aus gesellschaftlicher Sicht, da jene bei der Geburt des Menschen schon besteht – sie ist bereits objektive Realität. Zum anderen aus der Sicht des Individuums, welches die vorgegebene Ordnung als (s)eine eigene, subjektive Realität in sich aufnimmt. Wie aber wird objektive Realität hergestellt? Und wie wird sie zu einer subjektiven? Wodurch wird die – für eine soziale Ordnung des Alltags notwendige – Übereinstimmung dieser beiden Realitäten gewährleistet? Oder spezieller gefragt: Wie kommt es zu einer Konvergenz von sozialer Ordnung und persönlicher Identität3? Ziel der folgenden Ausführungen ist es, diesen Fragen aus der Sicht des phänomenologischen Forschungsansatzes von Alfred Schütz, Peter L. Berger und Thomas Luckmann auf den Grund zu gehen. Dabei soll zunächst das Wesen der Alltagswelt und die Bedeutung von Sprache, gesellschaftlichem Wissen und Interaktion für deren Ordnung skizziert werden (Kap. 1), bevor diejenigen Prozesse geschildert werden, welche zur Ausbildung der objektiven (Kap. 2) bzw. der subjektiven Realität (Kap. 3) führen. Schließlich wird der Frage nachgegangen, wie sich persönliche Identität und soziale Ordnung vereinen lassen (Kap. 4).
Inhaltsverzeichnis
- Das Wesen der Alltagswelt
- Entstehung der objektiven Realität
- Entstehung der subjektiven Realität
- Konvergenz von sozialer Ordnung und persönlicher Identität
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Essay beschäftigt sich mit der Entstehung und Aufrechterhaltung der sozialen Ordnung im Alltagsleben aus der Perspektive des phänomenologischen Forschungsansatzes von Alfred Schütz, Peter L. Berger und Thomas Luckmann. Er untersucht die Frage, wie objektive Realität hergestellt und zu einer subjektiven Realität wird und wie die notwendige Übereinstimmung dieser beiden Realitäten für eine soziale Ordnung im Alltag gewährleistet wird.
- Das Wesen der Alltagswelt und die Bedeutung von Sprache, gesellschaftlichem Wissen und Interaktion für deren Ordnung
- Die Prozesse der Ausbildung der objektiven Realität durch Institutionalisierung und Legitimierung
- Die Entstehung der subjektiven Realität durch Internalisierungsprozesse
- Die Konvergenz von sozialer Ordnung und persönlicher Identität
- Die Rolle von Habitualisierung, Sedimentation und Tradition bei der Bildung von Institutionen
Zusammenfassung der Kapitel
Das Wesen der Alltagswelt
Das Kapitel beschreibt die Alltagswelt als allgegenwärtige und unausweichliche Realität, die durch räumliche und zeitliche Strukturen und soziale Komponenten geprägt ist. Es wird die Bedeutung von gesellschaftlichem Wissen und Interaktion für die Orientierung und das Verständnis der Alltagswelt hervorgehoben.
Entstehung der objektiven Realität
Dieses Kapitel erläutert, wie objektive Realität durch die Prozesse der Institutionalisierung und Legitimierung von Verhaltensmustern und Handlungsweisen entsteht. Dabei werden die drei wesentlichen Komponenten des Institutionalisierungsprozesses – Habitualisierung, Sedimentation und Tradition – sowie die Bedeutung sozialer Rollen für die Verkörperung von Institutionen dargestellt.
Entstehung der subjektiven Realität
Dieses Kapitel behandelt die Frage, wie die objektive Realität durch Internalisierungsprozesse zur subjektiven Realität wird. Es untersucht die Prozesse der Sozialisation und die Bedeutung des gesellschaftlichen Wissensvorrats für die Herausbildung der individuellen Identität.
- Arbeit zitieren
- Sebastian Wiesnet (Autor:in), 2004, Entstehung und Aufrechterhaltung der sozialen Ordnung im Alltagsleben - ein Überblick über die phänomenologische Sichtweise, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/25490