Psychotherapeutische Hilfe für Eltern mit Schreibabys

Ergebnisse einer Evaluationsstudie


Diplomarbeit, 2000

398 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


I Inhaltsverzeichnis

II Theoretischer Teil
1 Einleitung
1.1 Beschreibung der Institution
1.1.1 Aufteilung der Studie
1.1.2 Persönliches Interesse
1.1.3 Entwicklung einer Fragestellung
2 Darstellung der Grundlagen zum Thema Schreibaby
2.1 Definition von Schreibabys
2.2 Häufigkeit
2.3 Kulturelle Unterschiede
2.4 Direkte Folgen des Schreiens für die Bezugspersonen
2.5 Zeitliche Verteilung des Schreiens
2.6 Ursachen des primär exzessiven Schreiens
2.6.1 Schreien als normaler Entwicklungsbestandteil
2.6.2 Temperament
2.6.3 Gastrointestinale Störungen
2.6.4 Interaktionsstörungen zwischen Bezugspersonen und Säugling
2.6.4.1 Interaktionstheorie nach Carey
2.6.4.2 Entwicklungspsychopathologisches Modell nach M. Papousek
2.6.4.3 Kommunikationsproblem nach Bensel& Haug-Schnabel
2.6.4.4 Elterliche und kindliche Inkompetenzen nach Wolke
2.6.4.5 Die Bedeutung des Tragens in der Mutter-Kind-Interaktion
2.6.4.6 Die Bedeutung der Berührung in der Mutter-Kind-Interaktion
3 Der Blick auf den Säugling und seine Beziehungsfähigkeit aus Sicht der Bindungsforschung und der modernen Säuglingsforschung
3.1 Die moderne Säuglingsforschung nach D.Stern
3.2 Bindungstheoretische Bemerkungen
3.3 Integrative und selbstregulatorische Fähigkeiten des Säuglings
3.4 Die intuitiven Kompetenzen in der vorsprachlichen Kommunikation
3.5 Belastungs- und Risikofaktoren in der frühen Eltern-Kind-Beziehung
4 Körperpsychotherapeutische Ansätze in der Behandlung von Schreibabys
4.1 Grundlagen der Körperpsychotherapie
4.1.1 Das Energiemodell von W. Reich
4.1.1.1 Grundlagen der orgonotischen Sichtweise
4.1.1.2 Eigenschaften der Lebensenergie
4.1.2 Das Störungsmodell von Reich
4.1.2.1 Was geschieht bei einer Störung?
4.1.2.2 Wie zeigt sich eine Störung des Energieflusses?
4.1.2.3 Das Schichtenmodell
4.1.2.4 Wie geschieht die Reproduktion chronischer Panzerungen?
4.2 Sanfte Bioenergetik nach Eva Reich
4.2.1 Entwicklungsgeschichte der Sanften Bioenergetik
4.2.2 Grundprinzipien der Sanften Bioenergetik
4.3 Das Konzept der Emotionalen Ersten Hilfe nach Thomas Harms
4.3.1 Die Bedeutung des Instroke für die Säuglingsentwicklung
4.3.1.1 Die Funktion des Instroke
4.3.1.2 Wie entsteht eine Instroke-Störung?
4.3.2 Energetische Grundlagen der Mutter-Kind-Beziehung
4.3.2.1 Der Zusammenhang zwischen Instroke-Blockierung und Mutter-Kind-
Beziehung
4.3.2.2 Die postnatale Krise
4.4 Die Biodynamische Psychologie
4.4.1 Grundlagen
4.4.2 Die Bedeutung der Peristaltik
4.4.3 Die Bedeutung des Stillens
4.5 Erden und Zentrieren
4.5.1 Das Zentrieren
4.5.2 Das Erden
4.6 Übertragung und Gegenübertragung
4.7 Das Arbeitskonzept von Diederichs
4.7.1 Mögliche Ursachen für das Schreibabysyndrom
4.7.1.1 Die Schwangerschaft
4.7.1.2 Die Geburt und die ersten Wochen
4.7.2 Das Behandlungskonzept
4.7.2.1 Die Arbeit mit der Mutter
4.7.2.2 Die Arbeit mit dem Kind
4.7.2.3 Die Arbeit mit Mutter und Kind
4.7.2.4 Grundprinzipien, Gefahren und Vorteile der Körperpsychotherapie
4.8 Eigene Stellungnahme zu den körperpsychotherapeutischen Ansätzen in Bezug auf die Schreibabyambulanz
5 Beschreibung unseres Forschungsplans
5.1 Überblick über den Forschungsplan
5.1.1 Die Entscheidung über das methodische Vorgehen
5.1.2 Überblick über die Methoden der Videoauswertung
5.1.2.1 Die Videokamera als Beobachtungsinstrument
5.1.2.2 Die Auswahl qualitativer Forschungsmethoden
5.1.2.3 Einige Grundlagen über Gütekriterien in den qualitativen Methoden
5.1.2.3.1 Gütekriterien nach Breuer
5.1.2.3.2 Prinzipien qualitativer Forschungsmethodik nach Lamnek
5.1.2.4 Die Wahl weiterer Blickwinkel entsprechend dem Triangulationsprinzip
5.2 Erster Blickwinkel: Videoanalyse aus unserer Sichtweise
5.2.1 Auswahl der Mutter-Kind-Dyaden
5.2.2 Die einzelnen Schritte der Videoauswertung
5.2.2.1 Die Reduktion der Daten
5.2.2.2 Unsere Vorgehensweise bei der Videoauswertung
5.2.2.2.1 Erster Überblick über den Kriseninterventionsverlauf
5.2.2.2.2 Das Auswertungsverfahren
5.2.3 Wichtige Konstrukte zur Beobachtung der Mutter-Kind-Interaktion
5.2.3.1 Affektabstimmung ("affect attunement" nach D. Stern)
5.2.3.2 Aufmerksamkeitsfokus der Mutter
5.2.3.3 Interaktion in Bezug auf den Körper
5.2.3.3.1 Berührung und Körperkontakt
5.2.3.3.2 Körperkoordination
5.2.3.3.3 Körperliche Kompetenz
5.2.3.3.4 Körperkontaktaufnahme der Mutter
5.2.3.3.5 Körperkontaktaufnahme des Kindes
5.2.3.3.6 Gegenseitiger Körperkontakt
5.2.3.3.7 Körperhaltung und -organisation
5.2.3.4 Vitalitätsaffekte
5.2.3.5 Der Umgang mit Aufgabensituationen/ Ritualen
5.2.3.6 Spaß an der Interaktion
5.2.3.7 Blickkontakt
5.2.3.8 Signale des Kindes
5.2.3.9 Beruhigungskompetenzen
5.2.3.10 Selbstregulation des Kindes
5.2.3.11 Zeit-Raum-Strukturierung
5.2.3.12 Responsivität
5.2.3.12.1 Angemessenheit des mütterlichen Verhaltens
5.2.3.12.2 Konsistenz
5.2.3.12.3 Kontingenz
5.2.3.13 Offene und verdeckte Feindseligkeit
5.2.3.14 Bestätigung des kindlichen Handelns
5.2.3.15 Authentizität/ Kongruenz der Mutter
5.2.3.16 Wechselseitigkeit in der Imitation
5.2.3.17 Sprache
5.2.3.17.1 "Vocalmatching" und "Babysprache"
5.2.3.17.2 Sprachinhalt der Mutter
5.2.3.17.3 Stimmqualität der Mutter
5.2.4 Die Bearbeitung der Daten aus der Videoanalyse
5.2.4.1 Zusammenfassung und Problemschwerpunkte
5.2.4.2 Tabellarische Darstellung der Veränderungen der Problemschwerpunkte
5.2.4.3 Schlußfolgerung
5.2.4.4 Fazit
5.2.4.5 Schlußteil
5.3 Die Sichtweise der Therapeutin
5.3.1 Die Kriseninterventionsbemerkungen
5.3.2 Stimulated Recall
5.4 Die Emotional Availability Scales
5.4.1 Darstellung der Emotional Availability Scales
5.4.1.1 Sensitivity
5.4.1.2 Structuring
5.4.1.3 Nonintrusiveness
5.4.1.4 Nonhostility
5.4.1.5 Child Responsiveness
5.4.1.6 Child Involvement
5.4.2 Unsere Vorgehensweise mit den EA-Skalen

iii empirischer teil
1 Frau M. mit Sohn J. (3,5 Wochen alt)
1.1 Videoanalyse aus unserer Sichtweise
1.1.1 1.Stunde: siehe Anhang – Kapitel 1.1
1.1.1.1 Zusammenfassung der 1.Stunde
1.1.1.2 Problemschwerpunkte
1.1.1.2.1 Frau M.
1.1.1.2.2 Kind J.
1.1.1.2.3 Interaktion
1.1.2 4.Stunde: sieht Anhang – Kapitel 1.2
1.1.2.1 Zusammenfassung der 4.Stunde
1.1.2.2 Problemschwerpunkte
1.1.2.2.1 Frau M.
1.1.2.2.2 Kind J.
1.1.2.2.3 Interaktion
1.1.3 7.Stunde: siehe Anhang – Kapitel 1.3
1.1.3.1 Zusammenfassung der 7.Stunde
1.1.3.2 Problemschwerpunkte
1.1.3.2.1 Frau M.
1.1.3.2.2 Kind J.
1.1.3.2.3 Interaktion
1.1.4 Veränderungen der Problemschwerpunkte
1.1.4.1 Frau M.
1.1.4.2 Kind J.
1.1.4.3 Interaktion
1.1.5 Schlußfolgerung
1.2 Sichtweise der Therapeutin
1.2.1 Mutter
1.2.1.1 Kriseninterventionsbemerkungen
1.2.1.2 Stimulated recall zu Beginn der Krisenintervention
1.2.1.3 Problemschwerpunkte zu Beginn der Krisenintervention
1.2.1.4 stimulated recall zu Frau M. zum Ende der Krisenintervention
1.2.1.5 Problemschwerpunkt von Frau M. zum Ende der Krisenintervention
1.2.1.6 Veränderungen der Problemschwerpunkte von Frau M.
1.2.2 Kind J.
1.2.2.1 Kriseninterventionsbemerkungen
1.2.2.2 Stimulated recall zum J. zu Beginn der Krisenintervention:
1.2.2.3 Problemschwerpunkte
1.2.2.4 Stimulated recall zu J. zum Ende der Krisenintervention
1.2.2.5 Problemschwerpunkte zum Ende der Krisenintervention
1.2.2.6 Veränderung der Problemschwerpunkte
1.2.3 Interaktion
1.2.3.1 Kriseninterventionsbemerkungen der Therapeutin
1.2.3.2 Stimulated recall zu Beginn der Krisenintervention
1.2.3.3 Problemschwerpunkte zu Beginn der Krisenintervention
1.2.3.4 Stimulated recall zum Ende der Krisenintervention
1.2.3.5 Problemschwerpunkte zum Ende der Krisenintervention
1.2.3.6 Veränderung der Problemschwerpunkte
1.2.4 Schlußfolgerung
1.3 EA-Skalen
1.4 Fazit
2 Frau L. mit Tochter M. (10 Monate)
2.1 Videoanalyse aus unserer Sichtweise
2.1.1 1.Stunde: siehe Anhang – Kapitel 2.1
2.1.1.1 Zusammenfassung der 1.Stunde
2.1.1.2 Problemschwerpunkte
2.1.1.2.1 Frau L.
2.1.1.2.2 Kind M.
2.1.1.2.3 Interaktion
2.1.2 2.Stunde: siehe Anhang – Kapitel 2.2
2.1.2.1 Zusammenfassung der 2.Stunde
2.1.2.2 Problemschwerpunkte
2.1.2.2.1 Frau L.
2.1.2.2.2 Kind M.
2.1.2.2.3 Interaktion
2.1.3 3.Stunde: siehe Anhang – Kapitel 2.3
2.1.3.1 Zusammenfassung der 3.Stunde
2.1.3.2 Problemschwerpunkte
2.1.3.2.1 Frau L.
2.1.3.2.2 Kind M.
2.1.3.2.3 Interaktion
2.1.4 6.Stunde: siehe Anhang – Kapitel 2.4
2.1.4.1 Zusammenfassung der 6.Stunde
2.1.4.2 Problemschwerpunkte
2.1.4.2.1 Frau L.
2.1.4.2.2 Kind M.
2.1.4.2.3 Interaktion
2.1.5 Veränderungen der Problemschwerpunkte
2.1.5.1 Frau L.
2.1.5.2 Kind M.
2.1.5.3 Interaktion
2.1.6 Schlußfolgerung
2.2 Sichtweise der Therapeutin
2.2.1 Kriseninterventionsbemerkungen der Therapeutin
2.2.1.1 Frau L.
2.2.1.2 Stimulated recall zu Beginn der Krisenintervention
2.2.1.3 Problemschwerpunkte zu Beginn der Krisenintervention
2.2.1.4 Stimulated recall zum Ende der Krisenintervention
2.2.1.5 Problemschwerpunkte zum Ende der Krisenintervention
2.2.1.6 Veränderungen der Problemschwerpunkte
2.2.2 Kind M.
2.2.2.1 Kriseninterventionsbemerkungen der Therapeutin
2.2.2.2 Stimulated recall zum Beginn der Krisenintervention
2.2.2.3 Problemschwerpunkte zu Beginn der Krisenintervention
2.2.2.4 Stimulated recall zum Ende der Krisenintervention
2.2.2.5 Problemschwerpunkte zum Ende der Krisenintervention
2.2.2.6 Veränderung der Problemschwerpunkte
2.2.3 Interaktion
2.2.3.1 Kriseninterventionsbemerkungen der Therapeutin:
2.2.3.2 Stimulated recall zu Beginn der Krisenintervention
2.2.3.3 Problemschwerpunkt zu Beginn der Krisenintervention
2.2.3.4 Stimulated recall zum Ende der Krisenintervention
2.2.3.5 Problemschwerpunkte zum Ende der Krisenintervention
2.2.3.6 Veränderungen der Problemschwerpunkte
2.2.3.7 Schlußfolgerung
2.3 EA-Skalen
2.3.1 Graphische Darstellung
2.3.2 Schlußfolgerung
2.4 Fazit
3 Frau W. und Sohn J. (22 Monate alt)
3.1 Videoanalyse aus unserer Sichtweise
3.1.1 1.Stunde: siehe Anhang – Kapitel 3.1
3.1.1.1 Zusammenfassung der 1.Stunde
3.1.1.2 Problemschwerpunkte
3.1.1.2.1 Frau W.
3.1.1.2.2 Kind J.
3.1.1.2.3 Interaktion:
3.1.2 7.Stunde: siehe Anhang – Kapitel 3.2
3.1.2.1 Zusammenfassung der 7.Stunde:
3.1.2.2 Problemschwerpunkte
3.1.2.2.1 Frau W.
3.1.2.2.2 Kind J.
3.1.2.2.3 Interaktion
3.1.3 17.Stunde
3.1.3.1 Zusammenfassung der 17.Stunde
3.1.3.2 Problemschwerpunkte
3.1.3.2.1 Frau W.
3.1.3.2.2 Kind J.
3.1.3.2.3 Interaktion
3.1.4 Veränderungen der Problemschwerpunkte
3.1.4.1 Frau W.
3.1.4.2 Kind J.
3.1.4.3 Interaktion
3.1.5 Schlußfolgerung
3.2 Sichtweise der Therapeutin
3.2.1 Kriseninterventionsbemerkungen der Therapeutin
3.2.1.1 Frau W.
3.2.1.2 stimulated recall zu Beginn der Krisenintervention:
3.2.1.3 Problemschwerpunkte zu Beginn der Krisenintervention:
3.2.1.4 Stimulated recall zum Ende der Krisenintervention:
3.2.1.5 Problemschwerpunkte zum Ende der Krisenintervention:
3.2.1.6 Veränderungen der Problemschwerpunkte
3.2.2 Kind J.
3.2.2.1 Kriseninterventionsbemerkungen der Therapeutin:
3.2.2.2 stimulated recall zu Beginn der Krisenintervention:
3.2.2.3 Problemschwerpunkte zu Beginn der Krisenintervention:
3.2.2.4 Stimulated recall zum Ende der Krisenintervention
3.2.2.5 Problemschwerpunkte zum Ende der Krisenintervention:
3.2.2.6 Veränderungen der Problemschwerpunkte:
3.2.3 Interaktion
3.2.3.1 Kriseninterventionsbemerkungen der Therapeutin:
3.2.3.2 Stimulated recall zum Beginn der Krisenintervention:
3.2.3.3 Problemschwerpunkte zu Beginn der Krisenintervention:
3.2.3.4 Stimulated recall zum Ende der Krisenintervention:
3.2.3.5 Problemschwerpunkte zum Ende der Krisenintervention:
3.2.3.6 Veränderungen der Problemschwerpunkte
3.2.3.7 Schlußfolgerung
3.3 EA-Skalen
3.3.1 Graphische Darstellung
3.3.2 Schlußfolgerung
3.4 Fazit
4 Frau Z. mit Tochter D. (13 Wochen)
4.1 Videoanalyse aus unserer Sichtweise
4.1.1 Erste und zweite Sitzung: siehe Anhang – Kapitel 4.1 und 4.2
4.1.1.1 Zusammenfassung
4.1.1.2 Problemschwerpunkte
4.1.1.2.1 Frau Z.
4.1.1.2.2 Kind D.
4.1.1.2.3 Interaktion
4.1.2 Fünfte Sitzung: siehe Anhang – Kapitel 4.3
4.1.2.2 Zusammenfassung
4.1.2.3 Problemschwerpunkte
4.1.2.3.1 Frau Z.
4.1.2.3.2 Kind D.
4.1.2.3.3 Interaktion
4.1.3 Achte Sitzung: siehe Anhang – Kapitel 4.4
4.1.3.2 Zusammenfassung
4.1.3.3 Problemschwerpunkte
4.1.3.3.1 Frau Z.
4.1.3.3.2 Kind D.
4.1.3.3.3 Interaktion
4.1.4 Veränderung der Problemschwerpunkte
4.1.4.1 Frau Z.
4.1.4.2 Kind D.
4.1.4.3 Interaktion
4.1.5 Schlußfolgerung
4.2 Sichtweise der Therapeutin
4.2.1 Frau Z.
4.2.1.1 Kriseninterventionsbemerkungen
4.2.1.2 Stimulated Recall zur Situation am Beginn der Krisenintervention
4.2.1.3 Stimulated Recall zur Situation am Ende der Krisenintervention
4.2.1.4 Tabellarische Darstellung der Veränderung der Problempunkte
4.2.2 Kind D.
4.2.2.1 Kriseninterventionsbemerkungen
4.2.2.2 Stimulated Recall zur Situation am Beginn der Krisenintervention
4.2.2.3 Stimulated Recall zur Situation am Ende der Krisenintervention
4.2.2.4 Tabellarische Darstellung der Veränderung der Problempunkte
4.2.3 Interaktion
4.2.3.1 Kriseninterventionsbemerkungen
4.2.3.2 Stimulated Recall zur Situation am Beginn der Krisenintervention
4.2.3.3 Stimulated Recall zur Situation am Ende der Krisenintervention
4.2.3.4 Tabellarische Darstellung der Veränderungen der Problempunkte
4.2.3.5 Schlußfolgerung
4.3 EA-Skalen
4.4 Fazit Frau Z. mit D.
5 Frau A. mit Sohn K. (5 Monate)
5.1 Videoanalyse aus unserer Sichtweise
5.1.1 Erste Sitzung: siehe Anhang – Kapitel 5.1
5.1.1.1 Zusammenfassung
5.1.1.2 Problemschwerpunkte
5.1.1.2.1 Frau A.
5.1.1.2.2 Kind K.
5.1.1.2.3 Interaktion
5.1.2 Dritte Sitzung: siehe Anhang – Kapitel 5.2
5.1.2.1 Zusammenfassung
5.1.2.2 Problemschwerpunkte
5.1.2.2.1 Frau A.
5.1.2.2.2 Kind K.
5.1.2.2.3 Interaktion
5.1.3 Vierte und fünfte Sitzung: siehe Anhang – Kapitel 5.3 und 5.4
5.1.3.1 Zusammenfassung
5.1.3.2 Problemschwerpunkte
5.1.3.2.1 Frau A.
5.1.3.2.2 Kind K.
5.1.3.2.3 Interaktion
5.1.4 Veränderung der Problemschwerpunkte
5.1.4.1 Frau A.
5.1.4.2 Kind K.
5.1.4.3 Interaktion
5.1.5 Schlußfolgerung
5.2 Sichtweise der Therapeutin
5.2.1 Frau A.
5.2.1.1 Kriseninterventionsbemerkungen
5.2.1.2 Stimulated Recall zur Situation am Beginn der Krisenintervention
5.2.1.3 Stimulated Recall zur Situation am Ende der Krisenintervention
5.2.1.4 Tabellarische Darstellung der Veränderung der Problempunkte
5.2.2 Kind K.
5.2.2.1 Kriseninterventionsbemerkungen
5.2.2.2 Stimulated Recall zur Situation am Beginn der Krisenintervention
5.2.2.3 Stimulated Recall zur Situation am Ende der Krisenintervention
5.2.2.4 Tabellarische Darstellung der Veränderung der Problempunkte
5.2.3 Interaktion
5.2.3.1 Kriseninterventionsbemerkungen
5.2.3.2 Stimulated Recall zur Situation am Beginn der Krisenintervention
5.2.3.3 Stimulated Recall zur Situation am Ende der Krisenintervention
5.2.3.4 Tabellarische Darstellung der Veränderung der Problempunkte
5.2.4 Schlußfolgerung
5.3 EA-Skalen
5.3.1 Graphische Darstellung der Skalenwerte
5.3.2 Schlußfolgerung
5.4 Fazit Frau A. mit K.
6 Frau J. mit Sohn L. (22 Monate)
6.1 Videoanalyse aus unserer Sichtweise
6.1.1 Erste Sitzung: siehe Anhang – Kapitel 6.1
6.1.1.1 Zusammenfassung
6.1.1.2 Problemschwerpunkte
6.1.1.2.1 Frau J.
6.1.1.2.2 Kind L.
6.1.1.2.3 Interaktion
6.1.2 Vierte Sitzung: siehe Anhang – Kapitel 6.2
6.1.2.1 Zusammenfassung
6.1.2.2 Problemschwerpunkte
6.1.2.2.1 Frau J.
6.1.2.2.2 Kind L.
6.1.2.2.3 Interaktion
6.1.3 Neunte Sitzung: siehe Anhang – Kapitel 6.4
6.1.3.1 Zusammenfassung
6.1.3.3 Problemschwerpunkte
6.1.3.3.1 Frau J.
6.1.3.3.2 Kind L.
6.1.3.3.3 Interaktion
6.1.4 Veränderung der Problemschwerpunkte
6.1.4.1 Frau J.
6.1.4.2 Kind L.
6.1.4.2 Interaktion
6.1.5 Schlußfolgerung
6.2 Sichtweise der Therapeutin
6.2.1 Frau J.
6.2.1.1 Kriseninterventionsbemerkungen
6.2.1.2 Stimulated Recall zur Situation am Beginn der Krisenintervention
6.2.1.3 Stimulated Recall zur Situation am Ende der Krisenintervention
6.2.1.4 Tabellarische Darstellung der Veränderung der Problempunkte
6.2.2 Kind L.
6.2.2.1 Kriseninterventionsbemerkungen
6.2.2.2 Stimulated Recall zur Situation am Beginn der Krisenintervention
6.2.2.3 Stimulated Recall zur Situation am Ende der Krisenintervention
6.2.2.4 Tabellarische Darstellung der Veränderung der Problempunkte
6.2.3 Interaktion
6.2.3.1 Kriseninterventionsbemerkungen
6.2.3.2 Stimulated Recall zur Situation am Beginn der Krisenintervention
6.2.3.3 Stimulated Recall zur Situation am Ende der Krisenintervention
6.2.3.4 Tabellarische Darstellung der Veränderung der Problempunkte
6.2.4 Schlußfolgerung
6.3 EA-Skalen
6.3.1 Graphische Darstellung der Mittelwerte
6.3.2 Schlußfolgerung
6.4 Fazit Frau J. und L.
7 Schlußteil

IV Literaturverzeichnis

V ANHANG ZUR DIPLOMARBEIT

II Theoretischer Teil

1 Einleitung

(Ein Beitrag von Jule Dräger)

Thema der vorliegenden Diplomarbeit ist die Evaluation der "Schreibabyambulanz" unter der Leitung der Psychotherapeutin Paula Diederichs in Berlin. Zunächst soll die zu untersuchende Institution kurz vorgestellt und das Zustandekommen unserer Diplomarbeit erläutert werden, die in Kooperation von Christian Werner und Jule Dräger erstellt wurde.

1.1 Beschreibung der Institution

Das Nachbarschafts- und Selbsthilfezentrum e. V. der Ufa-Fabrik bietet im Rahmen eines Familiennetzwerks Unterstützung für Familien und Familiengestaltung. Hierzu gehören ein Beratungsangebot und verschiedenste Hilfsmaßnahmen für Eltern und Kinder. Zu diesem Familiennetzwerk gehört auch das Projekt "Schreibabyambulanz" unter der Leitung von Diederichs. Das Projekt wurde 1994 von dem Dipl.-Psychologen und Körperpsychotherapeut Thomas Harms gegründet.

Die "Schreibabyambulanz" bietet Eltern, deren Kleinkinder an einem Schreibabysyndrom, ersten psychosomatischen Symptomen oder sehr starken Unruhezuständen leiden, eine Krisenintervention an. Diese umfasst höchstens 10 Sitzungen. Neben der direkten Auseinandersetzung mit den bis zu zwei Jahre alten Kleinkindern gehört hierzu auch Hilfe und Unterstützung der betroffenen Eltern.

Die Projektleiterin der Schreibabyambulanz, Paula Diederichs ist Dipl. Sozialpädagogin, Heilpraktikerin und Körperpsychotherapeutin. Sie ist mit dem Interesse, die Schreibabyambulanz wissenschaftlich in Form von einer Evaluationsstudie analysieren zu lassen, an Prof. Dr. Hildebrand-Nilshon der FU herangetreten. Ihr Anliegen ist es, die Arbeit der Krisenintervention zu reflektieren und auf ihre Wirksamkeit und Effektivität hin zu überprüfen. Das Evaluationsprojekt wird von Prof. Dr. M. Hildebrand-Nilshon betreut und wurde zur Ausarbeitung aufgeteilt.

1.1.1 Aufteilung der Studie

Hier soll ein Überblick über die Aufteilung der Studie gegeben werden:

Deskriptiver Evaluationsteil:

Doreen Röseler interviewt die Psychotherapeutin Diederichs in Form eines leitfadenorientierten Experteninterviews über ihre Interventionsziele, theoretischen Grundlagen und das Beratungssetting ihrer Arbeit.

Formativer Evaluationsteil:

Christian Werner und Jule Dräger videografieren betroffene Eltern mit ihren Kindern während der Kriseninterventionsstunden und werten dies in der vorliegenden Diplomarbeit aus.

Summativer Evaluationsteil:

Röseler befragt dieselben bereits videografierten Eltern in Form von problemzentrierten Interviews nach in Anspruchnahme der Krisenintervention.

1.1.2 Persönliches Interesse

Die Säuglingsforschung nimmt mittlerweile einen wichtigen Teil in der Entwicklungspsychologie ein. Nach Papousek (1995, S.2) gibt es besonders für das Säuglingsalter wenig umfassende Forschung über die günstige Mutter-Kind-Beziehung, beziehungsweise über die Ursachen von Störungen. Auch die Entwicklungspsychopathologie hat hierzu bisher wenig beigetragen, was nicht zuletzt auf die schwierigen methodischen Anforderungen zurückzuführen ist.

Um so interessanter ist es für uns, den Bezug zur Praxis dieser relativ neuen Forschungsrichtung durch unsere Arbeit herzustellen.

Die Psychopathologien von Neugeborenen und Kleinkindern manifestieren sich beim Kind als Eß-oder Schlafstörungen, Bindungsstörungen oder frühe Verhaltensstörungen wie zum Beispiel das überdurchschnittliche Schreien. Die genannten Störungen treten im Rahmen der Interaktion mit der Bezugsperson auf. Das bedeutet jedoch nicht, daß die Interaktion die Ursache für derartige Störungen sein muß (Brisch, 1999, Stern, 1995, S.79). Die frühen Verhaltensauffälligkeiten weisen noch zahlreiche Fragen auf. Besonders im Bereich der therapeutischen Behandlung und Krisenintervention werden neue Methoden entstehen beziehungsweise bereits vorhandene Ansätze modifiziert werden. Nicht das Baby allein oder die Mutter werden hier zum Klienten in der Therapie, sondern die Mutter-Kind-Interaktion, das heißt das gesamte Spektrum an Kommunikation und Interaktion, wird betrachtet.

So ist es unserer Ansicht nach sehr wichtig, die zur Zeit praktizierten psychotherapeutischen Ansätze in ihren Auswirkungen und ihrer Effektivität im Bereich der Mutter-Kind-Krisenintervention umfassend zu diskutieren. Wir werden uns in unser Diplomarbeit jedoch auf den psychotherapeutischen Ansatz von Diederichs beschränken und keinen Vergleich zu anderen therapeutischen Ansätzen herstellen. Da wir beide eine Körperpsychotherapieausbildung machen, interessieren wir uns in diesem Zusammenhang besonders für die Arbeit von Diederichs.

Insgesamt versteht sich die Evaluationsstudie als formative Evaluation, das heißt, daß unsere Hypothesengewinnung in den Arbeitsprozeß der Therapeutin miteinfließen kann. Die Krisenintervention kann somit in Form von Rückmeldungen laufend modifiziert werden.

Es sei darauf hingewiesen, daß die primäre Bezugsperson nicht unbedingt die Mutter sein muß. Im Folgenden wird die Bezeichnung Mutter ebenso wie der Begriff Bezugsperson verwandt.

1.1.3 Entwicklung einer Fragestellung

Die Qualität der Interaktion hat nach Diederichs eine große Bedeutung für die Mutter-Kind-Dyade und der sich in diesem Rahmen manifestierenden Symptomatiken wie dem exzessiven Schreien. (siehe Kap. 4.7.2.2)[1]

Um die Krisenintervention der „Schreibabyambulanz" zu evaluieren, ergeben sich für uns folgende Ausgangsfragen:

- Was verändert sich im Verlauf der Krisenintervention bei Mutter, Kind und deren Interaktion, beziehungsweise findet hier eine qualitative Veränderung statt?
- Wo sieht die Therapeutin die hauptsächliche Problematik von Mutter, Kind und der Interaktion beider?
- Welche für uns beobachtbaren Veränderungen treten bei der Mutter, beim Säugling und in der Interaktion im Verlauf der Krisenintervention auf?
- Inwieweit verändern sich die aus unserer und der Sicht der Therapeutin wahrgenommenen Problemschwerpunkte von Mutter, Kind und Interaktion?
Zur näheren Erläuterung unseres methodischen Vorgehens möchte ich hier auf Kap. 5 verweisen.

2 Darstellung der Grundlagen zum Thema Schreibaby

(Ein Beitrag von Jule Dräger)

Der erste Schrei eines Neugeborenen wurde früher sehnlichst erwartet, weil man glaubte, die kindlichen Lungen würden sich nur so zur vollständigen Aktivitätsaufnahme entfalten. Mit zunehmender Sensibilisierung für den Säugling in Praxis und Forschung wurde Schreien jedoch negativ assoziiert. Schreien wird inzwischen als Zeichen des Unwohlseins und eines unerfüllten Bedürfnisses verstanden. Viel Schreien stärkt nicht die Lungen, sondern kann die Interaktion von Bezugsperson und Säugling beeinträchtigen. (Bensel& Haug-Schnabel, 1997)

2.1 Definition von Schreibabys

Man unterscheidet in der Sozialpädiatrie (Carey, 1989; Straßburg, 1990) zwischen vier verschiedenen Klassifikationen von Schreien im Säuglingsalter:

- primär physiologisches Schreien, verursacht durch Schmerz, Hunger, erschreckenden Lärm, Folgen des Geburtsvorgangs, wechselnde Witterung und anderes
- primär pathologisches Schreien aufgrund schwerer ZNS-Erkrankungen oder Chromosomenanomalien, wie das "Katzenschrei"-Syndrom zum Beispiel
- sekundär (exzessives) Schreien aufgrund von vorübergehenden Erkrankungen
- primär exzessives Schreien, was auch chronische Unruhe genannt wird

Wir beziehen uns hier auf die zuletzt genannte Form des Schreiens bei Säuglingen.

Um „normale" von Schreibabys zu unterscheiden hat Wessel (Bensel& Haug, 1997) die „Regel der Dreien" aufgestellt, demzufolge ein Schreibaby mindestens drei Stunden am Tag, an mindestens drei Tagen der Woche, mehr als drei Wochen lang schreit. Diese häufig zitierte Regel scheint jedoch auch auf Widerspruch zu stoßen. Lehtonen zum Beispiel fand in der Literatur 27 verschiedene Defintionen exzessiven Schreiens. (Bensel& Haug-Schnabel, 1997)

Der Unterschied zwischen normalem und exzessiven Schreien ist recht willkürlich quantitativ bestimmt. Bislang konnte nicht belegt werden, daß es sich hier um einen qualitativen Unterschied handelt.

Nach Barr (1993) wird Schreien pathologisch

- aufgrund der Schreidauer
- wenn Schreien die Möglichkeit zur Interaktion verhindert und somit ein Risiko für den Bindungsprozeß und spätere Entwicklung darstellt
- wenn Therapie nötig ist, um Schlaf-, Verdauungs- und Erfahrungsdefizite zu verbessern beziehungsweise Verschlechterung zu vermeiden
- wenn Erwachsene einer bestimmten Kultur die Schreisituationen als nicht mehr tolerierbar bezeichnen.

2.2 Häufigkeit

Die unterschiedlichen Erfassungsmethoden wie Fragebogen, Tagebuchaufzeichnungen und Tonbandprotokolle, sowie die unterschiedlichen Erhebungszeiträume, Grenzwerte und kulturellen Besonderheiten erschweren eine zuverlässige Angabe über die Häufigkeitsverteilung des Scheibabysyndroms. Bensel& Haug-Schnabel (1997, S.721 ff) schließen aufgrund von internationalen Schreistudien auf eine Inzidenz von etwa 20% innerhalb der ersten drei Lebensmonate.

2.3 Kulturelle Unterschiede

Vermutlich schreien die Säuglinge in traditionalen Gesellschaften wie bei den Eipo in Neu-Guinea, den !Kung in Südafrika und den Pygmäen im Kongo weniger. Belegt ist dies jedoch bislang nicht. Eine Studie über koreanische Säuglinge berichtet über keinen einzigen Fall exzessiven Schreiens und über generell weniger Schreien und Quengeln als in westlichen Ländern (Lee, 1994). Die Mütter reagieren nach eigenen Berichten fast immer auf die negativen Vokalisationen ihrer Babys und sorgen für viel Körperkontakt mit ihnen. Der präventive Aspekt des Körperkontakts in Bezug auf das Schreien ist hier nicht bewiesen worden, wird jedoch auch von anderen Autoren vermutet (siehe Kap.2.6.4.5).

2.4 Direkte Folgen des Schreiens für die Bezugspersonen

Schreien ist das bei weitem häufigste Problem bei Säuglingen unter drei Monaten, was Eltern motiviert, ein klinisches Setting aufzusuchen (Stern, 1998, S.92). Nach Bensel& Haug-Schnabel (1997) ist es auch die häufigste Klage, die Eltern mit Neugeborenen beim Kinderarzt vorbringen.

Exessives Schreien trifft genau die unangenehmste Frequenz für das menschliche Ohr und ist nicht zuletzt deshalb ein großer Streßfaktor für die Betreuungspersonen. Für Eltern bedeutet der chronisch unruhige Säugling häufig

- eine Beunruhigung über den Gesundheits- und Ernährungszustand des Kindes
- eine massive nächtliche Ruhestörung
- eine starke Verunsicherung ihrer elterlichen Kompetenzen
- eine oft große Enttäuschung, da der Säugling nicht ihren Wunschvorstellungen entspricht
- Panik und Verzweiflung über die Folgeprobleme in Familie und Partnerschaft

Ein Baby, das sich durch nichts beruhigen läßt, löst in der Regel bei den Bezugspersonen zunehmend Erregung aus. Diese kann plötzlich in schwer kontrolliertbare, ohnmächtige Wut mit aggressiven Phantasien oder Fluchtgedanken umschlagen. Die Bezugsperson macht sich in Folge dessen häufig Selbstvorwürfe und hat Angst, ihr Kind nicht genug zu lieben. Der Widerstreit von Gefühlen, die durch exzessives Schreien heraufbeschworen werden, kann latente neurotische Konflikte in Bezug auf die Partnerschaft, die Beziehung zu den eigenen Eltern oder die eigene Rollenidentität aktualisieren und akute Krisen auslösen. (Papousek, 1995, S.11)

2.5 Zeitliche Verteilung des Schreiens

Direkt nach der Geburt ist es für alle Säuglinge typisch, daß die Schreimenge von Tag zu Tag stark variiert. Die Unruhezustände bleiben bis zum 5. Monat relativ stabil und nehmen dann bis zum Ende des ersten Lebensjahrs allgemein ab. Bei unauffälligen Säuglingen wurde in den ersten drei Monaten eine durchschnittliche Schreidauer von 1-2 Stunden registriert, bei Schreibabys dagegen 4-5 Stunden. Der Startzeitpunkt des exzessiven Schreiens wird meist in der zweiten Lebenswoche gesehen (Hewson& Menahem, 1987).

Bei „normalen" sowie „Schreibabys" sind die bevorzugten Unruhezeiten nach 17 Uhr. Neben dem Schreihöhepunkt ab 17 Uhr wurde eine weitere verstärkte Schreimenge in der sechsten Woche beobachtet (Bensel& Haug-Schnabel, 1997, S.727). Da diese Schreigipfel auch in traditionalen Gesellschaften wie bei den !Kung und den Manali zu finden sind, geht man davon aus, daß dieser Schreiverlauf universal ist und ohne externe Einflüsse entsteht.

Die angeborene Fähigkeit zu schreien ist ein biologisches Signal und dient dem Säugling als Alarmsignal zu seiner Existenzsicherung. Die Unruhezustände und das Schreien können jedoch auch chronisch werden. Diese Chronifizierung beginnt zumeist in der zweiten Lebenswoche (Hewson, Oberkaid& Menahem, 1987; Wessel et al., 1954) und wird nach dem dritten Lebensmonat zunehmend weniger. Mit Ende des ersten Lebensjahrs hat die chronische Unruhe einen stabilen Niedrigstand erreicht. Zwar gibt es auch ältere Säuglinge, die exzessiv schreien, aber nach dem dritten Lebensmonat nimmt das Schreien eine andere Qualität an. Eltern beklagen sich nicht mehr über die Schreidauer, sondern über den Kontext, in dem das Schreien auftritt. Der Begriff exzessiver Schreier soll nach Meinung der Autoren aus diesem Grund auf die ersten drei Monate beschränkt bleiben.

Da die Therapeutin Diederichs diese begriffliche Einteilung nicht vornimmt, werden wir im Folgenden auch bei älteren Säuglingen von exzessiven Schreiern sprechen.

Auffallend ist, daß die meisten Schreier nachts eine Schreipause von etwa acht Stunden einhalten (Bensel& Haug-Schnabel,1997, S.726). Außerdem setzen die Schreiphasen auffallend häufig sofort oder kurz nach den Stillzeiten ein. Wegen dieser Auffälligkeiten stellen die Autoren in Frage, ob es sich bei den Schreiern um eine eigene Kategorie von Säuglingen handele.

2.6 Ursachen des primär exzessiven Schreiens

Bevor näher auf die Ursachen für exzessives Schreien eingegangen werden soll, stelle ich kurz die Faktoren dar, die keine Mitwirkung am exzessiven Schreien zu haben scheinen:

- sozioökonomischer Status der Familie (Lehtonen, 1994)
- Ausbildungsstand der Eltern (Lehtonen, 1994)
- Vorerfahrungen der Mutter (Lehtonen, 1994)
- Schwangerschafts- und Entbindungskomplikationen sowie Frühgeburten (Lehtonen, 1994)
- Geschlecht des Säuglings (Lehtonen, 1994)
- Unterschied zwischen brust- bzw. flaschengestillten Babys (Barr et al., 1991)

Zu dieser sicherlich noch verlängerbaren Liste möchte ich anmerken, daß hier jeweils monokausal nach Ursachen geforscht wurde. (Siehe Exkurs S.38) Betrachtet man einzelne hier aufgeführte Ursachen im Gesamtzusammenhang der Situation einer Familie, könnten sie durchaus einen Beitrag zu den Ursachen des exzessiven Schreien darstellen.

Als Ursachen für primär exzessives Schreien werden in der Fachliteratur zahlreiche Gründe angegeben.

Rautava et al. (1993) haben in einer großangelegten Studie in Finnland herausgefunden, daß die folgenden Faktoren einen Einfluß auf die Entstehung des exzessiven Schreiens haben:

Unzufriedenheit der Mutter mit der eigenen Partnerschaft, ihr negatives Selbstbild, Streß der Mutter, körperliche Schwierigkeiten und soziale Isolation während der Schwangerschaft, Unsicherheit der Mutter bei der Geburt, Unsicherheit in Hinblick auf die Zeit danach, kein positives Geburtserlebnis, Erleben des Krankenhauspersonals als eher feindselig, Enttäuschung des Partners über den Geburtsverlauf und das Baby im Vergleich zu seinem "Traumbaby".

Diese Studie ist jedoch methodisch nicht einwandfrei, da die Einteilung in Schreibabys beziehungsweise Nicht-Schreibabys erst retrospektiv durch Befragung der Mütter drei Monate nach der Geburt stattgefunden hat. Es ist somit nicht ausgeschlossen, daß es hier zu Verzerrungen in der Wahrnehmung gekommen ist. Die Frage ist auch, in welcher Art und Weise sich die genannten Aspekte der Mutter und ihrer Partnerschaft auf die Interaktion zwischen Mutter und Baby ausgewirkt haben.

Da es noch keine abgeschlossenen Langzeitstudien über die Einflußfaktoren des exzessiven Schreiens gibt, werde ich die am häufigsten diskutierten Hypothesen dazu vorstellen.

Unklar bleibt jedoch der Ursache- Wirkungszusammenhang zwischen den genannten Auswirkungs- beziehungsweise Folgefaktoren und dem Schreibabysyndrom.

2.6.1 Schreien als normaler Entwicklungsbestandteil

Der oben genannte typische Verlauf des exzessiven Schreiens verläuft parallel zu vielen anderen Entwicklungen des Säuglings.

Die chronische Unruhe wird von Autoren wie van de Rijt-Plooij und Plooij als eine Ausdrucksform von sich ändernden physiologischen Reifungsprozessen verstanden (Bensel& Haug-Schnabel, 1997, S.737). Tatsächlich spricht man vom "biobehavioral shift", dem ersten biologischen Verhaltenswechel, den der Säugling zu dieser Entwicklungszeit durchlebt.

Mit zwei Monaten nehmen die Wahrnehmungs- und Lernfähigkeiten schnell zu, der Schlaf-Wachrhythmus etabliert sich, seine sozialen Kompetenzen, wie zum Beispiel das erste soziale Lächeln werden für die Bezugspersonen deutlich erkennbar. Der Säugling ist zunehmend interessiert an der Interaktion mit seinen Mitmenschen (Haug-Schnabel, 1994). Aufgrund der Weiterentwicklung des ZNS kann der Säugling zunehmend seinen Verhaltenszustand selbst regulieren. Das heißt, er kann seine Schlafzustände (REM- und Non-REM-Schlafphasen) und Wachzustände[2], wie alerte Aktivität, Inaktivität, wache Aktivität und Schreizustand aktiv beeinflussen. Auch die neurophysiologische Organisation verändert sich. Allgemein nimmt die Erregung des Säuglings zu.

Rijit-Plooij und Plooij behaupten, daß die reifungsbedingten Veränderungsprozesse den Säugling irritieren, so daß er mit Regression in Form von Schreien reagiert. Diese Antwort des Säuglings auf die Veränderungen seien als Widerstand und Stabilisierungsversuch zu verstehen.

Bensel& Haug-Schnabel (1997, S.737) weisen daraufhin, daß dieser Ansatz nicht erklärt, warum manche Säuglinge keine Schreibabys werden. Auch ist stets unklar, wie es zur abendlichen Häufung des Schreiens kommt.

St. James-Roberts et al. (im Druck) behaupten in ihrer „Arousal-Theorie“, daß die Schreibabys ein erhöhtes Erregungsniveau haben, mit dem sie nicht zurechtkommen und deshalb schreien. Unklar bleibt jedoch, warum einige Babys ein höheres Erregungsniveau haben, beziehungsweise damit weniger gut umgehen können als andere? Die Ursache einzig auf der Seite des Säuglings zu suchen scheint nicht ausreichend.

2.6.2 Temperament

Die Temperamentsforschung kam Ende der 60er Jahre zu der Erkenntnis, daß etwa 10% der Säuglinge als "schwierig" einzustufen seien, aufgrund von häufigem Schreien, geringer Anpassungsfähigkeit an neue Situationen oder Störungen des Schlaf- und Eßverhaltens.

Temperament und exzessives Schreien konnte jedoch nicht in Ursache- und Wirkungsfaktor unterschieden werden. Das Temperament scheint nicht ausschlaggebend zu sein für die Entstehung des exzessiven Schreiens, sondern ist höchstens ein Kofaktor (Crockenberg, Smith, 1982). Das Temperament eines Säuglings könnte auch nicht den Schreihöhepunkt im zweiten Monat und nach 17 Uhr erklären.

Zur Temperamentsforschung scheint es mir wichtig zu betonen, daß Korrelationen zwischen dem Temperament und anderen Merkmalen einer Person oder ihrer Umwelt gleichzeitig einen Einfluß des Temperaments auf diese Person- oder Umweltmerkmale wiederspiegeln könnten, oder aber auch umgekehrt einen Einfluß dieser Merkmale auf das Temperament verdeutlichen. Möglich ist auch, daß die Korrelation durch eine nicht betrachtete Drittvariable verursacht ist. (Asendorpf, 1997, S.471)

2.6.3 Gastrointestinale Störungen

Gastrointestinale Störungen waren lange Zeit die Haupterklärung der Kinderärzte für das exzessive Schreien der Säuglinge. Man sprach sogar vom "Kolikschreien", was sehr mißverständlich ist, da Kolik nicht als alleinige Ursache des Schreiens bestätigt werden konnte. Der Begriff Kolik sollte besser gemieden werden, da er nicht unbedingt mit exzessivem Schreien in Zusammenhang steht.

Einige Forscher bezeichnen die sogenannten Kolikschreier als eine Untergruppe der exzessiven Schreibabys. Kolikschreier zeichnen sich aus durch plötzliches Schreien, abgehende Gase, distinkte hochtönige Schmerzensschreie, Unberuhigbarkeit und Hypertonie, das heißt sie haben einen angespannten Bauch, kalte Füße, angezogene Beine, teilweise auch ausgestreckt und deutliche Muskelspannung. Die Kolikbabys machen nach Schätzungen zwischen 2 und 18% der exzessiven Schreibabys aus (Lehtonen, 1994; St.James-Roberts, 1993b; Wolke, 1993a). Es ist aber nicht sicher, ob es sich wirklich um eine distinkte Untergruppe handelt.

Blähungen sind wahrscheinlich eher die Folge und nicht die Ursache des Schreiens (Bensel; Haug-Schnabel, 1997, S. 734). Darauf scheint einiges hinzuweisen:

Babys haben auch nach dem Schreien einen aufgeblähten Magen, und eine vermehrte Gasbildung konnte bei Kolik und Schreiern nicht nachgewiesen werden. Es ist auch unklar, ob vermehrte Gasbildung überhaupt zu Unwohlsein führt. Untersuchungen haben keinen Einfluß der Gasmenge auf das Schreiverhalten feststellen können. (Barr, 1991)

In diesem Zusammenhang ist es interessant, die Bedeutung der Darm-Peristaltik in der Körperpsychotherapie zu beachten, da dies auch für die Arbeit von Diederichs von Bedeutung ist. Nach Gerda Boysen (Boysen, 1987) wird davon ausgegangen, daß Unwohlsein und damit verbundene Körperanspannungen sich speziell in der Einschränkung der Darmperistaltik manifestieren. Ein angespannter und aufgeblähter Bauch muß demnach nicht die Ursache des Schreiens sein, sondern kann Ausdruck des Unbehagens und der damit einhergehenden Körperanspannungen des Säuglings sein. (Siehe Kap.4.4.2)

Weitere Beispiele weisen daraufhin, daß Blähungen wahrscheinlich eher die Folge als die Ursache des Schreiens sind. So zeigt sich ein verzerrtes Gesicht beim Schreien, was als Schmerzmimik interpretiert wird, vor allem vor und nicht nach den Mahlzeiten. Die Säuglinge schreien auch außerhalb der Verdauungszeiten, so daß hier keine direkte ursächliche Verbindung sein muß. Des Weiteren haben Schreibabys keine zuverlässigen Verdauungsstörungen oder Einschränkungen des intestinalen Bereichs.

Auch die These einer vermuteten Kuhmilchallergie konnte widerlegt werden. Nur bei 10% der Schreibabys scheint eine Kuhmilchprotein-Intoleranz beteiligt zu sein. (Wolke, 1993b)

In den 80er Jahren wurde der gastro-ösophageale Reflux (GÖR) als Mitursache der chronischen Unruhe thematisiert. Ein begrenzter, aber langanhaltender Reflux im distalen Ösophagus kann zu Unruhe und Schreien führen. Der Zusammenhang zwischen GÖR und exzessivem Schreien ist jedoch nicht monokausal, sondern in einen psychosomatischen Funktionskreis eingebettet. (Bensel& Haug-Schnabel, 1997, S.735)

2.6.4 Interaktionsstörungen zwischen Bezugspersonen und Säugling

Da es bislang noch keine längsschnittlichen Beobachtungsstudien in Schreifamilien von Geburt an gibt, kann man keine empirisch gesicherten Aussagen über die Zusammenhänge von Schreien und Interaktion machen. In Bezug auf Probleme der Nahrungsaufnahme und Schlaf des Säuglings gibt es allerdings ausgeprägte Korrelationen zu kontinuierlichen Entgleisungen der nonverbalen Interaktionsfolgen mit den primären Bezugspersonen (Downing, 1986, S.148).

Ich werden den Aspekt der Interaktionsstörungen ausführlicher darstellen, da auch Diederichs hier eine Hauptproblematik bei der Entstehung des exzessiven Schreiens sieht (Kap. 4.7.2.3).

Es gibt verschiedene Theorien, die die Interaktion zwischen Säugling und Bezugspersonen in diesem Zusammenhang für sehr bedeutsam halten. Einige sollen hier kurz erwähnt werden. Für weitergehendes Interesse möchte ich auf die angegebene Literatur verweisen.

2.6.4.1 Interaktionstheorie nach Carey

Der „Interaktionstheorie“ nach vertritt Carey (1989, S.611-626) die Ansicht, daß das Schreien auf verschiedene Faktoren zurückzuführen ist. Danach wirken intrinsische Faktoren beim Säugling wie Hypertonie, geringe sensorische Reizschwelle und ein schwieriges Temperament mit extrinsischen Faktoren wie mütterliche Ängstlichkeit und unangemessener Umgang der Eltern zusammen und führen zum exzessiven Schreien.

2.6.4.2 Entwicklungspsychopathologisches Modell nach M. Papousek

Mechthild Papousek (1990, S.203-221) beschreibt das bisher komplexeste Modell zu den dynamischen Wechselbeziehungen zwischen Schreiverhalten und elterlicher Pflegepraktik (siehe Abb. I und II, S. 22-23). In Weiterentwicklung der Theorie von Carey hat Papousek besonders die vorsprachliche Kommunikation untersucht. Grundlegend ist dabei die Annahme, daß das Schreien aus einem negativen Wirkzusammenhang resultiert, der auf Störungen seitens des Säuglings und seitens der Eltern basiert. In Bezug auf den Säugling werden seine integrativen und selbstregulatorischen Kompetenzen und deren Grenzen untersucht. Auf seiten der Bezugspersonen werden intuitive elterliche Kompetenzen und deren Störungen diagnostiziert (siehe Kap. 3.3 und 3.4). Empirisch ist dieser Ansatz bislang noch nicht auf seine allgemeine Gültigkeit hin untersucht worden.[3]

2.6.4.3 Kommunikationsproblem nach Bensel& Haug-Schnabel

Bensel& Haug-Schnabel (1997) schreiben, daß ein Grund für den mangelnden Interaktionsablauf zwischen Säugling und Bezugsperson eine Sender-Empfängerstörung sein kann. Das Kind wird zum Beispiel in seinen Signalen mißverstanden und/oder falsch interpretiert. Die Autoren führen somit das exzessive Schreien auf ein Kommunikationsproblem zwischen Säugling und Bezugsperson zurück. Es kommt zum Schreisyndrom aufgrund von Störungen in der Interaktion. Der Grund für ein derartiges Mißverstehen beziehungsweise ein unangemessenes Reagieren der Bezugsperson kann auf ihrer mangelnden Sensitiviät beruhen. (Bensel& Haug-Schnabel, 1997, S. 738)

Eine Bezugsperson, die sensitiv[4] ist, nimmt die Signale des Kindes wahr, weiß sie richtig zu interpretieren und sie angemessen und prompt[5] zu befriedigen (Brisch, 1999, S.36).

Empirische Studien fanden allerdings heraus, daß Mütter von Schreibabys nicht weniger sensitiv oder emotional seien als andere. Die Studien widerlegen jedoch nicht die negativen Folgen mangelhafter elterlicher Betreuung. Die Sensitivität der Bezugsperson hat einen Einfluß auf das Schreien des Säuglings, denn sensitivere Bezugspersonen können Schreien eher in Quengeln umstimmen, indem sie ein breiteres Beruhigungsrepertoir einsetzen (St. James-Roberts, 1995, S.381-388).

2.6.4.4 Elterliche und kindliche Inkompetenzen nach Wolke

Wolke führt das Schreibabysyndrom auf die mangelnde Selbstregulationskompetenz des Säuglings zurück, sowie auf die Unfähigkeit der Eltern damit umzugehen. Das exzessive Schreien ist ein Produkt elterlicher und kindlicher Inkompetenzen. (Wolke, 1993, S.145-199)

Damit wird deutlich, daß exzessive Schreier eine besondere Organisationhilfe ihrer Verhaltenszustände von außen benötigen.

Es gilt als gesichert, daß Schreibabys ihre Erregungshöhepunkte vermehrt mit Schreien verbringen, im Gegensatz zu anderen Babys, die in diesen Phasen mit ihren Bezugspersonen spielerisch interagieren und erfolgreich kommunizieren.

Einige weitere Aspekte verweisen nach Bensel& Haug-Schnabel (1997) auf einen Zusammenhang zwischen Interaktion und Schreisyndrom:

So nehmen zum Beispiel die wachen Erregungszustände des Säuglings zu, je älter er wird. Man spricht von endogen gesteuerten, täglich rhythmisch wiederkehrenden "arousal"- Phasen. Normalerweise werden diese Zeiträume vom Baby mit Interaktionsphasen ausgefüllt. Schreibabys scheinen hingegen unruhig zu werden. Mit Beginn des 3. Lebensmonats werden die Unruhephasen durch Interaktionsphasen ersetzt.

Eine weitere Auffälligkeit ist die zeitliche Nähe zu Stillphasen. Unruhe- und Interaktionsphasen treten besonders nach den Mahlzeiten auf. Die Nahrungsaufnahme mit ihrer Dialogstruktur bereitet offensichtlich die soziale Interaktion im satten aufmerksamen Zustand vor. Das Baby ist in einem hohen Erregungszustand. Bei Schreibabys scheinen diese Erregungsphasen im Lauf der Entwicklung zu Schreiphasen zu werden. Die Fütterungssituationen bei Schreibabys scheinen diese nicht auf eine anschließende Interaktion vorzubereiten, beziehungsweise gelingt der Übergang zwischen Stillen und Interaktion nicht. Das Baby hat noch nicht viele Strategien, um sich auszudrücken. Es fängt an zu schreien und/oder wird unruhig, was dazu führt, daß die Bezugsperson herbeikommt.

So entsteht für mich die Frage, ob es dem schreienden Baby um die Bedürfnisbefriedigung unerfüllter Interaktionsbedürfnisse geht?

Oder gibt es andere unbefriedigte Bedürfnisse, wie zum Beispiel die Nähe nach Körperkontakt?

Die Auffassung der Autoren, daß Stillen die soziale Interaktion vorbereitet und das Baby sich in einem hohen Erregungszustand befindet, scheint hier im Widerspruch zur körperpsychotherapeutischen Ansicht von M.-L. Boysen zu stehen. Der Säugling befindet sich während des Stillvorgangs nach Boysen in einem tiefen tranceähnlichen Zustand und tiefer Entspannung (siehe Kap.4.4.3). Das Schreien des Kindes könnte nach dieser Auffassung aufgrund einer Unterbrechung des Trancezustandes und unzureichender Ruhe und Nähe mit der Mutter ausgelöst werden und nicht auf mangelnder Interaktion nach dem Stillvorgang beruhen.

Bensel& Haug-Schnabel (1997, S.742) sehen aufgrund der verpaßten Interaktionsmöglichkeit ein sich anbahnendes Kommunikationsproblem. Aus ihren Praxiserfahrungen berichten die Autoren, daß Mütter auf das Schreien und die Unruhe des Kindes verstärkt mit beruhigenden Maßnahmen reagieren, wie wiegen, tragen oder beruhigenden Stimmlauten. Auch wird dem Säugling erneut Nahrung angeboten, mit dem Ziel, ihn zu beruhigen. Die Erregungshöhepunkte nach den Fütterungssituationen werden also keineswegs mit ensprechend anregender Interaktion beantwortet.

Für ein Kommunikationsproblem scheinen noch weitere Beobachtungen zu sprechen:

- Eine Schreisituation kann übergangslos von einer auf die andere Minute enden, wenn ein Milieu- oder Betreuerwechsel stattfindet. Ebenso kann das Schreien am nächsten Tag zur selben Zeit in gewohnter Umgebung und Bedingung wieder einsetzen.
- Die chronische Unruhe mit exzessivem Schreien endet nach einigen Monaten genau zu dem Zeitpunkt, wenn der Säugling eindeutigere und vielfältigere Strategien zu Verfügung hat, mit denen er die Interaktion aufnehmen kann.

Offen bleibt, ob die Schreibabys schreien, um ihre Erregung einzusetzen, weil ihnen eine andere Form wie spielerische Interaktion nicht ermöglicht wird, oder ob sie versuchen, sich eine Interaktion auf diese Art herbeizurufen.

Es ist auch noch nachzuweisen, ob exzessives Schreien durch eine darauffolgende Bedürfnisbefriedigung den Lerngesetzmäßigkeiten folgend vom Säugling erlernt wurde. Ebenso kann das Schreien als Strategie eingesetzt werden, um zum Beispiel unerwünschtes Verhalten in der Interaktion zu unterbinden.

So sind auch die Beruhigungsmaßnahmen der Schreiattacken zu berücksichtigen, um den eventuellen Lernfaktor zu beurteilen.

2.6.4.5 Die Bedeutung des Tragens in der Mutter-Kind-Interaktion

Als eine weitere mögliche Mitursache für exzessives Schreien in Bezug auf die Interaktion möchte ich kurz den Aspekt des Tragens thematisieren. Der menschliche Säugling ist von Natur aus ein Tragling. (Kirkilionis, 1992, S.395-415; 1994, S.131-141, Liedloff, 1995; Roth& Stüwert, 1996) Er ist durch seine vermutlich ererbte Spreiz-Anhock-Reaktion daran angepaßt, auf der menschlichen Hüfte getragen zu werden. Beim Aufnehmen des Säuglings hockt dieser seine Oberschenkel bis etwa 90% an und spreizt sie leicht. Mit zunehmender Körperbeherrschung bereitet der Säugling das Getragenwerden durch diese Haltung nicht nur vor, sondern beteiligt sich auch aktiv durch verstärktes Anpressen der Beine an den Körper der tragenden Person.

Der Säugling hat ein Bedürfnis nach Nähe und Körperkontakt, dem in unserer Gesellschaft meist nicht genügend begegnet wird. Es ist möglich, daß exzessives Schreien teilweise auf diesen Mangel an taktiler und vestibulärer Stimulation zurückzuführen ist. Vielleicht erklärt dies auch, warum es in traditionelleren Kulturen, die ihre Säuglinge tragen, auch weniger Schreibabys gibt.

Durch die Nähe zur Bezugsperson ist es vermutlich für diese auch leichter, die kindlichen Signale prompt zu beantworten. Kinder werden durch das Ablegen in anderen Zimmern mehr isoliert und sind dem elterlichen Zugriff entfernter.

Allerdings erleben mehr Säuglinge unserer Gesellschaft einen Mangel an Körperkontakt und Nähe, als es Schreibabys gibt.

2.6.4.6 Die Bedeutung der Berührung in der Mutter-Kind-Interaktion

Durch die physische Arbeit mit Erwachsenen und die Beobachtung von Eltern-Kind-Interaktionen hat Downing (1996, S.129) herausgefunden, daß bestimmte physische Interaktionen zwischen Eltern und Kleinkind eine Spur hinterlassen. Diese Spur kann als eine Formung, eine Beeinflussung der motorischen Repräsentanzen des Kindes verstanden werden. Die Überreste dieser frühen motorischen Überzeugungen bestimmen den Zugang des Menschen zur Welt und beeinflussen das Verhalten und die Bewußtheit des späteren Erwachsenenlebens. Aus diesem Grund sind die ersten präverbalen Erfahrungen, wie Berührungen und Bewegungen in der Interaktion, von so entscheidender Bedeutung.

Affektmotorische Schemata

Aus den physischen Interaktionen zwischen Eltern und Kleinkind entwickelt das Kind bestimmte Bewegungsmuster, die mit einer affektiven Färbung und einer bestimmten kognitiven Einschätzung verknüpft sind. Diese bezeichnet Downing als affektmotorisches Schema (Downing, 1996, S.130). In Abgrenzung zu Piaget und seiner Theorie der "sensomotorischen Schemata" (Piaget, 1974), betont Downing die affektive Komponente des hier erläuterten Schemas. Über dieses affektmotorische Schema eignet sich das Kind Wissen über andere Menschen und sich selbst in Verbindung mit anderen Menschen an. Dabei spielen sensorische, motorische, affektive und kognitive Ebenen zusammen.

Nach Downing gibt es verschiedene grundlegende affektmotorische Schemata, die in ihrer Anlage angeboren sind, aber in der Ausprägung von der realen Elter-Kind-Interaktion abhängen (Downing, 1996, S.134 ff).

In der Therapie mit Erwachsenen können diese affektmotorischen Schemata durch die physische Arbeit relativ leicht und vollständig aktiviert werden. Sie sind ein Teil der "Kinogramme" (Downing, 1996, S.102), die der Körper während der physischen Arbeit offenbart. Unter Kinogramm ist die Erinnerung des Körpers und ein Wiedererleben in einer sehr umfassenden Weise an oft weit zurückliegende Ereignisse zu verstehen.

Hier wird die große Bedeutung und der Einfluß der Berührung und Bewegung in der präverbalen Zeit des Kleinkindes deutlich.

Die Bedeutung der Berührung in der Kleinkindforschung

Downing merkt an, daß der Aspekt der Berührung in der Eltern-Kind-Interaktion bei zahlreichen Untersuchungen der Kleinkindforschung unberücksichtigt bleibt.

Die reine Verhaltensbeobachtung ist eine vorherrschende Tendenz in der Forschung, und Downing warnt vor den damit einhergehenden Informationsverlusten.

Die Videobeobachtungen, die zahlreiche Untersuchungen der Kleinkindforschung erst ermöglicht haben und einzigartige Vorteile bieten, haben auch einen entscheidenden Nachteil. Neben der Dominanz des Visuellen geht der größte Teil der Dimension der Berührung verloren- "(...) und damit wohl ein Hauptbereich, wenn nicht der wichtigste Bereich in der frühsten zwischenmenschlichen Welt des Kleinkindes." (Downing, 1986, S.150)

Der direkte Körperkontakt prägt die Erfahrungen des Säuglings ebenso wie der gegenseitige Blickkontakt und ist deshalb genauso entscheidend. Zunächst einmal sei nach Downing die Feststellung wichtig, daß die Dimension der Berührung bei zahlreichen Forschungen und Theorien unbeachtet bleibt.

In der hier vorliegenden Arbeit haben wir versucht dem entgegenzuwirken. Dennoch kann die Dimension der Berührung auch aus technischen Gründen nur beschränkt erfaßt werden.

Im empirischen Teil dokumentieren wir, was die Therapeutin in Bezug auf den Aspekt der Berührung und des energetischen Kontakts der Mutter-Kind-Interaktion in den Sitzungen wahrnimmt. (Siehe Kapitel zur Sichtweise der Therapeutin).

In der von uns erstellten Videoanalyse der Mutter-Kind-Interaktion versuchen wir einige Dimensionen der Berührung zu berücksichtigen, die bislang empirisch untersucht wurden.

In Kapitel 5.2.3.3 werden diese näher erläutert.

Zusammenfassung

In Bezug auf die Interaktion zwischen Säugling und Bezugsperson gibt es verschiedene theoretische Ansätze, von denen hier nur kurz einige dargestellt wurden. Die Autoren gewichten die Ursachen für exzessives Schreien in der Interaktion unterschiedlich.

Dennoch scheint Übereinstimmung darüber zu bestehen, daß Schreien zur Entwicklungsgefährdung werden kann, wenn der Säugling dadurch Zuwendung, Interaktion-und Lernerfahrungen verpaßt.

Im Folgenden gehe ich genauer auf die Interaktion, deren Bedeutung und möglichen Störungen zwischen Säugling und Bezugsperson ein.

Die Interaktion scheint ein wichtiger Aspekt des dynamischen Beziehungsgeflechts von Austauschprozessen zwischen Säugling und Umwelt zu sein.

Um diese Interaktionsprozesse zu analysieren setzt man voraus, daß der Säugling zur Interaktion und Beziehung fähig ist. Zur näheren Erläuterung dessen werde ich im Folgenden kurz auf die für die Beziehungsfähigkeit des Säuglings relevanten Erkenntnisse der modernen Säuglingsforschung nach D.Stern eingehen und auch die Bedeutung von Beziehung aus der Sicht der Bindungsforschung diskutieren.

3 Der Blick auf den Säugling und seine Beziehungsfähigkeit aus Sicht der Bindungsforschung und der modernen Säuglingsforschung

(Ein Beitrag von Jule Dräger)

3.1 Die moderne Säuglingsforschung nach D.Stern

Die Wahrnehmungsfähigkeiten des Säuglings wurden lange Zeit von der psychoanalytisch geprägten Entwicklungspsychologie unterschätzt. Seit Daniel Stern (1985) weiß man, daß der Säugling fähig und motiviert ist, die soziale und materielle Umwelt sinnlich wahrzunehmen. Er kann seine Wahrnehmungen integrieren, speichern, sich an seine Umwelt gewöhnen, Regeln entdecken und sein Verhalten darauf abstimmen. Bald darauf ist es ihm möglich, Erwartungen und Hypothesen darauf aufzubauen, sie zu überprüfen und zu korrigieren. Das Neugeborene ist in der Lage, Kontingenzen zwischen Ereignissen in der Umwelt und seinem eigenen Tun zu entdecken. Der Säugling sucht aufgrund seiner inneren Motivation einen aktiven Bezug zu den Personen und Dingen seiner Umwelt.

Aufgrund der modernen Säuglingsforschung wissen wir, daß der Säugling seine Mutter nicht nur visuell, auditiv und olfaktorisch wahrnehmen, sondern sie auch aufgrund ihrer Stimme, ihres Geruchs, ihres Aussehens und ihrer Art sich zu bewegen von anderen Personen unterscheiden kann. Er hat eine angeborene Präferenz für das menschliche Gesicht, für die Stimme der Mutter sowie für ihre Berührung und Bewegung. Dies ist ein Beweis für die biologischen Wurzeln der Soziabilität. Der Säugling ist von seiner biologischen Ausstattung her zum Kontakt mit anderen Personen nicht nur fähig, sondern er sucht diesen auch aktiv. Der Säugling ist ein soziales Wesen.

Der Kontakt des Neugeborenen zu seiner Bezugsperson ist nicht nur notwendig, um seine physiologischen Bedürfnisse wie Essen, Trinken ecetera zu erfüllen, sondern der Säugling ist von Geburt an von sozialen und affektiven Austauschprozessen mit seiner Bezugsperson abhängig, um sich psychisch gesund zu entwickeln.

Ein ersatzloser Kontaktabbruch von der Mutter hat für den Säugling verherende Folgen.

Um die Reaktion des Säuglings auf ein Ausbleiben der mütterlichen sozialen und affektiven Austauschprozesse zu untersuchen, haben Cohn/Tronick und Gusella et al. den Effekt mütterlicher Depression auf den Säugling zunächst experimentell untersucht. (Dornes, M., 1997, S. 68) Die Mütter sollten nach einer normalen Interaktionssequenz mit ausdruckslosem Gesicht auf die Signale des Säuglings reagieren beziehungsweise nicht reagieren (still-face- procedure). Diese simulierte Depression hat zur Folge, daß der Säugling sich zunächst nachhaltig bemüht, das Verhalten der Mutter durch vermehrtes Lächeln und Vokalisieren und durch generell intensivierte Interaktionsangebote zu normalisieren. Wenn die Mutter nicht reagiert, zieht sich der Säugling in den meisten Fällen aus der Interaktion zurück. Seine Augen werden glasig und seine Atmung flach. Einige Säuglinge bleiben in diesem Zustand einfach liegen, andere fangen an zu schreien oder brechen nur den Blickkontakt ab. Naturalistische Studien haben diese Ergebnisse bestätigt.

Das "regungslose-Gesicht"-Experiment zeigt, daß Säuglinge bei ihrer Interaktion mit Betreuungspersonen von früh an den Wunsch nach bestimmten wesentlichen Parametern oder "Regeln" (Brazelton u.a., 1974) zeigen. Diese individuell leicht variierenden Regeln betreffen die Rhythmen, das Ausmaß an Stimulierung und die Wechselseitigkeit des Austausches. Sie steuern den Austausch von gegenseitigem Blickkontakt, von Berührung und Körperbewegung, stimmlichen Äußerungen sowie Interaktionen. Dabei werden diese unterschiedlichen "Kanäle" (Stern, 1992) auf verschiedenste Weise miteinander kombiniert. Das "still-face"-Experiment zeigt deutlich, wie stark das Kind erwartet, daß eine Interaktion in bestimmten Gleisen verläuft. Eine grundlegende Abweichung dessen löst beim Säugling sofort Angst und Besorgnis aus. (Downing, 1996, S.139)

Auch hier wird deutlich, wie wichtig die sozialen und affektiven Austauschprozesse zwischen Säugling und Bezugsperson für das Neugeborene und seine Entwicklung sind.

3.2 Bindungstheoretische Bemerkungen

Ich möchte hier die Sichtweise der Bindungsforschung ergänzen. Sie verbindet psychoanalytisches, ethnologisches, entwicklungspsychologisches und systemisches Wissen. Bei diesem Forschungsansatz wird nochmals unterstrichen, wie bedeutend das Band zwischen Mutter und Kind ist, jenseits von der Befriedigung physiologischer Bedürfnisse wie Nahrungsaufnahme und ähnlichem.

Die Bindungstheorie beschreibt die Bindung zwischen Säugling und Bezugsperson als grundlegene Komponente der menschlichen Natur. (Spangler; Zimmermann, 1995, S.21)

Bowlby betrachtet Mutter und Säugling als Teilnehmer in einem sich wechselseitig bedingenden und selbstregulierenden System. Bindung ist hier als ein Teil des komplexen Systems der Beziehung zu verstehen. Nach Bowlby stellt das Bindungssystem ein primäres, genetisch verankertes motivationales System dar, das zwischen der primären Bezugsperson und dem Säugling in gewisser biologischer Präformiertheit nach der Geburt aktiviert wird und überlebenssichernde Funktionen hat. Ebenso wie das Nahrungsaufnahmeverhalten die Ernährung sicherstellt, so hat auch Bindung seine eigenen Funktionen, nämlich die des Schutzes, der Sicherheit und Geborgenheit.

Die Bindungstheorie nimmt an, daß das Bindungsverhaltenssystem als Steuerungssystem in Analogie zur physiologischen Homöostase die Beziehung des Neugeborenen zu seiner Bindungsfigur innerhalb bestimmter Entfernungs- und Verfügbarkeitsgrenzen aufrechterhält. Das Bindungsverhaltenssystem wird in Situationen aktiviert, in denen der Säugling Angst hat. So zum Beispiel bei Trennung von der Mutter, in unbekannten Situationen, wenn er sich bedroht fühlt oder körperliche Schmerzen hat. Trost und Rückversicherung der Bezugsperson beenden das Bindungsverhalten und machen das Kind frei für andere Aktivitäten. Das Nähesuchen zur Bezugsperson wird duch Blickkontakt, Nachfolgen und Herstellen von körperlichem Kontakt erreicht. Der Säugling ist hierbei ein aktiver Interaktionspartner, der seine Bedürfnisse signalisiert.

Die Art und Weise, wie sich Bindungen unterschiedlich entwickeln und zu welchen Organisationen es bei verschiedenen Personen im Verlauf der kindlichen Entwicklung kommt, bestimmt im Wesentlichen, ob eine Person psychisch gesund aufwächst oder nicht. Die in den ersten Lebensjahren entstehende Bindungsqualität ist jedoch nicht fixiert, sondern kann sich durch spätere emotionale Beziehungserfahrungen über die gesamte Lebensspanne verändern. Erste empirische Studien zeigen, daß eine Veränderung der Bindungsrepräsentation auch durch Psychotherapie möglich ist. (Brisch, 1999 S. 278)

Der Säugling entwickelt häufiger zu derjenigen Bezugsperson eine sichere Bindung (hohe Bindungsqualität), die in der Interaktion feinfühlig seine Bedürfnisse befriedigt.

Wichtig scheinen mir hier die Erkenntnisse in Bezug auf die grundsätzliche Natur der Mutter-Säuglings-Bindung, die für das Überleben und die psychische Gesundheit des Säuglings ausschlaggebend sind.

Im folgenden Abschnitt möchte ich darstellen, daß der Säugling die Interaktion mit seiner Bezugsperson nicht nur aktiv sucht und aufgrund seiner oben genannten Fähigkeiten auf verschiedene Weise verarbeiten kann, sondern daß er auch regulatorische Fähigkeiten besitzt, die es ihm erlauben, die Beziehung mit zu beeinflussen.

Wir werden später sehen, daß auch die Eltern des Säuglings für den Kontakt mit dem Neugeborenen in Form von intuitiven Kompetenzen ausgestattet sind. (Kap. 3.4)

3.3 Integrative und selbstregulatorische Fähigkeiten des Säuglings

Der Säugling hat die Fähigkeit, seine eigenen Erregungszustände zu regulieren. Er sucht, wie bereits betont, nach Reizen und Stimmulierung und kann diese in ihrem direkten Einfluß auf sich selbst modulieren.

Am Beispiel des Blickkontakts mit einer Bezugsperson läßt sich ein wesentlicher Modus der Beziehungsregulierung darstellen.

Wenn der Blickkontakt etabliert ist, entsteht zwischen Säugling und Bezugsperson ein dyadisches Muster wechselseitigen Anblickens. Die Initiative für Hin- und Wegschauen geht hier oft vom Kind aus (Stern, 1974). Die Kontrolle des Blicks macht es möglich, den interaktionellen Input und den damit verbundenen Affekt zu regulieren, so daß er auf einem als optimal empfundenen Niveau gehalten werden kann. Das Blickverhalten ist eine der ersten Modalitäten, in der der Säugling selbstregulatorische Fähigkeiten erproben kann. Dadurch ist es ihm möglich, seine eigene Affektlage zu beeinflussen. Die selbstregulatorischen Fähigkeiten beginnen nach Sander mit der Geburt (Sander, 1977).

Sie sind neben dem Blickkontakt auch in anderen wechselseitigen Verhaltensweisen wie Vokalisation, Berührung, und Imitation zu beobachten. Beim wechselseitigen Blickkontakt kann der Säugling die Aufnahme von Interaktionsangeboten durch Hin- beziehungsweise Weggucken regulieren. Außerdem signalisiert er dadurch gleichzeitig ein bestimmtes Bedürfnis, kann also auch das Verhalten des Gegenübers beeinflussen. Man spricht auch von ersten Copingmechanismen, mit dessen Hilfe der Säugling einer Reizüberflutung entkommen kann (Brazelton et al., 1974).

Der Säugling zieht sich zum Beispiel zusammen und wendet sich ab; versucht mit Händen und Füßen das Unangenehme wegzutreten; guckt in die Leere oder schläft ein; fängt an zu wimmern oder zu schreien.

Selbstregulatorische Fähigkeiten erlauben dem Säugling, aktiv die Intensität der Beziehung zum Gegenüber und der damit einhergehenden Affekte zu einem gewissen Grad zu beeinflussen. Durch seine ersten Copingmechanismen reguliert er den interaktionellen Input und drückt damit auch seine Bedürfnisse in Bezug auf die Interaktion mit der Bezugsperson aus.

Selbstregulatorische Fähigkeiten sind eine von zwei Voraussetzungen, die M. Papousek (1997, S.10) nennt, damit der Säugling einen aktiven Bezug zu Dingen und Personen seiner Umwelt aufnehmen kann:

1.) Die Ausreifung seiner basalen selbstregulatorischen Fähigkeiten in Bezug auf affektive Erregungssteuerung, gezielte Aufmerksamkeit, reibungslose Nahrungsaufnahme und Schlaf-Wach-Regulation.
2.) Erfahrungen mit einer responsiven, zu kontingenten Reaktionen bereiten Umwelt. Die Entfaltung der kindlichen Fähigkeiten ist auf den kommunikativen Austausch mit einer artspezifisch angepaßten Umwelt angewiesen.

Nach Papousek sind die selbstregulatorischen Fähigkeiten demnach nur eine von zwei Voraussetzungen für den aktiven Kontakt des Säuglings zu seiner Umwelt und somit auch zu seinen Bezugspersonen. Es ist für eine gelungene Interaktion charakteristisch, daß es eine große Abgestimmtheit und ein Zusammenpassen der Verhaltensweisen gibt.

Die Interaktion zwischen Säugling und Bezugsperson läßt sich als einen zyklischen Charakter der Aufmerksamkeit und der sie begleitenden Affekte beschreiben (Dornes, 1994, S.64 ). Manchmal geht die Initiative von der Mutter aus und das Kind folgt, in anderen Phasen initiiert das Kind die Interaktion und die Mutter folgt, indem sie ihre Verhaltensweisen in Gesichtsausdruck, Ton und Rhythmus dem Kind anpaßt. Die Interaktion wirkt flüssig oder harmonisch wie ein "Tanz" (Downing, 1996, S.147). Diese Struktur des frühen Dialoges wird in der Literatur häufig mit Responsivität oder Mutualität beschrieben.

Wäre es möglich, daß das exzessive Schreien einsetzt, wenn der Säugling nicht fähig ist, seine selbstregulatorischen Fähigkeiten auszuführen?

Vielleicht wird im Kontakt mit der Bezugsperson seine Affektregulation behindert oder vereitelt?

Oder hat der Säugling nicht die ausreichenden biologischen Grundvoraussetzungen dafür?

Diese Fragen können hier nicht beantwortet werden, stellen aber meiner Meinung nach mögliche Mitursachen für eine Schreisymptomatik dar.

Zusammenfassung

Wir haben bisher gesehen, daß das Neugeborene mit Fähigkeiten ausgestattet ist, die die Interaktion mit einer Bezugsperson ermöglichen. Der Säugling hat die biologischen Grundvoraussetzungen, um sozialen Kontakt einzugehen und ist darauf für seine psychische Gesundheit angewiesen. Des Weiteren wurde deutlich, daß der Säugling den Kontakt zum Gegenüber aktiv sucht und angeborene Verhaltensweisen besitzt, die ihm eine Beziehungsregulierung ermöglichen.

Im Folgenden werde ich mich vermehrt der Diskussion der Bezugspersonen zuwenden. Hier wird deutlich, daß es auch auf seiten der Bezugspersonen intuitive Kompetenzen gibt, die auf eine biologische Abgestimmtheit in Bezug auf das Neugeborene hinweisen.

3.4 Die Bezugspersonen und ihre intuitiven Kompetenzen in der vorsprachlichen Kommunikation

Mit Hilfe von Verhaltensbeobachtungen und Mikroanalyse der frühen Kommunikation hat man intuitive elterliche Kompetenzen entdeckt, die die selbstregulatorischen Fähigkeiten des Säuglings unterstützen. Die intuitiven Kompetenzen von Bezugspersonen erleichtern und fördern kompensatorisch die integrative und kommunikative Entwicklung des Säuglings. (Papousek, 1995, S.6)

Es sind Verhaltensmuster, die ohne bewußte Kontrolle gesteuert und ausgeübt werden und universell angelegt sind. Das heißt, sie sind nicht auf die leibliche Mutter oder unsere Kultur beschränkt, sondern werden trotz kulturell unterschiedlicher Traditionen und Erziehungsvorstellungen weltweit in der Kommunikation mit Säuglingen praktiziert.

Im Folgenden werde ich einige Beispiele aus dem intuitiven Verhaltensrepertoire nennen. (Papousek spricht verwirrender Weise immer wieder von elterlichen intuitiven Verhaltensweisen, obwohl gleichzeitig die Universalität des Verhaltens betont wird. Siehe Papousek, 1995, S.6-9)

Typischerweise antworten Menschen generell mit einer Latenz von 200-600ms kontingent auf kindliche Signale. Diese intuitiven Verhaltensformen sind auf die Grenzen und Kompetenzen des Säuglings abgestimmt. Sie werden durch Aussehen und Signale des Kindes ausgelöst und gesteuert, die über seine Aufnahme- und Interaktionsbereitschaft informieren.

Häufig erwähnt sind die Beruhigungsformen eines schreienden Säuglings. Die Eltern nehmen den Säugling in vertikaler Körperhaltung auf den Arm, lehnen seinen Oberkörper an die Schulter, sprechen mit sanfter beruhigender Stimme, fallender Melodik und langsamen Tempo. Sie streicheln oder beklopfen den Rücken des Babys rhythmisch, lassen es leicht vibrieren und tragen es herum. Andere rhythmische Stimulationsformen wirken gleichzeitig über den Berührungssinn, vestibuläre Stimulation und den Bewegungssinn. In der Regel beruhigen sich schreiende Säuglinge schnell. Die Bezugspersonen erleichtern durch ihr Verhalten den Übergang zu erholsamem Schlaf oder zu einem aufmerksamen Wachzustand mit erhöhter Interaktionsbereitschaft.

Auch jenseits vom Schreien verfügen Bezugspersonen über ein großes Repertoire von an- und aufregenden sowie entspannenden Stimulationsformen. Durch Steigerung oder Abschwächung ihrer Anregungsintensität tragen sie dazu bei, das kindliche Erregungsniveau und seine Befindlichkeit zu modulieren und über möglichst lange Zeit auf optimalem Niveau im Gleichgewicht zu halten (siehe Kap.5.2.3.1; 5.2.3.9). Dabei stimmen sich die Bezugspersonen immerzu auf die Rückkopplungssignale des Säuglings, wie Händchensprache, Laute, Atmung, Blickverhalten und ähnliches ab. Erregungs- und aufmerksamkeitssteigernd wirken am Körper aufsteigende Berührungsreize mit den Fingerspitzen in kurzem stakkatoartigen Rhythmus, ebenso wie ansteigende Sprachmelodien in hoher Stimmlage und stakkatoartiger Dynamik. Sie regen den Säugling zur aktiven Teilnahme am Dialog an. (Papousek, 1995, S.7)

Dagegen wirken am Körper herabgleitende Berührungen mit der Handfläche ebenso wie fallende niederfrequente Sprechmelodien in langsamerem Tempo erregungsdämpfend.

Kompensatorische Unterstützung und Hilfe geben die Bezugspersonen dem Baby auch beim Erreichen von Blickkontakt. Dieser dient in der menschlichen Kommunikation zur Vermittlung mimischer Signale und ist zum Lippenlesen beim Spracherwerb von zentraler Bedeutung (siehe Kap.5.2.3.7).

Das Repertoire an intuitiven Verhaltensweisen von Bezugspersonen umfaßt weitaus mehr als die hier genannten Beispiele und tritt in allen Situationen der vorsprachlichen Kommunikation mit dem Säugling auf.

Es kompensiert die anfängliche Unreife des Säuglings und unterstützt seine postnatalen Regulations- und Anpassungsprozesse. Dadurch wird ihm der Übergang zu Schlaf- oder zu guten Wachphasen erleichtert. Der Säugling ist in den Wachphasen aufnahme- und interaktionsbereit, übt Blickkontakt und lernt, seine Erfahrungen mit der Umwelt gut zu integrieren und ruhige Kommunikationsformen zu entwickeln. Die intuitiven universalen Kompetenzen der Bezugspersonen sind in ihrer Abgestimmtheit auf den Säugling entwicklungsfördernd.

Die anfänglichen Entwicklungsaufgaben der frühen Anpassung werden so gemeinsam zwischen Säugling und seiner Bezugsperson gelöst.

Dabei wirken Rückkopplungssignale wie zum Beispiel Blickzuwendung, Lächeln und wohlklingende Vokalisationen des Säuglings als Belohnung und Bestärkung der intuitiven Verhaltensweisen. Die Bezugsperson fühlt sich in ihrem Selbstwertgefühl bestärkt. Papousek nennt dies den "Kreislauf der positiven Gegenseitigkeit" (Papousek, 1997, S.13). (Siehe Abb.I, S.22)

Die vorsprachliche Kommunikation wird somit zu einer wertvollen Grundlage für den Säugling. Sie kann anfängliche Anpassungsprobleme auf seiten des Säuglings und auch auf seiten der Bezugspersonen bis zu einem gewissen Grad auffangen und bewältigen. Das Zusammenspiel von kindlicher selbstregulatorischer Kompetenz und intuitiven Verhaltensbereitschaften der Bezugspersonen ist die Quelle von Selbstheilungskräften, die vermutlich auch stärkere Belastungen kompensieren können. (Papousek, 1995, S.9)

Das bereits erwähnte entwicklungspsychopathogenetische Modell nach Papousek, das auf das Zusammenspiel von kindlicher Selbstregulation und intuitiver Kompetenz der Bezugspersonen aufbaut, berücksichtigt auch Belastungs- und Risikofaktoren, die die frühe wechselseitige Anpassung stören können (Siehe Abb. I und II, S.22-23). Hierauf möchte ich im Folgenden näher eingehen.

3.5 Belastungs- und Risikofaktoren in der frühen Eltern-Kind-Beziehung

Die Säuglings-Bezugspersonen-Beziehung wird ernsthaft belastet, wenn die oben genannten intuitiven Förderungen der Bezugspersonen in der vorsprachlichen Kommunikation versagen. Diese Kompetenzen können derart blockiert werden, daß die Bezugspersonen die Kommunikation mit dem Baby vermeiden, auch wenn es aufnahme- und interaktionsbereit wäre. Ob es zu einer derartigen Blockade kommt, hängt nach Papousek von den der Bezugsperson zur Verfügung stehenden Ressourcen ab. Dazu zählen biologische Faktoren, Anpassungs- und Lernfähigkeiten, die Persönlichkeit, das psychische Befinden, Selbstwirksamkeitserfahrungen, Repräsentationen und psychosoziale Faktoren. (Papousek, 1995, S.12)

Vor allem psychopathologische Auffälligkeiten der Mutter sowie psychosoziale Belastungen gefährden die Eltern-Kind-Beziehung. (Hofacker, Jacubeit, Malinowski, Papousek, 1996, S.165)

Dies gilt allerdings nur dann, wenn die Entgleisungen der Kommunikation nicht nach drei bis vier Monaten durch die Entwicklung des Kindes oder die Kompensation der positiven Gegenseitigkeit- also ein verändertes Verhalten insbesondere der Eltern aufgrund veränderter Rückmeldungen des Säuglings- ausgeglichen werden. Die Probleme können häufig, aber leider nicht immer auswachsen (Papousek, 1995, S.11).

Das von Papousek entwickelte entwicklungspsychopathogenetische Modell begreift Säugling und Bezugsperson als zwei sich beeinflussende Systeme, die wiederum in andere externe Systeme eingebunden sind.

Die Störungen der intuitiven Kompetenzen zeigen sich im Kontakt zum Säugling in der Vermeidung spielerischer Interaktion sowie einer Verarmung des kommunikativen Repertoires. Kindliche Signale werden ignoriert und/oder wechselhaft oder inadäquat mit verzögerter Latenz beantwortet.

Das Kind erfährt dann abgesehen von seinen primären Problemen ein zusätzliches Risiko. Es bekommt keine normale regulatorische Unterstützung mehr, was in der Folge zu Fütterungsproblemen, Schlafstörungen, verminderter Aufmerksamkeit, Erregungsteigerung und nicht zuletzt zu exzessivem Schreien führen kann. Die Vulnerabilität des Säuglings dazu hängt von biologischen Faktoren, seiner ZNS-Integrität, seinem Temperament, Reifungsprozessen, seinen selbstregulatorsichen Kompetenzen und psychosozialen Faktoren ab. (Papousek, 1995, S.12)

Die Probleme des Säuglings haben einen rückwirkenden negativen Einfluß auf die Bezugspersonen. Dadurch entsteht ein Kreislauf der "negativen Gegenseitigkeit", die entspannten Phasen der Eltern-Kind-Beziehung werden kürzer, und die dysfunktionale Kommunikation stabilisiert sich. Das System kann unter diesen Bedingungen vorübergehend oder langfristig entgleisen. Vor allem dann, wenn die Ressourcen der Bezugspersonen bereits durch primäre biologische oder psychosoziale Belastungen oder neurotische Konflikte erschöpft sind. Ein Teufelskreis kann entstehen, der im negativsten Fall zu starker Ablehnung, Vernachlässigung oder Mißhandlung führen kann. Untersuchungen von 1990 haben belegt, daß es ausgeprägte Korrelationen zwischen Problemen der Nahrungsaufnahme und Schlaf des Säuglings und kontinuierlichen Entgleisungen der nonverbalen Interaktionsfolgen mit den primären Bezugspersonen gibt. (Downing, 1996, S.148) Fortgesetzte Dysfunktionalitäten im Austausch zwischen Säugling und Bezugsperson ziehen demnach bleibende Spuren nach sich.

Die dynamisch systemische Sichtweise von Papousek läßt keine einfache Einteilung in Ursache und Auswirkungen zu. Das dynamische Gleichgewicht zwischen Säugling und Bezugsperson beeinflußt sich in seinen zahlreichen Komponenten wechselwirksam. Störungen wie exzessives Schreien sind nicht linear auf klar lokalisierte Ursachen zurückzuführen. Das von M. Papousek in der Anwendung als tragfähig erwiesene Modell ist meiner Meinung nach sehr aufschlußreich, um die Multiminensionalität des Kind-Bezugspersonen-Systems zu veranschaulichen. Meiner Ansicht nach sollte man aber auch berücksichtigen, daß das Zusammenwirken verschiedener Einflußfaktoren untereinander zusätzliche Qualitäten hervorruft, die wiederum Einfluß auf das Gesamte haben.

Exkurs: zur Relevanz von systemtheoretischen Erkentnissen für die Forschung

Ich möchte an dieser Stelle kurz anmerken, daß meiner Meinung nach in der Literatur noch zu häufig von einem linearen Ursache-Wirkungs- Zusammenhang in Bezug auf Symptombildung, wie zum Beispiel das exzessive Schreien ausgegangen wird. Man sollte nicht außer acht lassen, daß es sich bei der Säugling-Bezugsperson-Interaktion um multidimensionale dynamische Systeme handelt, die wechselwirksam aufeinander Einfluß nehmen. Das Produkt dieser unzähligen Einflußfaktoren ist nicht zu erfassen, indem man es in seine Einzelteile zu zerlegen versucht. Diese Erkenntnis macht es uns unmöglich, die Interaktion von zwei Menschen auf einzelne Ursachen vollständig zurückzuführen. Die Säuglings-Bezugspersonen-Interaktion ist so zahlreichen Aspekten und Einflüssen ausgeliefert, die sich gegenseitig bedingen und wechselwirksam sind, daß wir nicht zu einer vollständigen Analyse kommen könnten.

Der derzeitigen Forschung liegt meines Wissens nach immer noch ein deterministisches Weltbild zugrunde, demzufolge die Welt nach der kartesianischen Methode in Teilen analysiert wird und diese Teile nach Kausalgesetzen geordnet werden.

Ich möchte hiermit nicht sämtliche Forschungsarbeit in Frage stellen, sondern lediglich darauf hinweisen, daß unsere derzeitigen quantitativen und qualitativen Forschungsmethoden noch weiterentwickelt werden müssen. (siehe Capra, 1998)

4 Körperpsychotherapeutische Ansätze in der Behandlung von Schreibabys

(Ein Beitrag von Christian Werner)

In dieser Diplomarbeit liegt der Schwerpunkt auf der formativen Evaluation der Arbeit der Körperpsychotherapeutin P. Diederichs in der Schreibabyambulanz. Es ist also notwendig, ihren Kriseninterventionsansatz auch theoretisch darzustellen. Aus den Interviews, die Röseler (1999) mit Diederichs geführt hat, wird deutlich, daß körperpsychotherapeutische Aspekte einen wichtigen Stellenwert einnehmen. Deshalb werden diese im folgenden Kapitel etwas ausführlicher dargestellt. Diese Darstellung soll lediglich die therapeutischen Ansätze von Diederichs erläutern, wir werden keine Rückschlüsse aus der Videoanalyse auf theoretische Konzepte ziehen.

Ich möchte darauf hinweisen, daß es hier nicht möglich ist, die Körperpsychotherapie in allen ihren Facetten und neueren Entwicklungen darzustellen, die teilweise erhebliche Differenzen aufweisen. Daraus ergibt sich, daß hier nur ausgewählte Aspekte dargestellt werden.

Deshalb werde ich zunächst einige Grundlagen der Körperpsychotherapie anhand der Forschungen von Wilhelm Reich erläutern.

Im Anschluß werde ich in weiteren Unterkapiteln einige neuere Entwicklungen der Körperpsychotherapie darstellen. Dabei habe ich folgende Auswahlkriterien getroffen:

- Entwicklungen, die nach Ansicht von Diederichs einen Einfluß auf ihre Arbeit in der Schreibabyambulanz haben.
- Entwicklungen, die sich mit der Therapie des Schreibabysyndroms beschäftigen.
- Darstellung ausgewählter Aspekte des Arbeitskonzeptes von Diederichs.

4.1 Grundlagen der Körperpsychotherapie

Entscheidend für das Verständnis der Arbeit in einer körperpsychotherapeutisch orientierten Krisenintervention ist das Verständnis der theoretischen Grundlagen. Diese werde ich im Folgenden anhand der Forschungen des Begründers der Körperpsychotherapie Wilhelm Reich (1897 bis 1957)[6] skizzieren, ohne auf therapeutische Techniken eingehen zu können. Zunächst werde ich das Energiemodell von Reich erläutern, um danach auf sein Störungsmodell einzugehen.

4.1.1 Das Energiemodell von W. Reich

Im Rahmen dieser Diplomarbeit können nur einige wichtige Aspekte der Forschungen Reichs bezüglich der Lebensenergie “Orgon” dargestellt werden, soweit sie für das Verständnis der körperpsychotherapeutischen Behandlungsansätze nötig sind. Um Reichs Entdeckungen nachvollziehen, kritisieren und ihre Tragweite verstehen zu können, verweise ich nochmals auf die Biographien von Sharaf (1994) oder Boadella (1981).

4.1.1.1 Grundlagen der orgonotischen Sichtweise

In der Theorie von Reich – die schulmedizinische Erkenntnisse erweitern und nicht widerlegen will - entspricht der menschliche Organismus einer mit Energie gefüllten Blase.

Diese hat einen Kern, der das „hocherregbare, reaktionsfähige und mobile autonome Lebenssystem” bildet (Reich, 1976, S.474). Der Kern wird von der Peripherie umgeben, welche Reich als Plasma-Zwischenraum mit Hülle umschreibt.

Um diese Peripherie herum liegt ein Orgonenergiefeld, welches in anderen „esoterischen” Zusammenhängen als Aura bezeichnet wird. Man findet dieses Phänomen aber auch in Redewendungen wie „Du strahlst heute so” oder „Jemand hat Ausstrahlung”.

Betrachtet man nur diese Energiestruktur, gibt es zwischen unterschiedlichen Lebewesen – zum Beispiel einer Amöbe und einem Menschen – keinen Unterschied, weshalb Reich von orgonotischen Systemen spricht.

Besonders herausheben möchte ich noch den Begriff der „funktionellen Identität” (Boadella, 1981, S.231 ff), den Reich als Ausdruck für seine Forschung nach grundlegenden Gemeinsamkeiten geprägt und an einer Vielzahl von Beispielen belegt hat. Wichtig erscheint mir hier die funktionelle Identität von Körper (Soma) und Psyche.

Nach Reichs Vorstellung sind Soma und Psyche verschiedene Ausdrucksformen der gemeinsamen bioenergetischen Pulsationsprozesse. Störungen der bioenergetischen Prozesse können sich also im Körper und/oder der Psyche zeigen, wobei dies jeweils nur Symptome der zugrundeliegenden energetischen Störung sind.

4.1.1.2 Eigenschaften der Lebensenergie

Die Lebensenergie “Orgon” hat nach Reich folgende Eigenschaften:

Bewegung

Orgon ist eine Bewegung in eine Richtung. Folglich ist alles Lebendige an Bewegung gebunden. Orgon bindet sich besonders gut an Flüssigkeit oder Sauerstoff.

Pulsation

Aus der Eigenschaft der Bewegung und aus Beobachtungen an Amöben folgerte Reich, daß die Orgonenergie pulsiert (Reich, 1994, S.169 f). Die Energie bewegt sich zwischen Kern und Peripherie hin und her. Nach Reich bedeutet eine Bewegung zum Kern Kontraktion. Diese Kontraktion ist beim Menschen verbunden mit einer Erregung des sympathischen Teils des vegetativen Nervensystems und den entsprechenden Reaktionen. Auf psychischer Ebene wird Angst empfunden. Hautpotentialmessungen ergeben ein deutlich gesenktes Hautpotential in diesem Zustand.

Eine Bewegung zur Peripherie ist Expansion. Diese ist mit einer Erregung des Parasympathikus verbunden und wird als Lust empfunden. Dabei steigt auch das Hautpotential deutlich an. Außerdem strömt Flüssigkeit in die Peripherie des Körpers, welches zum Beispiel an geröteter Haut zu sehen ist.

Kontaktstreben

Eine weitere wichtige Eigenschaft der Orgonenergie ist das Streben nach Kontakt. Reich (1994, S.62 ff) konnte in verschiedenen Experimenten nachweisen, daß es bei einer Begegnung zweier Orgonenergiefelder zu einer Anziehung (“Attraktion”) und bei Kontakt zu einer wechselseitigen Erregung der Energie kommt. Überlagern sich die Energiefelder für einige Zeit, so kann es zu einem Verschmelzen der Energiesysteme zu einem Energiesystem kommen, welches besonders stark geladen ist beziehungsweise “erstrahlt” (Reich, 1994, S.62ff).

In neueren Beiträgen (Harms, 1993, S.65f) wird darauf hingewiesen, daß dieses Streben der Orgonenergie nach Kontakt auch Wesen jeder Sozialbeziehung ist. Die Intensität der Begegnungen wird dabei von der Qualität des orgonotischen Kontaktes bestimmt. Folglich strebt der Mensch nach Kontakt mit einem anderen Menschen, der ihn bioenergetisch aufladen kann, was als lustvoll empfunden wird.

Ein Säugling hat ein besonderes Bedürfnis nach energetischem Kontakt. Während der gesamten Schwangerschaft befindet er sich im Bauch der Mutter, ist also mit ihrem bioenergetischen System verschmolzen. Gerade in den ersten Monaten ist er für seine Entwicklung noch auf diese Verschmelzung und ihre Ladungsfunktion angewiesen. Besonders günstig für ein energetisches Verschmelzen von Mutter und Säugling ist das Stillen, denn hierbei sind Mutter und Säugling in einem längeren, entspannten Kontakt (siehe auch Kap. 4.4.3). Die energetische Verschmelzung scheint für die Energieregulation des Säuglings förderlich zu sein. Außerdem betont Lowen (1990, S.71), daß Stillen durch die direkte energetische Verbindung von Brüsten und Herz der natürlichste Ausdruck von Mutterliebe sei.

Orgonotisches Potentialgesetz

Nach Reich (1994, S.238 f) gibt es ein orgonotisches Potentialgesetz, welches im Gegensatz zu physikalischen Gesetzen steht. Der Fluß der Orgonenergie geschieht immer vom schwächer geladenen zum höher geladenen Energiesystem. Orgonotische Systeme tendieren folglich zu Wachstum und Ausdehnung.

Innerhalb des Energiesystems findet ein verstärkter Energiefluß zum höher geladenen Kern statt. Zwischen verschiedenen Energiesystemen basiert Wachstum auf Kontakt. Deshalb ist für den Säugling häufiger Kontakt mit Bezugspersonen wichtig für seine Entwicklung.

Reich gibt allerdings keine Antwort auf die sich daraus ergebende Frage, ob Babys energetisch höher geladen sind als ihre Mütter, damit der Energiefluß von der Mutter zum Kind gewährleistet ist.

Orgonotische Kapazität

Nach Reich (1983, S.153ff) hat jedes Energiesystem eine maximale Ladungsgrenze, die er “orgonotische Kapazität” nennt. Ist diese erreicht, gibt das System Energie ab, entweder durch Erstrahlen (Wärme), durch Bewegung oder durch unwillkürliche Zuckungen, insbesondere während des Orgasmus.

Konstitution des menschlichen Energiesystems

Für Reich (1994, S.398) gibt es in der menschlichen Entwicklung eine “Kritische Periode” zwischen der Keimanlage und dem Ende des ersten Lebensjahres. In dieser wird die “Konstitution des orgonotischen Funktionssystems” angelegt. Diese bestimmt das Ausmaß der orgonotischen Kapazität und der Pulsationsfähigkeit der Gewebe.

4.1.2 Das Störungsmodell von Reich

Ausgehend von seinen langjährigen Erfahrungen als Arzt, Psychoanalytiker, Sexualberater und Körperpsychotherapeut stellte Reich fest, daß in zivilisierten Kulturen die traumatische Störung der oben beschriebenen Energiepulsation ein Massenphänomen ist. Diese Störung wirkt sich für das Individuum in Form von physischen oder psychischen Krankheiten oder Entwicklungsblockaden aus, letztendlich wirkt sie als Massenphänomen aber auf die gesamte Gesellschaft zurück. Daraus folgt für Reich die besondere Bedeutung der Prävention.[7]

Bevor ich aber auf diese Aspekte eingehe, werde ich zunächst die Grundlagen des Störungsmodells erläutern.

4.1.2.1 Was geschieht bei einer Störung?

Reich beobachtete sowohl bei Tieren als auch bei seinen Patienten einen grundlegenden bioenergetischen Mechanismus. Unangenehme Reize wie zum Beispiel laute Geräusche lassen den Körper kontrahieren. Die Energie fließt plötzlich in den Kern, der Sympathikus wird aktiviert, der Kern stellt dem Körper die konzentrierte Energie zur Verfügung (Kampf-Flucht-Bereitschaft). Reich nannte diesen natürlichen Schutzreflex den Schreckreflex. Entscheidend ist aber, ob der Organismus nach der Störung in seine Pulsation zurück gelangt – was Reich als Selbstregulation bezeichnete – oder ob er an der Schutzhaltung festhält. Dieses Festhalten führt zu chronischen Störungen im Energiesystem und zu unterschiedlichsten Symptomen. Letztlich kommt es aber nicht auf die Symptome, sondern die Störung der Pulsation an. Verbleibt der Organismus in einer Kontraktion, nannte Reich (1987, S.224) dies “Sympathicotonie”, verharrt er in einer Expansion “Vagotonie”.

Der Säugling ist besonders in der kritischen Periode, wenn sich das menschliche Energiesystem konstituiert, besonders bedürftig, schutzlos und anfällig für Störungen. Wenn die Energie durch den Schreckreflex dem Körper zur Verfügung gestellt wird, bleiben ihm nur wenige Reaktionsmöglichkeiten. Er kann weder kämpfen noch flüchten noch kognitiv reagieren, sondern nur durch Schreien auf sich aufmerksam machen. Ähnliches gilt auch für die länger dauernde Nichtbefriedigung seiner Primärimpulse (zum Beispiel Hunger, Durst, Bedürfnis nach Körperkontakt), denn auch hier kann der Säugling nur durch Schreien reagieren. Ereignet sich ein Schreckreflex oder eine Frustration über längere Zeit, so verbleibt dem Säugling nach längerem Schreien nur noch die Resignation. Diese stellt dann eine Gewöhnung an die chronische Energiestörung dar und wird sich im Erwachsenen in entsprechenden Charakterwiderständen und Körperpanzerungen zeigen (siehe unten).

4.1.2.2 Wie zeigt sich eine Störung des Energieflusses?

Für Reich gibt es zwei Bereiche, in denen sich die Blockade der Pulsation zeigt. Ist diese chronisch, nennt er diese Blockade eine Panzerung.

Charakterpanzer

Einerseits kann man die Panzerung im Charakter feststellen. Reich nennt dies Charakterpanzer. Dieser ist eine feste Wesensart des Menschen, unabhängig vom abzuwehrenden Inhalt und zeigt sich zum Beispiel in Angst oder festgefahrenen Ideologien. Der entsprechende Begriff des Charakterwiderstandes wird auch von Psychoanalytikern anerkannt.

Körperliche Panzerung

Andererseits zeigt sich die Panzerung im Körper. Reich beobachtete besonders muskuläre Panzerungen, wie zum Beispiel ein steifes Becken oder eingeschränkte Atmung durch ein festes Zwerchfell. Er (1989, S.486 ff) stellte fest, daß der Körperpanzer bestimmte Muskel- und Organgruppen umfaßt, die er Segmente nannte. Diese ergeben eine Störung des Energieflusses und liegen immer quer zur Wirbelsäule. Reich unterschied dabei 7 Segmente: Augen, Mund, Hals, Brust (mit den Armen), Zwerchfell, Bauch und Becken (mit den Beinen).

Pulsationsstörung

Wie bereits angedeutet, kann eine Störung der Pulsation die Richtung zum Kern und/oder die Richtung zur Peripherie betreffen.

Bei der Störung der Pulsation in Richtung Kern hat der menschliche Organismus einen Mangel an energetischer Versorgung. Nach Reich (1994, S.386) kann dies zum Beispiel auf mangelndem Körperkontakt in der frühen Kindheit beruhen. Auf diese Mangelsituation reagiert der Säugling mit Schreien. Wenn die Bezugsperson das Bedürfnis nach Körperkontakt nicht erfüllt, sondern dem Säugling zum Beispiel immer nur einen Schnuller oder die Flasche in den Mund steckt, reagiert der Organismus mit Rückzug der Energie zum Kern hin. Außerdem versucht er sich zu schützen, um die Bedürfnisse – die sich in Gefühlen und Organempfindungen äußern - nicht mehr spüren zu müssen.

Dieser Schutz geschieht durch körperliche Panzerungen, die das Fühlen von Empfindungen verhindern, wobei der Säugling mangels eines voll entwickelten neuromuskulären Systems weder kämpfen noch fliehen noch muskuläre Panzerungen (siehe unten) aufbauen kann. Deshalb wird die Pulsationsfähigkeit des Plasmas eingeschränkt, indem die Energie in den Knochen und im tiefen Bindegewebe eingekapselt wird.

Als Erwachsener kann diese energetische Unterversorgung bestehen bleiben. Eventuell ist diese Person schnell erschöpft und geht oft über ihre eigenen Grenzen. Durch den chronischen Schutz geht der Kontakt zum eigenen Kern verloren, eigene Wünsche und Bedürfnisse können nicht mehr gespürt und verwirklicht werden.

Der Energiefluß zur Peripherie wird gestört, wenn das Ausgreifen zur Welt behindert wurde. Dies findet meist später statt, wenn das neuromuskuläre System des Kindes voll entwickelt ist. Grundlage für die Störung können zum Beispiel häufige Verbote beim Erkunden der Welt sein. In diesem Beispiel wird das Kind aktiv, um sich die Welt anzueignen, die Bezugspersonen verbieten aber immer wieder das Herumlaufen oder Lautsein. Das Kind reagiert mit wütendem Einfordern seiner Bedürfnisse, aber diese Wut wird auch verboten. Die Energie wird diesmal vom muskulären System zurückgehalten. Entsprechend können die Gefühle der Wut und der Bedürfnisse des in die Welt gehens unterdrückt sein. Eventuell verbirgt diese Person als Erwachsener ihre Destruktivität hinter einer permanenten Freundlichkeit, ohne dies zu spüren.

4.1.2.3 Das Schichtenmodell

Egal welche Richtung des Energieflusses gestört ist, immer werden äußere Konflikte energetisch verinnerlicht. In Bindegewebe oder Muskulatur wird Energie eingekapselt, was nach Reich chronisch bleibt. Die Selbstregulation und die Pulsationsfähigkeit werden damit eingeschränkt, ebenso die Fähigkeit, mit sich und der Welt auf einer tieferen (energetischen) Ebene in Kontakt zu gehen.

Wird ein ursprünglicher Konflikt mit der Außenwelt verinnerlicht und unbewußt, besteht im Organismus die Tendenz, einen ähnlichen Impuls später nicht mehr durchdringen zu lassen – er wird sowohl vom Charakterpanzer als auch vom Körperpanzer zurückgehalten. Die Energie dieses ursprünglichen Impulses wandelt sich um zu einem sekundären Impuls. Dabei konnte Reich feststellen, daß insbesondere liebevolle Primärimpulse wie der Wunsch nach Körperkontakt sich in destruktive Sekundärimpulse wie Aggression umwandeln. Da in unserer Gesellschaft destruktive Impulse eher unerwünscht sind, muß der Organismus auch diesen Sekundärimpuls abwehren und in sozial erwünschte Verhaltensweisen umwandeln.

Besonders tragisch ist dies aber, wenn der betroffene Mensch keinen Kontakt mehr zu seinem Kern hat, wodurch auch sein Kontakt zur Außenwelt eingeschränkt sein kann. Einsamkeitsgefühle, Beziehungsstörungen und permanente Unzufriedenheit sind einige der Symptome.

4.1.2.4 Wie geschieht die Reproduktion chronischer Panzerungen?

Reich beschreibt, daß chronische Störungen jeweils in der nächsten Generation reproduziert werden, wodurch auch die herrschende Gesellschaftsstruktur reproduziert würde. Deshalb forschte er nach einer umfassenden gesellschaftlichen Möglichkeit der Neurosenverhütung (Reich, 1987, S.149) und zeigt immer wieder die Zusammenhänge von Gesellschaftsstruktur und individueller Störung auf. Hier sollen kurz drei Überlegungen dargestellt werden:

Autoritäre Strukturen

Menschen, die die Fähigkeit zu Selbstregulation und den Kontakt zu ihrem Kern verloren haben, benötigen autoritäre Strukturen. Diese erfüllen mehrere Funktionen. Erstens verringern die Strukturen die Angst im Organismus. Zweitens bieten sie Halt und Orientierung, und drittens stellen sie einen Grund für die Einschränkung der Lebensimpulse dar. Nach Reich ist jeder Organismus mit einer chronisch eingeschränkten Pulsation (was identisch mit eingeschränkter Lebendigkeit ist) bestrebt, diesen eingeschränkten Zustand auch bei anderen zu bewirken.

Hier sei kurz angemerkt, daß Reich davon ausgeht, daß jeder energetisch eingeschränkte Mensch ängstlich reagiert, wenn er mit Personen mit frei fließender Energie zusammen ist. Dies erklärt er mit der Energiesteigerung in den blockierten Segmenten, die von einem Kontakt mit frei fließender Energie ausgelöst wird, und auf die der blockierte Körper mit Kontraktion und Angstgefühlen reagiert.

Zum Beispiel könnten Mütter, die im Brustsegment blockiert sind, beim Stillen des Säuglings durch die entstehende Ladung Angst bekommen und das Stillen beenden (was dann sicherlich anders begründet wird).

Ein weiteres Beispiel sind die unzähligen Erziehungsmethoden, die eine Einschränkung von Selbstregulation und Lebendigkeit bewirken, also strenge Einteilung der Fütterung, Ausschreienlassen, Schlagen oder Meiden von Körperkontakt.

Daraus folgt, daß gerade in der kritischen Periode der kindlichen Entwicklung die natürliche Lebendigkeit des Kindes von der Gesellschaft – vermittelt durch die jeweiligen Bezugspersonen – eingeschränkt wird.

Energetische Strukturen

Eine weitere Überlegung zum Zusammenhang zwischen Gesellschaft und individueller Störung basiert auf Reichs (1994, S.295 f) Beobachtungen, daß die Qualität des energetischen Funktionierens eines Kindes unmittelbar vom energetischen Funktionieren der Bezugspersonen abhängt.

Reich (1994, S.396) weist darauf hin, daß das Embryo als Teil des mütterlichen Uterus direkt von deren Ladungsfähigkeit betroffen ist. So ist es von entscheidender Bedeutung, ob der Uterus der Mutter orgonotisch geladen und frei pulsierend ist oder anorgonotisch und angespannt. Eventuell beruht die Vererbung des Temperaments auf diesen energetischen Mechanismen.

Auch während der Geburt ist es für Mutter und Kind von entscheidender Bedeutung, wie kontrahiert Becken und Atmung der Mutter sind, da diese Kontraktionen die Geburt erschweren.

Vegetative Identifikation

In diesem Zusammenhang kommt auch Reichs (1983b, S.59f) Entdeckung der “vegetativen Identifikation” eine besondere Bedeutung zu. Mit diesem Begriff umschreibt er ein Phänomen, das auch als therapeutisches Werkzeug genutzt wird. Während eines energetischen Kontaktes lassen sich subjektiv im eigenen Körper die spezifisch energetischen Vorgänge und Blockaden der Energie im Körper des Anderen wahrnehmen. Voraussetzung ist aber, daß der Wahrnehmende nicht ähnliche Blockaden hat.

Für einen Säugling, der relativ frei von Blockaden ist, könnte dies aber bedeuten, daß er zum Beispiel Verspannungen seiner Bezugsperson am eigenen Körper wahrnimmt. Auf seine Reaktion (zum Beispiel ein Weinen) kann die Bezugsperson natürlich nicht adäquat reagieren, da ihr diese Verspannungen nicht bewußt sind, oder sie keinen Zusammenhang sieht. Bei chronischen Blockaden der Bezugsperson bleibt dem Säugling nichts anderes übrig, als die entsprechenden Blockaden auch zu entwickeln, um sie nicht ständig spüren zu müssen. So werden Blockaden im Energiefluß für alle Beteiligten unbewußt reproduziert, auch wenn sich die Bezugspersonen besondere Mühe geben, mit ihrem Kind alles richtig und anders machen zu wollen.

4.2 Sanfte Bioenergetik nach Eva Reich

Aus dem Interview von Röseler mit Diederichs wird deutlich, daß ihr persönlicher Kontakt zu Eva Reich einen wichtigen Einfluß auf die therapeutische Arbeit insbesondere in der Schreibabyambulanz hat. Deshalb wird die Arbeit Eva Reichs hier ausführlich dargestellt. Dabei beziehe ich mich im folgenden auf ihr einziges Buch (Reich & Zornanszky, 1997).

4.2.1 Entwicklungsgeschichte der Sanften Bioenergetik

E. Reich hat sich als Ärztin und Assistentin ihres Vaters im Orgonomic Infant Research Center intensiv mit der Behandlung und besonders der Prävention früher Störungen sowohl bei Babys als auch bei Erwachsenen beschäftigt, wobei sie durch die sanfte Vegetotherapie beeinflußt ist.

Eine wichtige Aufgabe sieht sie darin, die Weitergabe der Störungen von den Erwachsenen auf die Kinder zu verhindern, was sie auch als “Vermenschlichung des Menschen von der Empfängnis an” bezeichnet (1997, S.14). Dabei ist E. Reich (1997, S.39) optimistisch, daß Eltern die Kette der Weitergabe von Verletzungen unterbrechen können, auch wenn sie selber noch unter diesen leiden. Um entstandene Verletzungen möglichst schnell wieder heilen zu können, entwickelte sie die Methode der “Sanften Bioenergetik”.

Zusammenfassend soll noch betont werden, daß E. Reich schon in den 50er Jahren auf heute weitgehend akzeptierte Einflußfaktoren für die Entwicklung von Säuglingen hingewiesen hat. Beispielhaft seien hier genannt:

- die Bedeutung der angstfreien Schwangerschaft und der Erwünschtheit des Kindes
- die natürliche, sanfte und selbstbestimmte Geburt, bei der Mutter und Kind sofort Hautkontakt aufnehmen können
- die Bedeutung des energetischen Kontaktes beim Stillen
- die Bedeutung des dauernden Feldkontaktes zwischen Mutter und Säugling in den ersten Monaten
- die Bedeutung, die Selbstregulation des Säuglings zu unterstützen

4.2.2 Grundprinzipien der Sanften Bioenergetik

Ausgehend von dem Energiebegriff und dem Störungsmodell von Wilhelm Reich betont E. Reich (1997, S.40), daß Gefühle fließende Lebensenergie sind. Körperliche und seelische Gesundheit sind demnach durch ausbalancierte und flexible Lebensenergie gekennzeichnet.

E. Reich geht auch davon aus, daß sämtliche Ereignisse eines Menschenlebens in seinem Körper gespeichert sind. Bei Erwachsenen können diese durch die Körperarbeit wiedererlebt und auch verbal integriert werden. Sie betont, daß die ersten Erfahrungen eines Menschen besonderen Einfluß auf sein aktuelles Befinden als Erwachsener haben. Die Sanfte Bioenergetik bietet einen Zugang zu frühen Traumata.

Da in der Arbeit von E. Reich die Neurosenverhütung eine besondere Bedetung hat, hat sie für die Arbeit mit Säuglingen die Schmetterlingsmassage entwickelt, die nur sanfte streichelnde, schüttelnde und kreisende Berührungen an bestimmten Körperstellen beinhaltet.[8] Wichtiges Prinzip bei der Schmetterlingsmassage ist die Arbeit an den Segmenten von oben nach unten beziehungsweise von der Körpermitte zur Seite.

Aus klinischen Beobachtungen von E. Reich wird deutlich, daß Säuglinge als Symptome einer frühen Panzerungen entweder sehr still oder sehr wütend werden. Die Schmetterlingsmassage wirkt relativ schnell auf beide Typen von Blockierungen und normalisiert den Zustand der Babys.

In der Sanften Bioenergetik ist entscheidend, immer nach dem Minimum-Stimulus-Prinzip (was sie auch Auster-Prinzip nennt) zu arbeiten (E.Reich, 1997, S.54). Dieses besagt, daß sich der Organismus bei sanften Berührungen öffnet, bei starken Berührungen oder Druck auf eventuelle Panzerungen aber verschließt und durch verstärkte Panzerung schützt. Folglich darf die Berührung nur sanft sein, um die Panzerungen zu “schmelzen”. Sobald das Baby – oder ein erwachsener Klient - den Atem anhält oder unruhig wird, ist die Frustrationsgrenze überschritten und die Massage muß an einer anderen Körperstelle sanfter fortgesetzt oder ganz beendet werden.

Die Schmerz- und auch die Ladungsgrenze eines Klienten darf nie erreicht werden.

Hier wird deutlich, wie Eva Reich das Prinzip der Selbstregulation auf die Therapie überträgt, denn Selbstregulation ist Grundlage und Ziel der sanften Bioenergetik.

Ziel ist es also, die Energie von Kopf bis Fuß zum Fließen zu bringen und die natürliche Pulsation wiederzubeleben. Dies spiegelt sich im Flow-Glow-Prinzip von E. Reich (1997, S.56) wieder, wonach sich das Bewegen der Energie im Innern (Flow) durch eine Erwärmung des Körpers (Glow) ausdrückt.

4.3 Das Konzept der Emotionalen Ersten Hilfe nach Thomas Harms

Die Emotionale Erste Hilfe wurde von Thomas Harms in Berlin gegründet und sie ist der Vorläufer der Schreibabyambulanz.

Harms (1999) hat auf der Basis der Erkenntnisse von W. und E. Reich sowie W. Davis eine spezifische Form der klinischen Arbeit mit postnatalen Krisen entwickelt und diese auch theoretisch formuliert. Aufgrund dieser Tatsache und der Aussage von Diederichs, daß Harms einen Einfluß auf ihre Arbeit hat, erfolgt nun eine ausführlichere Darstellung.

4.3.1 Die Bedeutung des Instroke für die Säuglingsentwicklung

Auf der Grundlage seiner langjährigen Erfahrungen und der Forschungen von Davis geht Harms (1999) davon aus, daß allen Störungen der bioenergetischen Grundfunktionen bei Babys eine Blockierung des Instroke zugrunde liegt.

Davis (1993, S.9) bezeichnet in seinem Pulsationsmodell den Energiefluß nach innen als “Instroke” oder “Eindruck”, während der Fluß nach außen “Outstroke” oder “Ausdruck” genannt wird. Im Gegensatz zu Reich sind beide Richtungen wichtig und gleichbedeutend. Im gesunden Organismus bedeutet der Instroke nicht Kontraktion, sondern Fokussieren, Sammeln, Konzentrieren oder auch Zentrieren. Der Outstroke ist auch für Davis eine Expansion, ein Hinbewegen zur Welt.

4.3.1.1 Die Funktion des Instroke

Ein Baby befindet sich oft im Instroke, das heißt die Energie sammelt und verdichtet sich während das Baby schläft oder döst.

Für das Verständnis der Bedeutung einer ungestörten Instrokepulsation weist Harms auf einige zentrale Funktionen dieses Prozesses hin:

Der Instroke ist die funktionelle Grundlage aller Aufnahmeprozesse des Körpers. Die Aufnahme – zum Beispiel von Nahrung, Information und Sinnesreizen – bestimmt das Leben der Säuglinge.

Ist diese Aufnahmefähigkeit gestört, zeigen die Säuglinge weniger Interesse an ihrer Umwelt und ihre Aufnahmekapazität ist verringert. Dadurch sind sie schnell überstimuliert, was eventuell Annahmen anderer Theorien von “schwierigem Temperament” erklären könnte (siehe dazu auch Kap. 2.6.2).

Hier soll nochmals auf die besondere Bedeutung des Stillens hingewiesen werden, welches neben der Aufnahme von Nahrung auch ein energetisch-zentrierendes Aufnehmen enthält, wenn es zu dem oben beschriebenen energetischen Überlagerungs-Kontakt kommt.

Der Instroke führt durch seine Energieverdichtung zu einem Strukturaufbau beziehungsweise zu Wachstum.

Gerade die ersten Monate (die kritische Periode nach Reich) sind von besonderen Wachstumsprozessen auf physischer, psychischer, energetischer und kognitiver Ebene geprägt. Bei traumatisierten Babys – unabhängig davon, ob sie mit Rückzug oder Schreien reagieren – zeigt sich ein verminderter Wachstumsprozeß, der besonders in einem “substanzlosen” körperlichen Zustand ähnlich einer Mangelernährung sichtbar wird (Harms, 1999, S.7).

Der Instroke ist für die Regeneration unabdingbar.

Säuglinge regenerieren sich einen großen Teil des Tages im Schlaf, der nach Harms eine Variation des Instrokes ist. Traumatisierte Babys haben dagegen ein gestörtes Schlafverhalten, welches sich in Einschlafproblemen und mangelnden Tiefschlafphasen äußert. Dadurch sind sie schneller erschöpft und reizbarer. Auch diesen Symptomen liegt nach Harms eine Störung des Instroke zugrunde.

Der Instroke führt zur Anziehung anderer Menschen.

Durch die Einwärtsbewegung der Energie zum Kern des Organismus entsteht eine anziehende Wirkung auf das energetische Umfeld, wodurch sich Menschen in der Nähe eines zentrierten, in sich ruhenden Säuglings “wie magnetisch angezogen” fühlen (Harms, 1999, S.8). Für den Säugling ist dies überlebenswichtig, denn es stärkt die Bindung zu seinen Bezugspersonen. Leider verlieren gerade die traumatisierten Säuglinge diese Anziehungskraft, wodurch sie noch weniger der für sie besonders wichtigen Bindungsangebote erhalten.

4.3.1.2 Wie entsteht eine Instroke-Störung?

Wie bereits bei der Erläuterung des Schreckreflexes angedeutet, reagiert ein Säugling in einer unlustvollen oder schmerzhaften Situation zunächst durch Kontraktion und Schreien, sowie Mimik und Gestik des Körpers. Reagieren die Eltern prompt und adäquat, entspannt sich der Säugling, und die Kontraktion löst sich wieder (Selbstregulation). Ändert sich an der unlustvollen Situation des Säuglings über längere Zeit nichts oder wiederholt sich diese häufig, verbleibt er in der Kontraktion und es entsteht eine Blockierung. Diese kann den Energiefluß nach innen bis zum Kern und damit einen tiefen inneren Kontakt sowie ein Zentrieren verhindern und die Energie verfrüht nach außen ablenken. Davis (1993, S.10) nennt dies ein “Festhalten an der Nicht-Erfahrung”.

Aus dieser Situation können sich weitreichende Folgen für die Entwicklung des Säuglings ergeben, die teilweise als diagnostische Kriterien herangezogen werden können (Harms, 1999, S.10 ff):

- Die Selbstregulationsfähigkeit ist eingeschränkt.
- Die Säuglinge sind angespannt und unruhig, sie können sich dem Instroke beziehungsweise der Entspannung nur kurz hingeben.
- Die körperliche Einheit wirkt zersplittert, was sich an unkoordinierten und abrupten Bewegungen erkennen läßt. Bei besonders schweren Traumatisierungen mit starken Blockierungen im Zwerchfellsegment kann man eine unabhängige Bewegung von Ober- und Unterkörper beobachten, wobei die Babys zum Beispiel wild mit den Armen strampeln, während Becken und Beine still daliegen.
- Erfahrene Therapeuten können eine Verlagerung des energetischen Zentrums vom Bauch in den Brust- oder Kopfbereich feststellen.
- Die Fähigkeit zur Hingabe wird eingeschränkt. Der Säugling kann sich zum Beispiel beim Kontakt mit den Eltern nicht fallenlassen und entspannen oder anschmiegen, da er sich zu früh “selber halten mußte” (Harms, 1999, S.12). Die Eltern spüren dies und vermissen oft ein Gefühl von tiefer Nähe.
- Wie bereits angedeutet erscheinen die Säuglinge substanzlos, sie verlieren ihr Babyfett. Bei Extremtraumatisierungen kann das Bindegewebe dehydrieren.
- Durch die verminderte Aufnahmefähigkeit kommt es zur schnellen Überstimulation. Besondere Bedeutung fällt hier dem Augenkontakt zu. Der ungepanzerte Säugling hat “Tiefe und Weisheit” (Harms, 1999, S.14) in seinen Augen, während ein gepanzerter Säugling den Augenkontakt wegen der damit verbundenen energetischen Stimulierung vermeidet. Weiterhin verringert sich Neugier dieser Kinder auf ihre Umwelt.
- Ähnliches gilt für den Hautkontakt und Berührungen. Diese führen schnell zur energetischen Überstimulation, die vom Säugling unlustvoll erlebt wird, obwohl sein Organismus normalerweise darauf angewiesen ist. Teilweise ist dieses Phänomen auf bestimmte Körperstellen beschränkt.

In der therapeutischen Arbeit mit traumatisierten Säuglingen zeigt sich erstaunlich rasch eine Veränderung dieser teilweise gravierenden Symptome, wenn sich die Blockade löst und der Energiefluß wieder pulsiert. Deshalb stellen die dargestellten Symptome auch eine wichtige Kontrolle für den Erfolg der Behandlung dar.

4.3.2 Energetische Grundlagen der Mutter-Kind-Beziehung

Instroke-Blockierungen und Störungen der Mutter-Kind-Beziehungen stellen zwei Seiten eines einheitlichen Geschehens dar. Wie läßt sich dies erklären?

4.3.2.1 Der Zusammenhang zwischen Instroke-Blockierung und Mutter-Kind-Beziehung

Befinden sich Mutter und Kind in einem energetischen Kontakt, versteht die Mutter die Wünsche des Kindes intuitiv und kann seine Ausdruckssprache nachempfinden und übersetzen.

Besteht dieser Kontakt nicht, erscheinen Mutter und Säugling einander fremd. Die Pflegehandlungen scheinen anstrengend und vom Intellekt geleitet, oft weiß die Mutter nicht, warum das Kind schreit.

Der Säugling ist auf diesen energetischen Kontakt aber existentiell angewiesen, so daß jeder Kontaktabbruch als bedrohlich empfunden wird. Mangels Bewältigungsmöglichkeiten reagiert das Kind mit Kontraktion, wenn der Kontakt über längere Zeit nicht wiederhergestellt wird. Nach Harms (1999) gibt es keine chronische Kontraktion beim Säugling, ohne daß der Feldkontakt zwischen Mutter und Kind nicht für längere Zeit abgebrochen ist.

Harms (1999, S.22) führt folgende Gründe für einen Kontaktabbruch an, wobei den Eltern meist nur äußere Faktoren bewußt sind:

Innere Faktoren

- Probleme während der Schwangerschaft und die Erwünschtheit des Kindes
- Panzerungen bei der Mutter / Vater, so daß sie selber keinen Kontakt zulassen können

Äußere Faktoren

- Routinemäßige oder medizinisch notwendige Trennung von Mutter und Kind in der Klinik, insbesondere während der sensibelsten Phase der Kontaktaufnahme direkt nach der Geburt
- Sozioökonomische Situation der Mutter, zum Beispiel indem die Mutter kurz nach der Geburt wieder arbeiten muß
- Partnerschaft der Eltern, Einbindung in ein soziales oder familiäres Netz

Liegt ein Kontaktabbruch von gewisser Dauer vor, verhindert die Instrokeblockierung des Säuglings mittels der oben angeführten Symptome eine erneute Kontaktaufnahme. Der Organismus des Säuglings ist allerdings noch nicht chronisch blockiert und findet innerhalb eines stabilen und warmen Feldes (der Mutter) schnell wieder zu seiner natürlichen Pulsation und Selbstregulation zurück. Fehlt dagegen auch den Eltern der Kontakt zu ihrem Kern, führt diese meist chronische Instrokeblockierung schnell zu einer postnatalen Krise.

4.3.2.2 Die postnatale Krise

Postnatale Krisen treten dann auf, wenn sowohl Mutter als auch Säugling in eine Instroke-Blockierung geraten, was immer mit einem Abbruch des orgonotischen Kontaktes zwischen beiden einhergeht (Harms, 1999, S.24).

Die Mutter reagiert auf das Schreien des Säuglings häufig mit Kontraktion und Angst, wodurch ihre Fähigkeit zur intuitiven Kommunikation verloren geht. Ihr emotionaler Rückzug, der Kontaktabbruch zum Kind und das verzweifelte Schreien des Säuglings bedingen sich gegenseitig. Beide geraten außer sich (also in eine Instroke-Blockierung), und die Mutter reagiert gewöhnlich mit Agieren: Herumlaufen, häufig wechselnde Interaktionsangebote, innere Unruhe oder Wut. Die Mutter bewegt sich hektisch und atemlos, sie neigt zur Überstimulation des Säuglings, so daß beide sich gegenseitig hindern, zur Ruhe zu kommen.

Das Kind hat die – gerade in dieser Situation nötige – sichere Basis verloren und reagiert oft mit Panik. Darauf reagiert die Mutter wiederum mit Agieren, wobei dieser Kreislauf sich bis zu destruktiven Entladungen steigern kann (zum Beispiel heftiges Schütteln des Kindes, Mordphantasien). Hier sehe ich eine Parallele zu dem von Papousek (siehe Kapitel 3.5) beschriebenen “Kreislauf der negativen Gegenseitigkeit”.

Erschwert wird die Situation durch die Tatsache, daß die unzentrierte Mutter einen Verlust ihrer Grenzen erlebt. Damit kann sie sich nicht mehr von den Reaktionen des Säuglings abgrenzen, so daß sein Schreien sie extremer quält und bedrängt als üblich.

Aus der Darstellung zur postnatalen Krise ergeben sich die grundlegenden Anforderungen an die Arbeit in der Emotionalen Ersten Hilfe. Der Therapeut verhilft sowohl der Mutter als auch dem Säugling zu einer Lösung der Blockaden, wodurch eine spontane Pulsation und ein Energiefluß nach Innen (Instroke) möglich werden. Dies wirkt sich auf alle physischen, psychischen und emotionalen Bereiche von Säugling, Eltern und der Eltern-Kind-Beziehung aus.

4.4 Die Biodynamische Psychologie

Im folgenden Kapitel werde ich einige theoretische Grundlagen der biodynamischen Psychologie nach Gerda Boysen darstellen. Aus dem Interview mit Diederichs wird deutlich, daß sie die biodynamische Massage verwendet.

4.4.1 Grundlagen

Gerda Boysen hat die Physiotherapie und die Psychologie verbunden und damit die Theorie der Psychoperistaltik entwickelt. Sie (1987, S.8 f) beschreibt, daß die biodynamische Massage die Bauchatmung freisetzt und auf diese Weise eine Entspannung bewirkt. Diese Entspannung kann so tief gehen, daß unterschwellige, unterdrückte emotionale Muster reaktiviert werden.

Nach Boysen (1987, S.13 ff) befindet sich der Körper vieler Patienten in einem “Schreckreflex-Muster”.[9]

Dieses wird durch die Massage gelöst und kann bewußt werden. Der Klient spürt danach eine tiefe Entspannung und ein angenehmes Strömen im Körper. Die Massage folgt immer der Richtung vom Kopf zu den Füßen und von der Körpermitte zur Peripherie. Während der Massage werden die Darmgeräusche über ein Stethoskop abgehört, woraus Rückschlüsse auf die körperlich-energetische Reaktion während der Massage gezogen werden können.

4.4.2 Die Bedeutung der Peristaltik

Boysen (1987, S.43 ff) stellte im Laufe ihrer Forschungen fest, daß der Darm eine besondere Rolle bei der Entladung von Spannungen hat. Untersuchungen des Darmtraktes haben ergeben, daß es zwei Stimuli für die Darmtätigkeit gibt: Einerseits den Verdauungsinhalt und andererseits die überschüssige Körperflüssigkeit in den Darmwänden.

Basierend auf den Forschungen von W. Reich vermutet Boysen, daß dieser zweite Stimulus, den sie Schwellungsdruck nennt, mit inneren nervösen Spannungen in Verbindung steht und die direkte Ursache dieser Spannungen ist.

Boysen (1987, S.47) hat beobachtet, daß vermehrte Körperflüssigkeit im Gewebe zu einem Überdruck und zu Störungen führt. Damit stehen nervöse Symptome mit der Menge der im Organismus befindlichen Körperflüssigkeit und deren Druck in Verbindung.

Indem Boysen die Darmgeräusche mit einem Stethoskop abhört, kann sie die Reaktionen des autonomen Nervensystems verfolgen. Dabei zeigt sich, daß die Lösung einer peripheren Spannung, zum Beispiel eines verspannten Nackens, meist zu einer Öffnung der Darmperistaltik führt. Diese setzt sich auch nach der Massage fort, anscheinend ist eine interne Selbstregulation reaktiviert worden.

Nach Boysen (1987, S.52) führt der Schreckreflex zu einer Kontraktion der Gedärme. Folglich dient er dazu, den Darm am Entladen der Flüssigkeit und darin gespeicherten Energie zu hindern, da diese Energie dem Körper in der Schrecksituation zur Verfügung stehen muß. Dieses Phänomen nennt sie “Verschlußprinzip” (Boysen, 1987, S.52). Bleibt der Körper eines Patienten aber in chronischem Schreckreflex, so wird auch das Verschlußsystem chronisch aktiviert und der Körper kann überschüssige Flüssigkeit nicht abbauen, was zu den nervösen Symptomen führt.

Boysen (1987, S.53) konnte diese Tendenz zum abdominalen Verschluß in besonderem Ausmaß in den Monaten nach der Geburt beobachten. Dies deutet sie als eine psychoperistaltische Reaktion des Kindes auf eine disharmonische Umgebung. Folglich können die Drei-Monats-Koliken der Babys ein Anzeichen für Streß sein, und neben der Veränderung der Umgebung ist es notwendig, die Entladung über den Darm wieder zu öffnen.

4.4.3 Die Bedeutung des Stillens

Mona-Lisa Boysen (1981, S.75 f) hat durch Beobachtung von Säuglingen während des Stillens herausgefunden, daß das Stillen in natürlichen Zyklen verläuft, wenn die Säuglinge nicht unterbrochen werden. Nachdem der Säugling für etwa 20 bis 30 Minuten getrunken oder nur saugende Mundbewegungen an der Brust gemacht hat, beginnen rapid eye movements (REM), obwohl der Säugling wach ist.

Teilweise dreht er die Augen nach oben, so daß nur noch das Weiß zu sehen ist. Dieser Zustand steht in Verbindung mit einer Aktivierung der alpha-Gehirnwellen und ist ein Anzeichen für eine tiefe Trance. Teilweise vibrieren Lippen und Zunge, was M.-L. Boysen (1981, S.89) mit einer Aktivierung der beta-Gehirnwellen in Verbindung bringt. Das Gesicht des Säuglings sieht dabei friedlich aus und zeigt Züge eines seeligen Lächelns. Nach einiger Zeit trinkt der Säugling dann weiter. Dieser eine Zyklus kann bis zu einer Stunde dauern.

M.-L. Boysen (1981, S. 80) betont ausdrücklich, daß der Säugling insbesondere während der REM-Phasen und der alpha-Trance nicht gestört werden darf..

Die aus der Schlafforschung abgeleitete Bedeutung der REM-Phasen liegt in der Verarbeitung der vielen Eindrücke des Säuglings.

Die meditationsähnliche Trance mit Alpha-Gehirnwellen hat einen besonderen Einfluß auf das mentale und emotionale Gleichgewicht. Nach M.-L. Boysen (1981, S. 81 f) treten alpha-Gehirnwellen nur in tiefer Entspannung auf und stehen in Zusammenhang zu den nach oben gedrehten Augen. Sie treten dagegen nicht bei kognitiver oder körperlicher Arbeit sowie Hunger, Frustration oder visuellen Reizen auf.

Für die Gesundheit des Säuglings sind sowohl REM-Phasen als auch alpha-Gehirnwellen außerordentlich wichtig (Boysen, 1981, S.84). Etwa ab der dritten Woche nach der Geburt können diese alpha-Zustände durch Unterbrechungen des Stillens durch die Mutter verhindert werden, so daß der Säugling ab dieser Zeit auf eine entsprechende Stillpraxis – also ausreichende Zeit zum ungestörten Saugen und Entspannen – angewiesen ist. Andernfalls reagiert er mit Unzufriedenheit und vermehrtem Schreien nach dem Stillen (Boysen, 1981, S.90 f).

Eventuell widersprechen sich diese Beobachtungen von M.-L. Boysen mit den in Kap. 2.6.4.4 dargestellten Erkenntnisse, wonach Säuglinge nach dem Stillen zu vermehrter Interaktion neigen. Für diese unterschiedlichen Aussagen, die zu jeweils gegensätzlicher Stillpraxis führen, gibt es meiner Ansicht nach mehrere Erklärungen:

- Die Definition der Stillphase könnte unterschiedlich sein, so daß die Interaktionsbereitschaft nach Vollendung der Stillzyklen auftritt. Die Aussagen würden sich dann nicht widersprechen.
- Bensel & Haug-Schnabel (1997) könnten Säuglinge mit verändertem Stillzyklus beobachtet oder die hier beschriebenen Phänomene anders interpretiert haben.
- Die hier beschriebene Auffassung von M.-L. Boysen könnte nur auf einige Säuglinge zutreffen.

Ich halte nähere Forschungen zu den hier angedeuteten Aussagen über die Bedeutung des Stillens für besonders interessant und wichtig, zumal auch Bensel & Haug-Schnabel (1997) die zeitliche Nähe des exzessiven Schreiens zum Stillen bestätigen.

4.5 Erden und Zentrieren

Diederichs legt in ihrer Arbeit großen Wert auf “Erdung” und “Zentrierung”. Beide Begriffe werde ich im Folgenden erläutern und dabei auf die Biosynthese nach David Boadella und die Bioenergetik nach Alexander Lowen kurz eingehen.

4.5.1 Das Zentrieren

Boadella (1991, S.25) versteht unter der therapeutischen Methode des Zentrierens den Versuch, einen funktionierenden Rhythmus im Fluß der Stoffwechselenergie und das Gleichgewicht zwischen Sympathikus und Parasympathikus wiederherzustellen. Dies bedeutet auch, ein emotionales Gleichgewicht und ein harmonisches Atmen wiederzuerlangen.

Für Boadella steht dieses Zentrieren mit den menschlichen Organen – also dem Stoffwechsel im weitesten Sinne – und dem vegetativen Nervensystem in Zusammenhang. Betrachtet man die biologische Entwicklung des Menschen, so werden diese Bereiche aus dem Endoderm des Fötus gebildet. Hier liegt der biologische Grund für den Zusammenhang zwischen Organen und Nervensystem in Bezug auf das emotionale Gleichgewicht eines Menschen. Zentrieren arbeitet deshalb über den Körper am emotionalen Gleichgewicht.

Emotionales Gleichgewicht und Atmung sind eng gekoppelt. Die entspannte Pulsation des Atmens schafft ein Gefühl des Zentrums in jedem Menschen. Boadella (1991, S.90) schreibt dazu: “Wir nennen einen Menschen zentriert, wenn er mit dem Rhythmus seiner Atmung verbunden ist. Die Atmung hat einen Rhythmus wie das Meer.Ausatmen ist ein Aufgeben und Loslassen. Einatmen ist ein Auffüllen und Halten; eine Vorbereitung zum Handeln.”

Ich möchte hier darauf hinweisen, daß das emotionale Gleichgewicht also nicht statisch sondern in Bewegung ist. Die Beweglichkeit im weitesten Sinne ist also entscheidend für ein emotionales Gleichgewicht.

Das Zwerchfell spielt dabei als Hauptatemmuskel eine wichtige Rolle, es trennt den menschlichen Körper vertikal und es verbindet Mesoderm und Ektoderm.

Ein angespanntes Zwerchfell kann das Aufsteigen von Gefühlen aus dem Bauchraum verhindern. Es trennt außerdem Herz und Hara[10]. Boadella (1991, S.91) nennt Menschen mit angespanntem Zwerchfell gespalten, da sie entweder “kraftlose Liebe” oder “lieblose Kraft” haben. Ein Gefühl von eigener Mitte oder Zentrierung erfordert aber eine Verbindung dieser Zentren zu kraftvoller Liebe.

Auf emotionaler Ebene entspricht die chronische Körperhaltung des Einatmens dem Zurückhalten von Gefühlen oder Handlungen. Dagegen sind Menschen, die mit der Ausatmung aber nicht mit der Einatmung verbunden sind, sehr emotional und ausdrucksbetont. Sie haben kein Gefühl für die eigene Mitte. Boadella (1991, S.93) glaubt, daß etwa die Hälfte der Klienten in der Therapie Hilfe bei der Einatmung braucht, während bei der anderen Hälfte die Ausatmung unterstützt werden muß.

4.5.2 Das Erden

Unter Erden versteht Boadella (1991, S.26) das Erreichen eines angemessenen Verhältnisses zwischen willkürlichen, halbwillkürlichen und unwillkürlichen Bewegungen sowie eines angemessenen Muskeltonus. Gut geerdet zu sein bedeutet also, in jeder Situation den jeweils nötigen Muskeltonus zu haben. In der Therapie kann über die Beobachtung und Veränderung der Körperhaltung an tief verwurzelten Charakterstrukturen gearbeitet werden, die beeinflussen, wie ein Mensch im Leben steht.

Für Alexander Lowen ist das Erden einer der Eckpfeiler der von ihm begründeten Bioenergetik. Körperliche Übungen im Stehen sollen die Klienten erden. Lowen (1990, S.28) beschreibt Erdung als “festen Boden unter den Füßen haben” und “Verbindung zur Realität haben.”

Dabei geht es nicht um den mechanischen Kontakt zwischen Füßen und Boden, sondern um den gefühlsmäßigen oder energetischen Kontakt. Lowen (1990, S.170 f) betont, daß Erdung ein Gefühl sei, daß nur erlebt werden kann und häufig mit einem Vibrieren in den Beinen und einem Gefühl von “in den Beinen sein” verbunden ist.

Nach Boadella (1991, S.108 f) ist Erdung mehr als ein Energiefluß in die Füße und ein sicheres im Leben stehen. Betrachtet man, wie ein Kind nach der Geburt beginnt, sich und seine Fähigkeiten in verschiedenen Bereichen zu entwickeln, so geht es immer darum, die Energie nach außen zu bringen und Kontakt zur Umwelt aufzunehmen. Wichtig für diese Form der Erdung ist eine angenehme Atmosphäre, denn Erden ist eine energetische Form der Kommunikation.

Störungen dieses Entwicklungsprozesses der Erdung vom Liegen, über das Kopfheben, Hocken, Sitzen und Krabbeln bis hin zum Stehen und Gehen können in der Therapie nachvollzogen und nachgeholt werden.

4.6 Übertragung und Gegenübertragung

Aus dem Interview mit Diederichs wird deutlich, daß sie die psychoanalytischen Konzepte der Übertragung und Gegenübertragung in ihrer Arbeit verwendet. Deshalb möchte ich hier kurz auf diese beiden Begriffe eingehen, wobei ich ihre Bedeutung aus der Psychoanalyse als bekannt voraussetze und anhand der Arbeit des Körperpsychotherapeuten und Psychoanalytikers George Downing einige Besonderheiten in der Körperpsychotherapie darstellen werde.

Vorher soll angemerkt werden, daß Downing als Körperpsychotherapeut arbeitet, ohne das Energiemodell von Reich zu übernehmen.[11]

Außerdem hat die Arbeit von Downing besondere Bedeutung für unsere Diplomarbeit, da er Säuglingsforschung und Körperpsychotherapie verbindet und für seine Mikrovideoanalysen der Mutter-Kind-Interaktion bekannt ist.[12]

Downing (1996, S.19 f) betont die Wichtigkeit des Verständnisses von Übertragung und Gegenübertragung, die seiner Ansicht nach in vielen Körperpsychotherapieformen unterschätzt wird. Deshalb fühlt er sich der Psychoanalyse und speziell der Objektbeziehungstheorie[13] verbunden.

Für Downing (1996, S.299 f) besteht ein wesentlicher Vorteil der Einbeziehung des Körpers in einer schnelleren und tieferen Kontaktierung des Klienten mit seiner präödipalen und präverbalen Vergangenheit. Damit wird die Analyse der tiefliegenden Übertragungen, die in der verbalen Arbeit auf wenigen Informationen beruht oder nie zugänglich wird, durch die physische Arbeit intensiviert.

Dabei muß der Therapeut wissen und beachten, daß es für die verbale und die physische Arbeit zeitweise unterschiedliche Übertragungen oder Widerstände gibt. So kann die verbale Arbeit von positiver Haltung geprägt sein, während die physische Arbeit in derselben Therapiestunde auf erhebliche Widerstände stößt (oder umgekehrt).

Bezüglich der Gegenübertragung weist Downing (1996, S.317) ausdrücklich auf die induzierte Gegenübertragung hin. Diese ist eine Reaktion des Therapeuten, die nicht aus seiner persönlichen Situation kommt, sondern vom Klienten ausgeht oder induziert wird. Dabei ist die induzierte Gegenübertragung, die beim Therapeuten auftaucht, meist ein Stück Kindheitsgeschichte des Klienten, wobei sich der Therapeut auf der einen oder anderen Seite der Objektbeziehungseinheit dieses frühen Musters befindet. Allerdings kann er sich darauf verlassen, zu einem anderen Zeitpunkt die komplementäre Rolle zu erhalten.

Downing rät zur verkörperten Gegenübertragung. Bei dieser Methode soll der Therapeut den körperlichen Reaktionen der Gegenübertragung vermehrt inneren Raum geben, um diese mittels des Körpers als Informationskanal zu erforschen. Dabei ist von vorschnellen Interpretationen abzuraten, vielmehr sollte erst der eigene Körper mit einem Teil des Bewußtseins ausgiebig untersucht werden, während der andere Teil des Bewußtseins dem Klienten zuhört.

Nach Auffassung von Downing (1996, S.337 f) gibt es drei besondere Schwierigkeiten, die in der Körperpsychotherapie bezüglich der Gegenübertragung auftreten:

- Übertriebenes Einlassen auf die therapeutische Symbiose, wobei der Therapeut dem Klienten zu spät oder gar nicht das notwendige Herauswachsen aus der Symbiose gestattet (oft verbunden mit harter Körperarbeit, da diese nach kathartischer Entladung meist zu einem Bedürfnis nach haltendem Körperkontakt führt)
- Vermeiden von Trauer, insbesondere dem Prozeß des Trauerns mit der entsprechenden Gefühlsmischung (oft verbunden mit der Erwartung des Therapeuten, dem Klienten soll es am Ende der Therapiestunde gut gehen)
- Verlockung der Grandiosität, insbesondere da durch einfache Körperarbeit sehr komplexe Körperprozesse in Gang gesetzt werden (oft verbunden mit fehlender Beachtung von Übertragungs- und Gegenübertragungsprozessen).

Abschließend zitiere ich aus einem Buch des Körperpsychotherapeuten Keleman (1990, S.21), der seine Sicht auf Übertragung und Gegenübertragung prägnant umschreibt:

“Untersucht man somatische und emotionale Übertragung und Gegenübertragung, so zeigt sich, daß sie wie alle anderen Phänomene menschlichen Verhaltens sind – sie definieren eine Beziehung, jedoch in besonderer Weise. Meines Erachtens sind Übertragung und Gegenübertragung ganz normale Erscheinungen (...) Übertragung ist also der Versuch, einen emotionalen oder somatischen Verbindungsweg zu schaffen. Poetisch ausgedrückt, eine Seelenverbindung herzustellen, Bedürfnisse zu somatisieren, eine gelebte Körperschaft zu bilden. Wenn Klienten auch mit einer Vielzahl verschiedenster Probleme zum Therapeuten kommen, so wollen sie alle sich damit auf dem Weg einer emotionalen Verbundenheit oder eines Bandes der Intimität auseinandersetzen.”

4.7 Das Arbeitskonzept von Diederichs

In der folgenden Beschreibung des Arbeitsansatzes von Diederichs können nur einige Gewichtungen deutlich werden[14], denn Diederichs bezeichnet ihre Arbeit als “Integrative Körperpsychotherapie”. Folglich hat sie viele der oben dargestellten Theorien und Techniken integriert, worauf jeweils hingewiesen wurde. Aus dem integrativen Selbstverständnis folgt für Diederichs aber auch, daß es keinen Wahrheitsanspruch einer Therapierichtung geben kann. Außerdem folgt daraus, daß zwischen Energie, Gefühlen und Intellekt keine Hierarchie besteht, wie sie von Reich oder Harms angenommen wird.

Zunächst sollen einige Annahmen von Diederichs bezüglich der Ursachen für das Schreibabysyndrom dargestellt werden. Danach werde ich ihr Behandlungskonzept erläutern.

4.7.1 Mögliche Ursachen für das Schreibabysyndrom

Zusammenfassend ergeben sich aus den Erfahrungen in der Schreibabyambulanz folgende problematische Bereiche für die Familien :

- Sehr problematische Schwangerschaft
- Geburtstrauma
- Separation von Mutter und Baby (zum Beispiel Aufenthalt auf der Intensivstation)
- Perfektionismus der Eltern (und die Erkenntnis einer Kluft zwischen Wunschvorstellung und Wirklichkeit)
- Mangelnde emotionale Unterstützung
- Konkurrenzgefühle bezüglich Partnerschaft, Mütter, Schwiegermütter, Freundinnen
- Wenig Halt im Leben, mangelnde soziale Einbindung

Bevor Diederichs mit dem Säugling und seinen Eltern arbeitet, müssen diese den Kinderarzt zu Rate ziehen, damit medizinisch begründete Symptome ausgeschlossen sind (Diederichs, 1999b, S.19).

4.7.1.1 Die Schwangerschaft

Diederichs (1999a, S.4 f) weist auf die umfassenden Veränderungen hin, die für die Frau schon mit dem Bekanntwerden ihrer Schwangerschaft beginnen. Bevor sich die Frau auf eine Schwangerschaft einlassen kann, muß sie vielfältige Entscheidungen treffen, zum Beispiel, ob Zeitpunkt, Partner und ökonomische Situation günstig sind. Oft werden hier ambivalente Gefühle eine klare Entscheidung verhindern und eventuell die gesamte Schwangerschaft begleiten. Diese Ambivalenz wird durch die widersprüchlichen Informationen, die die Frau aus Büchern, von Freunden und Eltern sowie von Fachpersonen erhält, verstärkt. Oft weiß die Frau schon während der Schwangerschaft um die Bedeutung dieser frühen Entwicklung des Kindes und der Auswirkungen ihrer ambivalenten Gefühle. Die werdende Mutter kann unter enormen Leistungsdruck und Perfektionismus kommen. Sie erliegt dem “Muttermythos” (Diederichs, 1999a, S.5 f), eine perfekte Mutter sein zu wollen.

Zusammenfassend läßt sich oft ein enormer Leistungsdruck der Frauen beobachten, wodurch sie von ihrem Gefühl und ihrer intuitiven Fähigkeit, als Mutter angemessene Liebe, Zuneigung und Schutz zu geben, abgeschnitten werden (Diederichs, 1999a, S.5 f).

4.7.1.2 Die Geburt und die ersten Wochen

Angelehnt an Leboyer (1981) und Odent (1994) befürwortet auch Diederichs eine Geburt ohne Gewalt für Mutter oder Kind in einer stillen, dunklen und warmen Umgebung. Die möglichst wenigen Anwesenden sollen in Kontakt mit sich sein. Mutter und Kind bestimmen Rhythmus und Vorgehen der Geburt. In der sensiblen Phase in den Minuten nach der Geburt sind entsprechend der Forschungen von Klaus&Kennell (1987) Haut-, Augen- und Stillkontakt für ein Bonding von besonderer Bedeutung.

Mittlerweile wünschen sich viele Frauen diese natürliche Geburt, weil sie um die Traumata einer herkömmlichen Klinikgeburt wissen. Diederichs (1999a, S.9 f) weist aber darauf hin, daß sich die Frau auch ihre Ängste bezüglich einer natürlichen Geburt eingestehen sollte. Falls die geplante natürliche Geburt wegen plötzlicher Komplikationen eine Klinikgeburt oder ein Kaiserschnitt wird, so ergeben sich vielfältige emotionale und psychische Folgen, die von den Medizinern nicht bedacht werden. Die Frauen fühlen sich als Versagerinnen, verlieren sich im Grübeln und verlieren den Kontakt zum Kind, manche resignieren innerlich und können nicht mehr entspannt mit dem Kind sein. Aus Scham werden diese Themen oft mit niemandem besprochen.

Zusätzlich können durch die Schreisymptomatik des Säuglings oder seine Schlafprobleme heftige Partnerschaftskonflikte entstehen. Meist erwartet dabei jeder vom Partner Unterstützung, ist aber selber nicht bereit oder in der Lage, Unterstützung zu geben. Der wachsende Partnerschaftskonflikt belastet die Mütter zusätzlich und verringert den emotionalen Raum für die Bedürfnisse des Babys.

Mit steigender Verzweiflung steigt auch die Bereitschaft der Mutter, Rat von anderen einzuholen und diesen auch dann zu befolgen, wenn sie nicht überzeugt davon ist. Allerdings bewirken diese Ratschläge selten eine Verbesserung der Situation, eher führen sie zu einer größeren Distanzierung der Mutter von ihren Gefühlen. Aus diesem Grund wird insbesondere das Ratgeberbuch “Jedes Kind kann schlafen lernen”[15] von Diederichs (1999a, S.12) kritisiert. Dieses verhaltenstherapeutische Training kann zu einer Resignation des Kindes und zu einem Abspalten der liebevollen Gefühle bei der Mutter führen.

Auch Kinderärzte bieten den Müttern meist nur Durchhalteparolen oder Schlafmedikamente an.

Letztlich fühlen sich die Mütter verlassen und ohne jeden Halt. Hilflosigkeit, Enttäuschung und Isolation können bei Müttern von Schreibabys dann zu einem “schlechten Mutter-Ich” führen (Diedrichs im Interview mit Röseler, 1999). Dieser Prozeß verschlechtert die Fähigkeit der Mutter, dem Baby Halt zu geben und in Kontakt mit sich und dem Baby zu sein.

An dieser Stelle möchte ich anmerken, daß Knapp-Diederichs (2000) den energetisch kontaktvollen Halt als fundamental für die menschliche Entwicklung ansieht. Sollte diese Aussage zutreffen, wird damit die Bedeutung dieses Problems deutlich.

4.7.2 Das Behandlungskonzept

Zunächst führt Diederichs (1999b, S.19 f) eine Bestandsaufnahme durch, um Informationen auf verbaler, körperlicher und emotionaler Ebene zu sammeln. Wichtig sind dabei die Gefühlsreaktionen der Mutter auf das Schreien, sowie ihre familiäre Situation und die Organisation des Tagesablaufs. Außerdem werden besondere Vorkommnisse während der Schwangerschaft oder der Zeit seit der Geburt erfragt (Diederichs, 1999b, S.19 f). Damit wird deutlich, daß es zwei größere Ursachengruppen gibt:

Erstens das familiäre Feld im weitesten Sinne und zweitens die Traumatisierung des Säuglings. Daraus resultiert jeweils eine Kontaktstörung zwischen Mutter und Kind.

4.7.2.1 Die Arbeit mit der Mutter

Für Diederichs (1999a, S.13) führen die möglichen Wege aus dem Dilemma über das Gefühlsleben der Frauen, die innerlich und äußerlich haltlos sind. Erst wenn die Mütter einen Halt finden, können sie aus ihrer Hilflosigkeit heraustreten und ihre Ressourcen nutzen.

In der Krisenintervention geht es zunächst um emphatischen Kontakt zur Mutter. Sie wird dort abgeholt, wo sie gerade steht, und ihr wird ein gelebtes Verständnis entgegengebracht. Die Botschaft von Diederichs (1999a, S.16) an die Mutter lautet: “Du bist vollkommen in Ordnung. Ich begleite Dich ein Stück auf Deinem Weg, daß Du wieder zu Dir selbst findest. Ich bin zuversichtlich, Dich wieder in Kontakt zu Deinem Kind zu bringen.” Oft ist diese Erfahrung für die Mütter neu und schon für sich genommen sehr heilsam.

Nach Diederichs (1999a, S.17 f) spielen folgende Punkte eine wichtige Rolle in der Krisenintervention:

- Verständnisvolles Zuhören ohne mit Ratschlägen zu antworten
- Aufarbeiten prägender Erlebnisse in Bezug auf das Kind beziehungsweise Muttersein
- Persönlichkeitsmuster der Mutter bezüglich ihrer Reaktion bei eigenen Fehlern erkennen und verändern, damit die Mutter versöhnlicher mit sich umgeht
- Klärung von Unsicherheiten, wenn die Mütter bestimmte Fragen haben
- Klärung und Unterstützung der Mutteridentität, also ein Bewußtmachen des “Muttermythos” und ein Finden der eigenen Intuition als Mutter
- Zentrierung, Atem- und Körperarbeit

(Zentrierung ist die wichtige Fähigkeit, mit sich in Kontakt zu sein[16]. Die Atemarbeit schult die Frauen, tiefer auszuatmen, um besser zu entspannen)

- Haltestrukturen und Perspektiven erarbeiten

(Zunächst gibt die Therapeutin den Halt, den die Mutter verloren hat. Später wird dieser in der Mutter und ihrer Umgebung entwickelt. Für den Vater ist in den ersten Monaten nach der Geburt eine wichtige Aufgabe, seiner Frau - also der Mutter seines Kindes - Halt zu geben.)

4.7.2.2 Die Arbeit mit dem Kind

Für Babys ist das Aufnehmen von Halt, Liebe, Nahrung und Geborgenheit sehr wichtig. Sie brauchen von Geburt an sowohl Schlaf und Entspannung als auch Körper- und Augenkontakt.

Das Schreibabysyndrom entwickelt sich häufig aus einer Kontaktstörung mit der Mutter, entweder weil diese von ihrer Persönlichkeit her blockiert ist, Halt und Kontakt zu gewähren, oder, weil traumatische Störungen wie zum Beispiel Intensivstationaufenthalte vorliegen. Schreibabys können sich häufig weder der entspannten Aufnahme von Nahrung oder Halt noch dem Schlafen hingeben, da sofort eine Spannung wie ein Alarmzustand einsetzt. Die gesamte Familie gerät in einen permanenten Spannungszustand.

Die Schreiattacken beginnen meist mit Krämpfen im Bauchraum, die sich nach oben zu einem Schreien entwickeln. Der Körper des Babys ist nach hinten durchgestreckt und steif, was als “Banana-Position” bezeichnet wird (Diederichs, 1999b, S.21).

Genauso wie der Mutter wird auch dem Kind Respekt entgegengebracht. Eine Kontaktaufnahme zum Kind darf nur unternommen werden, wenn sie weder organismisch noch durch direkte Kommunikation abgelehnt wird (Diederichs, 1999a, S.19 f).

Während einer Schreiattacke wird das Kind gehalten und an verspannten Stellen leicht massiert (mit einer verkürzten Form der Babymassage nach E. Reich). Dabei werden bei der Ausatmung leichte Impulse gegeben, ohne den Körper des Kindes in eine andere Haltung zu zwingen. Hier liegt eine für Diederichs (1999a, S.21) wichtige Unterscheidung zur Haltearbeit von Irena Prekopp. Dennoch bietet Diederichs dem Baby durch Ganzkörperkontakt einen sicheren Halt. Gleichzeitig wird dem kindlichen Organismus durch ein Verweilen in einer ruhigen und geerdeten Grundhaltung und eine tiefe Ausatmung der Weg in die Entspannung gezeigt. Wichtig ist also, nicht auf das Erregungsniveau des Kindes zu gehen, was viele Mütter unbewußt tun.

Dieses Vorgehen wird der Mutter erklärt. Dabei weist Diederichs auf ihre eigene Anstrengung hin, wodurch sich die Mutter meist entlastet fühlt. Oft findet die Mutter dadurch Zugang zu ihren Gefühlen des Versagens und kann über diese reden. Wenn die Mutter einen Weg findet, diese Gefühle auszudrücken, zum Beispiel durch Weinen, verringert sich der Druck für sie selber und auch für das Kind.

Mittlerweile arbeitet Diederichs (1999a, S.23) auch mit älteren Kindern bis zu 4 Jahren. Diese Kinder sind meist unruhig, nörgelig und haben Schlafprobleme. Diederichs (1999a, S.23) vermutet die Möglichkeit eines Zusammenhangs zwischen dieser Hyperaktivität und einer früheren Schreibabysymptomatik.

Diese Kinder zeigen ein ambivalentes Verhalten in Bezug auf Nähe und Distanz zur Mutter. Sie fühlen sich weder im Körperkontakt noch in der Entfernung wohl. Es gibt also keine Entspannung, die Kinder scheinen nie zu ermüden und voller Energie zu sein. Aber ihre Energie fließt nicht nach innen, die Regulation ist gestört.

Meist haben diese Kinder keine Krabbelphase, sie fühlen sich nur in aufrechter Position wohl (was schon in jüngerem Alter beobachtet werden kann).

Mit Hilfe der Babymassage, insbesondere der Selbstumarmung, können Energieblockaden der Kleinkinder im Zwerchfell- und Brustbereich gelöst werden, was oft zu Entspannung und Zufriedenheit führt. Wichtig ist dabei, die Energie beim Kind zu zentrieren, also von oben nach unten zu massieren. Oft verringert sich die Ambivalenz und das Aktivitätsniveau erstaunlich schnell. Diese Erfolge bleiben nur stabil, wenn auch die Mutter wieder zu sich finden kann.

4.7.2.3 Die Arbeit mit Mutter und Kind

Obwohl Diederichs das Hauptproblem in einer Kontaktstörung zwischen Mutter und Kind sieht, arbeitet sie zunächst mit Mutter und Säugling jeweils getrennt an den Ursachen. Dabei können beide Halt und Entspannung erfahren. Für die Mutter ist häufig auch die Verbesserung ihres schlechten Mutter-Ichs entscheidend.

In einer dritten Phase (1999b, S.23), die bei jeder Mutter sehr unterschiedlich verlaufen kann, versucht Diederichs einen Kontakt zwischen Mutter und Säugling (wieder-) herzustellen. Dabei achtet sie nicht nur auf die beobachtbare Interaktion, sondern auch auf die körperlich-energetische und emotionale Kontaktaufnahme. Mit anderen Worten, Mutter und Säugling sollen sich wieder im Innern berühren, sich einander zuwenden.

Bei Kindern ab sieben Monaten zeigt sich oft eine andere Problematik. Nicht nur das Kind, sondern auch die Mutter ist unzufrieden, da sie jetzt nicht mehr ständig mit dem Kind zusammen sein will. Diese angespannte Atmosphäre läßt sich durch eine gleichzeitige (Synchron-) Massage von Mutter und Kind oder das gleichzeitige Durchführen der “Selbstumarmung” (Diederichs, 1999a, S.23) lösen. Dabei machen sowohl Mutter als auch Kind auf der körperlichen und der emotionalen Ebene die Erfahrung, einen eigenen Raum haben zu dürfen.

4.7.2.4 Grundprinzipien, Gefahren und Vorteile der Körperpsychotherapie

Das Grundprinzip der Arbeit von Diederichs (1999a, S.26) ist, daß sie sowohl für die Mutter als auch für den Säugling eine symbolisch gute Mutter repräsentiert. Es wird ein warmer, liebevoller, nicht wertender Raum kreiert, in dem mittels emphatischer Arbeit in Gespräch, Massage oder Körperübung eine Heilung stattfinden kann.

Im Unterschied zu den gängigen Ratgebern, die direkt auf verändertes Verhalten der Eltern zielen, bietet die Körperpsychotherapie sowohl für die Eltern als auch für das Kind einen Weg, zu sich zu finden und ihr Verhalten von innen heraus zu ändern. Angst, Hilflosigkeit und Spannung weichen einer Entspannung und einem Halt. Bindung, Respekt und Liebe können entstehen.

Gerade die Arbeit mit dem Körper ist besonders wichtig, da es in den ersten Monaten des Säuglings um existentielle Themen wie Halt, Urvertrauen und Geborgenheit geht, die sich nur körperlich vermitteln lassen. Die Integration von Körper, Seele und Beziehungsebene erfolgt durch Interventionen auf der organismisch-energetischen Ebene, der emotionalen Ebene, der Beziehungsebene und der verbalen Ebene.

Dabei gibt es einige Gefahren:

- Die Therapeutin kann die eigene Zentrierung und innere Achtsamkeit verlieren, da das Familiensystem oft organismische und seelische Panik ausstrahlt und hervorruft.
- Die Therapeutin kann in die Gegenübertragungsfalle geraten, zum Beispiel indem sie auf die ambivalenten Botschaften der Mutter streng und ungeduldig reagiert, ohne die Ambivalenz aufzudecken.
- Die Therapeutin kann sich zu stark auf das Baby als Symptomträger ausrichten, wodurch die Familienstruktur bestätigt wird und eine Veränderung ausbleibt.
- Die Therapeutin kann in Konkurrenz zur Mutter geraten. Wenn sich das Kind von der Therapeutin schnell beruhigen läßt, fühlt sich die Mutter als Versagerin, was unterschiedliche Reaktionen hervorruft (zum Beispiel Aggression gegen das Kind oder die Therapeutin).
- Die Therapeutin kann sich zu stark auf die Mutter oder auf das Kind konzentrieren, wodurch sie die Botschaft geben kann, daß nicht genug Platz für alle da ist.

4.8 Eigene Stellungnahme zu den körperpsychotherapeutischen Ansätzen in Bezug auf die Schreibabyambulanz

Während meiner Ausbildung zum Körperpsychotherapeuten habe ich viele der beschriebenen Phänomene und Konzepte selber kennenlernen oder überprüfen können.

Selbstverständlich ist es wichtig, auch andere theoretische Ansätze und Therapiemethoden zu nutzen, um sich einer ganzheitlichen Sicht auf den Menschen anzunähern. Ich befürworte daher eine umfassende Sicht auf die Problematik des Schreibabysyndroms, wobei jede der in dieser Diplomarbeit dargestellten Konzeptionen einen wichtigen Beitrag leistet.

Bezüglich der Therapiestrategie ist es dagegen sicherlich notwendig, Schwerpunkte zu setzen. Gerade im Vergleich zu verhaltensorientierten Psychotherapieansätzen bietet die Körperpsychotherapie die Möglichkeit einer dauerhaften Veränderung, wenn sie den Klienten wieder in Kontakt mit sich und seinem Körper bringt, statt nur sein momentanes Verhalten zu verändern. Insbesondere bei der therapeutischen Arbeit mit Säuglingen bietet die Körperpsychotherapie den entscheidenden Vorteil, direkt über den Organismus zu wirken, welches der einzige unmittelbare Zugang zum Säugling ist. Ich befürworte insbesondere den integrativen Ansatz von Diederichs, der Familiensystem und Kognition der Eltern thematisiert.

Darin spiegelt sich auch meine Vorstellung von Gesundheit, als Fähigkeit zu Selbstregulation, Energiepulsation und positiver Selbstrepräsentation, wieder. Krankheit ist demnach durch eine energetische Blockierung, fehlenden Selbstkontakt und negative Selbstrepräsentation gekennzeichnet und damit nicht nur die Anwesenheit eines Symptoms. Die unterschiedlichen Sichtweisen sollen an einem kurzen Beispiel verdeutlicht werden:

Wenn ein Schreibaby nach einer Therapie nicht mehr schreit, so ist nach allgemeinem Verständnis mit dem Verschwinden des Symptoms eine Gesundung eingetreten, und die Therapie war erfolgreich. Für mich ist aber die entscheidende Frage, warum das Baby nicht mehr schreit.

- Hat es vielleicht resigniert und sich innerlich zurückgezogen, weil die Eltern es haben „ausschreien” lassen? Ist die Eltern-Kind-Beziehung dadurch eventuell längerfristig gestört?
- Oder hat es zu einer selbstregulierten Energiepulsation und zur Fähigkeit der Entspannung zurückgefunden? Wirkt sich dies eventuell vorteilhaft auf die Eltern-Kind-Beziehung aus?

Hier wird deutlich, wie wichtig es ist, nicht nur die Verbesserung des Symptoms sondern auch die langfristige Entwicklung des Kindes zu bedenken. Diese ist meiner Ansicht nach gesünder und führt damit zu größerer Zufriedenheit bei Eltern und Kind, wenn es gelingt, Selbstregulation und Energiepulsation sowie die Beziehung zu sich und den Eltern beziehungsweise dem Kind zu verbessern. Dies sind einige Gründe, warum ich die therapeutische Grundhaltung der integrativen Körperpsychotherapie befürworte.

Letztlich halte ich die integrative Arbeit an der bewußten und unbewußten Kommunikation, dem (Familien-) System und am Körper (energetische Ebene) für besonders erfolgversprechend.

5 Beschreibung unseres Forschungsplans

(Ein Beitrag von Christian Werner, soweit nicht anders vermerkt)

Zunächst soll in diesem Kapitel eine Übersicht über unsere Vorgehensweise bei der Evaluation der Schreibabyambulanz gegeben werden.

In den weiteren Kapiteln werden die verschiedenen methodischen Ansätze der Evaluation näher erläutert.

5.1 Überblick über den Forschungsplan

Schon bei der Planung der Evaluationsstudie wurde deutlich, daß wir im Rahmen der psychologischen Forschung mit dieser Diplomarbeit in gewisser Weise Neuland betreten.

Das Thema dieser Diplomarbeit war mit der Evaluation der Krisenintervention “Schreibabyambulanz” vorgegeben, bezüglich der geeigneten Methodik waren wir aber zunächst ohne Beschränkungen.

5.1.1 Die Entscheidung über das methodische Vorgehen

Bei der Untersuchung einer Krisenintervention handelt es sich im weiteren Sinne um eine Psychotherapieevaluation. Allerdings wurde schnell deutlich, daß wir wenig auf die Psychotherapieforschung zurückgreifen konnten beziehungsweise eine eigene geeignete Methodik zusammenstellen mußten. Dies hat im wesentlichen zwei Gründe, aus denen weitere Schlußfolgerungen resultieren.

Erstens arbeitet die Therapeutin in der Schreibabyambulanz mit einem integrativen Konzept, daß auf den Methoden und Theorien der Körperpsychotherapie beruht. Diesem besonderen Konzept sollten und wollten wir Rechnung tragen.

Zweitens handelt es sich um eine Krisenintervention für Eltern – wobei wir fast nur Mütter gesehen haben - und deren Säuglinge beziehungsweise Kleinkinder. Aus dieser Tatsache ergab sich die Frage, ob Mutter, Kind oder beide zusammen die für eine Wirksamkeitsmessung relevante Mutter-Kind-Dyaden sind. Außerdem wurde aus Berichten der Therapeutin deutlich, daß die Mütter mit ihren Babys in einer akuten Krisensituation zu ihr kommen, weshalb eine wissenschaftliche Untersuchung durch Tests oder Interviews aus praktischen Gründen nicht vor oder direkt nach der ersten Sitzung beginnen konnte.

Um sowohl dem Arbeitskonzept der Therapeutin als auch der besonderen Situation einer Schreibabyambulanz gerecht zu werden, haben wir uns entschieden, die Kriseninterventionssitzungen auf Video aufzuzeichnen und die Mütter nach Beendigung ihrer Krisenintervention zu befragen.

Es wurde festgelegt, daß sechs Mutter-Kind-Dyaden untersucht werden sollen.

Die Auswertung der Videos ist Thema dieser Diplomarbeit, während D. Röseler die Durchführung und Auswertung der Interviews übernommen hat.

5.1.2 Überblick über die Methoden der Videoauswertung
5.1.2.1 Die Videokamera als Beobachtungsinstrument

Zunächst sollen einige grundsätzliche Probleme und Bedenken bei der Verwendung einer Videokamera diskutiert werden.

Die Therapeutin arbeitet an drei verschiedenen Standorten in Berlin. Die Räumlichkeiten an diesen Standorten konnten von uns nicht verändert werden. Außerdem durften keine weiteren Personen im Therapieraum anwesend sein. Daraus ergab sich die praktische Notwendigkeit, mit einer Videokamera zu arbeiten, die auf einen relativ großen Ausschnitt des Raumes eingestellt war.

Aus diesen Gründen gibt es einige Sitzungen, bei denen der Kamerawinkel eine Beobachtung der Mutter und/oder des Kindes nicht zuläßt oder der Ton zu leise ist, um dem Gespräch folgen zu können. Insgesamt ist selten die Mimik von Mutter und Kind deutlich und gleichzeitig zu sehen, da weder Zoom noch split screen möglich waren. Inwieweit zum Beispiel ein Blickkontakt stattfand, konnten wir nur vermuten. Dies mag bedauerlich erscheinen, läßt sich aber außerhalb einer Laborsituation nur schwer ändern.

Außerdem war allen Beteiligten bewußt, daß schon die Anwesenheit einer Kamera im Therapieraum und das Wissen der Therapeutin sowie der Mutter und des Kindes, daß diese Kamera die Sitzung aufzeichnet, das setting beeinflußt. Flick (1995, S.157) vertritt diesbezüglich die Auffassung, daß die Videokamera als Form der direkten Beobachtung ähnlich störend wie die Anwesenheit eines teilnehmenden Beobachters sei. Sowohl die Therapeutin als auch die Mutter-Kind-Dyade könnten durch die Kamera zu besonders vorsichtigem, zurückhaltendem oder fassadenhaftem Verhalten neigen, insgesamt also mehr sozial erwünschtes Verhalten zeigen. Dies würde sich auf den Verlauf einer Krisenintervention vermutlich hemmend auswirken.

Dieser Einfluß einer Kamera im Therapieraum auf die Daten ist nach Alberti (1994, S.53 f) kaum abzuschätzen. Dieser Auffassung ist sicherlich zuzustimmen.

Allerdings haben sowohl unser subjektiver Eindruck als auch Forschungen von Robin, Josse & Dubon (1984) und Downing (1999) bestätigt, daß dieser Einfluß relativ gering ist. Zum einen sind Interaktionsmuster kaum über die gesamte Dauer einer Sitzung bewußt zu verändern. Zum anderen vergessen besonders Kinder die Anwesenheit einer Videokamera gewöhnlich schnell.

Letztendlich können wir daher davon ausgehen, daß die Videokamera eine für das Ergebnis unserer Evaluation zu vernachlässigende Wirkung auf den Kriseninterventionsverlauf gehabt hat, beziehungsweise wir müssen diese Wirkung als gegeben hinnehmen.

Außerdem ist Billmann-Mahecha (1990) zuzustimmen, der in der Videoauswertung die beste Methode der Kleinkindforschung sieht. Auch wenn wir in dieser Evaluation nicht ausschließlich Kleinkindforschung betreiben, können wir die Vorteile der Videokamera nutzen - also die Fixierung komplexer sozialer Wirklichkeit mit entsprechender Reproduzierbarkeit. Der bereits angedeutete Nachteil der Reduktion auf einen Ausschnitt der Wirklichkeit muß dabei in Kauf genommen werden. Hier zeigt sich besonders die Beschränkung auf akustische und visuelle Sinneseindrücke als bedeutsam, die wir aber zumindest teilweise durch die Einbeziehung der Sichtweise der Therapeutin ausgleichen konnten.

5.1.2.2 Die Auswahl qualitativer Forschungsmethoden

In diesem Abschnitt soll dargestellt werden, warum wir uns für die Verwendung qualitativer Forschungsmethoden entschieden haben.

Als wir die ersten Videos gesehen haben, wurde relativ schnell deutlich, daß eine quantitative Methodik der Vorgehensweise der Therapeutin und der beobachtbaren Mutter–Kind-Interaktion nicht gerecht werden würde. Außerdem konnte aufgrund des relativ weit eingestellten Kamerawinkels und des fehlenden split screens die Mutter–Kind–Interaktion nicht quantifizierbar abgebildet werden.

Außerdem kam es uns auf die Qualität der Interaktion und Mutter–Kind–Beziehung an, die ohne qualitative Methoden nicht ausreichend erfaßt werden könnte.

Aus diesen sowohl praktischen als auch den Forschungsgegenstand betreffenden Gründen entschieden wir uns für eine qualitative Auswertung der Videos.

Wir halten die qualitativen Methoden für unseren Forschungsgegenstand aber nicht nur für angemessener, sondern befürworten diese Methoden auch bewußt.

Ohne hier näher auf die Diskussion über qualitative und quantitative Forschungsmethoden eingehen zu können, vertreten wir den Standpunkt, daß jedes Subjekt nur innerhalb des jeweiligen Bedeutungskontextes verstanden werden kann. Wissenschaft kann demnach keinen Anspruch auf Objektivität ihrer Erkenntnisse erheben, da jede Erkenntnis in Abhängigkeit zum erkennenden Subjekt und zum beforschten Subjekt steht. Dies entspricht den konstruktivistischen Ansätzen (zum Beispiel Glaserfeld, 1985) sowie den Erkenntnissen von Devereux (1967) zur Unvermeidbarkeit subjektiver Einflüsse auf die Forschung.

5.1.2.3 Einige Grundlagen über Gütekriterien in den qualitativen Methoden

Die klassischen Gütekriterien Objektivität, Reliabilität und Validität lassen sich auf eine qualitative Untersuchung kaum anwenden.

Deshalb beziehen wir uns auf Gütekriterien der qualitativen Forschung, die im Folgenden dargestellt werden, um Gültigkeit, Relevanz und Glaubwürdigkeit unserer Daten und Interpretationen zu gewährleisten. Zusätzlich kombinieren wir in Anlehnung an das unten dargestellte Triangulationsprinzip verschiedene Methoden und die Sichtweisen verschiedener ForscherInnen. Damit versuchen wir, unsere Erkenntnisse anzureichern.

5.1.2.3.1 Gütekriterien nach Breuer

Die Gütekriterien qualitativer Forschung sind nach Breuer (1996):

- Das Kriterium der Tiefe besagt, daß das Problemfeld möglichst umfassend und vielschichtig dargestellt werden soll. Wir haben dies insbesondere durch die verschiedenen Blickwinkel im Rahmen des unten dargestellten Triangulationsprinzips zu erfüllen versucht.
- Das Kriterium der Sättigung besagt, daß bei der Auswertung neu auftauchende Fragen durch eine erneute Datenerhebung bearbeitet werden. Dieses Kriterium konnten wir durch wiederholtes Anschauen der Videos berücksichtigen.
- Das Kriterium der Selbstreflexivität besagt, daß der Forscher seine Übertragungs- und Gegenübertragungsphänomene so weit wie möglich aufdeckt und in die Auswertung einbezieht. Hier konnten wir durch die gemeinsame Auswertung der Videos und die dabei auftauchenden Irritationen und Diskussionen immer wieder wichtige Erkenntnisse sammeln.

5.1.2.3.2 Prinzipien qualitativer Forschungsmethodik nach Lamnek

Nachfolgend sollen die sechs zentralen Prinzipien für eine qualitative Sozialforschung nach Lamnek (1993, S.21 ff) sowie unsere Umsetzung skizziert werden.

Das Prinzip der Offenheit

Als ein wesentliches Merkmal der qualitativen Forschung wollen wir auf eine explizite Hypothesenbildung vorab verzichten, um unsere theoretische Konzeption so weit wie möglich für unerwartete Informationen offen zu halten.

Forschung als Kommunikation

Die qualitative Forschung soll nach Möglichkeit eine Kommunikation mit den beforschten Subjekten sein, die ebenso orientierungs- und theoriemächtig sind wie die Forscher.

Unsere Evaluation erforscht im Wesentlichen die Wirksamkeit der Kriseninterventionsarbeit der Therapeutin. Mit ihr standen wir nicht nur in regelmäßigem Kontakt, wir haben ihre Sichtweise in der unten näher erläuterten Form in unsere Studie einbezogen. Um den Kriseninterventionsverlauf nicht zu stören haben wir uns entschieden, mit den Mutter-Kind-Dyaden nicht in Kontakt zu treten.

Das Prinzip der Prozeßorientierung

Während des Forschungsprozesses wechseln sich Phasen der Datengewinnung und der Dateninterpretation ab, so daß Forschungsergebnisse nie endgültig sind.

In unserem Forschungsprozeß hatten wir aufgrund des unten beschriebenen Forschungsablaufs und der sechs verschiedenen Mutter-Kind-Dyaden einen häufigen Wechsel von Datenerhebung und Interpretation.

Diese Tatsache hat sicherlich auch zu einer schrittweisen Verbesserung unserer Forschungsmethodik geführt, zum Beispiel wurden wir in der Auswertung der Videos mit der Zeit immer geübter. Auch die Art und Weise der weiteren Bearbeitung unserer Interpretationen haben wir erst im Laufe des Forschungsprozesses entwickelt.

Das Prinzip der Reflexivität

Dieses Prinzip beruht auf der Annahme, daß sowohl verbal als auch nonverbal vermittelte Bedeutungen sich immer nur im Gesamtkontext verstehen lassen.

Wir haben versucht diesem Prinzip Rechnung zu tragen, indem wir bei der Videoauswertung ganze Sitzungen ausgewertet haben und vorher alle Sitzungen der jeweiligen Mutter-Kind-Dyade angeschaut haben.

Das Prinzip der Explikation

Mit diesem Prinzip wird der Forscher aufgefordert, sein Vorwissen und alle Einzelschritte seines Forschungsprozesses offen zu legen.

Wir haben sowohl unser Vorwissen als auch unsere Vorgehensweise so weit wie möglich dargestellt. Außerdem ist unsere Videoauswertung im Anhang abgedruckt.

Das Prinzip der Flexibilität

Aus den ersten fünf Prinzipien wird deutlich, daß diese ein hohes Maß an Flexibilität von Forschern und Forschungsprozeß erfordern, um den Besonderheiten des Untersuchungsgegenstandes gerecht zu werden.

Diese Flexibilität mußten wir einige Male aufbringen, zum Beispiel, da wir die Entwicklung einer Forschungsmethode und deren Anwendung ständig an die Gegebenheiten der jeweiligen Kriseninterventionssitzungen anpassen mußten.

5.1.2.4 Die Wahl weiterer Blickwinkel entsprechend dem Triangulationsprinzip

(Ein Beitrag von Jule Dräger)

Um die Videoauswertung zu ergänzen und eine zuverlässigere Hypothese bezüglich der Wirksamkeit der Schreibabyambulanz aufstellen zu können, haben wir in Anlehnung an das Triangulationsprinzip zwei weitere Blickwinkel auf unser Material entwickelt Zunächst soll ein kurzer Überblick über die drei von uns verwendeten Blickwinkel gegeben werden, die in den folgenden Kapiteln näher erläutert werden. Anschließend wird das Triangulationsprinzip näher dargestellt.

Der erste Blickwinkel besteht aus der bereits erwähnten Videoanalyse aus unserer Sichtweise. Dabei beschreiben wir die videografierten Kriseninterventionsverläufe gewissermaßen von einem Beobachterstatus aus.

Der zweite Blickwinkel stellt die Sichtweise der Therapeutin dar. Zu jeder Mutter-Kind-Dyade haben wir ein Gespräch in Form eines stimulated recall mit der Therapeutin durchgeführt, bei dem sie die Kriseninterventionsverläufe aus ihrem „Innenstandpunkt” beschreiben konnte.

Als dritten Blickwinkel auf das Videomaterial haben wir uns für die Anwendung einer leicht modifizierten Form der Emotional Availability Scales[17] entschieden. Mit Hilfe dieser wissenschaftlich anerkannten Skalen lassen sich die Veränderung der Interaktionsqualität abbilden.

Unter Triangulation versteht man die Kombination verschiedener Methoden, verschiedener Forscher, Untersuchungsgruppen, lokaler und zeitlicher Settings sowie unterschiedlicher theoretischer Perspektiven in der Auseinandersetzung mit einem Phänomen. (Flick, 1996, S.249-251)

In Anlehnung an Denzin (1989, S.237 f), der die Triangulation für die vernünftigste Strategie der Theoriekonstruktion hält, haben wir bei unserem methodischen Vorgehen zwei Formen der Triangulation angewandt.

Da die videografierten Kriseninterventionsstunden aus unserer Sichtweise, aus der Sicht der Therapeutin und von vier Ratern untersucht wurden, kann man von einer „Untersucher-Triangulation" sprechen. Hierbei wird deutlich, ob und inwiefern die Therapeutin durch ihre Anwesentheit während der Sitzung und ihre persönliche Sichtweise auf das Interaktionsgeschehen zu anderen Beobachtungen und Interpretationen kommt als wir. Ebenso kann die Perspektive der Rater zu anderen Wahrnehmungen in Bezug auf dieselbe Situation führen.

Des weiteren haben wir eine „methodologische Triangulation" vorgenommen.. Durch die Videobeobachtung unsererseits, die teilnehmende Beobachtung und das stimulated recall der Therapeutin sowie die Anwendung der EA-Scales entsteht eine Kombination von verschiedenen Methoden.. Hierbei wird deutlich, daß es neben der methodologischen Triangulation auch zu einer Verknüpfung von verschiedenen qualitativen Methoden kommt.

Diese Kombination von Methodologien soll nicht zu einer Validierung der Ergebnisse führen. Durch eine Anreicherung und Ergänzung der Erkenntnisse hoffen wir lediglich, ein breiteres und profunderes Erkenntnispotential zu erlangen. Der Grad der Validierung kann in unserer Untersuchung dadurch nicht erhöht werden. Unserem Vorgehen liegt vielmehr die Vorstellung zugrunde, daß die verschiedenen unterschiedlichen Blickwinkel auf die Mutter-Kind-Dyaden nicht die gleichen Schwächen und Verzerrungspotentiale enthalten wie wohlmöglich ein alleiniger Blickwinkel. Wahrscheinlichkeitstheoretisch ist es sehr gering, daß mehrere gleichlautende Erkenntnisse auf der Basis unterschiedlicher Methoden gleichsinnig falsch sind, wenngleich ein solches Ergebnis selbst nicht auszuschließen ist. (Lamnek, 1995) . Mit Hilfe der Untersuchertriangulation versuchen wir ein vermehrtes Vertrauen in die daraus entstehende Erkenntis in Bezug auf die Mutter-Kind-Dyaden und die Wirksamkeit der Schreibabyambulanz zu erlangen.

Die Vergleichbarkeit unserer drei Blickwinkel ist aufgrund unterschiedlicher Gütekriterien nicht möglich. Dennoch kann eine Konvergenz im Sinne von Komplementarität zwischen den verschiedenen Erkenntnissen festgestellt werden. Konvergenz bedeutet hier, daß sich die Erkenntnisse in ihrer Aussage ineinander fügen und sich ergänzen, nicht aber kongruent sein müssen. Dies ist der Fall, wenn alle Blickwinkel zu der Erkenntiss kommen, daß es im Verlauf der Krisenintervention zu einer Verbesserung der Mutter-Kind-Dyaden gekommen ist.

5.2 Erster Blickwinkel: Videoanalyse aus unserer Sichtweise

5.2.1 Auswahl der Mutter-Kind-Dyaden

Die Auswahl der Mutter-Kind-Paare wurde uns durch die praktischen Erfordernisse des Forschungsplans vorgegeben. Da wir für diese Diplomarbeit nur einen begrenzten Zeitrahmen zur Verfügung hatten und nicht jede neue Mutter in der Schreibabyambulanz bereit war, sich filmen zu lassen, mußten wir die ersten sechs Mutter-Kind-Dyaden auswerten, die sich filmen lassen wollten und die Krisenintervention nicht vorzeitig abgebrochen haben.

Dies ist unser einziges Auswahlkriterium für die Stichprobe der Mutter-Kind-Dyaden. Weder die Therapeutin noch wir hatten damit einen direkten Einfluß auf die Auswahl.

5.2.2 Die einzelnen Schritte der Videoauswertung
5.2.2.1 Die Reduktion der Daten

Innerhalb des Zeitraumes von Juli 1999 bis März 2000 haben wir von sechs Mutter-Kind-Dyaden insgesamt 52 Sitzungen auf Video aufgenommen. Durchschnittlich hat jede Mutter-Kind-Dyade also 8,67 Sitzungen in Anspruch genommen.

Wichtigstes Ziel war zunächst eine Reduzierung der Datenmenge. Hierfür haben wir zwei Möglichkeiten genutzt.

Erstens haben wir zwar vor jeder Auswertung alle Sitzungen einer Mutter-Kind-Dyade angeschaut, ausgewertet wurden aber die erste und die letzte Sitzung jeder Mutter-Kind-Dyade, sowie eine mittlere Sitzung, die uns besonders interessant oder repräsentativ erschien. Damit war die Zahl der auszuwertenden Sitzungen auf 18 begrenzt.

Hier haben wir also sowohl time- als auch eventsampling verwendet.

Zweitens haben wir durch unser Auswertungsverfahren eine ständige Datenreduktion vorgenommen. Schon die Videoaufnahme bedeutet eine Datenreduktion, da nur ein kleiner Teil sämtlicher möglicher Daten auf dem Video aufgezeichnet werden kann (Alberti, 1994, S.53 f). Die folgende Verschriftlichung und Kategorisierung stellt eine weitere wesentliche Datenreduktion und Interpretation dar. Entscheidend ist nach Alberti (1994, S.53 f), daß aus den Kategorisierungen auf das Verschriftlichte und aus diesem auf die Rohdaten rückgeschlossen werden kann, was selten erreicht werde. Außerdem möchte ich darauf hinweisen, daß in der Literatur kaum angegeben wird, wie in qualitativen Videoanalysen mit der Komplexität des Videomaterials umgegangen werden sollte (Bleck, 1998).

Wir haben versucht, diese Möglichkeit des “Rückschließens” so weit wie möglich herzustellen, indem jeder einzelne Arbeitsschritt dokumentiert ist. Gleichzeitig erreichen wir mit dem unten dargestellten Verfahren eine Datenreduktion, die uns letztlich für die Hypothesenbildung über die Wirksamkeit der Schreibabyambulanz notwendig erscheint.

5.2.2.2 Unsere Vorgehensweise bei der Videoauswertung

Hier soll detailliert unsere Vorgehensweise bei der Videoauswertung geschildert werden.

Wir haben jede Mutter-Kind-Dyade getrennt ausgewertet und erst mit einer neuen Mutter-Kind-Dyade begonnen, wenn sowohl unsere Videoauswertung als auch die Sichtweise der Therapeutin (siehe unten) abgeschlossen war. Jule Dräger und Christian Werner haben alle Videositzungen gemeinsam ausgewertet. Diese Auswertungen befinden sich im Anhang dieser Diplomarbeit. Wir möchten betonen, daß diese Videoauswertung einer der wichtigsten Arbeitsschritte unserer Diplomarbeit ist. Dem interessierten Leser sei die Lektüre dieser Auswertungen sehr zu empfehlen.

5.2.2.2.1 Erster Überblick über den Kriseninterventionsverlauf

Zunächst haben wir die gesamten Sitzungen einer Mutter-Kind-Dyade angeschaut, um einen Eindruck von diesem Mutter-Kind-Paar zu bekommen. Wir haben uns zu diesem Vorgehen entschieden, obwohl wir bei der folgenden Auswertung einzelner Sitzungen dadurch nicht mehr unbeeinflußt sein konnten. Anderenfalls hätten wir aber die erste Sitzung ohne Anhaltspunkte für eventuelle Probleme der Mutter-Kind-Dyade auswerten müssen, was zu einer ungefilterten Interpretation zahlreicher Beobachtungen und damit zu einer nicht akzeptablen Datenmenge geführt hätte. Schon an dieser Stelle wird deutlich, daß wir in unserer „Beobachterrolle” eine subjektive Sichtweise auf den Forschungsgegenstand eingenommen haben.

5.2.2.2.2 Das Auswertungsverfahren

Bei der Auswertung der einzelnen Sitzungen zeigte sich eine deutliche Heterogenität in ihrem Ablauf, das heißt, wir konnten wichtige Beobachtungen zu jeweils unterschiedlichen Zeitpunkten der Sitzungen machen. Folglich mußte timesampling als Möglichkeit einer Datenreduktion innerhalb einer Sitzung verworfen werden. Wir haben daher die Daten mittels eventsampling reduziert, welches in diesem Kapitel dargestellt wird.

Auf eine Transkription haben wir verzichtet, da die Therapeutin häufig Körperarbeit einsetzt und die Kinder alle noch nicht sprechen konnten.

Innerhalb der gesamten Sitzung haben wir für uns subjektiv wichtige events ausgewählt, wobei wir für jede Mutter-Kind-Dyade und wiederum für jede ihrer Sitzungen individuell vorgegangen sind.

Bei der Auswahl der subjektiv wichtigen events haben wir die Handlungen der Therapeutin nicht berücksichtigt, sondern uns auf die Mutter – Kind – Interaktion konzentriert. Hierin spiegelt sich unsere Hypothese wieder, daß sich die Wirksamkeit der Krisenintervention (auch) in einer Verbesserung der Interaktionsdynamik feststellen läßt. Diese Hypothese stützt sich auf die im Theorieteil dargestellte Säuglings- und Bindungsforschung, auf die dargestellten Erfahrungen von Harms sowie auf Vorgespräche mit der Therapeutin.

Wir haben den Schwerpunkt auf die direkt beobachtbare Interaktion gelegt. Informationen über die Interaktion, die wir aus dem Gespräch der Mutter mit der Therapeutin erhalten haben sowie sonstige Besonderheiten, die uns aufgefallen sind, haben wir ebenfalls berücksichtigt. Sowohl die Individualität jeder Mutter-Kind-Dyade als auch das unterschiedliche Alter der Kinder – aufgrund der Konzentration auf das altersspezifische “klinische Fenster” (Stern, 1998, S.90 ff) – hat unsere Eventauswahl sowie die Interpretation beeinflußt und wurde nach Möglichkeit als Information genutzt.

Leider konnten wir aus dem Videomaterial nur eingeschränkt die Qualität der Berührungen abschätzen, die anerkanntermaßen während der Säuglingszeit eine bedeutende Rolle spielen. Hier hat sich die Berücksichtigung der Sichtweise der Therapeutin im zweiten Blickwinkel als sehr vorteilhaft erwiesen.

Zunächst sahen wir eine mikrovideoanalytische Auswertung der Mutter – Kind – Interaktion als ideale Methode an.[18] Aus kameratechnischen Gründen (weiter Kamerawinkel, kein split screen) war die mikrovideoanalytische Auswertung aber nicht möglich.

Statt dessen haben wir uns entschieden, alle für uns subjektiv wichtigen events auszuwählen und dabei die im folgenden Kapitel erläuterten Beobachtungskonstrukte zu berücksichtigen. Diese haben wir vor Beginn der Auswertung ausgearbeitet und im Laufe des Forschungsprozesses flexibel durch neue Dimensionen ergänzt, die für die jeweilige Mutter-Kind-Dyade besondere Bedeutung hatten.

Besondere Betonung soll hier unser Versuch finden, uns dem Videomaterial gegenüber immer „offen” zu halten. Folglich haben wir nicht nach bestimmten Konstrukten gesucht, sondern nur beschrieben, was uns beim Anschauen der Videos auffiel. Dies ist auch der Grund für die Unvollständigkeit der unten näher erläuterten Tabelle, die die Veränderung der Problemschwerpunkte darstellt.

Jedes von uns als wichtig eingestufte event ist im Anhang mit:

- genauer Zeitangabe (timecode),
- einer Beschreibung unserer Beobachtung und
- unserer Interpretation dieser Beobachtung aufgeführt.

Auf die Trennung zwischen Beobachtung und Interpretation haben wir dabei besonderen Wert gelegt, obwohl es sicherlich keine Beobachtung gibt, die frei von Interpretationen ist.[19] Sämtliche Interpretationen sind nicht als Personenzuschreibungen oder Diagnostik zu verstehen, sondern als unsere subjektiven Hypothesen. Außerdem konnten wir nur eingeschränkt berücksichtigen, daß die Mütter häufig von der Therapeutin in ihrer Mutterrolle entlastet wurden.

Aus Zeitgründen (eine Auswertung einer Sitzung dauert etwa 10 Stunden) konnten wir jede auszuwertende Sitzung zwei Mal anschauen.

Wie bereits angedeutet, haben wir versucht, unsere Übertragungs- und Gegenübertragungsphänomene bewußt zu machen und als weitere Information zu nutzen. Dabei hat es sich als vorteilhaft erwiesen, daß alle Videoanalysen zu zweit durchgeführt wurden.

Abschließend soll erwähnt werden, daß uns Seminare von Ziegenhain und Downing sowie das Ratertraining für die EA-Scales auf die qualitative Videoanalyse vorbereitet haben.

5.2.3 Wichtige Konstrukte zur Beobachtung der Mutter-Kind-Interaktion

(Ein Beitrag von Jule Dräger)

Die hier genannten Aspekte stellen nur eine Auswahl von zahlreichen Beobachtungskriterien der Mutter-Kind-Interaktion dar. Die Konstrukte wurden von uns konkret anhand der videografierten Kriseninterventionsstunden ausgewählt und lehnen sich alle an Beschreibungen oder Untersuchungen der derzeitigen Säuglingsforschung an. Im Folgenden werde ich die verschiedenen Konstrukte vorstellen und dazu beispielhaft Fragen stellen, um die Praxisrelevanz für die Kriseninterventionsstunden zu verdeutlichen.

Um den Rahmen der hier vorliegenden Arbeit nicht zu überschreiten, können wir uns den einzelnen Konstrukten nicht in einer derart detailierten Form widmen, wie es eine mikroanalytische Analyse verlangen würde.

Da wir anhand des Eventsamplings nur bestimmte Videosequenzen beobachten, erfüllt auch das Vorkommen der hier beschriebenen Konstrukte nicht den Anspruch auf Vollständigkeit innerhalb einer Mutter-Kind-Dyade.

5.2.3.1 Affektabstimmung ("affect attunement" nach D. Stern)

Wie stimmt sich die Mutter auf ihr Kind ein?

Affektabstimmung bezeichnet die Einstimmung der Mutter auf einen Gefühlszustand des Kindes, der sich in der aktuellen Handlung des Kindes ausdrückt.

Ein Beispiel nach D. Stern (Dornes, 1994, S.154):

Ein Kind schlägt in einem bestimmten Rhythmus mit der Hand auf ein Spielzeug. Die Mutter kommentiert das mit einem "Kaa-bam", wobei das langgezogene Kaa zum Heben des Arms, das Bam zum Fallen paßt.

Die Mutter nimmt die Charakteristik des Schlagens, seinen Rhythmus und seine Geschwindigkeit in sprachlicher Form auf. Es ist demnach kein Immitieren, sondern ein Kommentar in einer anderen Sinnesmodalität. Die Einstimmung bezieht sich auch in erster Linie nicht auf das äußere Verhalten des Kindes, sondern auf einen Gefühlszustand, der sich darin ausdrückt.

Affect attunement bezieht sich also auf die amodalen Eigenschaften von Affekten, auf ihre Intensität, ihren Rhythmus, ihre zeitliche Kontur. Es verwendet meistens eine andere Modalität und gibt nicht Verhalten als solches wieder, sondern Gefühle, die sich darin ausdrücken. (Dornes, 1994, S.154-155)

Stern entwickelt eine Klassifikation des bewußt oder unbewußt absichtsvollen attunement-Gebrauchs. Zwei Formen des attunements werden im Folgenden erklärt:

a) communing attunement

Hier teilt die Mutter den Zustand des Kindes, ohne diesen zu beeinflussen oder zu verändern. Sie möchte mit dem Kind sein, ("to share, to be with, to join"), wonach das Kind nach Downing (1996, S.165) ein angeborenes Verlangen hat. Communing attunement ermöglicht die maximale Gemeinsamkeit im Erleben von Gefühlen (Stern, 1992, S.208 ff). Es schafft die Erfahrung, das innere Zustände keine privaten Ereignisse sind, sondern soziale- und Beziehungsangelegenheiten.

Bereits neun Monate alte Säuglinge können Abweichungen im Grad des Zusammenpassens von Verhaltensweisen, die attunement ausdrücken, wahrnehmen. Dornes stellt die Hypothese auf, daß die Genauigkeit des Zusammenpassens ein Ziel in sich selbst und entwicklungsfördernd ist[20]. Abweichungen werden nicht nur bemerkt und unterbrechen den Fluß der Aktivität, sondern können bei Häufung zum Schaden der weiteren Entwicklung führen (Dornes, 1994, S.158).

b) selektiv attunement

Hier verändern und beeinflussen Bezugspersonen den Zustand des Kindes. Auf averbalem Weg kommunizieren Eltern durch selektive Einstimmung, welche Gefühle und Handlungen intersubjektiv teilbar sind und welche nicht. Durch bloße Nichtbeachtung oder das mimisch subtil ausgedrückte Mißbehagen wird dem Kind selbst ohne explizite Verbote die Abneigung der Eltern vermittelt (Dornes, 1994, S.156). Fehlt die elterliche Abstimmung bei einem bestimmten Affekt (zum Beispeil Traurigkeit) aufgrund einer emotionalen Problematik der Bezugsperson, so entwickelt das Kind seine affektmotorischen Schemata bei dieser Emotion unzureichend. Die Affektabstimmung hat einen großen Einfluß auf das Kind und sein Erlernen, mit den eigenen Affekten umzugehen.

Bestimmte Affekte können gedämpft, beziehungsweise im Ausdruck expressiv übertrieben werden. Das Kind kann auch mit Hilfe von Affektabstimmung in höhere beziehungsweise niedrigere Erregungszustände gebracht werden. Dies hat eine große Bedeutung bei der Beruhigungsfähigkeit des Kindes im Quengelzustand (siehe Kap.5.2.3.9).

5.2.3.2 Aufmerksamkeitsfokus der Mutter

Ist die Bezugsperson mit ihrer Aufmerksamkeit auf das Kind konzentriert?

Eine Bezugsperson, die ihre Aufmerksamkeit hauptsächlich auf andere Dinge, Themen oder Personen fokussiert, ist nicht fähig, die kindlichen Signale zu erkennen, adäquat auf sie einzugehen beziehungsweise auf angemessene Art und Weise Kontakt zum Kind zu initiieren. Ebenso ist der Säugling nicht fähig, seine subjektiven Wahrnehmungen mitzuteilen, wenn die gemeinsame Ausrichtung der Aufmerksamkeit nicht gegeben ist (Stern, 1992, 184 ff).

Dornes (1994, S.64) schreibt vom „zyklischen Charakter der Aufmerksamkeit", der, von Affekten begleitet, zu jeder Interaktionssequenz gehört, wobei die Initiative mal mehr vom Kind und mal mehr von der Bezugsperson ausgeht.

Des weiteren ist zu beachten, wie die Bezugsperson mit dem Aufmerksamkeitsfokus des Kindes umgeht. Entsteht ein gemeinsamer Aufmerksamkeitsfokus ("shared attention") zwischen beiden, so daß sich ein Moment der Gemeinsamkeit herstellt?

Unterstützt die Bezugsperson den Aufmerksamkeitsfokus des Kindes oder unterbricht sie diesen? Unterbricht sie den Aufmerksamkeitsfokus durch physisches und /oder verbales Eingreifen?

5.2.3.3 Interaktion in Bezug auf den Körper

5.2.3.3.1 Berührung und Körperkontakt

M. Ainsworth Untersuchungen führten zu dem Ergebnis, daß die „Interaktion im Rahmen eines engen Körperkontakts" den Aspekt des Alltagsverhalten der untersuchten Mütter darstellt, der am deutlichsten mit der Einschätzung „sichere Bindung/ unsichere Bindung" korreliert (Ainsworth, M. u.a., 1978, S.153, siehe auch S.125, S.292).

Die Kinder mit einer sicheren Bindung erwiesen sich als diejenigen, deren Mütter im Bereich von Berührung und Körperkontakt als am kompetentesten eingeschätzt wurden. Mütter und Kinder wurden hierbei getrennt von einander untersucht. Außerdem stellte Ainsworth fest, daß die Quantität der Berührung bis auf extreme Fälle wenig Auswirkung hatte. Die Qualität der Berührung ist ausschlaggebend.

Als zentrale Faktoren erwiesen sich die zeitliche Abstimmung, die Fähigkeit, auf das Kind einzugehen und ihm Raum für seine Initiative der Berührung zu geben, sowie die generelle Kompetenz im körperlichen Austausch.

Zu den folgenden Aspekten lassen sich in Anlehnung an G. Downing (1999) daraufhin Fragen entwickeln:

5.2.3.3.2 Körperkoordination

Manipuliert die Mutter die Geschwindigkeit und die räumliche Ausdehnung der kindlichen Bewegungen?

Schränkt die Mutter durch ihre Körperbewegungen die des Kindes ein?

5.2.3.3.3 Körperliche Kompetenz

Kann sich die Bezugsperson in das körperliche Empfinden des Kindes einfühlen? Wird beim Kind körperliches Unbehagen oder Schmerz zum Beispiel in Pflegesituationen hervorgerufen?

5.2.3.3.4 Körperkontaktaufnahme der Mutter

Wie nimmt die Bezugsperson Körperkontakt zum Kind auf?

In welcher Art und Weise wird das Kind hochgenommen? Wieviel Körperkontakt haben beide, und wo genau berühren sich die Körper? In welchem Ausmaß berücksichtigt die Bezugsperson die Veränderungen der Körperhaltungen des Babys?

Bietet die Mutter ein „Containment“, das heißt ein grenzgebendes Halten für das Kind? Ein gelungenes Containment geben heißt, daß die Mutter durch ihre Präsenz dem Kind eine Art Feld bietet, indem sich beide bewegen und das dem Kind den Boden und Rahmen gibt, sich sicher aufgehoben zu fühlen. (Okratz, 1988)

Wie ist die Übergabe des Kindes zwischen der Mutter und dem Vater beziehungsweise der Therapeutin?

5.2.3.3.5 Körperkontaktaufnahme des Kindes

Nimmt das Kind mit dem ganzen Körper Kontakt auf, oder macht es nur zögernde Kontaktversuche mit den Händen? Inwieweit kann das Kind seinen ganzen Körper entspannen und sich an die Mutter anschmiegen, oder macht sich das Kind steif, dreht und wendet sich und stemmt sich gegen die Mutter? Hat das Kind ausreichend Raum, selbst die Initiative für Berührung zu ergreifen und die Art des Kontaktes mitzugestalten?

5.2.3.3.6 Gegenseitiger Körperkontakt

Inwieweit beruht der Körperkontakt auf Gegenseitigkeit? Ist die Bezugsperson fähig, sich mit ihren Berührungen auf die Signale des Kindes abzustimmen? Der Säugling hat das Bedürfnis nach einem "Berührungsduett" (Downing, 1996, S.155 ff), das heißt der Abstimmung des Körperkontakts auf seine Signale. Diese Erfahrung hat extreme Auswirkungen auf sein frühes Gefühl von körperlichem Wirkungsvermögen und körperlicher Autonomie.

5.2.3.3.7 Körperhaltung und -organisation

Geht die Mutter in Opposition zur Richtung des Kindes? Wie sieht die körperliche Distanz zwischen den Partnern aus? Gibt es eine Annäherung oder einen Rückzug? Welchen Grund hat eine eventuelle Haltungsänderung? Läßt sich eine Veränderung der Kopforientierung eines Partners beobachten, sodaß eine direkte vis-à-vis-Position eingenommen oder aufgehoben wird? Findet eine Ausrichtung mit Blick und Körper auf den Partner statt?

Nach Stern (1998, S.83 ff) verfügt der Säugling sowohl über ein angeborenes allgemeines Repertoire dieser Verhaltensweisen, alsauch über die Fähigkeit, diese bei anderen zu dekodieren. Die hier nur beispielhaft genannten Verhaltensweisen regulieren das Engagement und die Bezogenheit in der Mutter-Kind-Interaktion. Ihre Motive sind ein Näher-oder Abrücken, der Wunsch, Interaktion zu vermeiden, sie zu initiieren oder zu beenden, das Signalisieren einer positiven oder negativen Aktionstendenz und so weiter.

5.2.3.4 Vitalitätsaffekte

Vitalitätsaffekte sind Erlebniseigenschaften, die der Säugling bei sich und anderen Personen wahrnehmen kann. Diese Qualitäten lassen sich nach Stern am besten mit dynamischen, kinetischen Begriffen charakterisieren, wie "aufwallend", "explosionsartig", "anschwellend", "flüchtig", "abklingend" und so weiter. (Stern, 1992, S.83 ff)

Der Säugling nimmt diese vitalen Qualitäten nicht nur in bezug auf Affekte und Wahrnehmungen, sondern auch in bezug auf das mütterliche Handeln wahr. So ist zum Beispiel die Vitalität des stimmlichen und visuellen Ausdrucks der Mutter wichtig, um Blickkontakt entstehen zu lassen. (Zur Bedeutung des Blickkontakts, siehe Kap.5.2.3.7)

Wie sind die vitalen Handlungsqualitäten, die sogenannten Vitalitätsaffekte der Bezugsperson?

Der Säugling kann diese zum Beispiel als hektisch, plötzlich, ruckartig oder eher flüssig, harmonisch, kraftlos oder nervös wahrnehmen.

5.2.3.5 Der Umgang mit Aufgabensituationen/ Ritualen

Downing (1999) unterscheidet zwischen einem Ritual beziehungsweise Aufgabensituation und einer Spielsituation. Aufgabensituationen, wie zum Beispiel Füttern, Wickeln, Ankleiden und ähnliches sollten klar strukturiert sein. Das Strukturieren von Aufgabensituationen und Ritualen kann bei dem Kind dazu beitragen, das Strukturieren des eigenen Handelns zu erlernen. (Downing, 1999, siehe auch Kap.5.2.3.11)

Inwieweit strukturiert die Bezugsperson ein Ritual beziehungsweise eine Aufgabensituation?

Wie wird die abhandengekommene Aufmerksamkeit des Kindes in einer Aufgabensituation wiedergewonnen?

Nach Downing (1999) ist es wichtig, daß die Mutter hierbei nicht den Interessen des Kindes folgt, wenn diese von der Durchführung der Aufgabensituation wegführen. Die Mutter sollte nur kurz auf den kindlichen Interessenfokus eingehen und diesen bestätigen. Sie sollte erklären, warum die Aufgabe weitergeführt werden muß, und das Kind sollte erfahren, daß seine Interessen nicht sofort, sondern zu späterem Zeitpunkt verfolgt werden können. Grundsätzlich ist es besser, das Kind abzulenken, als ihm zu viele Regeln und Prinzipien vorzuschreiben.

Durch diesen Umgang kann das Kind lernen, positive innerliche Modelle von Kooperation aufzubauen.

5.2.3.6 Spaß an der Interaktion

Scheinen beide Spaß und Freude an der Interaktion zu haben?

Oder hat nur einer der Partner Spaß an der Interaktion?

Idealer weise sollte die Bezugsperson in authentischer und kongruenter Art und Weise Interesse, Spaß und Freude mit dem Kind zeigen. Dies manifestiert sich zum Beispiel durch Lächeln, Kichern, interessiertem Blickkontakt und angenehmem und spielerischem Körperkontakt (Biringen, 1998, S.21 ff).

Negative Phantasien und Repräsentationen der Bezugsperson üben, wenn sie in interaktives Verhalten übersetzt werden, einen direkten Einfluß auf den Säugling aus. Die Inszenierung einer Repräsentation, die eine Mutter in der Interaktion mit ihrem Kind vornimmt, lässt das Kind nicht passiv, sondern es reagiert seinerseits reziprok oder komplementär (Stern, 1998, S.55-56). Somit sind auch die Repräsentationen der Bezugsperson von entscheidender Bedeutung für die Interaktion.

Das affektive Erleben der Mutter in der Interaktion kann vom Säugling auch über seine Fähigkeiten der amodalen Wahrnehmung erfasst werden. (Stern, 1992, S.74 ff)

5.2.3.7 Blickkontakt

Entsteht Blickkontakt zwischen Mutter und Kind?

Wie wird der Blickkontakt von Mutter und Kind hergestellt oder vermieden?

Der frühe Blickkontakt zwischen Säugling und Bezugsperson hat nach Keller (1997, S.633) verschiedene Funktionen:

- Das Kind lernt durch den elterlichen biologischen Spiegel, daß sein Verhalten Konsequenzen hat, beziehungsweise, daß es sich als Ursache von Verhalten betrachten kann. Diese Kausalitätserfahrungen werden als Grundlage für die Entwicklung des kindlichen Selbstkonzepts angesehen.
- Das Kind kann sich über eine Situation anhand der mütterlichen Mimik und des Blicks orientieren ("Social referencing").
- Der Blickkontakt bietet dem Kind Unterstützung beim Spracherwerb aufgrund des Lippen- und Mimiklesens.
- Der Blickkontakt bietet eine neurologische Stimulanz für die Weiterentwicklung des Sehens, wie auch die neurologische Differenzierung insgesamt.
- Die Entwicklung der Bindung zur Mutter und somit auch für anderen soziale Beziehungen wird unterstützt (Downing, 1999).

Das Bemühen um Blickkontakt ist nach Keller& Gauda (1987) Teil der intuitiven didaktischen Interaktion in den ersten Lebensmonaten. Die Bezugsperson lenkt durch typische Vorgehensweisen die Aufmerksamkeit des Kindes auf das eigene Gesicht. Hierzu gehört die En-face-Position, der optimale Augenabstand von gut 20 cm (Papousek, 1995, S.8) und rhythmische Schnalzlaute. Bei hergestelltem Blickkontakt reagiert die Bezugsperson mit dem sogenannten Grußgesicht, das heißt der Kopf wird zurückgebogen, die Augenbrauen angehoben, und es wird gelächelt (Keller, 1997, S.632). Durch die Kontingenz, Konsistenz und die Angemessenheit der Verhaltensweisen (siehe Kap.5.2.3.12) der Bezugsperson entsteht eine dialogähnliche Interaktion.

Blickzuwendung wird als Ausdruck von Interesse, Orientierung und Exploration interpretiert, Blickabwendung hingegen als Langeweile oder Reaktion auf ein unlösbares Problem ( Keller, 1987, S.637, vgl. auch Papousek, 1994).

Die Blickkontaktvermeidung wird beim Säugling mit Hilfe von Augenschließen, Blinzeln, Kopfdrehen, Körperdrehen, neutralem bis angespanntem Gesicht und teilweise sehr angespannter Körperhaltung hergestellt (Keller& Gauda, 1987). Sie wird beim Kind als Reaktion auf eine überstimulierende, zudringliche oder kontrollierende Mutter verstanden. Untersuchungen haben gezeigt, daß Eltern blickkontaktvermeidender Kinder nicht kontingent, konsistent oder adäquat reagieren (Keller& Gauda, 1987).

Nach einer Untersuchung von H. Keller korreliert die Blickvermeidung des Kindes positiv mit einer mangelnden Kongruenz beziehungsweise Echtheit der Mutter. Unter Echtheit ist die Selbstintegration und Selbstkongruenz zwischen den mütterlichen Gefühlen und Affekten gemeint, die sich auf das Selbst und die Anforderungen von außen beziehen. (Keller, 1997, S.639)

Das bedeutet, zum Beispiel daß eine Mutter, die in ihrer Mutterrolle selbstunsicher ist und deshalb eine Bestätigung beim Kind sucht, durch eine Überstimulation des Blicksuchens einen Teufelskreis erzeugen kann.

5.2.3.8 Signale des Kindes

Wie sind die Signale des Kindes?

Signale können alters- und entwicklungsspezifisch sehr unterschiedlich sein. Stern spricht von den unterschiedlichen "klinischen Fenstern", die je nach Entwicklungsstand des Kindes vom Beobachter der Interaktion eine andere Blickweise verlangt (Stern, 1998, S.90 ff).

Dabei können Quantitäten ebenso wie Qualitäten der kindlichen Äußerungen beobachtet werden.

Wirken die Kontaktaufnahmen des Kindes zum Beispiel ängstlich, aufdringlich, wütend oder zögerlich?

5.2.3.9 Beruhigungskompetenzen

Wie kompetent ist die Bezugsperson, das Kind aus einem Quängelzustand wieder zu beruhigen?

Durch die angeborene Fähigkeit der Mutter zum affectattunement kann die Mutter sich auf den Quengelzustand des Kindes verbal und mimisch abstimmen. Durch die gezielte Modulation des Ausdrucks kann der Säugling vom Quengelzustand in die Beruhigung übergeleitet werden.

Dies geschieht in 2 Schritten (Downing, 1999):

Zuerst stimmt sich die Mutter mit Stimme und Gesichtsausdruck auf den Quengelzustand des Säuglings ein. Sie holt ihn sozusagen dort ab, wo er sich in seinem affektiven Zustand gerade befindet.

Anschließend macht die Mutter einen Ton, der von einer hohen Stimmlage in eine tiefe klingt. Sie sagt zum Beispiel "ist ja gut...", die Betonung liegt dabei auf der ersten Silbe ("ist"), so daß die Stimme der Mutter zum Ende der Lautfolge hin abfällt und ausklingt. (Stern, 1992, S.90)

Dem Säugling kann so verholfen werden, sich aus seinem Quengelzustand und Streß wieder zu beruhigen und nicht in einen Zustand des Schreiens überzugehen. (Papousek, 1995, S.7, siehe auch Kap.3.4)

Wenn das Kind schreit, ist diese Form der Beruhigung in der Regel nicht mehr effektiv. Bedeutend ist es in dieser Situation, ob die Bezugsperson den affektiven Zustand des Schreiens beim Kind insofern akzeptieren kann, als daß sie nicht in den gleichen Erregungszutand gerät oder dem Kind gegenüber ablehnend reagiert (Downing, 1999, siehe dazu auch Kap.4.7). Die Mutter sollte für das Kind durch ihre Ruhe und Sicherheit einen "Anker" oder "scaffold" (Biringen, 1998, S.31) darstellen.

5.2.3.10 Selbstregulation des Kindes

Läßt die Mutter genug Raum und Zeit für die Selbstregualtionsmechanismen des Säuglings? Wie reagiert die Mutter, wenn sich der Säugling zum Beispiel mit seinem Blick und/oder Kopf abwendet?

Eltern, die ihr Kind dazu "benutzen", sich selbst zu definieren, das heißt eigene Ziele zu realisieren, sind von vermeidendem Verhalten des Kindes betroffen. Darauf folgt eine weitere Verunsicherung des Selbstwertgefühls, was wiederum das elterliche Verhalten beeinflußt. (Keller, 1997, S.639 ff)

(Zur Art und Bedeutung der Selbstregulationsmechanismen des Säuglings siehe Kap.3.3)

5.2.3.11 Zeit-Raum-Strukturierung

Ständige Störungen des rhythmischen Austauschs in den ersten Monaten ziehen einen Mangel an Bindungssicherheit im Alter von einem Jahr und sogar noch später nach sich (Stern, 1971, S.501-517). Wenn Säuglingen im Verlauf des nonverbalen Austausches nicht genügend Pausen ermöglicht werden, tendieren die Säuglinge, die den Kontakt nicht mit eigenen Signalen erwidern können, dazu, die Interaktionsfolge ganz abzubrechen. Bei einer eindeutig zudringlichen Überstimulierung kam es in einer Untersuchung von Brazelton u.a. (1974) höchstwahrscheinlich zu einer stärkeren Verzweiflungsreaktion des Säuglings. Er weinte, fuchtelte wild mit den Armen und ähnliches mehr.

Je nachdem, auf welche Art und Weise dem Kind Raum und Zeit gelassen wird, lernt es Raum und Zeit zu strukturieren.

Die Zeit wird nach Downing (1999) strukturiert, wenn Ende und Anfang oder Abschnitte von Aufgabensituationen durch Gesten, Worte oder auch die Harmonie von Stimmlage, Tönen und Bewegungen der Mutter markiert werden. Auch Spannungsmomente können zum Beispiel im Verlauf einer Handlung mit Hilfe derartiger Signale verdeutlicht werden, um zur Raum-Zeit-Strukturierung beizutragen.

In Bezug auf den eigenen Raum des Kindes sollte die Mutter darauf achten, die Körpergrenzen des Kindes zu wahren und ein Eintreten vorher dem Kind zu signalisieren.

Läßt die Bezugsperson dem Kind genug Raum und Zeit, um den eigenen Impulsen zu folgen?

Bestimmt die Mutter die Struktur des Interaktionsverlaufs, das heißt, initiiert sie ein bestimmtes Programm, was das Erkundungsbedürfnis und die Mitbestimmung des Kindes einschränkt?

5.2.3.12 Responsivität

Die Responsivität der Mutter ist ihre Bereitschaft und Fähigkeit, die Bedürfnisse des Kindes zu beantworten und auf seine Äußerungen adäquat einzugehen. Dies ist dann wirkungsvoll, wenn die Mutter in ihrem Verhalten angemessen, konsistent und kontingent ist. Dieses komplexe Muster von Verhaltensmerkmalen wird als "Responsivität", "Feinfühligkeit" (Ainsworth, 1977) oder "Sensitivität" bezeichnet (vgl. Keller, 1997, S.632).

5.2.3.12.1 Angemessenheit des mütterlichen Verhaltens

Reagiert die Mutter auf die Äußerungen des Säuglings adäquat?

Das mütterliche Verhalten ist angemessen, wenn sie den Entwicklungsstand und den Zustand des Säuglings berücksichtigt, seine Signale dementsprechend richtig interpretiert und im richtigen Verhältnis auf das Bedürfnis des Säuglings reagiert. Dabei besteht die Gefahr, daß die Signale des Säuglings durch die Bedürfnisse der Mutter sowie die Projektionen dieser Bedürfnisse auf das Kind verzerrt oder falsch interpretiert werden.

5.2.3.12.2 Konsistenz

Zeigt die Mutter auf bestimmte Signale des Kindes immer eine bestimmte, gleiche Verhaltensweise?

Das elterliche Verhalten ist konsistent, wenn es so zuverlässig auf die Signale des Kindes erfolgt, daß dieses Erwartungen über den Inhalt bilden kann. (Keller, 1997, S.632)

5.2.3.12.3 Kontingenz

Wie prompt reagiert die Mutter auf den Säugling?

Das elterliche Verhalten wird als kontingent bezeichnet, wenn es sich in einer Latenzzeit von 200-600 ms auf das Verhalten des Säuglings bezieht. In dieser Zeitspanne wird die Gedächniskapazität des Säuglings berücksichtigt (Keller, 1997, S.632).

Eine kontingente Belohnung verstärkt die kindliche Aufmerksamkeit und Motivation und bildet so die Grundlage der kindlichen Selbstentwicklung. Der Säugling lernt Erwartungen an seine Umwelt auszubilden und erfährt seine eigene Wirksamkeit, da auf sein Verhalten stets eine bestimmte Reaktion folgt. Dies ist wichtig zur Entwicklung einer internalen Kontrollüberzeugung.

Strafend-, kontrollierende Einstellungen und inkontingentes Verhalten führen beim Kind zu einer externalen Kontrollüberzeugung. Denn hierbei wird die externe Kontrolle direkt erfahren und die Einschränkung, die aus der Kontrolle folgt, verhindert die Erfahrung eigener Kompetenz.

5.2.3.13 Offene und verdeckte Feindseligkeit

Feindseligkeit liegt nach Z. Biringen (1998, S.39 f) vor, wenn Unzufriedenheit, Ungeduld und Ärger in verdeckter oder offener Form die Atmosphäre einer Interaktion bestimmen. Die feindselige und angsteinflösende Stimmung muß sich dabei nicht direkt gegen das Kind richten.

Offene Feindseligkeit liegt vor, wenn die Mutter sich über ihr Kind lächerlich macht, es beschämt oder ihm mit Trennung oder Mißhandlung droht. Dies gilt, selbst wenn es auf humorvolle Weise geschieht. Die Mimik und Stimme der Mutter wirken in diesem Fall sehr hart und ihr Verhalten kann dem Kind Angst machen.

Verdeckte Feindseligkeit liegt zum Beispiel vor, wenn die Mutter dem Kind gegenüber gelangweilt oder unzufrieden ist, die Augen zur Decke dreht, die Stimme erhebt, das Kind zu necken versucht oder passiv-aggressives Verhalten zeigt.

5.2.3.14 Bestätigung des kindlichen Handelns

Bestätigt die Mutter die Handlungen des Kindes durch Sprache und Gestik?

Bestätigt die Mutter auch Handlungen des Kindes, die sich auf die Außenwelt außerhalb der Mutter-Kind-Dyade beziehen?

Die Bestätigungen des kindlichen Handeln unterstützen und stimulieren die Interessen des Kindes. (Downing, 1999)

5.2.3.15 Authentizität/ Kongruenz der Mutter

Sind verbale und nonverbale Äußerungen der Mutter kongruent miteinander?

Das Erleben, Fühlen und Denken einer kongruenten Mutter stimmen mit ihren Äußerungen und ihrer Gestik und Mimik überein. Keller bezeichnet die Selbstintegration und Selbstkongruenz zwischen den mütterlichen Gefühlen und Affekten auch als Echtheit. Diese befähigt die Mutter, ihre eigenen Gefühle wahrzunehmen, ermöglicht ihr, ein Gefühl für die Bedürfnisse des Kindes zu entwickeln und sensitiv für den kindgerechten Umgang zu sein. (Keller, 1997, S.639)

5.2.3.16 Wechselseitigkeit in der Imitation

In der Forschung gilt als unstrittig, daß beim Säugling schon von Geburt an komplexe imitationsähnliche Verhaltensweisen existieren. Nur die Auslösungsbedingungen und Mechanismen der Neugeborenenimitation werden nach Dornes (1994, S.68) noch kontrovers diskutiert.

Wechselseitige Imitationen treten gehäuft in gesprächsähnlichen sozialen Interaktionssituationen auf und haben die Struktur eines frühen Dialogs. Die Bezugspersonen interpretieren das kindliche Verhalten als Imitation, was eine wichtige Funktion in der sozialen Interaktion hat. Bezugspersonen, die ihrem Kind Nachahmungen zuschreiben, stimmen sich in ihrem Verhalten genauer auf das des Kindes ab. Sie wiederholten derartige Interaktionsspiele, wobei das Kind mit zunehmender Entwicklung eine immer aktivere Rolle übernimmt. (Rauh,1987, S.188)

Es ist für den Säugling wichtig, sein angeborenes Imitationsverhalten für die Ausgestaltung und Wechselseitigkeit der Interaktion in den Kontakt mit der Bezugsperson einzubringen. Wie die "still-Face" Experimente von Tronick (siehe Kap.3.1) gezeigt haben, erwarten Kleinkinder ausdrücklich, daß sie ihrerseits zum nonverbalen Austausch etwas beitragen könnnen. Die Mutter imitiert das Verhalten des Kindes und spiegelt ihm so sein Verhalten und eventuell auch das entsprechende Gefühl, das damit einhergeht.

Das bietet dem Kind eine Orientiertung und verhilft ihm zu erfassen, was es tut.

5.2.3.17 Sprache

5.2.3.17.1 "Vocalmatching" und "Babysprache"

Stimmt sich die Mutter vokalisch auf den Säugling ein? Paßt sich die Mutter an die Töne des Säuglings mit ihrer Stimme in Rhythmus und Tonlage und Melodik an?

Zu den intuitiven elterlichen Kompetenzen (Papousek, 1995, S.7) gehört auch ein spezifisches Kommunikationsverhalten, das auf die Erfordernisse der kindlichen Sprachentwicklung abgestimmt ist. Die Mutter bietet durch ihr Verhalten Rahmenbedingungen, die beim Kind nicht nur die artikulatorische Lautentwicklung, sondern auch die für den Spracherwerb erforderlichen kommunikativen und integrativen Fähigkeiten wie zum Beispiel das Abwechseln im Dialog, die stimmliche Nachahmung und die stimmliche Kommunikation mit Lauten fördert. (Papousek, M.& Papousek, H., 1997).

Zu den mütterlichen Strategien in der vorsprachlichen Kommunikation gehört unter anderem das "vocalmatching" (Downing, 1999). Diese vokale Abstimmung auf die Lautäußerungen des Säuglings führt zu einem dialogischen Austausch zwischen Mutter und Kind und stellt eine Vorform des späteren sprachlichen Dialogs dar.[21]

Eine weitere kommunikative mütterliche Verhaltensbereitschaft stellt die sog. Babysprache dar. Diese typische Sprechweise ist in ihrer Struktur, Funktion und Sprechmelodie an den jeweiligen Entwicklungsstand des Kindes didaktisch angepaßt. Snow hat 1972 erstmals auf die Bedeutung der Babysprache zum Lehren der Muttersprache hingewiesen (M.Papousek& H. Papousek, 1997).

Die vorsprachliche Kommunikation des Säuglings mit seinen Bezugspersonen und deren intuitiven kommunikativen Kompetenzen wird von M. Papousek & H. Papousek als "Schrittmacher" (1997, S.561) für den Spracherwerb angesehen.

5.2.3.17.2 Sprachinhalt der Mutter

Ist die Sprache der Mutter beschreibend, das heißt bezugnehmend auf die Empfindungen und Verhaltensweisen des Kindes und dem, was in der Situation aktuell passiert?

Die beschreibende Sprache[22] verhilft dem Kind, seine Aufmerksamkeit auf die beschriebene Handlung beziehungsweise den Gegenstand oder Empfindung zu konzentrieren, so daß eine Konzentrationsfähigkeit erlernt werden kann. Die beschreibende, im Gegensatz zur fragenden Sprache, unterstützt nach Downing (1999) das Kind in seiner Aufmerksamkeitsfokussierung und verhilft ihm, seinen eigenen Zustand beziehungsweise sein Verhalten zu registrieren.

Die in der Interaktion angewandte beschreibende Sprache der Mutter korreliert mit einem besseren Sprechenlernen des Kindes. Es lernt schneller und erwirbt ein größeres Vokabular. Vorschreibende Sprache hingegen führt durch Befehle und Anweisungen zu keinem produkiven Spracherwerb. (Downing, 1999)

5.2.3.17.3 Stimmqualität der Mutter

Wie ist die Stimmqualität der Mutter? Ist sie zum Beispiel anregend, gelangweilt oder genervt?

Die Stimmqualität kann einladend beziehungsweise demotivierend für die kindliche Kontaktaufnahme sein. (Downing, 1999)

Siehe dazu auch Kap. 5.2.3.4 über Vitalitätsaffekte.

5.2.4 Die Bearbeitung der Daten aus der Videoanalyse

Nachdem wir jeweils drei Sitzungen aller sechs Mutter-Kind-Dyaden ausgewertet hatten und die Sichtweise der Therapeutin zu allen Kriseninterventionsverläufen protokolliert hatten (siehe unten), haben wir die Daten der Videoanalyse erneut zusammengefaßt und interpretiert. Dies wird nun erläutert.

5.2.4.1 Zusammenfassung und Problemschwerpunkte

Aus den im Anhang aufgeführten Beobachtungen und Interpretationen haben wir für jede Sitzung eine Zusammenfassung erarbeitet. In dieser Zusammenfassung sind alle für uns subjektiv wichtigen Themen dieser Stunde mit timecode - Angabe einiger Beispiele aufgeführt. Diese Zusammenfassung enthält sowohl Beobachtungen als auch Interpretationen aus unserer Videoanalyse.

Aus der Zusammenfassung haben wir für jede Sitzung die für uns subjektiv wichtigen Problemschwerpunkte herausgearbeitet.

Dabei verstehen wir unter Problemschwerpunkt einen kritischen Aspekt oder einen im Kriseninterventionsverlauf wiederkehrenden Themenkomplex, der unserer Ansicht nach die Mutter – Kind – Beziehung beeinträchtigt. Dies kann sowohl ein vorhandener negativer Aspekt sein als auch ein fehlender positiver Aspekt. Bei der Erarbeitung der Problemschwerpunkte haben wir allerdings die beobachtbaren Aspekte besonders beachtet.

Zusätzlich haben wir die Zeit, die das Kind während der Sitzung schreit, gezählt. Dies ist der einzige Problemschwerpunkt, den wir in seiner Quantität gemessen haben. Brazelton (1995) hat zum Schreiverhalten des Säuglings eine Schreitypologie entwickelt, wonach sich aus der Frequenz des Tones die Ursache des kindlichen Schreiens ableiten läßt.

Wir haben dagegen zwischen verschiedenen Formen des Schreiens und Quengelns subjektiv unterschieden. Einerseits fehlte uns die technische Ausstattung zur Frequenzmessung und andererseits erschien uns die Schreitypologie von Brazelton für die Symptomatik des exzessiven Schreiens wenig relevant.

Weiterhin haben wir die Problemschwerpunkte einer der drei folgenden Kategorien zugeordnet:

- Mutter
- Kind
- Interaktion

Der Kategorie „Interaktion” haben wir alle Problemschwerpunkte zugeordnet, bei denen das Verhalten oder der Ausdruck (im weiteren Sinne) von Mutter beziehungsweise Kind auf den jeweils Anderen bezogen ist und von seiner Anwesenheit oder einem Kontakt zu ihm abhängt. Hier wird deutlich, daß wir Interaktion nicht definieren wollen und dabei auch keine zeitliche Einschränkung wie zum Beispiel Bensel & Haug-Schnabel (1997, S. 740) machen.

Den Kategorien Mutter beziehungsweise Kind haben wir alle Problemschwerpunkte zugeordnet, die unserer Ansicht nach relativ unabhängig von der Anwesenheit der anderen Person sind und nur der jeweiligen Person zuzurechnen sind.

Bei einigen Problemschwerpunkten erscheint diese Aufteilung etwas unklar, sie hat aber für die Auswertung des Kriseninterventionsverlaufs kaum Bedeutung und dient mehr der Übersichtlichkeit.

Dieser Vorgehensweise liegt unsere Annahme zugrunde, daß wir Aussagen über die Wirksamkeit der Krisenintervention treffen können, wenn sich die Problemschwerpunkte verbessert haben – also hier ein Zusammenhang besteht. Letztlich werden die Problemschwerpunkte aber von einer Vielzahl anderer Faktoren beeinflußt und beeinflussen sich gegenseitig, so daß mangels monokausalen Zusammenhangs nur eine Hypothese bezüglich der Wirksamkeit formuliert werden kann.

5.2.4.2 Tabellarische Darstellung der Veränderungen der Problemschwerpunkte

Die Problemschwerpunkte aller Sitzungen werden in einer Tabelle jeweils für Mutter, Kind und Interaktion dargestellt. Diese Tabelle ermöglicht einen schnellen Überblick über die relevanten Problemschwerpunkte jeder Mutter-Kind-Dyade und deren Entwicklung innerhalb des Kriseninterventionsverlaufs sowie unsere subjektive Einschätzung bezüglich einer Veränderung.

Aus der bisherigen Darstellung unseres Forschungsplans wird deutlich, daß die Entwicklung der einzelnen Problemschwerpunkte nicht in jeder Sitzung beobachtet wurde. In diesen Fällen haben wir versucht, aus der Zusammenfassung die Entwicklung des jeweiligen Problemschwerpunktes zu ergänzen. Wenn auch dies nicht möglich war, haben wir das entsprechende Feld in der Tabelle leer gelassen. Dennoch können aus diesen Feldern Rückschlüsse für die Auswertung gezogen werden. Wir haben deshalb zwei Möglichkeiten verwendet, die leeren Felder zu interpretieren:

- Eine Markierung mit “/” bedeutet, daß wir zu diesem Problemschwerpunkt in dieser Sitzung keine Aussage treffen können.
- Wenn wir zwar nicht aus unserer Beobachtung oder Interpretation zu dieser Sitzung, aber dafür aus dem Gesamtverlauf der Krisenintervention eine Aussage bezüglich des Problemschwerpunkts treffen können, ist diese als Hypothese formuliert und (kursiv und in Klammern) dargestellt.

[...]


[1] Alle Kapitelangaben ohne weiteren Zusatz beziehen sich auf den theoretischen Teil dieser Diplomarbeit.

[2] Zur Bedeutung der REM-Phasen siehe auch Kap. 4.4.3

[3] Näheres zu den Arbeiten von Papousek und der "Münchener Sprechstunde für Schreibabys" in: Papousek, 1994; 1995; 1996; 1998

[4] Zum Konzept der Sensitivität siehe Kap.5.2.3.12

[5] Nachforschungen von Papousek (1985) haben ergeben, daß in unserem Kulturkreis nur in etwas mehr als der Hälfte aller Fälle Eltern prompt auf ein Schreien des Säuglings reagierten. Etwa ein Drittel der Eltern gab an, erst nach 10 bis 30 Minuten zu reagieren.

[6] Für interessierte Leser sei auf die Biographien von M. Sharaf (1994) und D. Boadella (1981) verwiesen.

[7] 1949 gründete Reich das Orgonomis Infant Research Centre (Boadella, 1981, S.223 ff).

[8] Für interessierte Leser findet sich eine ausführliche Beschreibung bei E. Reich (1997, S.80 ff).

[9] Der Begriff „Schreckreflex“ wurde bereits in Kap. 4.1.2.1 und 4.3.1.2 erläutert.

[10] Boadella (1991, S.90 f) versteht unter Hara das Gravitationszentrum des Körpers, das sich etwa fünf Zentimeter unterhalb des Bauchnabels befindet. Er verwendet Hara aber auch im Sinne des Kraftzentrums, aus dem in der japanischen Tradition die Lebenskraft des Menschen kommt.

[11] Für interessierte Leser sei auf Downing (1996) Kapitel 26 verwiesen.

[12] Für interessierte Leser sei auf Downing (1996) Kapitel 9 bis 16 verwiesen.

[13] Zum Beispiel: Kernberg (1988, 1992), Bollas (1987)

[14] Für interessierte Leser sei auf das Experteninterview von Röseler und die Literatur von Diederichs verwiesen.

[15] Kast-Zahn, Annette & Morgenroth, Hartmut (1998). Jedes Kind kann schlafen lernen.

[16] Siehe auch Kap. 4.5.1

[17] Biringen, Zeynep (1998). Emotional Availability Scales. Colorado

[18] Siehe hierzu auch Bleck (1998) oder Downing (1999)

[19] Diese Aussage ist an die Erkenntnisse von Devereux (1967) angelehnt.

[20] Für den interessierten Leser verweise ich bei Dornes auf den Aspekt der "Harmonie als Entwicklungsmotor", 1994, S.158-160

[21] Als eine Vorform des Vokalisierens gelten das Zungeherausstrecken und das Mundöffnen des Säuglings. Diese Kommunikationsformen entsprechen von ihrer Funktion dem Vokalisieren. Sie sind Kommunikationsformen der Kontaktaufnahme auf dem Fähigkeitsniveau von sehr jungen Säuglingen. (Downing, 1999)

[22] Downing verweist auf vier Formen der beschreibenden Sprache. Diese bezieht sich 1.) auf das, was das Kind sieht, 2.) auf die Aktivität des Kindes, 3.) auf seinen körperlichen Zustand und 4.) auf die Aktivitäten der Mutter (Downing, 1999)

Ende der Leseprobe aus 398 Seiten

Details

Titel
Psychotherapeutische Hilfe für Eltern mit Schreibabys
Untertitel
Ergebnisse einer Evaluationsstudie
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Fachbereich für Erziehungswissenschaften und Psychologie)
Note
sehr gut
Autoren
Jahr
2000
Seiten
398
Katalognummer
V26148
ISBN (eBook)
9783638285698
ISBN (Buch)
9783638702157
Dateigröße
1766 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Psychotherapeutische, Hilfe, Eltern, Schreibabys, Ergebnisse, Evaluationsstudie
Arbeit zitieren
Jule Dräger (Autor:in)Christian Werner (Autor:in), 2000, Psychotherapeutische Hilfe für Eltern mit Schreibabys, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/26148

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