Im Rahmen dieser Bachelorthesis werden die Auswirkungen des gesunkenen Zinsniveaus, hinsichtlich konventioneller und fondsgebundener Lebensversicherung, erläutert und mögliche Lösungen im Hinblick auf die Zukunft erarbeitet.
Zu Beginn werden neben den aufsichtsrechtlichen Grundlagen auch die theoretischen Aspekte der konventionellen und fondsgebundenen Lebensversicherung dargestellt. Dabei geht der Autor im Speziellen auf die gemischte Lebensversicherung bzw. die private Rentenversicherung ein, da die reine Risikoabsicherung in Bezug auf die private Altersvorsorge eine nachrangige Rolle spielt. Im Bereich der aufsichtsrechtlichen Grundlagen werden neben der Geschichte und den Änderungen der letzten Jahrzehnte auch zukünftige Veränderungen im Hinblick auf Solvency I und II beschrieben. Die Beschreibung und detaillierte Erläuterung der Auswirkungen des sinkenden Zinsniveaus in Bezug auf die Lebensversicherungsunternehmen, Bestands- und Neukunden führen in den Praxisteil dieser Arbeit und verdeutlichen die Problematik für vorgenannte Institutionen bzw. Kundengruppen. Besonders hervorgehoben werden dabei die Auswirkungen auf die private Alters- bzw. Rentenvorsorge.
Anschließend wirft der Verfasser dieser Arbeit einen Blick in die Zukunft und zeigt mögliche Szenarien im Falle eines anhaltend niedrigen Zinsniveaus für Lebensversicherungsunternehmen, Lebensversicherungsprodukte, Kunden und Versicherungsvermittler auf. Gerade im Hinblick auf die aktuellen Produktentwicklungen am Markt nimmt der Bereich der zukünftigen Lebensversicherungsprodukte eine wichtige Rolle ein.
Im letzten Teil dieser Arbeit entwickelt der Verfasser verschiedene Lösungsansätze bzw. Kriterien um den unterschiedlichen Auswirkungen zu begegnen. Dabei werden vier verschiedene Kriterien hinsichtlich Ihrer Praktikabilität in Bezug auf Bestands- und Neukunden bewertet und abschließend tabellarisch dargestellt. Auch hierbei wird dem Bereich der Produktneuentwicklung besondere Wichtigkeit und Relevanz beigemessen, da sich im Laufe dieser Arbeit herausstellen wird, dass gerade dieser Punkt in erheblichem Maße Spielraum für die Zukunft bieten wird. Andere Bereiche dagegen lassen nur begrenzten Spielraum für Verbesserungen bzw. mögliche Lösungen.
Inhaltsverzeichnis
Executive Summary
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung
1.3 Vorgehensweise
2 Aufsichtsrechtliche Grundlagen für Lebensversicherungen
2.1 Die Geschichte der Versicherungsaufsicht
2.1.1 Die Versicherungsaufsicht bis 1994
2.1.2 Die Versicherungsaufsicht seit 1994
2.1.3 Wandel der Versicherungsaufsicht durch Solvency I und II
2.2 Aufgaben und Ziele der Versicherungsaufsicht
2.2.1 Gründe und Ziele des staatlichen Eingriffs
2.2.2 Erlaubniserteilung
2.2.3 Laufende Aufsicht
3 Grundlagen der konventionellen Lebensversicherung
3.1 Produktbeschreibung
3.2 Beitragsberechnung
3.2.1 Rechnungsgrundlage: Sterbetafel
3.2.2 Rechnungsgrundlage: Höchstrechnungszins
3.3 Kapitalanlage
3.4 Überschussbeteiligung
3.4.1 Rechtliche Grundlagen
3.4.2 Aufteilung nach Ergebnisquellen
3.4.3 Überschusssysteme
4 Grundlagen der fondsgebundenen Lebensversicherung
4.1 Produktbeschreibung
4.2 Kapitalanlage
4.2.1 Kapitalanlagerisiko
4.2.2 Cost-Average-Effekt
4.2.3 Kosten
4.3 Produkte ohne Mindestgarantie
4.3.1 Grundlagen
4.3.2 Besonderheiten für Versicherungsunternehmen
4.3.3 Besonderheiten für den Kunden
4.4 Produkte mit Mindestgarantie
4.4.1 Grundlagen
4.4.2 Besonderheiten für Versicherungsunternehmen
4.4.3 Besonderheiten für den Kunden
5 Das sinkende Zinsniveau und seine Auswirkungen
5.1 Historische Entwicklung des Zinsniveaus
5.2 Nutzen der Zinssenkung
5.3 Kritik an der Senkung des Leitzinses
5.4 Folgen für die Lebensversicherungsunternehmen
5.4.1 Rückstellungen
5.4.2 Risiko der Insolvenz
5.4.3 Produktgestaltung
5.5 Folgen für den Bestandskunden
5.5.1 Problem der Zinsgarantien und Überschüsse
5.5.2 Auswirkungen auf die zukünftige Altersvorsorge
5.5.3 Vertrauensverlust
5.6 Folgen für den Neukunden
5.6.1 Problem der Rendite
5.6.2 Kapitalanlagerisiko
5.6.3 Auswirkungen auf die zukünftige Altersvorsorge
5.6.4 Vertrauensverlust
6 Zukunftsaussichten
6.1 Lebensversicherungsunternehmen in Deutschland
6.2 Lebensversicherungsprodukte
6.3 Verhalten potentieller Kunden
6.4 Verhalten der Versicherungsvermittler
7 Mögliche Lösungen und Fazit
7.1 Festlegung der einzelnen Lösungskriterien
7.1.1 Senkung der Kosten
7.1.2 Nichtzahlung der gegebenen Garantien
7.1.3 Entwicklung neuer Produkte ohne Garantien
7.1.4 Veränderung der Kapitalanlagestruktur der Versicherer
7.2 Lösungen und Fazit
Literaturverzeichnis
Executive Summary
Im Rahmen dieser Bachelorthesis werden die Auswirkungen des gesunkenen Zinsniveaus, hinsichtlich konventioneller und fondsgebundener Lebensversicherung, erläutert und mögliche Lösungen im Hinblick auf die Zukunft erarbeitet.
Zu Beginn werden neben den aufsichtsrechtlichen Grundlagen auch die theoretischen Aspekte der konventionellen und fondsgebundenen Lebensversicherung dargestellt. Dabei geht der Autor im Speziellen auf die gemischte Lebensversicherung bzw. die private Rentenversicherung ein, da die reine Risikoabsicherung in Bezug auf die private Altersvorsorge eine nachrangige Rolle spielt. Im Bereich der aufsichtsrechtlichen Grundlagen werden neben der Geschichte und den Änderungen der letzten Jahrzehnte auch zukünftige Veränderungen im Hinblick auf Solvency I und II beschrieben. Die Beschreibung und detaillierte Erläuterung der Auswirkungen des sinkenden Zinsniveaus in Bezug auf die Lebensversicherungsunternehmen, Bestands- und Neukunden führen in den Praxisteil dieser Arbeit und verdeutlichen die Problematik für vorgenannte Institutionen bzw. Kundengruppen. Besonders hervorgehoben werden dabei die Auswirkungen auf die private Alters- bzw. Rentenvorsorge. Anschließend wirft der Verfasser dieser Arbeit einen Blick in die Zukunft und zeigt mögliche Szenarien im Falle eines anhaltend niedrigen Zinsniveaus für Lebensversicherungsunternehmen, Lebensversicherungsprodukte, Kunden und Versicherungsvermittler auf. Gerade im Hinblick auf die aktuellen Produktentwicklungen am Markt nimmt der Bereich der zukünftigen Lebensversicherungsprodukte eine wichtige Rolle ein.
Im letzten Teil dieser Arbeit entwickelt der Verfasser verschiedene Lösungsansätze bzw. Kriterien um den unterschiedlichen Auswirkungen zu begegnen. Dabei werden vier verschiedene Kriterien hinsichtlich Ihrer Praktikabilität in Bezug auf Bestands- und Neukunden bewertet und abschließend tabellarisch dargestellt. Auch hierbei wird dem Bereich der Produktneuentwicklung besondere Wichtigkeit und Relevanz beigemessen, da sich im Laufe dieser Arbeit herausstellen wird, dass gerade dieser Punkt in erheblichem Maße Spielraum für die Zukunft bieten wird. Andere Bereiche dagegen lassen nur begrenzten Spielraum für Verbesserungen bzw. mögliche Lösungen.
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Entwicklung Garantiezins in Deutschland Quelle: GDV (o.J), Online im Internet
Abbildung 2: Bestand an Kapitalanlagen 1995 - 2011
Abbildung 3: Cost-Average-Effekt
Abbildung 4: Leitzinsentwicklung Eurozone
Abbildung 5: Magisches Dreieck der Geldanlage
Abbildung 6: Wachstumspotential Lebensversicherung
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Vergleich regelmäßige Sparrate
Tabelle 2: Auswertung der Lösungskriterien
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
In der Vergangenheit galt die Lebensversicherung als das wichtigste Instrument der Altersvorsorge in Deutschland. Durch die immer größer werdende Bedeutung der privaten Altersvorsorge stellt sich die Frage, inwieweit das aktuell sehr niedrige Zinsniveau Auswirkungen auf das Produkt Lebensversicherung und somit die private Rentenvorsorge der deutschen Sparer hat.
1.1 Problemstellung
Durch die anhaltende Niedrigzinsphase nicht nur in Deutschland, sondern auch in Europa und dem Rest der Welt, wurde der Garantiezins für Lebensversicherungen im Laufe der letzten Jahre sukzessive gesenkt. So betrug der Rechnungszins für Verträge bis Ende 1987 noch 3,0%. Ab 1988 garantierten die Unternehmen 3,5% und ab 1995 wurden die Verträge sogar mit einem Garantiezins von 4,0% angeboten.1
Durch die Tatsache sinkender Verzinsung von Staatsanleihen wie Bundeswertpapieren2 musste der Garantiezins zum 01.07.2000 auf 3,25% gesenkt werden. Bereits zu diesem Zeitpunkt forderte das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen eine Absenkung auf 3% um die Zahlungsverpflichtungen der Gesellschaften gegenüber Ihren Kunden garantieren zu können3. Dies war neben einer weiter sinkenden Verzinsung von Staatspapieren nachgängig auch der Grund für die erneute Senkung des Garantiezinses zum 01.01.2004 auf 2,75%. Der Trend des sinkenden Zinsniveaus hielt aber auch in den folgenden Jahren weiter an und zwang die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht den Garantiezins zum 01.01.2007 auf zuerst 2,25% und später zum 01.01.2012 auf nur noch 1,75% zu senken.
Die Folgen dieser immer weiter sinkenden Garantieverzinsung sind zum einen, dass die aktuelle Verzinsung kaum mehr als einen Inflationsausgleich für die Kunden garantiert4 und auf der anderen Seite die Unternehmen, aus Angst vor dem Risiko, die versprochenen Garantien nicht erwirtschaften zu können, auf der Suche nach Alternativen zur klassischen, konventionellen Lebensversicherung sind5.
Doch neben den Kunden und Unternehmen sind auch die Vermittler von Lebensversicherungsprodukten von dieser Entwicklung betroffen. Die Nachfrage ist, gerade im Bereich der konventionellen Lebensversicherung, rückläufig und durch die große Unsicherheit der Kunden ist es für Vermittler schwer geworden, dass einst beliebteste Produkt der Deutschen zu vertreiben.
1.2 Zielsetzung
Der Verfasser verfolgt mit dieser Arbeit das Ziel, die Auswirkungen der im vorherigen Abschnitt genannten Entwicklung eingehend zu beleuchten. Bei der Betrachtung der Auswirkungen geht es nicht in erster Linie um die Gründe des anhaltend niedrigen Zinsniveaus, sondern viel mehr um die Folgen für Unternehmen, Kunden und Vermittler. Dabei wird, neben den Erläuterungen zu Problemen und Konsequenzen, auch ein Blick in Zukunft geworfen und mögliche Lösungsszenarien vorgestellt und erklärt.
1.3 Vorgehensweise
Bevor die Grundlagen und Besonderheiten der konventionellen und fondsgebundenen Lebensversicherung dargestellt werden, wird einleitend die Aufsichtsrechtliche Grundlage der Lebensversicherung und dessen historische Entwicklung dargestellt. Im Zuge der Produkterläuterungen wird hierbei neben allgemeinen Grundlagen ebenso auf die Besonderheiten für Unternehmen, Kunden und Vermittler eingegangen.
Zum Abschluss des theoretischen Teiles dieser Arbeit werden gleichen falls die Auswirkungen des sinkenden Zinsniveaus in Bezug auf die verschiedenen Produkte dargestellt, wobei hierbei neben den bereits bekannten Unterscheidungen auch das Thema Neukunde vs. Bestandskunde näher beleuchtet wird.
Bevor abschließend mögliche Lösungen erarbeitet werden und ein entsprechend resultierendes Fazit durch den Verfasser gezogen wird, betrachtet dieser die Zukunftsaussichten in Bezug auf aktuelle Produkte, mögliche Produktinnovationen, die Folgen für die Unternehmen gleichwohl in Bezug auf Solvency II und natürlich auch die möglichen Auswirkungen auf Kunden und Vermittler von Lebensversicherungsprodukten.
2 Aufsichtsrechtliche Grundlagen für Lebensversicherungen
Das Versicherungswesen basiert auf dem Vertrauen der Kunden in die Versicherungsunternehmen. Die Kunden erwarten von einem Versicherungsunternehmen, dass die vertraglich vereinbarten Leistungen ständig und insbesondere über einen sehr langen Zeitraum erbracht werden. Aus diesem Grund trägt die staatliche Aufsicht, welche auch als materielle Staatsaufsicht bezeichnet wird, zu einem großen Teil zum Verbraucherschutz bei. Wesentliche Grundlage für das in Deutschland gültige Aufsichtsrecht ist das Gesetz über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen (VAG)6.
2.1 Die Geschichte der Versicherungsaufsicht
Die Geschichte der Versicherungsaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland geht im Wesentlichen auf das im Jahre 1901 verabschiedete Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) zurück und ist durch den Gesetzgeber bis zum heutigen Tage, und im Speziellen in den letzten 10 Jahren, tiefgreifenden Veränderungen unterzogen worden7.
2.1.1 Die Versicherungsaufsicht bis 1994
Mit Unterbrechungen durch die beiden Weltkriege wurde das bereits im Jahre 1901 verabschiedete VAG immer wieder durch Erweiterung und Änderungen den tatsächlichen Bedürfnissen angepasst, was zu erweiterten Eingriffsbefugnissen der Versicherungsaufsicht führte. Die größte und Bedeutendste Änderung trat zum 1. April 1952 ein. Zu diesem Zeitpunkt nahm das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungs- und Bausparwesen seine Arbeit auf. Der Bereich der Bausparkassen wurde dann im Jahr 1973 aufsichtsrechtlich unter das Dach des Bundesaufsichtsamtes für Kreditwesen gestellt wodurch der neue Name Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen entstand. In den 70er und 80er Jahren wurde das VAG durch verschiedene EG- Richtlinien verändert, was zu einer Harmonisierung der nationalen Vorschriften führte8. Bis zur nationalen Umsetzung der 3. EG-Richtlinie Leben am 28.07.1994 war die Hauptaufgabe des BAV die Zulassung von neuen Versicherungsunternehmen, die Prüfung der Unternehmen auf ausreichende Finanzmittel sowie die Überwachung der Einhaltung des vorgelegten Geschäftsplans9. Die Bestimmungen des Geschäftsplanes regelten das Außenverhältnis zum Versicherungsnehmer und waren für jeden angebotenen Tarif Grundvoraussetzung für den Geschäftsbetrieb in der Bundesrepublik Deutschland10.
2.1.2 Die Versicherungsaufsicht seit 1994
Durch die zum 28.07.1994 in Kraft getretene Novellierung des VAG entstand ein Europäischer Binnenmarkt mit zahlreichen Veränderungen für die nationale Versicherungsaufsicht. Durch die Novellierung war es Versicherungsunternehmen ab diesem Zeitpunkt möglich, Produkte in jedem Land der EG anzubieten, ohne, dass diese durch die nationalen Aufsichtsbehörden reguliert werden konnten11. Eine darüber hinaus gravierende Änderung war die Tatsache, dass Versicherer ab diesem Zeitpunkt neue Versicherungsbedingungen implementieren konnten, ohne diese durch die nationalen Aufsichtsbehörden genehmigen lassen zu müssen12. Allein dieser Umstand führte zu einer erheblichen Deregulierung der deutschen Versicherungsaufsicht. Besonderen Wert wurde im Zuge der Einführung auf die Finanzaufsicht der Unternehmen gelegt. Dabei überwachen die nationalen Aufsichtsbehörden die europaweit einheitlichen Solvabilitätsanforderungen13.
Ein weiterer Schritt in Richtung Verbraucherschutz war in diesem Zuge die Auflage zur Informationspflicht der Kunden, da durch den verstärkten Wettbewerb und zahlreiche neue Produkte bzw. Bedingungen die Gefahr bestand, dass der Kunde sowohl vor, als auch während der Vertragslaufzeit unzureichende Informationen in Bezug auf seinen abgeschlossenen Vertrag erhält14.
2.1.3 Wandel der Versicherungsaufsicht durch Solvency I und II
Neben einer weiteren Harmonisierung der europäischen Versicherungsaufsicht, ist das Bestreben durch die Umsetzung von Solvency I und II einer Verbesserung der Solvabilität der Lebensversicherungsunternehmen.15 Bereits mit in Kraft treten von Solvency I wurde das Solvabilitätssystem dahingehend angepasst, dass die Solvabilität zu jedem Zeitpunkt und nicht nur zum Jahresabschluss zu gewährleisten ist. Neben dieser gravierenden Änderung wurden auch die Informationsbereitstellungserfordernisse nochmals erhöht16. Trotz Umsetzung von Solvency I wurde bereits auf europäischer Ebene von erheblichen Mängeln gesprochen und die Entscheidung getroffen, das Aufsichtssystem durch die Einführung von Solvency II erneut grundlegend zu überarbeiten17. Das Projekt Solvency II wurde in zwei Phasen eingeteilt, wobei die erste im Frühjahr 2004 abgeschlossen wurde. Dabei wurde die Grundstruktur, welche sich an der 3- Säulen Struktur von Basel II orientiert, erarbeitet. In der zweiten Phase sollen diese Säulen nun im Detail ausgearbeitet werden und in nationales Recht umgesetzt werden18. Der Zeitpunkt der Umsetzung wurde in den letzten Jahren immer wieder verschoben und wird voraussichtlich im Jahr 2017 liegen19.
2.2 Aufgaben und Ziele der Versicherungsaufsicht
Wie bereits in den vorherigen Abschnitten beschrieben, haben sich die Aufgaben und Ziele der Versicherungsaufsicht in den letzten Jahrzehnten deutlich verändert. Aufgrund des Umfanges dieser Arbeit ist es dem Verfasser nicht möglich, auf das gesamte Spektrum an Aufgaben und Zielen im Detail einzugehen.
In den nachfolgenden Unterpunkten werden aus diesem Grund nur einige, in den Augen des Autors wichtige, Punkte dargestellt und näher erläutert. Gerade in Bezug auf das Thema dieser Arbeit wird die Bedeutung der folgenden Punkte im weiteren Verlauf deutlich werden.
2.2.1 Gründe und Ziele des staatlichen Eingriffs
Wie bereits in der Einleitung zu Kapitel 2 erläutert, basiert das Versicherungswesen auf dem Vertrauen der Kunden gegenüber den Versicherungsunternehmen. Aufgrund verschiedener Argumente sind „in der Versicherungswirtschaft besondere Eingriffe in das freie Spiel des Marktes erforderlich".20 Grundsätzlich können die Argumente für einen staatlichen Eingriff bezugnehmend auf den Zeitpunkt vor und nach erfolgtem Abschluss eingeteilt werden. Vor Vertragsabschluss bedarf es eines erhöhten Verbraucherschutzes aufgrund einer Solvenz- sowie einer Produktintransparenz. Dies bedeutet, dass die Verbraucher wesentlich schlechter als die Unternehmen über deren Bonität informiert sind. In Bezug auf die Produkte ist es für Verbraucher sehr schwer sich ein Bild von den wirtschaftlichen Eigenschaften der Produkte zu machen.21 Während der Vertragslaufzeit besteht die Gefahr, dass die Unternehmen durch leichtfertiges und riskantes Handeln ihre finanzielle Lage verschlechtern und dadurch eventuelle Garantien an den Versicherungsnehmer nicht eingehalten werden können. Auch in Bezug auf die Bedingungen bzw. Vereinbarungen zwischen Versicherer und Kunde besteht die Gefahr, dass diese einseitig zu Gunsten des Versicherers ausgelegt werden.22
2.2.2 Erlaubniserteilung
Gemäß § 5 VAG benötigt die aufsichtsrechtliche Behörde einen Geschäftsplan, welcher zusammen mit dem Antrag auf Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb, einzureichen ist.23 Inhalt des Geschäftsplans ist zum einen die Angabe über die geplanten Versicherungssparten sowie Angaben zu eventuell bestehenden Unternehmensverträgen nach §§ 291f AktG. Dabei wird durch die aufsichtsrechtliche Behörde geprüft, ob und in welchem Umfang die zukünftigen Entscheidungen des Unternehmens durch andere beeinflusst bzw. eingeschränkt werden können. Für den Fall, dass bestimmte Funktionsbereiche an andere selbstständige Unternehmen durch Outsourcing vergeben werden, ist auch über diesen Umstand Rechenschaft abzulegen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Nachweis der finanziellen Stabilität des Unternehmens; hierzu gehört auch der Nachweis über die geplanten Verträge zu eventuellen Rückversicherungsunternehmen. Gerade in diesem Punkt liegt die Verantwortung bei dem beantragenden Unternehmen, welches für die Informationsrecherche in Bezug auf etwaige Vertragspartner verantwortlich ist.24 Zusammenfassend dienen alle Inhalte dem Verbraucherschutz, wodurch eine Ablehnung gerade dann in Betracht kommt, wenn abzusehen ist, dass der Geschäftsplan bzw. die finanziellen Voraussetzungen dazu führen könnten, dass Verpflichtungen aus Verträgen nicht dauerhaft zu erfüllen sind oder andere Interessen der Kunden nicht gewahrt werden können.25
2.2.3 Laufende Aufsicht
„Nach der Generalklausel des § 81 VAG überwacht die Aufsichtsbehörde den gesamten Geschäftsbetrieb der Versicherungsunternehmen."26 Dabei liegt der Schwerpunkt auf der Finanzaufsicht.
Neben der Finanzaufsicht wird auch die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen überwacht. Dieser Bereich wird auch als Rechtsaufsicht bezeichnet.
2.2.3.1 Finanzaufsicht
Zur Vermeidung von Insolvenzen im Bereich der Versicherungsunternehmen, „wie sie in der Vergangenheit in einigen westlichen Staaten (z.B. den USA) zu beobachten waren",27 haben die nationalen Aufsichtsbehörden die Finanzaufsicht über die Versicherungsunternehmen in ihrem Zuständigkeitsbereich. Dabei wird vorrangig darauf geachtet, dass die Solvabilität der Unternehmen gewährleistet ist und alle Verpflichtungen gegenüber den Versicherten erfüllt werden können. Bei der Bewertung der Solvabilität wird zwischen dem sogenannten Kapitalanlagerisiko und dem versicherungstechnischen Risiko unterschieden. Die genauen Berechnungen haben für diese Arbeit keinerlei Relevanz und werden aus diesem Grund nicht näher behandelt. Wichtig für den Inhalt und den Verfasser ist lediglich, dass die Festlegung der Mindestsolvabilitätsspanne durch das Bundesministerium der Finanzen festgelegt wird und Änderungen in diesem Bereich gravierende Auswirkungen sowohl auf und für die Unternehmen selbst, als auch die zukünftigen Produkte haben könne.
2.2.3.2 Rechtsaufsicht
Neben der ständigen Finanzaufsicht der Unternehmen ist die aufsichtsrechtliche Behörde ebenso verpflichtet, die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zu überwachen und somit zum Verbraucherschutz beizutragen. Dabei spielen neben dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), VVG und dem Geldwäschegesetz (GWG) auch der Vertrieb, die Form und der Inhalt des Wettbewerbs eine wichtige Rolle. Neben der Aufsicht über die Einhaltung der oben genannten Gesetze und Normen hat die zuständige Aufsichtsbehörde auch das Recht, gemäß § 81 Abs. 2 Satz 1 VAG, Anweisungen an Versicherungsunternehmen zu erteilen. Diese müssen dem Grunde nach geeignet sein, eventuelle Missstände zu vermeiden oder zu beseitigen.28 Teile der Rechtsaufsicht wurden bereits 1994 an Treuhänder bzw. Aktuare übergeben. Diese sind seit dem für Bedin- gungs- und Beitragsanpassungen verantwortlich.29
3 Grundlagen der konventionellen Lebensversicherung
„Die Lebensversicherung ist - vereinfacht gesagt - die eigenverantwortliche Absicherung des wirtschaftlichen Risikos, das aus der Ungewissheit und Unberechenbarkeit des menschlichen Lebens resultiert".30
Die konventionelle Lebensversicherung wird in der Literatur auch als kapitalbildende bzw. klassische Lebensversicherung benannt. Ihren Ursprung hatte sie in Deutschland bereits 1866.31 Seit dieser Zeit hat es zahlreiche Veränderungen an dem klassischen Model der Lebensversicherung gegeben. Lag der Anteil der Risikoversicherungen 1880 noch bei ca. 80,0%32 so ist der Anteil heute auf ca. 8,0%33 gesunken. Der Grund liegt in den sich immer weiter entwickelnden Produkten der Lebensversicherungsbranche und den veränderten Bedürfnissen der Kunden. Heute gibt es neben der klassischen Todesfallabsicherung auch die Versicherung auf den Todes- und Erlebensfall bzw. die reine Erlebensfallversicherung. Letztgenannte ist in Deutschland ausschließlich als Rentenversicherung zu finden.34 In Bezug auf diese Arbeit sind vor allem die gemischte Lebensversicherung bzw. die Rentenversicherung von Bedeutung. Aus diesem Grund verzichtet der Autor weitgehend auf nähere Erläuterungen zu den zahlreichen anderen Versicherungsformen bzw. Zusatzversicherungen. Der quantitative Großteil der heutzutage angebotenen Lebensversicherungsprodukte ist die Rentenversicherung. Mit Ausnahme der staatlich geförderten Tarife bieten nahezu alle anderen die Möglichkeit einer Kapitalabfindung bzw. einer Rentenzahlung zum Ende der Versicherungsdauer. Der Anteil gemischter Lebensversicherungen ist in den letzten Jahren stark rückläufig zugunsten der privaten Rentenversicherung35. Der Grund für diese Entwicklung kann in dem gestiegenen Bedarf nach Altersvorsorgeprodukten gesehen werden.36 Die Anzahl an Kapitalversicherungsverträgen hat sich von 83,7% 1990 auf 45,5% in 2011 nahezu halbiert. Im Vergleich dazu ist der Anteil der Rentenversicherungen von 2,2% 1990 auf 41,1% gestiegen. Mit ursächlich für diese Entwicklung ist neben dem veränderten Vorsorgebedarf der Kunden auch die Einführung des 3-Schichten-Modells der Altersvorsorge in Deutschland. Sämtliche staatlich geförderten Produkte, sei es durch Zulagen oder Steuervorteile, sind im Bereich der privaten Rentenversicherung anzusiedeln. Neben diesen grundlegenden Merkmalen der konventionellen Lebensversicherung ist in den Augen des Autors das wichtigste Merkmal die Art der Kapitalanlage. Dieses wird in Kapitel 4.3 näher erläutert und später im Bereich der Analyse des sinkenden Zinsniveaus eine wichtige Rolle spielen. Für den weiteren Fortgang dieser Arbeit wird der Autor zur Vereinfachung lediglich von konventionellen bzw. im späteren Verlauf fondsgebundenen Lebensversicherungen sprechen. Zum allgemeinen Verständnis ist damit in erster Linie die private Rentenversicherung gemeint. Selbstverständlich lassen sich die Aussagen in den noch folgenden Teilen dieser Arbeit auch auf sämtliche andere Produktformen der Lebensversicherung projizieren.
3.1 Produktbeschreibung
Die für diese Arbeit relevante und zu berücksichtige Form der Lebensversicherung ist, wie bereits im vorherigen Kapitel erläutert, die konventionelle Rentenversicherung. Zum besseren Verständnis soll an dieser Stelle der Unterschied zwischen der gemischten Lebensversicherung und der Rentenversicherung näher erläutert werden. Prinzipiell kann die gemischte Lebensversicherung in zwei Teile aufgespalten werden37. Zum einen die Risikoversicherung, welche das Risiko des Todes der versicherten Person, in dem vom Kunden gewünschten Rahmen, absichert. Auf der anderen Seite steht der Sparanteil der Versicherung. Dieser wird über die Laufzeit der Versicherung verzinslich angelegt und dient am Ende der Versicherungsdauer zur Kapitalabfindung. Auf die verzinsliche Ansparung des Sparanteils wird der Autor im weiteren Verlauf dieser Arbeit näher eingehen, da hier die Veränderung an den Kapitalmärkten deutlich spürbar ist. Aufgrund der Risikoabsicherung in dieser Tarifform ist eine wichtige Besonderheit die Risikoprüfung durch den Versicherer. Durch eventuelle gesundheitliche Einschränkungen oder anderweitige Risiken kann es zu einem erhöhten Risikobeitrag für den Kunden kommen. Auch eine generelle Ablehnung ist je nach Ausprägung der zusätzlichen Risiken möglich.38 Auch aus diesem Grund ist die konventionelle Rentenversicherung in den letzten Jahren deutlich interessanter geworden, da bei dieser Tarifform das Todesfallrisiko nicht explizit versichert wird und somit keinerlei Risikoprüfung durchgeführt wird.39 Während der Vertragslaufzeit unterscheiden sich die gemischte Lebensversicherung und die konventionelle Rentenversicherung, neben der unterschiedlichen Beitragsberechnung, in erster Linie durch die Abwicklung im Todesfall. Bei der gemischten Lebensversicherung wird die vereinbarte Todesfallleistung unabhängig von Laufzeit oder gezahlten Beiträgen gezahlt.40 Bei der konventionellen Rentenversicherung hängt die Leistung vom gewählten Tarif ab. Möglich ist neben dem vollständigen Verzicht auf eine Zahlung auch eine Beitragsrückgewähr die zusätzlich durch entstandene Überschüsse erhöht werden kann.41 Zum Ende der Vertragslaufzeit sind die Unterschiede der beiden Formen nicht mehr allzu gravierend. Bei der gemischten Lebensversicherung wird das angesparte Kapital in der Regel als Einmalzahlung inklusive aller Überschüsse an den Versicherungsnehmer ausgezahlt. In einigen Fällen besteht auch bei diesen Tarifformen die Möglichkeit, anstelle der Kapitalauszahlung eine Rentenzahlung zu verlangen. Diese wird dann entweder als lebenslange Leibrente oder als sogenannte Zeitrente aus dem angesparten Kapital berechnet. Bei der konventionellen Rentenversicherung besteht in aller Regel eine generelle Wahlmöglichkeit zwischen lebenslanger Rentenzahlung oder einmaliger Kapitalabfindung. Größter Unterschied hierbei ist die Tatsache, dass der Versicherungsnehmer bei Rentenversicherungen an den Überschüssen beteiligt ist und sich somit eine unter Umständen steigende Rente ergibt. Eine weitere für beide Tarifformen gültige und heutzutage sehr beliebte Variante ist die Option zur Teilauszahlung. Dabei räumt das Versicherungsunternehmen dem Kunden die Möglichkeit ein, zu bestimmten Zeitpunkten über Teile des angesparten Kapitals, auch vor Ablauf der Versicherung, zu verfügen.42 Gerade bei der heutigen jungen Generation sind solch flexible Optionen sehr beliebt.
3.2 Beitragsberechnung
Die Grundlage der Beitragsberechnung ist das „Äquivalenzprinzip, nach dem der abdiskontierte Erwartungswert aller Beiträge des Versicherungsnehmers gleich dem abdiskontierten Erwartungswert aller Leistungen des Versicherungsunternehmens sein sollte".43
Neben diesem allgemeingültigen Prinzip setzt sich der Beitrag aus entweder zwei oder drei verschiedenen Bestandteilen zusammen. Bei der gemischten Lebensversicherung ist einerseits der Risikobeitrag zu nennen. Dieser dient der Absicherung des biometrischen Risikos und kann prinzipiell als Zahlung an die Gemeinschaft verstanden werden. Der Grund liegt darin, dass durch sämtliche Risikobeiträge aller Versicherten eines Unternehmens die Versicherungsleistungen an die Kunden gezahlt werden. Somit ist eine Rückzahlung des Risikobeitrages, auch im Kündigungsfall, ausgeschlossen. Übersteigen die Einnahmen aus Risikobeiträgen die Ausgaben, so entstehen dem Unternehmen Überschüsse, welche in der Folge an die Versicherungsnehmer ausgezahlt werden.44 Grundlage für die Berechnung der Risikobeiträge sind die sogenannten Sterbetafeln. Diese werden in Kapitel 4.2.1 näher erläutert. Da bei der konventionellen Rentenversicherung die Absicherung von biometrischen Risiken entfällt, wird bei dieser Tarifform auch keinerlei Risikobeitrag erhoben. Aus diesem Grund besteht der Beitrag bei konventionellen Rentenversicherungen lediglich aus den beiden folgenden Teilen, welche selbstverständlich auch Bestandteile der Beiträge zur gemischten Lebensversicherung sind.
Einer, dieser benannten Teile, ist der Sparbeitrag. Dieser wird bei beiden Versicherungsformen verzinslich durch das Versicherungsunternehmen angelegt, um die Kapitalauszahlungen bzw. Rentenzahlungen zum Ende der Versicherung zu ermöglichen.45 Wichtig ist diesbezüglich, dass bei der Berechnung der Sparbeiträge der Höchstrechnungszins und nicht die tatsächlichen Kapitalerträge zu Grunde gelegt werden.46 Dieser Umstand wird zum Einen in Kapital 4.2.2 näher erläutert und wird im weiteren Verlauf der Arbeit eine wichtige Rolle spielen. Die Summe aus Risiko- und Sparbeitrag bildet den Nettobeitrag. Zur Berechnung des endgültigen Bruttobeitrages müssen nunmehr die Kosten addiert werden.47 Der Kostenanteil stellt „dem Versicherer Mittel zur Deckung der ihm vor und bei Beginn der Versicherung entstandenen und im weiteren Vertragsverlauf entstehenden Aufwendungen, also der Abschluss- und Verwaltungskosten, zur Verfügung".48 Ebenfalls in den Kostenanteil integriert ist der Gewinn des Versicherungsunternehmens.49 Fallen während der Vertragslaufzeit weniger Kosten, als durch den Versicherer kalkuliert an, entstehen Überschüsse welche an die Versicherungsnehmer ausgeschüttet werden müssen. Dieser Punkt wird im Kapitel 4.4 näher betrachtet.
3.2.1 Rechnungsgrundlage: Sterbetafel
Wie im vorherigen Abschnitt beschrieben, ist die erste Rechnungsgrundlage für die Beitragsberechnung der Risikobeitrag. Um diesen berechnen zu können, nutzen Versicherer Sterbetafeln. Diese werden durch die Deutsche Aktuarvereinigung e.V. (DAV) zur Verfügung gestellt und in unregelmäßigen Abständen an veränderte Bedingungen angepasst. Aktuell nutzen die Lebensversicherungsunternehmen in Deutschland die Sterbetafel DAV 2008 T für Lebensversicherungen mit Todesfallabsicherung und die Sterbetafel DAV 2004 R für Rentenversicherungen.50 Zu unterscheiden sind in Bezug auf Sterbetafeln zum Einen der Unterschied zwischen Volkstafeln und Versichertentafeln. Volkstafeln, welche früher ausschließlich zur Kalkulation genutzt wurden, betrachten die Mortalität der Gesamtbevölkerung eines Landes. Versichertentafeln dagegen betrachten die Mortalität der Versichertenbestände was zu einer deutlich abweichenden Sterbenswahrscheinlichkeit führt.51 Seit 1995 wird dieses Modell aber gerade von großen Versicherern genutzt, um eine möglichst genaue Kalkulation zu ermöglichen. Weiterhin zu unterscheiden ist zwischen einfach und doppelt abgestufte Sterbetafeln. „Bei der einfach abgestuften Sterbetafel lässt sich die Beitragshöhe nach dem Eintrittsalter des zu Versichernden"52 berechnen. Die doppelt abgestufte Sterbetafel unterscheidet nach einem zweiten Kriterium. Dieses kann z.B. das Geburtsjahr sein. In diesem Fall wird die Sterbetafel auch als Generationentafel bezeichnet und findet bei der Berechnung von Rentenversicherungen Anwendung.53
Neben diesen grundlegenden Sterbetafeln nutzen die Versicherer aber auch zusätzliche angepasste Sterbetafeln um beispielsweise das Risiko des Nikotin- oder Alkoholkonsums besser kalkulieren zu können.54 Eine Differenzierung nach Geschlechtern ist seit der Einführung von Unisex Tarifen nicht mehr zulässig und spielt aus diesem Grund, bei der Berechnung von Lebensversicherungsbeiträgen, keinerlei Rolle mehr.
3.2.2 Rechnungsgrundlage: Höchstrechnungszins
Der zweite Teil des Lebensversicherungsbeitrages ist der Sparbeitrag. Dieser nimmt gerade in der Rentenversicherung den größten Teil ein. Gerade in Hinblick auf den praktischen Teil dieser Arbeit ist es von immenser Bedeutung die Berechnung des Sparanteiles nachvollziehen zu können. Als Grundlage der Berechnung dient hierbei der Höchstrechnungszins und nicht die tatsächlichen Kapitalerträge des Versicherungsunternehmens. Aufgrund der großen Bedeutung wird der Autor diesen Punkt sehr detailliert in den nächsten drei Unterkapiteln erläutern.
3.2.2.1 Festlegung
Der Höchstrechnungszinssatz wird gemäß §65 VAG durch das Bundesministerium der Finanzen festgelegt.55 Grundlage für die Festlegung ist die Umlaufrendite zehnjähriger Staatsanleihen, von der max. 60% berücksichtigt werden dürfen.56 Der Höchstrechnungszinssatz wird jährlich neu festgelegt, wobei sowohl der GDV als auch die DAV ihre Empfehlungen zu diesem Thema abgeben. Die letztendliche Entscheidung trifft jedoch abschließend das BMF per Verordnung. Die Überwachung der Lebensversicherungsunternehmen obliegt der BaFin, welche aufgrund der Deckungsrückstellungsverordnung (DeckRV) ein Eingriffsrecht im Falle von Abweichungen hat. Der aktuell, für das Jahr 2013, festgelegte Höchstrechnungszinssatz beträgt 1,75% und ist seit dem 01.01.2012 gültig.57
3.2.2.2 Funktion
Der Grund für die staatliche Regulierung des Höchstrechnungszinssatzes liegt darin begründet, dass die Versicherungsunternehmen während der gesamten Vertragslaufzeit sicherstellen müssen, die vertraglich zugesicherten Leistungen auch erfüllen zu können. Aufgrund der Tatsache, dass diese vertraglich vereinbarten Leistungen in der Zukunft liegen, ist das Unternehmen verpflichtet, sogenannte Deckungsrückstellungen zu bilden.58
Die Funktion der Deckungsrückstellung hängt von der Art der Lebensversicherung ab. Die erste Funktion ist die Zeitausgleichsfunktion. Dies bedeutet, dass die Versicherungsbeiträge in den ersten Jahren im Verhältnis zum versicherungstechnischen Risiko zu hoch angesetzt sind. Dieses zusätzlich eingenommene Geld wird in die Deckungsrückstellung gestellt. Mit steigender Versicherungsdauer steigt auch das versicherungstechnische Risiko und die ursprünglich kalkulierten Beiträge sinken im Verhältnis dazu. Zu diesem Zeitpunkt werden Teile der Deckungsrückstellungen aufgelöst, so dass zum Ende des Versicherungsvertrages die Deckungsrückstellung aufgelöst ist.59
Für Lebensversicherungen ohne Risikobeitrag erfüllt die Deckungsrückstellung die Funktion, dass während der Vertragslaufzeit der Sparanteil in die Deckungsrückstellungen gestellt wird60 und mit dem Höchstrechnungszins verzinst wird, um zum Ende der Versicherungsdauer die vereinbarte Versicherungssumme auszahlen zu können.61
Neben den bisher genannten Funktionen wird der Höchstrechnungszins in den meisten Fällen auch für die Prämienkalkulation genutzt. Auch wenn die Versicherungsunternehmen rechtlich nicht dazu verpflichtet sind, ist der große Vorteil dieser Handhabe, dass sich dadurch zu Beginn ein Deckungskapital von null ergibt und somit keinerlei Vorfinanzierung nötig ist.62 Versicherungsmathematisch werden somit die erwarteten Prämieneinnahmen und die erwarteten Leistungen mit dem Höchstrechnungszins abgezinst um den Barwert zu erhalten.63 Ergeben sich während der Vertragslaufzeit Änderungen hinsichtlich der Berechnungsgrundlagen sind die Deckungsrückstellungen zu korrigieren. Dies kann zum einen dazu führen, dass der Versicherer die Deckungsrückstellungen nachträglich erhöhen muss. Auf der anderen Seite kann eine vorsichtig kalkulierte Deckungsrückstellung zu zusätzlichen Erträgen führen, welche dann an die Versicherungsnehmer verteilt werden müssen.64
3.2.2.3 Historische Entwicklung
Der Höchstrechnungszins für Lebensversicherungsverträge ist von 3% für Verträge vor Juli 1986 auf 3,5% ab Juli 1986 gestiegen. Dieser Zustand hielt bis Juli 1994 an.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Entwicklung Garantiezins in Deutschland Quelle: GDV (o.J), Online im Internet
Ab diesem Zeitpunkt wurden sogar 4% durch die Versicherungsunternehmen garantiert. Aufgrund verschiedenster wirtschaftlicher und politischer Entwicklungen musste der Höchstrechnungszins erstmals ab Juli 2000 auf 3,25% gesenkt werden. Im Laufe der folgenden 12 Jahre wurde er zum 01.01.2004 auf 2,75%, zum 01.01.2007 auf nur noch 2,25% und mit Wirkung vom 01.01.2012 auf 1,75% gesenkt.
3.3 Kapitalanlage
Die Kapitalanlagemöglichkeiten der Lebensversicherungsunternehmen sind gerade in Bezug auf die konventionelle Lebensversicherung im Vergleich zum gesamten Kapitalmarkt bereits erheblich eingeschränkt.
„Bei der konventionellen Lebensversicherung wird der Lebensversicherer Kapitalanalgen tätigen, sobald er auf seinen Konten aufgrund der erhaltenen Beiträge, durch Kapitalerträge und/oder durch die Veräußerung bzw. die Auflösung von bisherigen Kapitalanlagen entsprechend geeignete Mittel zur Verfügung hat".65 Aufgrund der sehr hohen Kapitalbestände in Lebensversicherungsunternehmen unterliegen diese Kapitalanlagen besonderen Einschränkungen und werden aufsichtsrechtlich kontrolliert. Die Unternehmen sind im Rahmen des VAG dazu verpflichtet, nur bestimmte Kapitalanlagen zu tätigen bzw. auf bestimmte Anlageinstrumente vollständig zu verzichten. Dabei sind besonders die Anlagegrundsätze, welche im §54a Abs.1 VAG geregelt sind, zu nennen.66 Der erste Grundsatz ist hier das Thema Sicherheit. Dies umschreibt, dass die Kapitalanlage so gewählt werden muss, dass aufgrund der „üblichen Langfristigkeit der Lebensversicherungen"67 das Geld der Versicherungsnehmer ordnungsgemäß angelegt und zu jeder Zeit sicher ist.
Im Gegensatz dazu stehen der Grundsatz und das Ziel der Rentabilität. Der Ertrag muss mindestens so hoch sein, dass der Höchstrechnungszins erwirtschaftet wird.68 Das Ziel der Unternehmen geht selbstverständlich dahin, höhere Erträge zu erwirtschaften, um den Kunden eine lukrative Überschussbeteiligung bieten zu können. Das Problem, ausreichend hohe Erträge zu erwirtschaften, liegt in der Tatsache begründet, dass am Kapitalmarkt allgemein die folgende Regel gilt: „Mehr Rendite gibt es nur mit mehr Risiko".69
Dritter Grundsatz ist das Thema Streuung und Mischung. Mischung bedeutet hierbei, dass auch, wenn eine Kapitalanlage sicher und rentabel sein sollte, diese nicht ausschließlich oder überwiegend im Portfolio des Versicherers vorhanden sein darf.70 Die genauen Prozentsätze und Aufteilungsgrundlagen sind im §53c sowie §54a Abs. 4a VAG geregelt.71 Streuung bedeutet andererseits, dass innerhalb einer Anlageart verschiedene Anlagen von unterschiedlichen Anbietern gewählt werden. Gleiches gilt für die Anlage in Immobilien oder Grundstücken. Auch hierbei muss nach Regionen und Art der Immobilien differenziert werden. Als letzter Grundsatz ist das Thema Liquidität zu nennen. Auch wenn in §54a Abs. 1 VAG eine ständige Verfügbarkeit der Mittel gefordert wird, so spielt dieser Punkt für Lebensversicherungsunternehmen eine untergeordnete Rolle, da durch die regelmäßigen Beitragseinnahme die Liquidität im Regelfall gesichert ist.72 Aufgrund dieser Grundsätze sieht die Kapitalanlagestruktur der meisten Lebensversicherer ähnlich aus. Zweifelsohne hat jedes Unternehmen das Recht zu entscheiden, in welchen Bereichen es in welcher Höhe investiert, aber im Grunde ist die Aufteilung nach der Art der Kapitalanlage bei allen Versicherern gleich. Zum besseren Verständnis der verschiedenen Arten und der Größenordnung der Kapitalanlage zeigt die folgende Abbildung den Kapitalanlagebestand der Deutschen Lebensversicherer mit einem Gesamtvolumen in Höhe von über 740 Milliarden Euro im Jahr 2011.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Bestand an Kapitalanlagen 1995 - 2011
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an GDV (o.J), Online im Internet
3.4 Überschussbeteiligung
Bei Lebensversicherungen mit Überschussbeteiligung haben die Versicherungsnehmer ein vertraglich garantiertes Recht an den Überschüssen, welche das Lebensversicherungsunternehmen erwirtschaftet, zu partizipieren.73 „Das Ziel der Überschussbeteiligung soll es sein, den vom Unternehmen ausgewiesenen Gewinn möglichst zeitnah, vollständig und verursachungsgerecht an die Versicherungsnehmer zurückzuerstatten."74 Überschüsse entstehen, da aufgrund der langen Laufzeit von Lebensversicherungsverträgen die Prämien sehr vorsichtig kalkuliert werden müssen. Dieser Umstand ergibt sich aus folgendem Sachverhalt:
[...]
1 Vgl. BaFin - Rendite (o.J), Online im Internet
2 Vgl. Stiftung Warentest (2010), Online im Internet
3 Vgl. Stiftung Warentest (2010), Online im Internet
4 Vgl. Stern (o.J), Online im Internet
5 Vgl. Financial Times Deutschland (2012), Online im Internet
6 Vgl. BaFin - Versicherungsaufsicht (o.J), Online im Internet
7 Vgl. BaFin - Versicherungsaufsicht (o.J), Online im Internet
8 Vgl. BaFin - Versicherungsaufsicht (o.J), Online im Internet
9 Vgl. Kurzendörfer, Volker (2000), S. 31
10 Vgl. Kurzendörfer, Volker (2000), S. 31
11 Vgl. Eifert, Steffen (1997), S. 289
12 Vgl. Eifert, Steffen (1997), S. 289ff
13 Vgl. Kurzendörfer, Volker (2000), S. 34ff
14 Vgl. Eifert, Steffen (1997), S. 293ff
15 Vgl. von Plato, Philipp (2005), S. 1
16 Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon (o.J), Online im Internet
17 Vgl. von Plato, Philipp (2005), S. 5
18 Vgl. von Plato, Philipp (2005), S. 6ff
19 Vgl. Solvency II kompakt (o.J), Online im Internet
20 Gebhard, Rüdiger (1995), S. 18
21 Vgl. Gebhard, Rüdiger (1995), S. 18ff
22 Vgl. Gebhard, Rüdiger (1995), S. 18ff
23 Vgl. Kurzendörfer, Volker (2000), S. 32
24 Vgl. Kurzendörfer, Volker (2000), S. 33
25 Vgl. Kurzendörfer, Volker (2000), S. 34
26 Kurzendörfer, Volker (2000), S. 34
27 Kurzendörfer, Volker (2000), S. 36
28 Vgl. BaFin - Versicherungsaufsicht (o.J), Online im Internet
29 Vgl. Kurzendörfer, Volker (2000), S. 37
30 Nguyen, Tristan / Romeike, Frank (2013), S.222
31 Vgl. Museum der deutschen Versicherungswirtschaft (o.J), Online im Internet
32 Vgl. Lührs, Dieter (1997), S.14
33 Vgl. GDV (o.J), Online im Internet
34 Vgl. Kurzendörfer, Volker (2000), S. 10
35 Vgl. Kurzendörfer, Volker (2000), S. 10
36 Vgl. Lührs, Dieter (1997), S.16ff
37 Vgl. Müller, Andreas (1998), S.5ff
38 Vgl. Lührs, Dieter (1997), S.76
39 Vgl. Lührs, Dieter (1997), S.76
40 Vgl. Lührs, Dieter (1997), S.56ff
41 Vgl. Lührs, Dieter (1997), S.74
42 Vgl. Kurzendörfer, Volker (2000), S. 126
43 Eifert, Steffen (1997), S. 46
44 Vgl. Lührs, Dieter (1997), S.151
45 Vgl. Lührs, Dieter (1997), S.152
46 Vgl. Eifert, Steffen (1997), S. 47
47 Vgl. Kurzendörfer, Volker (2000), S. 42
48 Lührs, Dieter (1997), S.152
49 Vgl. Eifert, Steffen (1997), S. 47
50 Vgl. DAV (2012), Online im Internet
51 Vgl. Kurzendörfer, Volker (2000), S. 44
52 Kurzendörfer, Volker (2000), S. 45
53 Vgl. Kurzendörfer, Volker (2000), S. 44
54 Vgl. Kurzendörfer, Volker (2000), S. 45
55 Vgl. Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG), vom 08.12.2010,(BGBl. I S. 1768)
56 Vgl. Ronsdorf, Klaus / Rossmann, Stephan / Schlinck, Peter (2009), S.411
57 Vgl. BaFin - Rendite (o.J), Online im Internet
58 Vgl. Nguyen, Tristan / Romeike, Frank (2013), S.230
59 Vgl. Nguyen, Tristan / Romeike, Frank (2013), S.231
60 Vgl. BaFin - Beitrag (o.J), Online im Internet
61 Vgl. Nguyen, Tristan / Romeike, Frank (2013), S.231
62 Vgl. Nguyen, Tristan / Romeike, Frank (2013), S.234
63 Vgl. Ronsdorf, Klaus / Rossmann, Stephan / Schlinck, Peter (2009), S.410
64 Vgl. Kurzendörfer, Volker (2000), S. 71
65 Lührs, Dieter (1997), S.192
66 Vgl. Lührs, Dieter (1997), S.191
67 Lührs, Dieter (1997), S.191
68 Vgl. Lührs, Dieter (1997), S.191
69 Finanzen.net (2012), Online im Internet
70 Vgl. Lührs, Dieter (1997), S.191
71 Vgl. Kurzendörfer, Volker (2000), S. 92
72 Vgl. Lührs, Dieter (1997), S.191
73 Vgl. Gebhard, Rüdiger (1995), S.12
74 Eifert, Steffen (1993), S. 69
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