Von der Politisierung des Ethnischen zur Ethnisierung des Politischen: Die Zapatisten in Chiapas/Mexiko


Mémoire de Maîtrise, 2008

117 Pages, Note: 2,3


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Einleitung

Politisches Länderprofil Mexiko

1. Theoretische Grundlagen
1.1 Begriffsbestimmungen des Ethnischen: Ethnie/ethnische Gruppe und
Indigene Völker
1.2 Begriffsbestimmungen des Politischen: Raum und Diskurs
1.3 Von der Politisierung des Ethnischen zur Ethnisierung des Politischen

2. Politisches und Ethnisches in Mexiko: Rahmenbedingungen
2.1 Historische Einordnung des politischen Raums - Die Entstehung des National-
staates Mexiko und das Verhältnis zwischen Staat und indigener Bevölkerung
2.2 Indigene Völker und Ethnien in Mexiko und die Tzotziles und Tzeltales in Chia-
pas

3. Die Politisierung des Ethnischen
3.1. Voraussetzungen
3.1.1 Sozioökonomische Situation der indigenen Bevölkerung in Chiapas
3.1.2 Politische Situation
3.1.3 Erste indigene Mobilisierungen
3.2 Vergemeinschaftung auf ethnischer Grundlage als handlungsleitende Chance
für politisches Handeln? - Entstehung der EZLN

4. Die Ethnisierung des Politischen
4.1 Gewaltsamer Konflikt und Konstituierung als ethnischer Diskursgegner - Auf-
stand der Zapatisten am 1. Januar 1994 und erste Auswirkungen
4.2 Streben nach einer Etablierung des ethnischen Diskurses in der nationalen Poli-
tik - Die Verhandlungen von San Andrés und der Nationale Indigenen-Kongress
4.3 Einbringung von ethnischen Semantiken und Symbolen in den politischen
Raum - Der Marsch der indigenen Würde nach Mexiko-Stadt und die Verfas-
sungsänderung im Jahr 2001
4. 4 Veränderungen in der politischen Landschaft und den politischen Outputs:
4.4.1 Mikroebene
4.4.2 Makroebene

Fazit

Literaturverzeichnis

Anhang:

-Gegenüberstellung des Abkommens von San Andrés und der Verfassungsreform über die indigene Rechte und Kultur
-Schlüsseldaten zu Mexiko und Chiapas
-Interview mit Stephan Scheuzger (ETH Zürich)
-Interview mit Heike Kammer (Peace Brigades International)
-Interview mit Frank Priess (Konrad-Adenauer-Stiftung)
-Visualisierung der gewonnenen Eindrücke

Abkürzungsverzeichnis:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

„Zu Beginn des 21. Jahrhunderts sind indigene Bewegungen in Lateinamerika ein nicht zu übergehender politischer Faktor geworden. In Ländern wie Mexico, Guatemala und den Andenstaaten Ecuador, Bolivien und Kolumbien beschränken sich ihre Organisationen nicht mehr allein auf die Interessenvertretung eines sich als Indigene definierenden Teiles der Bevölkerung. Ihr Aktionsradius hat sich zunehmend ausgeweitet. Sie treten als Sprachrohr der Benachteiligten und Unzufriedenen auf, sind in der Lage, soziales Protestpotenzial über die eigenen Reihen hinaus zu mobilisieren. Und sie bauen immer wirkungsvoller ihre Rolle als Bündnispartner jener gesellschaftlichen Kräfte aus, die für grundlegende gesellschaftliche Reformen oder alternative Gesellschaftsformen eintreten.“[1]

Einleitung:

Am 1. Januar 1994 besetzt eine Gruppe vorwiegend Indigener, die sich die „Zapatistische Armee der Nationalen Befreiung (Ejército Zapatista de Liberación Nacional, EZLN) nennen, mehrere Städte im südmexikanischen Bundestaat Chiapas und erklärt der mexikanischen Zentralregierung den Krieg. Die Überschrift des Manifestes der „Zapatisten“[2] , deren Name sich auf den ehemaligen mexikanischen Revolutionsführer Emiliano Zapata bezieht, lautet: „Heute sagen wir: es reicht! (Hoy decimos basta!)“ und sie fordern in einer Deklaration„Arbeit, Land, Unterkunft, Nahrung, Gesundheit, Bildung, Unabhängigkeit, Freiheit, Demokratie, Gerechtigkeit und Frieden“[3] . Das Datum für diesen Aufstand wählen sie, weil es Mexikos Beitritt zur Nordamerikanischen Freihandelszone (North American Free Trade Agreement, NAFTA) markiert, von dessen Auswirkungen sich die Zapatisten, mehrheitlich Kleinbauern, existenziell bedroht fühlen. Nach knapp zwei Wochen militärischer Auseinandersetzung zwischen der zapatistischen Guerilla und der mexikanischen Bundesarmee, herrscht zwar bis heute ein Waffenstillstand, jedoch ist der Konflikt noch immer ungelöst.[4]

Die Entwicklung der zapatistischen Bewegung in Mexiko ist eingebettet in eine „neue politische Präsenz des Ethnischen“[5] in ganz Lateinamerika seit Ende der 1960er Jahre, in denen sich zunehmend Organisationen auf der Grundlage indigener Identität[6] bildeten. Indigene, die vorher auf bäuerlicher oder gewerkschaftlicher Grundlage organisiert waren, erkannten in ethnischen Semantiken (z. B. der Betonung der Zugehörigkeit zu einem indigenen Volk) zunehmend eine zusätzliche Identitätsoption in der politischen Auseinandersetzung.[7] Nicht nur in Lateinamerika, sondern weltweit vollzieht sich ein Prozess einer zunehmenden, massiven Präsenz ethnisch begründeter Diskurse und Akteure in der Politik“[8] , den Christian Büschges und Joanna Pfaff-Czarnecka in ihrem 2007 erschienenen, gleichnamigen Buch die „Ethnisierung des Politischen“ nennen. In Lateinamerika wird dieser Prozess sichtbar in einer neuen indigenen politischen Präsenz und einer „sich verändernden politischen Rolle der Indígenas“[9] . Diese zeigt sich auch beispielsweise in der Verleihung des Friedensnobelpreises für die Maya Rigoberta Menchú Tum aus Guatemala im Jahr 1992, in Verfassungsänderungen hinsichtlich der Anerkennung der Pluri- oder Multikulturalität diverser lateinamerikanischer Länder in den 1990er Jahren, in der Gründung der indigenen Partei Pachakutik 1996 in Ecuador sowie im Amtsantritt des Aymara Evo Morales als Präsident Boliviens im Jahr 2006.[10] Bei den „neuen indigenen Bewegungen“ handelt es sich um regional agierende Zusammenschlüsse meist multiethnischer Zusammensetzung, die um Autonomierechte in einem begrenzten, gemeinsam genutzten Territorium kämpfen.[11] Die Konsequenz dieser Entwicklungen ist tiefgreifend: Der wachsende Druck organisierter indigener Bewegungen stellt die Gesellschaften und Staaten vor die Aufgabe, die Frage der nationalen Identität und das Verhältnis zwischen Staat und indigener Bevölkerung zu überdenken und neu zu definieren, ein Verhältnis, welches seit jeher durch seine Wurzeln in der Kolonialzeit geprägt war.

Reaktionen auf diese weltweiten Umbrüche finden auch auf internationaler Ebene statt, so wird beispielsweise im Rahmen der Vereinten Nationen 1982 eine „Arbeitsgruppe Indigene Bevölkerung“[12] geschaffen und 1989 die „Konvention über indigene und in Stämmen lebende Völker in unabhängigen Ländern“[13] von der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organisation, ILO) verabschiedet, die das „Übereinkommen über den Schutz und die Eingliederung eingeborener Bevölkerungsgruppen und anderer in Stämmen lebender oder stammesähnlicher Bevölkerungsgruppen in unabhängigen Ländern“[14] von 1957 aufgrund seines paternalistischen Charakters korrigiert. 1993 wird das Jahr und 1995-2004 sowie 2005-2014 die Jahrzehnte der indigenen Völker durch die Vereinten Nationen (VN) ausgerufen und schließlich im Jahr 2007 die „VN-Deklaration über die Rechte indigener Völker“[15] verabschiedet.

Nachdem zunächst bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts davon ausgegangen wurde, mit der „Modernisierung“ gehe eine ethnische Entdifferenzierung einher und ethnische Grenzen verschwänden im Zuge der Industrialisierung und Globalisierung („De-Ethnisierung“) stellt der Londoner Professor Anthony D. Smith schon 1981 ein zunehmendes „ethnic revival“[16] (Wiederaufleben von Ethnischem, „Re-Ethnisierung“[17] ) fest und erklärt: „Auf allen Kontinenten und in praktisch jedem Staat ist Ethnizität wieder zu einer starken sozialen und politischen Kraft geworden. Die ethnisch plurale Sozialstruktur der meisten Staaten; deren Politik einer kulturellen Integration; die wachsende Häufigkeit und Intensität ethnischer Rivalitäten und Konflikte; die Ausbreitung ethnischer Bewegungen: all diese Trends und Phänomene zeigen die zunehmende Bedeutung von Ethnizität in der modernen Welt.“[18] Analog zu diesem Prozess wird seit ca. 20 Jahren die Thematik der „Ethnizität“ von einer Vielzahl von wissenschaftlichen Disziplinen, wie der Ethnologie, der Politischen Wissenschaft, der Soziologie oder der Geschichtswissenschaft verstärkt aufgegriffen und im Zusammenhang mit Fragestellungen etwa zur Globalisierung, Modernisierung, oder Minderheitenintegration untersucht. Für die Politische Wissenschaft ist von besonderem Interesse, dass Ethnizität heute wieder zu einer wichtigen Ressource geworden ist, um politische Ansprüche zu legitimieren und durchzusetzen.[19] So bewegt sich der Faktor „Ethnizität“ im Spannungsfeld der drei Dimensionen, nach denen die Politische Wissenschaft Politik untersucht: die Umsetzung von Politikinhalten (policy) mit Hilfe von politischen Prozessen (politics) innerhalb von Politikstrukturen (polity).

Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es somit zu untersuchen, ob und wie die Zapatisten einerseits über ihre ethnische Identität zu ihrer politischen Mobilisierung gefunden haben und ob und wie sie andererseits wiederum die politischen Strukturen durch diese politisierte Ethnizität beeinflussten.[20]

Dabei stellt sich fortwährend die grundsätzliche Frage, ob es überhaupt möglich ist, von diesem Übergang einer Politisierung des Ethnischen zur Ethnisierung des Politischen am Beispiel der Zapatisten zu sprechen: Denn inwieweit die Bewegung der Zapatisten überhaupt einen ethnischen Charakter besitzt, ist umstritten, drehen sich doch ihre Forderungen um Themen wie Demokratie, soziale Gleichheit, Gleichberechtigung und ein gerechtes Wirtschaftssystem und gehen somit weit über die Verteidigung ethnischer Identität hinaus.

Ihre Bewegung wurde daher auch zu einer Folie, auf die Menschenrechts- und Nichtregierungsorganisationen sowie linksgerichtete Solidaritätsbündnisse Themen wie die Globalisierungskritik projizierten. Die Debatte über die Art der politischen Veränderungen in Lateinamerika nährt sich somit auch von unterschiedlichen Einschätzungen der darin enthaltenen Potentiale für Umbrüche, wie sie z.B. auch von einer revitalisierten Linken ausgehen könnten.[21]

Der zeitliche Fokus dieser Untersuchung richtet sich auf die Jahre zwischen 1970 bis 2001, da um das Jahr 1970 die indigenen Mobilisierungen in Mexiko ihren Anfang nahmen und sich nach 2001 die Fronten des Chiapas-Konflikts so verhärteten, dass es zu einem Stillstand des Friedensprozesses kam.

Zunächst wird im ersten Kapitel der theoretischen Grundlagen vorgestellt, was „das Ethnische“ grundsätzlich bedeutet, wie sich also eine ethnische Gruppe oder Ethnie definiert bzw. wer unter den Begriff „Indigene Völker“ gefasst wird. Weiterhin muss im zweiten Kapitel des theoretischen Teils „das Politische“ definiert werden. Zur Begriffsbestimmung des politischen Raums wird in der vorliegenden Arbeit dem Ansatz von Büschges und Pfaff-Czarnecka gefolgt, der innerhalb des Sonderforschungsbereiches „Das Politische als Kommunikationsraum in der Geschichte“[22] , einem Projekt der Universität Bielefeld und der Deutschen Forschungsgemeinschaft, entwickelt wurde. Dieser korrespondiert auch in besonderer Weise mit dem zapatistischen Verständnis des politischen Raumes.

Schließlich bedarf es noch einer theoretischen Darstellung der Prozesse der Politisierung des Ethnischen und der Ethnisierung des Politischen. Beide Phänomene stehen in enger Verbindung mit - und Wechselwirkung zueinander. Wird nach der Politisierung des Ethnischen gefragt, steht das Zustandekommen eines besonderen gruppenspezifischen, politischen Handelns auf ethnischer Basis im Mittelpunkt. Die Ethnisierung des Politischen bedeutet dagegen, dass das gruppenspezifische, ethnisch begründete Handeln sowie die verstärkte Präsenz ethnisch begründeter Diskurse und Akteure in der Politik die politische Landschaft und die politischen Outputs verändert.[23]

Bevor jedoch beide Phänomene am Beispiel der Zapatisten im Hauptteil untersucht werden können, ist es wichtig, das Ethnische und das Politische zunächst grundlegend auf Mexiko zu beziehen. Da die Ursprünge der hier untersuchten politischen Vorgänge maßgeblich in den vergangenen Prozessen der Entstehung des Nationalstaats Mexiko zu finden sind, ist es wichtig, den historischen Kontext des politischen Raums Mexiko aufzuzeigen. Zum anderen muss ein Verständnis für die Bedeutung, die Ethnizität für Ethnien heute in Mexiko und Chiapas einnimmt, geschaffen werden - hierzu dient ein Überblick zur Situation der indigenen Völker in Mexiko und zwei der größten indigenen Ethnien Chiapas`, die Tzotziles und die Tzeltales, die auch einen Großteil der bei den Zapatisten vertretenen Ethnien bilden.

Im Hauptteil der vorliegenden Arbeit erfolgt schließlich eine Analyse der Politisierung des Ethnischen und der Ethnisierung des Politischen am Beispiel der Zapatisten. Geprüft wird zunächst die Politisierung des Ethnischen - welche Vorgänge ließen die spezifische Rolle der Zapatisten als ethnische Akteure im politischen Raum Mexiko entstehen? Anschließend wird nach der Ethnisierung des Politischen gefragt. Geprüft werden hierbei neben dem Aufstand von 1994 zwei Ereignisse, die im Zeitraum von 1994 bis 2001 diejenigen Perioden darstellen, in denen ein direkter und unmittelbarer Kontakt zwischen Regierungsvertretern und Zapatisten bestand. Können diese Ereignisse als eine Ethnisierung des Politischen gedeutet werden? Um diese Frage letztlich zu beantworten, müssen erfolgte Veränderungen in der politischen Landschaft und den politischen Outputs im letzten Kapitel dieses Abschnittes aufgezeigt werden, bevor ein abschließendes Fazit gezogen wird.

Grundsätzlich gilt: Der Chiapas-Konflikt findet auf mehreren Ebenen statt. Auf der Makroebene, auf der die Akteure EZLN, die mexikanische Bundesregierung und weitere nationale und internationale Akteure agieren, auf der Mesoebene, welche die Auseinandersetzungen zwischen Akteuren auf der regionalen bzw. bundesstaatlichen Ebene repräsentiert und auf der Mikroebene, die die Probleme in und unter den indigenen Gemeinden umfasst.[24] Im ersten Teil der vorliegenden Arbeit, der die Politisierung des Ethnischen behandelt, müssen alle drei Ebenen berücksichtigt werden, um die Genese der Politisierung am Beispiel der Zapatisten umfassend zu erläutern, der Schwerpunkt des zweiten Teils, der Ethnisierung des Politischen, ebenso wie das Fazit, muss sich jedoch vorwiegend auf die Makroebene konzentrieren, um die Entwicklungen wiederum mit den weltweiten Ethnisierungsprozessen vergleichbar zu machen.

Obwohl die folgenden Begriffe im Kontext des zu behandelnden Themas verwendet werden, können die jeweiligen konzeptuellen Debatten um die inhaltlichen Begriffsbestimmungen von „Identität“, „Minderheit/Minderheitenrechte“ , „Kultur“ oder dem „Völker“-Rechtsbegriff sowie das Für und Wider von „indigener Autonomie“ kein Gegenstand der vorliegenden Untersuchung sein. Auch geht es in der vorliegenden Arbeit nicht primär um die Ursachen des zapatistischen Aufstandes, da sich hiermit, gerade auch zu Chiapas, eine eigene theoretische Diskussion in der Bewegungsforschung beschäftigt.

Ein letzter, wichtiger Hinweis muss noch gegeben werden: Die Beschreibungen des Konfliktverlaufs sind bei manchen Autoren von dem Bild „eines imaginären Chiapas“[25] geprägt, welches von unkritischer Bewunderung bis hin zu verständnisloser Ablehnung der Zapatisten reicht.[26] Häufig wird versucht, in Chiapas einen Schauplatz zwischen „Gut und Böse“[27] zu konstruieren und die Einschätzungen zu diesem Konflikt sind von den eigenen politischen Grundüberzeugungen der Autoren beeinflusst.[28] Um eine möglichst neutrale Untersuchung des gewählten Themas zu bieten, wurden solche Informationen verwendet, deren Quellenlage eindeutig und mehrfach bestätigt, die von anerkannten Wissenschaftlern verfasst oder im Rahmen eines wissenschaftlichen Umfeldes entstanden sind. Darüber hinaus flossen Erkenntnisse in die Arbeit mit ein, die während eines eigenen Aufenthaltes im Jahr 2007 in Chiapas gewonnen wurden, bei dem Besuche der Stadt San Cristóbal de las Casas sowie dort ansässigen Menschenrechtsrechtszentren und indigenen Gemeinden in der Umgebung wichtige Eindrücke lieferten. Als eines der fundiertesten Werke zum Chiapas-Konflikt ist sicherlich das 2003 von Ulrich Köhler herausgegebene Buch „Chiapas. Aktuelle Situation und Zukunftsperspektiven für die Krisenregion im Südosten Mexikos“[29] anzusehen, welches unterschiedliche Aufsätze und Perspektiven vereint. Die Thematik der Politisierung des Ethnischen und der Ethnisierung des Politischen wird zentral und umfassend von dem schon oben erwähnten Buch von Büschges und Pfaff-Czarnecka „Die Ethnisierung des Politischen. Identitätspolitiken in Lateinamerika, Asien und den USA“ aufgegriffen, welches ebenfalls in verschiedenen Aufsätzen zu diesem Thema erfahrene Autoren zu Wort kommen lässt.

Um eine Einordnung der Prozesse der Politisierung des Ethnischen sowie der Ethnisierung des Politischen am Beispiel der Zapatisten in Chiapas in den Gesamtkontext des Staates Mexiko zu bieten, wird der vorliegenden Arbeit zunächst ein kurzes politisches Länderprofil von Mexiko vorangestellt.

Politisches Länderprofil Mexiko:

Laut Artikel 40 seiner Verfassung ist Mexiko (Vereinigte Mexikanische Staaten/Estados Unidos Mexicanos) eine repräsentative, demokratische und föderale Republik. Alle sechs Jahre findet die Wahl des Staats- und Regierungschefs statt, der gleichzeitig Oberster Befehls­haber über das Militär ist. Der Senat (Cámara de Senadores) mit 128 Mitgliedern, gewählt für sechs Jahre, und eine Abgeordnetenkammer (Cámara de Diputados) mit 500 Mitgliedern, gewählt für drei Jahre, bilden den Kongress (Congreso de la Unión). Eingeteilt ist das Land in 31 Bundestaaten, einen Bundesdistrikt (Mexiko-Stadt) und gegenwärtig 2426 „Municipios“ (Gemeindebezirke).[30] Trotz ihrer „Souveränität“ sind die Bundesstaaten de facto in den Zentralismus des Bundes eingebunden[31] , wofür unter anderem der starke Präsidentialismus und das staatlich-zentralisierte Modell wirtschaftlicher Entwicklung und Modernisierung des sozialen Lebens verantwortlich gemacht werden.[32]

Nach der mexikanischen Revolution (1910 – 1917)[33] wird 1929 die Partei der institutionalisierten Revolution (Partido Revolucionario Institucional, PRI)[34] mit dem Anspruch, das Erbe der Revolution zu verwalten, gegründet. Aufgrund verschiedener Faktoren kann sich die PRI mehr als 70 Jahre lang an der Macht halten, dazu gehören eine Untergliederung der Bevölkerung in verschiedene Sektoren (Arbeiter-, Bauern-, Volks-Sektor) und ein System der „repressiven Integration“[35]. Dieses System beinhaltet die Befriedigung partieller Bedürfnisse eines großen Teils der Bevölkerung, die Kooptation von Führungspersönlichkeiten sowie eine selektive Androhung von Gewalt gegen nicht kooptierbare Dissidenten.[36] Der Einfluss der Oppositionsparteien, z.B. der 1939 gegründeten Partei der Nationalen Aktion (Partido de Acción Nacional, PAN), eine Partei der konservativen Mittelschicht, bleibt bis Ende des 20. Jahrhunderts gering. 1940 bis 1970 ist das postrevolutionäre Mexiko von politischer Stabilität und einem hohen Wirtschaftswachstum, dem „milagro mexicano“[37] geprägt.[38] Ereignisse wie z. B. die gewaltsame Niederschlagung einer friedlichen Studentendemonstration 1968 („Massaker von Tlaltelolco“) oder das mangelhafte Krisenmanagement der Regierung nach dem Erbeben 1985 untergraben jedoch zunehmend die Legitimation der PRI in der Bevölkerung.[39] Verschiedene Reformen des politischen Systems seit den 1970er Jahren, wie z. B. die Zulassung der Kommunistischen Mexikanischen Partei (Partido Comunista Mexicano, PCM) zu den Wahlen Ende der 1970er Jahre bewirken eine langsame Stärkung oppositioneller Positionen. 1982 gerät Mexiko in eine Verschuldungskrise, die jedoch mit Strukturanpassungsprogrammen des Internationalen Währungsfonds nach dem neoliberalen Paradigma des Washingtoner Consensus überwunden werden kann. Ende der 1980er gilt Mexiko wieder als erfolgreiches Schwellenland, damalige Höhepunkte der wirtschaftlichen Entwicklung sollen 1994 das Inkrafttreten des NAFTA-Vertrags und der Beitritt zur Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Organisation for Economic Co-operation and Development, OECD) darstellen. Im selben Jahr kommt es jedoch zum Aufstand in Chiapas, der Ermordung zweier führender PRI-Kandidaten und einer drastischen Abwertung des Pesos. Trotz der darauf folgenden politischen und sozialen Modernisierung sowie verschiedener Entwicklungsprogramme schreitet die Einkommens- und Vermögenspolarisierung innerhalb des Landes voran.[40] Die Oppositionsparteien, allen voran die PAN, verzeichnen auf Bundesstaaten und Munizipal-Ebene immer größere Erfolge, eine dritte zentrale Größe im Parteiensystem hatte sich 1989 mit der linkspolitisch orientierten Partei der demokratischen Revolution (Partido de la Revolución Democrática, PRD) herausgebildet.[41] Die drei Parteien PRI, PAN und PRD bilden heute, im Vergleich zu verschiedenen kleineren Parteien, die signifikantesten Kräfte in der mexikanischen Parteienlandschaft. Nach grundlegenden politischen Reformen Ende der 1990er, gewinnt der Kandidat der PAN schließlich im Jahr 2000 das Präsidentenamt und beendet damit die 71 Jahre währende Einparteien-Herrschaft der PRI. Im Rückblick erreicht der Demokratisierungsprozess Mexikos damit seinen vorläufigen Höhepunkt, seine Transition ist jedoch noch nicht abgeschlossen.[42] Eine der größten politischen Herausforderungen für Mexiko nach der Einleitung des Demokratisierungsprozesses bleibt es, alle seine Regionen in die positiven wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen mit einzubeziehen. Der Index der menschlichen Entwicklung (Human Development Index, HDI/ Índice de Desarrollo Humano, IDH) erfasst im Jahr 2000 diese großen regionalen Unterschiede zwischen Arm und Reich erstmals ausführlich:

Abb. 1: Einstufung der 31 Bundesstaaten plus Bundesdistrikt nach dem Werten des Indexes für menschliche Entwicklung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Programa de las Naciones Unidas para el Desarrollo:

Informe sobre Desarrollo Humano (PNUD). México 2002, Mexiko-Stadt 2003, in: http://saul.nueve.com.mx/informes/images/000-I-XIV%20PRELIMINARES.pdf (17.7.08), S. 35. (Einkreisung E. L.)

In den rot gefärbten Bereichen wird ein HDI-Wert zwischen 0,7001 und 0,7005 festgestellt, in den grün gefärbten Bereichen ein HDI-Wert zwischen 0,7005 und 0,8500, der weiße Bereich liegt noch darüber. Hier wird deutlich, dass besonders der Süden Mexikos, zu denen auch der Bundesstaat Chiapas (Einkreisung) gehört, von größerer Armut als der Rest des Landes betroffen ist.[43]

1. Theoretische Grundlagen

1.1 Begriffsbestimmungen des Ethnischen: Ethnie/ethnische Gruppe und Indigene Völker

Der Begriff „Ethnie“ leitet sich ab vom griechischen „ethnos“ für „ Volk“. Bezogen auf Mexikos Ethnien, wird der Begriff „Ethnie/ethnische Gruppe“ häufig im Wechsel mit oder im Zusatz zu der Bezeichnung „Indigene Völker“ verwendet. In Mexiko selbst ist es üblich, Sprachgruppen als Ethnien zu bezeichnen. Tatsächlich gibt es auf der Grundlage von Sprache in Mexiko jedoch keine Gruppierungen mit dem Gefühl der Zusammengehörigkeit („Wir-Gruppen“), stattdessen gründet sich dieses Gefühl meist auf der Grundlage von einer Zugehörigkeit zu einer Gemeinde (comunidad).[44] Wird also im Folgenden von den Eigenschaften einer Ethnie gesprochen, muss dies im Fall Mexikos hauptsächlich auf die Eigenschaften einer Sprachgruppe innerhalb einer Gemeinde bezogen werden.

In der ethnologischen Fachdiskussion steht vor allem die Betrachtungsweise einer „Ethnie“ und damit auch der „Ethnizität“ zur Disposition. Wurde bis in die 60er Jahre hinein noch vorwiegend darum gerungen, welche Typologie von primordialen, d. h. ursprünglichen Merkmalen einer Ethnie als beispielhaft gelten kann, setzte 1969, ausgelöst durch Fredrik Barth[45] ein Paradigmenwechsel ein, der den Blick auf situationsabhängige Abgrenzungsprozesse von ethnischen Gruppen lenkte. Das primordiale Konzept stellt unabhängig von den jeweiligen Kontextbedingungen und von Raum und Zeit existierende „objektive“ Unterschiede, wie z.B. Sprache, Abstammung, Religion, Hautfarbe oder Traditionen heraus und besagt, ethnische Unterschiede und Eigenschaften seien primordial, das Individuum werde also in eine Ethnie hineingeboren.[46] Das situative Konzept betont dagegen besonders die jeweiligen sozialen, politischen und ökonomischen Kontextbedingungen von Ethnizität. Die Zuordnung zu einer Ethnie ist nach diesem Ansatz immer ein Resultat zielbewusster Handlungen und vollzieht sich nach Bedarf, sie ist nicht eine vorgegebene unabänderliche Tatsache, sondern flexibel und kontextabhängig.[47] Der Gegensatz zwischen Primordialismus und Situationalismus wird heute jedoch zunehmend zugunsten des Situationalismus aufgelöst und bildet somit einen Ansatz, der davon ausgeht, dass Ethnien bzw. ethnische Gruppen Wir-Gruppen sind, die sich durch Selbst- und/oder Fremdzuschreibung einer kollektiven Identität auf der Grundlage des Glaubens an eine Abstammungs- bzw. Schicksalsgemeinschaft konstituieren, durch Gemeinsamkeiten von Kultur, Geschichte und aktuellen Erfahrungen miteinander verbunden sind[48] und diese primordialen Merkmale in Abhängigkeit von der Situation selektieren und somit Teil ethnischer Grenzziehungen werden lassen.[49] Erst durch einen Interaktionsprozess mit anderen Gruppen muss eine Gruppe ihre Identität behaupten lernen und dazu Kriterien und Symbole für Zugehörigkeit und Ausschluss festlegen.[50] Ethnien sind dabei nicht notwendigerweise homogen, intra-ethnische Konflikte und inter-ethnische Allianzen sind also nicht ausgeschlossen.[51]

Für den Prozess der Politisierung des Ethnischen ist hier von Interesse, wann, warum und entlang welcher Kriterien die jeweiligen, situativen Bedingungen dazu führen, dass ethnische Unterschiede für politische Mobilisierungen aktivierbar werden und schließlich zu politischen Handlungen führen.[52]

Um den Begriff der „Indigenen Völker“[53] zu definieren wird für die vorliegende Arbeit die Definition der Vereinten Nationen, bekannt geworden als sogenannte Cobo-Definition[54] , bevorzugt: „Indigene Gemeinden, Völker und Nationen sind jene, die in einer geschichtlichen Kontinuität zu den vor der Invasion und Kolonisierung existierenden Völkern stehen, die sich auf ihrem eigenen Territorium entwickelt haben und die sich selbst als unterschiedlich zu anderen Sektoren der Gesellschaften, die nunmehr in diesen Gebieten, oder Teilen von ihnen vorherrschen, betrachten. Sie stellen gegenwärtig untergeordnete Sektoren der Gesellschaft dar und fühlen sich dazu bestimmt, diese Territorien ihrer Vorfahren und ihre ethnische Identität zu bewahren, zu entwickeln und künftigen Generationen zu übertragen. Dies ist die Grundlage ihrer fortlaufenden Existenz als Volk, entsprechend ihren eigenen kulturellen Mustern, sozialen Einrichtungen und Rechtssystemen.“[55] In einigen wichtigen Punkten ergänzend dient die Definition der Konvention 169, die „indigene Völker“ bestimmt als: „in Stämmen lebende Völker in unabhängigen Ländern, die sich infolge ihrer sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Verhältnisse von anderen Teilen der nationalen Gemeinschaft unterscheiden und deren Stellung ganz oder teilweise durch die ihnen eigenen Bräuche oder Überlieferungen oder durch Sonderrecht geregelt ist; Völker in unabhängigen Ländern, die als Eingeborene gelten, weil sie von Bevölkerungsgruppen abstammen, die in dem Land oder in einem geographischen Gebiet, zu dem das Land gehört, zur Zeit der Eroberung oder Kolonisierung oder der Festlegung der gegenwärtigen Staatsgrenzen ansässig waren und die, unbeschadet ihrer Rechtsstellung, einige oder alle ihrer traditionellen sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Einrichtungen beibehalten.“[56] Die Zugehörigkeit eines Einzelnen zu einer Ethnie bzw. zu einem indigenen Volk und der darauf basierende Wille, einige oder alle „traditionellen sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Einrichtungen“ beizubehalten, bilden die zentralen Bestandteile „des Ethnischen“ in der vorliegenden Arbeit.

1.2 Begriffsbestimmungen des Politische n: Raum und Diskurs

Was nun „das Politische“ bedeutet, soll im Folgenden dargelegt werden. Der in der Einleitung erwähnte von der Deutschen Forschungsgemeinschaft in Bielefeld eingerichtete Sonderforschungsbereich orientiert sich an kultur- und kommunikationsgeschichtlichen Fragestellungen. Der Ansatz aus dem Projekt „Das Politische als Kommunikationsraum in der Geschichte“ verortet das Politische in einem politischen Raum, der als „Kommunikationsraum“ auf einer nationalen Ebene vor allem „diskursiv und symbolisch“ konstituiert wird.[57] Neben den Akteuren, den kommunikativen Modalitäten und dem institutionellen Gefüge konstituiert sich dieser politische Raum also vorwiegend aus einem Diskurs, der sich aus Semantiken und Symbolen speist, welche von bestimmten sozialen Gruppen in den politischen Raum eingebracht werden. Dabei richtet sich der Blick auch auf Mechanismen und Mittel außerhalb politischer Institutionen, insbesondere im öffentlichen Raum, wo Sachverhalte politisiert wurden.[58] Praktiken, Diskurse und Grenzziehungen sind nach diesem Ansatz dann als politisch anzusehen, „wenn sie

-überindividuell wirksam sind und Breitenwirkung besitzen. Dieser überindividuelle Charakter des Politischen beinhaltet, dass es stets um Beziehungen zwischen Akteuren geht, in denen Regeln des Zusammenlebens ausgehandelt oder verändert werden.
-nicht ephemer sind, sondern nachhaltig wirken. Nachhaltigkeit erlangen Praktiken und Diskurse, wenn sie sich mit Macht- und Gewaltverhältnissen oder deren Infragestellung verbinden. Macht wird dabei nicht als ein festes Beziehungsmuster verstanden, sondern als symbolisch und diskursiv hergestellt und ausgehandelt.
-Verbindlichkeit anstreben. Verbindlich sind sie dann, wenn in ihnen kollektive Klassifikationsschemata problematisiert, Regeln gesetzt sowie Möglichkeiten und Grenzen des Sag- und Machbaren ausgelotet werden.“[59]

Weitere Theorien stehen im Einklang mit den einzelnen Aspekten dieses Ansatzes und unterstützen daher dessen Anwendung: Zum einen das Konzept der „Cultural Politics“ nach Sonia E. Alvarez, Evelina Dagnino und Arturo Escobar, welches einen politischen Prozess darin sieht, wenn Bewegungen alternative Konzepte von z. B. „race, Wirtschaft, Demokratie oder citizenship“ einsetzen, um zu versuchen, die dominanten kulturellen Bedeutungen in Frage zu stellen oder zu erschüttern.[60] Diese „Cultural Politics“ sind das „Ergebnis diskursiver Artikulationen, die ihren Ursprung in bestehenden kulturellen Praktiken und im Kontext bestimmter historischer Umstände haben – dabei sind sie niemals rein, sondern immer hybrid, und stehen dennoch in bedeutungsvollem Kontrast zur dominanten Kultur.“[61]

Zum anderen wird auch in der von Michel Foucault geprägten Diskursanalyse, die sich in den letzten Jahren in den Geistes- und Sozialwissenschaften zunehmend etabliert, der diskursiven und symbolischen Ebene eine hohe Bedeutung bei der Konstruktion von gesellschaftlicher Wirklichkeit zugesprochen, denn in Diskursen wird immer wieder neu ausgehandelt, was in dem jeweiligen Diskurszusammenhang gesellschaftlich als „wahr“ anerkannt wird, die Definitionsmacht ist diskursiv „umkämpft“.[62] Dementsprechend erklären auch Büschges und Pfaff-Czarnecka: „Die politische Kommunikation, die in diesem Zusammenhang auch mit ethnischen Semantiken geführt wird, ist bestimmt durch Kämpfe um die Bestätigung von Interpretationsmodellen, die Definitionsmacht und die Beherrschung der öffentlichen Meinung“ und haben starken Einfluss auf den Raum des Politischen. Dabei gilt es „deutlich hervorzuheben, dass der Kampf um die Worte (…), die den Kern des Untersuchungsgegenstandes darstellen, nicht von der Prämisse losgelöst ist, dass die Macht der Worte sowohl von der Positionierung der Akteure und deren Wandel im Raum des Politischen als auch von der sozialen Position sowie den konkurrenzfähigen Kompetenzen dieser Akteure abhängt.“[63] Anne Huffschmid verdeutlicht den Zusammenhang zwischen Diskurs und Politischem an einem kurzen Beispiel: „So wie die reale Geschichte und Beschaffenheit eines Landes in die Entstehung von Symbolen und Metaphern einfließt, so ist umgekehrt auch die Wirkung des Diskursiv-Symbolischen auf das politische Feld, etwa bei der Bildung, Stabilisierung und Legitimierung von Nationalismus, zu konstatieren.“[64]

Nicht zuletzt kommt dieser Definition des derart konzipierten politischen Raums einer Untersuchung der Ethnisierung des Politischen am Beispiel der Zapatisten besonders entgegen, da diese nicht auf eine Macht- sondern auf eine „Wortergeifung“[65] und vor allem auf sich verändernde politische Diskussionen in der Bevölkerung („Zivilgesellschaft“) abzielen. In den zapatistischen Erklärungen heißt es beispielsweise: „Ohne zu negieren oder gering zu schätzen, welche Rolle die politischen Parteien spielen, kann eine wirkliche Vision von Demokratie nicht ohne die Öffnung von parteilosen Räumen für politische Auseinandersetzung gedacht werden“[66] oder „Vielleicht bildet sich eine neue politische Moral in einem neuen Raum, der nicht aus der Übernahme und Verteidigung der Macht besteht, sondern der als Gegengewicht und Opposition dazu dient.“[67]

Kurz zusammengefasst bedeutet dieser Ansatz für die vorliegende Arbeit, dass politisierte ethnische Semantiken und Symboliken durch deren Einbringung in nationale Diskurse im öffentlichen Raum integraler Bestandteil des Politischen selbst werden können. Der politische Raum konstituiert sich aus einem nationalen Diskurs und wird somit hier nach verschiedenen Entwicklungen untersucht: Nehmen ethnische Akteure und deren Forderungen am politischen Diskurs auf einer nationalen Ebene teil? Ist die indigene Thematik in offiziellen, politischen Diskursen vorhanden und welchen Stellenwert hat sie? Gibt es eine gesellschaftliche Verankerung der Thematik? Um die o. g. Breitenwirksamkeit, Nachhaltigkeit und Verbindlichkeit nachzuweisen, wird andererseits aber auch darauf geachtet, ob eine Übersetzung der politischen Agenda ethnischer Akteure, in diesem Fall der Zapatisten, in staatliche Politikansätze stattfindet, um die Auswirkungen der diskursiven und symbolischen Veränderungen im politischen Raum greifbar werden zu lassen.

1.3 Die Politisierung des Ethnischen und die Ethnisierung des Politischen

Um eine Politisierung des Ethnischen zu untersuchen, wird, wie erwähnt, zunächst nach den Voraussetzungen für einen Zusammenschluss von Ethnien zur politischen Gemeinschaft gefragt und geprüft, unter welchen Bedingungen sich politisches Handeln auf ethnischer Basis mobilisieren lässt.[68] Hierzu existieren mehrere Erklärungsansätze, die ihren Schwerpunkt beispielsweise auf sozioökonomische Gegebenheiten oder verschiedene politische Prozesse legen.[69]

Wichtig voranzustellen ist, dass Ethnizität selbst noch kein Handeln konstituiert, sondern als allgemeines Konzept eine handlungsleitende Chance für Vergesellschaftung und Vergemeinschaftung bietet und somit kollektive politische Handlungen begünstigen kann.[70] Um zu sozialem und politischem Handeln zu führen, muss ihre Ethnizität von den Individuen selbst zunächst erst „entdeckt“[71], das heißt, ethnische Eigenarten als beobachtbare Fakten erfasst werden und die Individuen müssen sich eines positiven Wertes ihrer Ethnizität bewusst werden. Geschieht dies nicht, herrscht nur ein latentes Bewusstsein über geteilte Kulturmerkmale vor, denn im Alltag spielen diese keine besondere Rolle.[72] Nach dem „marxistischen Ansatz“[73] werden vor allem „starker Druck von außen“ oder „Notlagen“[74], also ökonomische Gegebenheiten als Auslöser zur Entdeckung der Ethnizität angeführt. Sie lassen ansonsten sekundäre Berührungspunkte an Bedeutung gewinnen und führen dazu, sich gemeinsamer oder ähnlicher Merkmale bewusst zu werden.[75] Hans-Rudolf Wicker beschreibt die Notlage als existenziellen „Kampf um den Zugang zu allgemeinen Gütern wie Wohn- und Lebensraum, Bildung, Arbeitsplätzen“ und setzt ihn Bezug zur Wahrscheinlichkeit, Ethnizität zum Vorteil einer Gruppe zu mobilisieren: „Je knapper nun solche Güter werden und je kompetitiver sich entsprechend der Zugang zu denselben gestaltet, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich das Ethnische, das Kulturelle und das Nationale als Ressource zur Gestaltung solcher Konflikte und Kämpfe anbietet.“[76]

Die Politisierung des Ethnischen wird nach diesem Ansatz als eine mögliche Folge von Benachteiligung und Diskriminierung erklärt.[77] Ethnizität erweist sich dabei als „eine optische Linse, durch welche Ressentiments und Forderungen gebündelt werden. Ausschluss und Marginalisierung werden rhetorisch ethnisiert“[78].

Ein weiterer Ansatz für die Entdeckung der gemeinsamen Ethnizität und deren anschließender Verwendung als politischer Ressource thematisiert das Spannungsverhältnis zwischen Staat und innerhalb der Staatsgrenzen lebenden Ethnien. Zentral sind hier historische Prozesse, wie die Assimilierungsprozesse von ethnischen Minderheiten im Zuge der Gründung von Nationalstaaten.[79] Die Wiedergutmachung vergangenen Unrechts ist eines der Leitmotive der ethnischen Mobilisierung. Zum anderen sehen viele ethnische Gruppen auch heutzutage eine Unfähigkeit des Staates, für sie eine Verteilungsgerechtigkeit herzustellen, durch die der Staat eine seiner elementaren Funktionen nicht erfülle.[80] Über dieses Ungerechtigkeitsempfinden lässt sich nicht nur besonders das politische Handeln der Gruppe mobilisieren, sondern auch an das Schuldgefühl der Nutznießer des von der Gruppe empfundenen Leids appellieren.[81]

Dass der Rückgriff auf Ethnizität vorrangig der Durchsetzung von Interessen dient, ist das Erklärungsmuster des Ansatzes der Instrumentalisten, der diesen Rückgriff mit dem Fehlen von erfolgreichen Perspektiven aus alternativen Verbundenheiten zu einer Klasse, einer Gewerkschaft, einer Partei oder einem Berufsverband begründet.[82] Solche Perspektiven fehlen nach diesem Ansatz besonders dann, wenn aufgrund der Einbettung von Politik und Wirtschaft in die Gesellschaft und eines repressiven Klimas politische Parteien nicht gedeihen können. Da ethnische Gruppen ökonomische, politische und moralisch-normative Funktionen in sich vereinten, könnten sie auch politische Forderungen artikulieren.[83]

Um Ethnizität als politische Ressource zu verwenden, muss jedoch zunächst eine „Politisierung“ erfolgen. Diese bedeutet zunächst „alle Maßnahmen, mit dem Ziel, die Verbindung zwischen den Organen des Staates und der staatlichen Politik auf der einen und den Organisationen und Institutionen der Gesellschaft (z.B. Verbände, Schulen, Hochschulen, wirtschaftlichen Unternehmen) auf der anderen Seite der Bevölkerung bewusst zu machen und zu verdeutlichen, so bei dieser ein politisches Bewusstsein dafür zu erzeugen, dass die Strukturen, Organisationen und Institutionen der Gesellschaft von der Struktur staatlicher Herrschaft und von den politischen Entscheidungen des Staates und umgekehrt diese von gesellschaftlichen Kräften und Interessen bestimmt sind.“[84] Ziel dieser Maßnahmen ist es, „die Bereitschaft zu politischer Beteiligung zu fördern“[85] . Da im Fall der vorliegenden Arbeit nach der Politisierung auf der Basis des Ethnischen gefragt wird, dient vor diesem Hintergrund die Definition Carsten Wielands von der „Politisierung des Ethnischen“ zur weiteren Spezifizierung: „Menschen mit verschiedenen (tatsächlichen oder vermeintlichen) Merkmalen hinsichtlich ihrer Abstammung und hinsichtlich persönlicher Attribute, die sie gleichzeitig mit vielen anderen teilen (wie Religion, Sprache, Bräuche etc.) werden von Aktivisten mit politischen Zielen über eben jene Merkmale angesprochen und zu einem gruppenspezifischen Handeln veranlasst, das sonst nicht in Frage käme“[86] . Ähnlich dieser Definition bedarf ethnische Mobilisierung auch nach Ingrid Wehr häufig sogenannter „ethnic entrepreneurs“ - Eliten, die häufig in Abgrenzung zu anderen „politischen Unternehmern“ mit spezifischen Deutungsangeboten die latent vorhandenen Unzufriedenheiten in die entsprechenden Bahnen lenken.[87] Obwohl es sich dabei häufig um „gebildete Mittelschichten aus dem Verteilungskampf um staatliche Ressourcen“[88] handelt, kann nicht von einer Manipulation oder gar Verführung von ethnischen Gruppen ausgegangen werden, denn die überlagerten Identitäten gehen „gegenseitig hybride Beziehungen ein, welche die Verbindung von Elementen des Ethnischen und Klassendiskurses in wechselnden Variationen ermöglichten“[89].

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Politisierung des Ethnischen einen multidimensionalen Charakter besitzt, in dem letztlich alle genannten Ansätze eine Rolle spielen.

Die Ethnisierung des Politischen ist eng verknüpft mit Forderungen von ethnischen Gruppen nach Ermöglichung der Selbstorganisation und Selbstbestimmung und umfasst somit kulturelle und territoriale Elemente, gesellschaftliche Bezüge, materielle Produktionsformen und politische Praxis.[90] Im Gegensatz zu an einer Hegemonie interessierten ethnischen Gruppen richten sich die Bestrebungen von autonomie-orientierten ethnischen Gruppen dabei häufig auf die Schaffung eigener, ethnisch bestimmter, politischer Räume in einer Regionalautonomie innerhalb des Staates[91] und beinhalten in der Regel die Bewahrung sozialer Organisationsformen, die Anerkennung eigener Autoritäten und des praktizierten Gewohnheitsrechts, die Gestaltung der Schulbildung sowie die Kontrolle der natürlichen Ressourcen.[92] Da die Erreichung autonomer Räume notwendigerweise über den Verhandlungsweg mit den Regierungen erfolgen muss, um politische Garantien, juristischen Schutz und institutionalisierte Umsetzungsinstrumente zu erhalten, stehen Autonomie-Forderungen der Steuerung des Staates häufig in einem Spannungsfeld gegenüber. In der Mehrheit der Fälle ist die Autonomie-Forderung von gewaltsamen Formen der Auseinandersetzung mit der Zentralregierung begleitet, denn die Antwort des Staates erfolgt meist als Verneinung und Zurückweisung solcher Forderungen mit dem Hinweis auf die Integrität des Nationalstaates.[93] Dieser Prozess wird gewöhnlich von einem politischen Diskurs von beiden Konfliktparteien begleitet, in dessen Verlauf sich die betreffende ethnische Gruppe als Diskursgemeinschaft konstituieren kann[94], wenn sie als Dialogpartner bzw. Diskursgegner von den staatlichen Instanzen akzeptiert wird. In diesem Diskurs hat die ethnische Gruppe schließlich die Möglichkeit, das politische Geschehen im Staat zu beeinflussen und es zu „ethnisieren“, also ethnische Forderungen in die politische Agenda und den nationalen Diskurs einzubringen. Häufig werden dabei auch andere politische Themenfelder berührt: der Einfluss kultureller Vielfalt auf das allgemeine Gesellschaftsbild, die Auswirkungen des dominanten Entwicklungsmodells, die alte und die neue Rolle des Staates, die Definition der Nation, individuelle und kollektive Identitäten der Bürger, der Umgang mit der Umwelt, die Ausrichtung der Wirtschafts- und Sozialpolitik, die Schwerpunkte im Kampf gegen Armut, gleiche Rechte für alle bei gleichzeitigen Sonderrechten und kollektiven Rechten für indigene Völker, die Überwindung jeder Art von Diskriminierung und interkulturelle Umgangsformen.[95] Die Berührung dieser Themenfelder bedeutet einerseits eine Hinterfragung bestehender Verhältnisse, trägt andererseits aber auch zu einer Erweiterung des politischen Raums bei. Ob und inwieweit das darin enthaltene Potential für eine voranschreitende Demokratisierung genutzt wird, hängt wesentlich von dem Umgang der politischen Führung mit dieser Situation ab.

Zu den politischen Bestrebungen ethnischer Akteure gehört vor allem die Öffnung verschiedener medialer Kanäle. Dies ist für sie wesentlich, um sich als politische Akteure, welche die Lebensformen ethnischer Minderheiten wahren, unterstützen und formell in den nationalen politischen Räumen rechtlich verankern und realisieren wollen, in der Öffentlichkeit zu positionieren, und dadurch gesellschaftliche Akzeptanz zu erreichen.[96] Zentral ist hierbei die Bereitstellung von sinnvermittelnden Symbolen, wie sie z.B. die Adaption von Herrschaftssymbolen der momentanen politischen Führung darstellt.[97] Diese soll zum einen das „Streben nach nationaler Versöhnung“ verdeutlichen, zum anderen aber „auch die nach wie vor unabgegoltenen Ziele des antikolonialen Widerstands“[98] ins Bewusstsein rufen. Auch wird damit versucht, Kollektividentitäten zu stabilisieren und zu legitimieren.[99] Eine weitere Strategie ist die Einrichtung eines national und international gespannten Netzwerkes, das finanzielle Zuwendungen ermöglicht und die Anbindung an andere nicht spezifisch ethnische Diskurse und Bewegungen (Ökologie, Neoliberalismus-Kritik, Alternativmedizin) fördert, indem gerade auch Problemlagen thematisiert werden, die außerhalb einer ethnischen Anerkennungspolitik stehen. So wird z.B. versucht, Anschluss an andere benachteiligte Bevölkerungsgruppen und deren Bewegungen zu finden.[100] Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Ziel der Ethnisierung des Politischen ist, ethnische Semantiken und Symbole in den politischen Raum einzubringen, dadurch eine Basis für politische Diskurse und ethnische Grenzziehungen zu errichten und letztlich ein neues Verhältnis zwischen Staat und den innerhalb seiner Grenzen lebenden Ethnien zu schaffen, welches sich nicht nur, aber auch z.B. in politischen Zugeständnissen des Staates an diese Ethnien manifestiert. Unterschiedliche Themen, Personen und Ereignisse werden politisch (re)präsentiert und interpretiert, um an einer Prägung des politischen Raums mitzuwirken.[101] Die nachhaltigen Auswirkungen der Ethnisierung des Politischen sind durchaus ambivalent: Einerseits trägt die Ethnisierung des Politischen z.B. durch die Forderung nach der gesellschaftlichen und politischen Inklusion der ethnischen Gruppen sowie nach einer stärkeren Berücksichtigung auch anderer, nicht ethnischer subalterner Gruppen zu einer Öffnung von zuvor verschlossenen politischen Räumen, und in diesem Sinne auch zu einer Demokratisierung, bei. Andererseits stellt sich die Frage, ob die stärkere Präsenz ethnischer Gruppen im politischen Raum gesellschaftliche Herrschaftsverhältnisse verändern und eine Verbesserung der sozioökonomischen Lage für die ethnischen Gruppen bewirken kann.[102]

2. Politisches und Ethnisches in Mexiko: Rahmenbedingungen

2.1 Historische Einordnung des politischen Raums - Die Entstehung des National-
staates Mexiko und das Verhältnis zwischen Staat und indigener Bevölkerung

Nicht nur für ein Verständnis der heutigen politischen Prozesse - eine Öffnung von zuvor verschlossenen politischen Räumen - ist es wesentlich, einen kurzen Blick auf die historische Entwicklung des Nationalstaats Mexiko und das Verhältnis zwischen Staat und indigener Bevölkerung zu werfen, auch um die oben genannte „Wiedergutmachung vergangenen Unrechts“, als eines der Leitmotive der ethnischen Mobilisierung sowie den Willen, seine Lebensform formell in den nationalen politischen Räumen rechtlich zu verankern, nachvollziehen zu können.

[...]


[1] Juliana Ströbele-Gregor: Indigene Emanzipationsbewegungen in Lateinamerika, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 51-52 / 2006, S. 5-11, S. 11.

[2] Unter den „Zapatisten“ bzw. der EZLN werden im Folgenden alle Personen gefasst, die direkt in die zapatistische Bewegung in Chiapas involviert sind. Diese umfasst zwei Segmente: Die Bewegung ist unterteilt in eine Unterstützungsbasis, bestehend aus „aufständischen“ Dörfern (comunidades en rebeldía), und in einen bewaffneten Arm. Obwohl bei den Zapatisten auch Frauen vertreten sind, werden aus Gründen der Lesbarkeit in dieser Arbeit nicht die männliche und weibliche Sprachform nebeneinander aufgeführt.

[3] „… trabajo, tierra, techo, alimentación, salud, educación, independencia, libertad, democracia, justicia y paz.” (Übersetzung E. L.). EZLN: Primera Declaración de la Selva Lacandona, in: http://palabra.ezln.org.-mx/comunicados/1994/1993.htm (17.7.08), nicht pag.

[4] Eine Chronik des Konfliktes findet sich beispielsweise in: Servicio internacional para la paz (SIPAZ): Historischer Überblick des Konfliktes in Chiapas: 1994-2006, in: http://www.sipaz.org/crono/procdeu.htm (29.7.08), nicht pag.

[5] Stephan Scheuzger: Die mobilisierten Grenzen politischer Identitäten: Diskurse über Ethnie und Klasse im Mexiko der 1970er und frühen 1980er Jahre, in: Christian Büschges/ Joanna Pfaff-Czarnecka (Hrsg.): Die Ethnisierung des Politischen. Identitätspolitiken in Lateinamerika, Asien und den USA, Frankfurt am Main 2007, S. 166-191, S. 166.

[6] „Identität“ wird je nach wissenschaftlicher Disziplin unterschiedlich definiert. Oftmals wird Identität als ein beständig hergestelltes und umgebildetes mentales Gebilde aufgefasst, das den sozialen, nationalen oder ethnischen Habitus eines Individuums formt und ihm ein subjektives Bewusstsein von sich selbst gibt. Jedes Individuum hat mehrere soziale Identitäten, die es in Prozessen der Selbstherstellung und -darstellung sowie -verteidigung situationsbedingt aushandeln muss. Vgl. Eva Kimminich: Macht und Entmachtung der Zeichen. Einführende Betrachtungen über Individuum, Gesellschaft und Kultur, in: Eva Kimminich (Hrsg.): Kulturelle Identität. Konstruktion und Krisen, Welt - Körper ­- Sprache, Perspektiven kultureller Wahrnehmungs- und Darstellungsformen, Bd. 3, Frankfurt am Main 2003, S. VII-XLII, S. XIIIf.

[7] Vgl. Scheuzger, Die mobilisierten Grenzen politischer Identitäten, S. 167.

[8] Christian Büschges/Joanna Pfaff-Czarnecka: Einleitung: Ethnizität als politische Ressource, in: dies., Ethnisierung des Politischen, S. 7-18, S. 8.

[9] Stephan Scheuzger: Die Re-Ethnisierung gesellschaftlicher Beziehungen: neuere indigene Bewegungen, in: Walther L. Bernecker et al. (Hrsg.): Lateinamerika 1870-2000. Geschichte und Gesellschaft, Wien 2007, S. 191-213, S. 191.

[10] Vgl. ebd.

[11] Vgl. Ingrid Wehr: Regionalismus als neue Herausforderung für den Nationalstaat in Lateinamerika - Überlegungen anhand des Chiapas-Konfliktes, in: Peter Gärtner (Hrsg.): Staatlichkeit im Umbruch? Antworten aus der Perspektive des Südens und Ostens, Schriften des Deutschen Übersee-Instituts Hamburg, Bd. 52, Hamburg 2001, S. 159-189, S. 160.

[12] Working Group on Indigenous Populations, http://www2.ohchr.org/english/issues/indigenous/groups-/groups-01.htm (1.9.08).

[13] Convention concerning Indigenous and Tribal Peoples in Independent Countries, in: http://www.ilo.-org/ilolex/cgi-lex/convde.pl?C169 (1.9.08).

[14] Convention concerning the Protection and Integration of Indigenous and Other Tribal and Semi-Tribal Populations in Independent Countries, in: http://www.ilo.org/ilolex/cgi-lex/convde.pl?C107 (1.9.08).

[15] United Nations Declaration on the Rights of Indigenous Peoples, in: http://www.un.org/esa/socdev/-unpfii/documents/DRIPS_en.pdf (1.9.08).

[16] Zit. nach Friedrich Heckmann: Ethnische Minderheiten, Volk und Nation. Soziologie inter-ethnischer Beziehungen, Stuttgart 1992, S. 31.

[17] Scheuzger, Re-Ethnisierung, S. 191.

[18] Zit. nach Heckmann, a. a. O., S. 31.

[19] Vgl. Büschges/Pfaff-Czarnecka, Ethnizität, S. 8.

[20] Vgl. Carsten Wieland: Nationalstaat wider Willen. Politisierung von Ethnien und Ethnisierung der Politik: Bosnien, Indien, Pakistan, Frankfurt am Main 2000, S. 18f.

[21] Vgl. Dieter Boris: Linkstendenzen in Lateinamerika, in: Supplement der Zeitschrift Sozialismus 7-8/2007,

S. 2.

[22] Universität Bielefeld/Deutsche Forschungsgemeinschaft: Sonderforschungsbereich 584: Das Politische als Kommunikationsraum in der Geschichte. Konzeption und Grundbegriffe, in: http://www.uni-bielefeld.de/geschichte/forschung/sfb584/allgemein/forschungsprogramm.html (16.5.08)

[23] Vgl. Wieland, a. a. O., S. 18.

[24] Vgl. Matthias Schmidt-Eule: Chiapas 1994 - 2001. Analyse eines Konfliktes im Süden Mexiko (Hispano-Americana. Geschichte, Sprache, Literatur 31), Frankfurt am Main 2002, S. 18.

[25] Juan Pedro Viqueira: Die Gefahren des imaginären Chiapas, in: Ulrich Köhler: Chiapas. Aktuelle Situation und Zukunftsperspektiven für die Krisenregion im Südosten Mexikos, Frankfurt am Main 2003, S. 13-37, S. 13.

[26] Vgl. Schmidt-Eule, a. a. O., S. 25.

[27] Viqueira, a. a. O., S. 14.

[28] Vgl. Schmidt-Eule, a. a. O., S. 15.

[29] Ulrich Köhler (Hrsg.): Chiapas. Aktuelle Situation und Zukunftsperspektiven für die Krisenregion im Südosten Mexikos, Frankfurt am Main 2003.

[30] Vgl. Günther Maihold: Regionen, Föderalismus und Dezentralisierungspolitik in Mexiko, in: Walther L. Bernecker et al. (Hrsg.): Mexiko heute. Politik, Wirtschaft, Kultur, 3. vollst. neu bearb. Aufl., Frankfurt am Main 2004, S. 337-362, S. 341.

[31] Vgl. Wolfgang Müller: Rechte indigener Gemeinschaften im mexikanischen Verfassungsrecht, Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde einer Hohen Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln, Köln 2001, S. 193.

[32] Vgl. Maihold, a. a. O., S. 342.

[33] Vgl. Hans Werner Tobler: Die Revolution und die Entwicklung Mexikos im 20. Jahrhundert, in: Bernecker et al., Mexiko, S. 65-86, S. 67.

[34] Bis 1938 war der Parteiname: „Nationale Revolutionäre Partei“ (Partido Nacional Revolucionario, PNR), bis 1946: „Partei der mexikanischen Revolution“ (Partido de la Revolución Mexicana, PRM). Richtigerweise müsste die heutige Übersetzung des Parteinamens heißen: Partei der institutionellen Revolution, verwendet wird hier jedoch die üblichere Übersetzung.

[35] Wolfgang Gabbert: Chiapas - die Grenzen der Kooptation und der Aufstand von 1994, in: Karin Gabbert et al. (Hrsg.): Lateinamerika - Analysen und Berichte, Bd. 21, Bad Honnef 1997, S. 162-178, S. 163.

[36] Vgl. Gabbert, Chiapas - die Grenzen der Kooptation, S. 163.

[37] Eigenname, das „mexikanische Wunder”.

[38] Vgl. Tobler, a. a. O., S. 75.

[39] Vgl. Tobler, a. a. O., S. 79.

[40] Vgl. Dieter Boris: Mexiko im Umbruch: Modellfall einer gescheiterten Entwicklungsstrategie, Darmstadt 1996, S. 20f.

[41] Anfänglicher Name der Partei: Nationale Demokratische Front (Frente Democrático Nacional, FDN).

[42] Vgl. Frank Priess (Konrad-Adenauer-Stiftung): Mexiko: Die Transition ist nicht abgeschlossen (KAS-Aus-landsinformationen 1/07) Sankt Augustin 2007, S. 127-148, S. 127.

[43] Der dazugehörige HDI-Bericht dokumentiert die Unterschiede zwischen dem nationalen Durchschnitt von Mexiko und seinem südlichsten Bundestaat Chiapas, im Einzelnen, siehe Anhang.

[44] Vgl. Ronald Nigh: Demographische Entwicklung, Migration und Ökologie im Hochland von Chiapas und der Selva Lacandona, in: Köhler, Chiapas, S. 101-148, S. 106.

[45] Fredrik Barth: Ethnic Groups and Boundaries. The Social Organization of Cultural Difference, London 1969.

[46] Vgl. Stephanie Dittmer: Die Politisierung der ethnischen Differenz. Ethnische Mobilisierung und Ethnopolitik in Estland seit der Perestrojka, Dissertation zur Erlangung des Doktortitels, angenommen von: Georg-August-Universität Göttingen, Fakultät für Sozialwissenschaften, Göttingen 2003, in: http://webdoc.sub.gwdg.de/diss/2004/dittmer/dittmer.pdf (20.5.08), S. 25.

[47] Vgl. Reinhart Kößler/Tilman Schiel: Nationalstaaten und Grundlagen ethnischer Identität, in: dies. (Hrsg.): Nationalstaat und Ethnizität, Frankfurt am Main 1994, S. 1-22, S. 3.

[48] Vgl. Wehr, a. a. O., S. 163.

[49] Vgl. Erwin Orywal/Katharina Hackstein: Ethnizität: die Konstruktion ethnischer Wirklichkeiten, in: Thomas Schweizer/ Margarete Schweizer/Waltraud Kokot, (Hrsg.): Handbuch der Ethnologie, Berlin 1993, S. 593-609, S. 596.

[50] Vgl. Heckmann, a. a. O., S. 37.

[51] Vgl. ebd., S. 36f.

[52] Vgl. Dittmer, a. a. O., S. 24.

[53] Wenn in diesen Definitionen von indigenen „Völkern“ gesprochen wird, muss hinzugefügt werden, dass der Begriff "Volk" nicht im völkerrechtlichen Sinn gebraucht wird.

[54] Nach dem ehemaligen UN-Sonderberichterstatter José Martínez Cobo 1987 eingeführte Arbeitsdefinition, die von der VN-Arbeitsgruppe zu indigenen Bevölkerungen übernommen wurde und bis heute genutzt wird: UNDoc. No. E/CN.4/Sub.2/1986/87.

[55] „Indigenous communities, peoples and nations are those which, having a historical continuity with pre-invasion and pre-colonial societies that developed on their territories, consider themselves distinct from other sectors of the societies now prevailing in those territories, or parts of them. They form at present non-dominant sectors of societies and are determined to preserve, develop and transmit to future generations their ancestral territories, and their ethnic identity, as the basis of their continued existence as peoples, in accordance with their own cultural patterns, social institutions and legal systems." (Übersetzung Monique Munting: Multikulturelle Autonomien im Datenvergleich, in: Leo Gabriel (Hrsg.): Politik der Eigenständigkeit, Wien 2005, S. 39-185, S. 63.). Beispielsweise in: Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ): Indigene Völker in Lateinamerika & der Karibik, in: http://www2.gtz.de/indigenas/-deutsch/einleitung/index.html (16.7.08), nicht pag.

[56] „Tribal peoples in independent states whose social, cultural and economic conditions distinguish them from other sections of the national community, and whose status is regulated wholly or partially by their own customs or traditions or by special laws or regulations; peoples in independent countries who are regarded as indigenous on account of their descent from the populations which inhabited the country, or a geographical region to which the country belongs, at time of conquest or colonization or the establishment of present state boundaries, and who, irrespective of their legal status, retain some or all of their own social, economic, cultural and political institutions." (Übersetzung: Internationale Arbeitsorganisation (IAO): Übereinkommen 169, in: http://www.ilo.org/ilolex/german/docs/gc169.htm (16.7.08)). International Labour Organisation (ILO): Convention (No. 169) concerning Indigenous and Tribal Peoples in Independent Countries, in: http://www.unhchr.ch/html/menu3/b/62.htm (16.7.08), nicht pag.

[57] Vgl. Büschges/Pfaff-Czarnecka, Ethnizität, S. 9.

[58] Vgl. ebd.

[59] „Das Politische“, in: Universität Bielefeld/Deutsche Forschungsgemeinschaft: Sonderforschungsbereich 584: Das Politische als Kommunikationsraum in der Geschichte. Konzeption und Grundbegriffe, in: http://www.uni-bielefeld.de/geschichte/forschung/sfb584/allgemein/forschungsprogramm.html (10.6.08), nicht pag.

[60] Vgl. Sonia E. Alvarez/Evelina Dagnino/Arturo Escobar: Kultur und Politik in Sozialen Bewegungen Lateinamerikas, in: Olaf Kaltmeier/Jens Kastner/Elisabeth Tuider (Hrsg.): Neoliberalismus – Autonomie - Widerstand. Soziale Bewegungen in Lateinamerika, Münster 2004, S. 31-59, S. 36.

[61] Alvarez/Dagnino/Escobar, a. a. O., S. 36f.

[62] Martin Peth: Chiapas-Konflikt und Öffentlichkeit. Eine Analyse unter Berücksichtigung von Diskursstrategien, Medien und öffentlicher Meinung, Kölner Arbeitspapiere zur internationalen Politik 9/2005, S. 8.

[63] Büschges/Pfaff-Czarnecka, Ethnizität, S. 12.

[64] Anne Huffschmid: Diskursguerilla: Wortergreifung und Widersinn. Die Zapatistas im Spiegel der mexikanischen und internationalen Öffentlichkeit, Heidelberg 2004, S. 50.

[65] Vgl. ebd.

[66] Zit. nach. Luis Hernández Navarro: Der Kampf um indigene Rechte im Labyrinth der Doppeldeutigkeiten, in: Ulrich Brand/Ana Esther Ceceña (Hrsg.): Reflexionen einer Rebellion. „Chiapas“ und ein anderes Politikverständnis, Münster 2000, S. 178-197, S. 194.

[67] Zit. nach Ana Esther Ceceña: Die veränderte Bedeutung von Sprache und Politik, in: Brand/Ceceña, Reflexionen einer Rebellion, S. 26-41, S. 31.

[68] Vgl. Dittmer, a. a. O., S. 23.

[69] Vgl. Wehr, a. a. O., S. 163f.

[70] Vgl. Heckmann, a. a. O., S. 38.

[71] Kößler/Schiel, Nationalstaaten, S. 3.

[72] Vgl. Kößler/Schiel, Nationalstaaten, S. 4.

[73] Wehr, a. a. O., S. 164.

[74] Vgl. Kößler/Schiel, Nationalstaaten, S. 4.

[75] Vgl. ebd.

[76] Vgl. Hans-Rudolf Wicker: Nationalismus, Multikulturalismus und Ethnizität, in: ders.(Hrsg.): Nationalismus, Multikulturalismus und Ethnizität. Beiträge zur Deutung von sozialer und politischer Einbindung und Ausgrenzung, Bern 1998, S. 39-64, S. 44.

[77] Vgl. Albert Scherr: Ethnisierung als Ressource und Praxis, in: PROKLA. Zeitschrift für kritische Sozialwissenschaft 3/2006, S. 399-414, S. 410.

[78] Pfaff-Czarnecka et al., a. a. O., S. 33.

[79] Vgl. Pfaff-Czarnecka et al., a. a. O., S. 26.

[80] Vgl. Wehr, a. a. O, S. 159.

[81] Vgl. Schmidt-Eule, a. a. O., S. 30.

[82] Vgl. Wicker, Einführung, S. 25.

[83] Vgl. Kößler/Schiel, Ethnizität, S. 19.

[84] „Politisierung“, in: Reinhart Beck: Sachwörterbuch der Politik (Kröners Taschenausgabe Bd. 400), 2. erw. Aufl., Stuttgart 1986, S. 753f.

[85] Ebd.

[86] Wieland, a. a. O., S. 18.

[87] Vgl. Wehr, a. a. O, S. 166.

[88] Wehr, a. a. O, S. 166.

[89] Scheuzger, Die mobilisierten Grenzen politischer Identitäten, S. 188.

[90] Vgl. Munting, a. a. O., S. 126.

[91] Vgl. Pfaff-Czarnecka et al., a. a. O., S. 43 u. S. 46.

[92] Vgl. Scheuzger, Re-Ethnisierung, S. 206. Hier wird nicht die Rede sein von hegemonial-orientierten Gruppen, die auf die Erlangung der Macht abzielen und separatistische Ziele verfolgen.

[93] Vgl. Munting, a. a. O., S. 126.

[94] Vgl. Peth, a. a. O., S. 12.

[95] Vgl. Meentzen, a. a. O., S. 13.

[96] Vgl. Pfaff-Czarnecka et al., a. a. O., S. 20f.

[97] Vgl. Reinhart Kößler/Tilman Schiel: Ethnizität: Selbstorganisation und Strategie, in: Peripherie 17/1997, S. 7-27, S. 9 u. S. 21.

[98] Kößler/Schiel, Ethnizität, S. 22.

[99] Vgl. ebd.

[100] Vgl. Pfaff-Czarnecka et al., a. a. O., S. 54.

[101] Vgl. Büschges/Pfaff-Czarnecka, Einleitung, S. 10.

[102] Vgl. Pfaff-Czarnecka et al., a. a. O., S. 61f.

Fin de l'extrait de 117 pages

Résumé des informations

Titre
Von der Politisierung des Ethnischen zur Ethnisierung des Politischen: Die Zapatisten in Chiapas/Mexiko
Université
University of Bonn
Note
2,3
Auteur
Année
2008
Pages
117
N° de catalogue
V262485
ISBN (ebook)
9783656551997
ISBN (Livre)
9783656552024
Taille d'un fichier
5605 KB
Langue
allemand
Mots clés
politisierung, ethnischen, ethnisierung, politischen, beispiel, zapatisten, chiapas/mexiko
Citation du texte
Esther Löhr (Auteur), 2008, Von der Politisierung des Ethnischen zur Ethnisierung des Politischen: Die Zapatisten in Chiapas/Mexiko, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/262485

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