Behaviourismus und Lernzielorientierung - Behavioristische Aspekte im lernzielorientierten Unterricht


Seminararbeit, 2002

21 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsangabe

1. Behaviorismus und Lernzielorientierung – Hinführung

2. Grundlagen des Behaviorismus
2.1. Einführung – Watson
2.2. Pawlow – Klassische Konditionierung
2.3. Thorndike – Lernen durch Trial and Error
2.4. Skinner – Operante Konditionierung und Programmierter Unterricht

3. Lernzielorientierung – Die Anfänge
3.1. Grundlagen und Begründung
3.2. Formulierung der Lernziele
3.3. Lernerfolgskontrolle
3.4. Operationalisierung von Lernzielen
3.5. Dimensionierung und Hierarchisierung von Lernzielen

4. Behavioristische Ansätze im lernzielorientierten Unterricht

5. Kritik

6. Schlussbemerkung

7. Literaturverzeichnis

1. Behaviorismus und Lernzielorientierung – Hinführung

Die Lerntheorie des Behaviorismus und die Methode des lernzielorientierten Unterrichts liegen zeitlich gesehen weit auseinander, abgesehen davon, dass sie auf unterschiedlichen Begriffsebenen, d.h. einerseits auf der psychologisch-lerntheoretischen, andererseits auf der der Unterrichtsmethodik, zu fassen sind. In den Zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts, d.h. in den Anfängen der behavioristischen Forschung, war noch nicht abzusehen, welche Einflüsse diese auf zukünftige Lehr- und Lernprozesse in der Schule bzw. auf die nachfolgende Lernpsychologie insgesamt nehmen würde. Aus dieser neu geborenen wissenschaftlichen Strömung wurde unter anderem auch die Theorie der Lernzielorientierung geboren, die sich in Deutschland ab der zweiten Hälfte der 60er Jahre in Teilen durchsetzte, um dann bis in den späten 80er Jahren wieder aus dem didaktischen Blickfeld zu rücken: „Die Blütezeit der behavioristischen Lerntheorien liegt inzwischen viele Jahrzehnte zurück [...]“[1]. Der Abstieg vollzog sich nicht nur wegen auftretender Probleme in der Praxis, sondern überdies aufgrund einer intensiven Diskussion und heftiger Kritik der heimischen Erziehungswissenschaft (siehe Kap.5). Heute werden in der Praxis nur noch einzelne Elemente der LZO übernommen, der Handlungsorientierte Unterricht überwiegt bei weitem im aktuellen Unterrichtsgeschehen.

Die vorliegende Abhandlung soll zeigen, in welchem Maße sich die wichtigsten Resultate der lernpsychologischen Schule des Behaviorismus als Grundlage für die Lernzielorientierung in den 60er und 70er Jahren in der BRD erwiesen haben.

Zu diesem Zweck wird zunächst in den Kapiteln zwei und drei eine Übersicht über Definition, Grundlagen und Struktur der behavioristischen Theorie als auch der Lernzielorientierung gegeben. Im Anschluss daran wird im eigentlichen Hauptteil, dem vierten Kapitel, dargestellt, inwiefern der Behaviorismus bzw. seine Erkenntnisse über das menschliche Lernen bedeutsam waren für die Entstehung und Begründung der Lernzielorientierung. In diesem Teil werden die wichtigsten Aspekte analysiert und der Zusammenhang zwischen den beiden Theorien aufgezeigt.

Schließlich werden im letzten Kapitel die am häufigsten vorgebrachten Einwände gegen die behavioristische bzw. zielorientierte Lerntheorie erläutert, bevor in der Schlussbemerkung ein kurzes Fazit gezogen wird.

2. Grundlagen des Behaviorismus

2.1. Einführung – Watson

„Warum verhalten sich Menschen so und nicht anders? In welcher Weise kann ich, als Behaviorist, der Wissenschaft dienen, wenn ich Menschen dazu bringe, dass sie sich heute anders verhalten als gestern? Bis zu welchem Grad kann man Verhalten durch Übung (Konditionierung) verändern?“[2] Mit diesen von Watson selbst formulierten Fragen schneidet er einige der Kernthemen des Behaviorismus an. In seinem Werk, das den gleichnamigen Titel trägt, zeichnet der erste Hauptvertreter dieser Psychologie-Strömung ein detailliertes Bild von deren Grundideen und Ausgangsüberlegungen.

So sind mehrere wichtige Aspekte zu erwähnen, die sich als (zum Teil kritische) Definition zusammenfassen lassen:

1. Der Behaviorismus verfährt wissenschaftlich und konzentriert sich in seiner Forschung ausschließlich auf das beobachtbare, sichtbare Verhalten von Tieren und Menschen, d.h. auf Reaktionen hervorgerufen durch Reiz aus der Umwelt. Innere Prozesse des Menschen hingegen (Emotionen, Motive, etc.) sind somit und werden ausgeklammert; man spricht in diesem Zusammenhang auch von einem black- box - Modell.
2. Watson formuliert den Behaviorismus ausdrücklich als Naturwissenschaft[3] neben Disziplinen wie der Physik oder der Physiologie, die mit exakten Definitionen, kontrollierten Laborsituationen, etc. arbeiten. Diese Tatsache liegt u.a. in der damaligen Epoche, dem Anfang des 20 Jahrhunderts begründet, in welcher der Glaube an große Fortschritte in Technik und Wissenschaft noch nahezu ungebrochen war[4].
3. Ebenfalls bedeutsam ist die Verallgemeinerung von Tierversuchen, denn der Behaviorist „erkennt keine Trennungslinie zwischen Mensch und Tier an“[5]. Doch genau hier setzen auch die Kritiker der Theorie an, weil durch diese Generalisierung „artspezifische Kognitionen, z.B. Gedächtnis, Denken, [...] auf diese Weise für die Erklärung von Verhalten unterschätzt wurden“[6].
4. Hervorzuheben ist auch der Determinismus, der dem Behaviorismus innewohnt: Verhalten ist nach dessen Auffassung nur durch Umweltbedingungen zu erklären. Somit scheint es für freien Willen und autonome Entscheidungen keinen Platz zu geben.

Watson geht in seinem Definitionsversuch so weit, dass er sagt, dass der Behaviorist „die Reaktionen des Menschen kontrollieren“[7] wolle, dass es gleichsam die Aufgabe der Psychologie sei, das Verhalten von Menschen mit Hilfe des Reiz-Reaktionsschemas vorhersagen und bestimmen zu können. Im Hinblick auf die nachfolgenden Kriegsjahre bzw. die NS-Zeit sollte eine solche Auffassung allerdings als zweifelhaft angesehen werden.

2.2. Pawlow - Klassische Konditionierung

Für die Theorie des Behaviorismus und die daraus folgenden Lerntheorien ist für die Anfänge dieser wissenschaftlichen Strömung ein Forscher zu nennen, der mithilfe eines sehr bekanntes Tierexperiments den Grundstein für das bereits erwähnte Reiz-Reaktionsschema gelegt hat: der russische Physiologe Pawlow. Er wies anhand eines Laborexperiments mit Hunden die erste zentrale Lerntheorie des Behaviorismus nach, die in nachfolgenden Studien immer wieder untersucht und erweitert wurde: das Klassische Konditionieren.

Pawlows Ausgangspunkt war ein angeborener bzw. unkonditionierter Reflex bei den Hunden; dieser bestand aus einem unkonditionierten Reiz (Futter, welches den Tieren verabreicht wurde) und aus einer unkonditionierten Reaktion (Speichelabsonderung bei Bemerken des Futters)[8]. Eine eigens konstruierte Messapparatur sorgte dafür, dass die Speichelabsonderung der Hunde angegeben werden konnte. Unmittelbar vor der Futterabgabe, läuteten die Wissenschaftler eine Glocke, was als neutraler Stimulus bezeichnet wird. Dieser Ton rief zu dem Zeitpunkt, als er den Tieren ohne Futterzugabe hörbar gemacht wurde, noch keine Speichelreaktion hervor. In Kombination aber mit verabreichter Mahlzeit löste das Klingelzeichen eine Sekretabsonderung aus. Nach mehreren Wiederholungen geschah diese auch, wenn ausschließlich die Glocke geläutet wurde. Das Läuten wird nun als konditionierter Reiz bezeichnet und die Speichelabsonderung der Tiere als konditionierte Reaktion[9].

Pawlow stellt allerdings fest, dass durch die Klassische Konditionierung keine neue Reaktion gelernt wird (der Speichelreflex bestand ja bereits), es entsteht lediglich eine neue Verbindung zwischen einem Reiz und einer Reaktion[10]. Außerdem lässt sich eine solche Verbindung durch Nicht-Wiederholen des Vorganges auch löschen – diesen Vorgang bezeichnet man als Extinktion[11].

Schon aus diesem Kontext wird ersichtlich, dass hier ein grundlegender Ansatz für das Lernverständnis der Behavioristen gefunden worden ist: Sie vertreten die Auffassung, dass das Lernen

a) in einer Verhaltensänderung besteht und[12]
b) allgemeinen Lerngesetzen gehorcht, und zwar sowohl das menschliche als auch das tierische Lernen[13].

Klassisches Konditionieren findet in nahezu jedem Umfeld des Menschen statt, somit auch in der Schule: Es lassen sich unzählige Beispiele dafür nennen, allein ein simpler Tadel kann zu einem konditioniertem Reiz werden. Deshalb sollten alle Lehrer darauf achten, dass „die Schüler mit den Reizen des Klassenzimmers (von dem er ein Teil ist) vorwiegend positive Gefühle verbinden“[14].

2.3. Thorndike – Lernen durch Trial and Error

Ein anderer Behaviorist, Edward Lee Thorndike, erweiterte den Versuch Pawlows insofern, als dass er den Lernvorgang durch ein anderes Tierexperiment näher bestimmte. Er sperrte eine Katze in einen Käfig und beobachtete das wilde Gebähren des Tieres, welches zu seiner Befreiung führen sollte: Es sprang herum, steckte die Pfoten durch die Gitterstäbe, etc. Unter diese vielen, unkontrollierten Bewegungen wurde auch genau diejenige ausgeführt, die einen präparierten Hebel oder Schaltknopf in Funktion setzte, welcher die Käfigtür öffnete. Nach mehrmaliger Wiederholung fand das Tier immer schneller den Ausweg. Thorndike bezeichnete die ungelenkten Versuche der Katze, ihrem Gefängnis zu entkommen, als Trials, wobei die meisten von ihnen ergebnislos endeten (Error). Diese beiden Komponenten jedoch führen zu einem Lernprozess bzw. einem Lernerfolg, da die zum Erfolg führende Bewegung unter den Trials und Errors vorkommt; so lässt sich Lernen definieren als ein „Suchprozess, bei dem die richtige Reaktion durch den Erfolg verstärkt wird“[15].

[...]


[1] Mietzel, Gerd, Pädagogische Psychologie des Lehrens und Lernens, Weinheim 1972, S.178.

[2] Watson, J.-B., Behaviorismus, Köln 1968, S. 51.

[3] ebd. S. 43.

[4] Perleth, Chr./Ziegler, A., Pädagogische Psychologie, Göttingen 1999, S. 217.

[5] Watson, S. 13.

[6] Perleth/Ziegler, S. 217.

[7] Watson, S. 44.

[8] Perleth7Ziegler, S. 219.

[9] ebd.

[10] Mietzel, S. 128.

[11] ebd. ,

[12] Kaiser, A./R., Studienbuch Pädagogik, Frankfurt a.M. 2001, S. 103.

[13] ebd.

[14] Mietzel, S. 130.

[15] Kaiser, S. 112.

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Behaviourismus und Lernzielorientierung - Behavioristische Aspekte im lernzielorientierten Unterricht
Hochschule
Universität Münster  (Erziehungswissenschaftliche Fakultät)
Veranstaltung
Allgemeine Didaktik
Note
1
Autor
Jahr
2002
Seiten
21
Katalognummer
V25609
ISBN (eBook)
9783638281751
Dateigröße
574 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Arbeit über: Pawlow, Skinner, Thorndike und lernzielorientierten Unterricht in Anwendung.
Schlagworte
Behaviourismus, Lernzielorientierung, Behavioristische, Aspekte, Unterricht, Allgemeine, Didaktik
Arbeit zitieren
Sabine Halbach (Autor:in), 2002, Behaviourismus und Lernzielorientierung - Behavioristische Aspekte im lernzielorientierten Unterricht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/25609

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