Einleitung: Die Unauflösbarkeit von Verschiedenheit und Gleichheit im Menschen.
Verschiedenheit und Gleichheit sind zwei Dinge, die sich von Grund auf widersprechen und miteinander unvereinbar sind. Dennoch sind sie gleichermaßen im Bewusstsein des Menschen verankert und konstituieren auf diese Weise die zwei voneinander verschiedenen Ansichten über das eigene Sein, dass der Mensch sich von Mensch zu Mensch unterscheidet oder es eben von Mensch zu Mensch keine Unterschiede gibt und alle Menschen gleich sind.
Diese Verschiedenheit bzw. Individualität des Menschen lässt somit auf der einen Seite erkennbare Unterschiede zu – die zweifelsohne jedem Individuum zugesprochen werden können, da kein Mensch dem anderen gleicht – und auf der anderen Seite führt diese Verschiedenheit beim Menschen dazu, dass wir alle diese Eigenschaft unseres Seins gemeinsam haben und miteinander teilen. Wir gleichen uns also in der Hinsicht, dass wir alle Individuen sind und obwohl wir dies gemeinsam haben, sind wir doch verschieden.
Dieser Umstand führt dazu, dass die Gleichheit in uns immer einen gewissen Grad an Verschiedenheit beinhaltet und umgekehrt, die Verschiedenheit, die uns auszeichnet, immer auch ein Zeichen für unsere Gleichheit ist. Dieses Paradoxon des menschlichen Seins führt zwangsläufig zu einer Unauflösbarkeit der Verschiedenheit und Gleichheit in unserem Sein. Wir können nicht sagen, dass wir uns von einem anderen Menschen unterscheiden oder einem anderen Menschen gleichen, da weder die Verschiedenheit noch die Gleichheit allein auf den Menschen anwendbar ist. Wir können zwar feststellen, dass in der Natur der Sache der Mensch als eine Spezies angesehen werden muss, wir somit alle gleich sind, aber sobald wir uns dem Aspekt dieser Gleichheit intensiver zuwenden, entdecken wir in der Individualität des Menschen eine Verschiedenheit, die dieser natürlichen Gleichheit widerspricht.
Diese Unauflösbarkeit von Verschiedenheit und Gleichheit spiegelt sich ebenfalls in der komparativen Philosophie wieder. Die unterschiedliche Entwicklung des Menschen führte zwangsläufig zu verschiedenen Lebensweisen, Weltanschauungen, Kulturen und (Lebens-) Philosophien, die mit Hilfe der komparativen Philosophie verglichen werden können, um einen gemeinsamen Nenner zu finden bzw. aus unterschiedlichen Positionen heraus, zu einem Ergebnis zu kommen, das gleichermaßen beide Positionen stärkt, so dass jede Position aus der entgegengesetzten Position etwas lernt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung: Die Unauflösbarkeit von Verschiedenheit und Gleichheit im Menschen.
- 1. Komparative Philosophie
- 1.1. Die Anfänge der komparativen Philosophie in Europa und das Interesse für China.
- 1.2. Asiatische vs. europäische Philosophie — was versteht man unter komparativer Philosophie?
- 2. Christan Wolffs Oratio de Sinarum philosophia practica.
- 2.1. Wolffs Chinabild.
- 3. Die Problematik von komparativer Philosophie.
- 3.1. Vermittlungsversuche zwischen europäischer und asiatischer Philosophie — Wolffs Versuch einer komparativen Philosophie.
- Schluss: Die (Un-)Möglichkeit von komparativer Philosophie
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht am Beispiel von Christian Wolffs Oratio de Sinarum philosophia practica die Anfänge von komparativer Philosophie. Sie hinterfragt, inwieweit Wolff komparative Philosophie betreibt und ob komparative Philosophie aufgrund der Unauflösbarkeit von Verschiedenheit und Gleichheit im Menschen überhaupt möglich ist und wie sie genau definiert werden muss.
- Die Anfänge der komparativen Philosophie in Europa und das Interesse für China
- Die Problematik des Vergleichs asiatischer und europäischer Philosophie
- Wolffs Chinabild und seine Interpretation der praktischen Philosophie der Chinesen
- Wolffs Versuch einer komparativen Philosophie und die Kritik an seiner Methode
- Die (Un-)Möglichkeit von komparativer Philosophie
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung thematisiert das Paradoxon von Verschiedenheit und Gleichheit im Menschen und wie sich dieses auf die komparative Philosophie auswirkt. Kapitel 1 beleuchtet die Anfänge der komparativen Philosophie in Europa und das wachsende Interesse für China im 18. Jahrhundert, insbesondere durch die Arbeit von Leibniz und Wolff. Es wird die Frage nach dem Verständnis von "Philosophie" in verschiedenen Kulturen und die Problematik der Eurozentrik im philosophischen Diskurs erörtert.
Kapitel 2 widmet sich Christian Wolffs Oratio de Sinarum philosophia practica und untersucht Wolffs Chinabild. Es wird analysiert, wie Wolff die chinesische Kultur und Philosophie durch die Interpretation alter Texte versteht und welche Schlussfolgerungen er daraus zieht. Dabei werden die Lehren des Konfuzius und Wolffs Vorstellung von einem idealen Staat im Sinne der Chinesen beleuchtet.
Kapitel 3 befasst sich mit der Problematik von komparativer Philosophie. Es wird untersucht, inwieweit Wolffs Rede über die praktische Philosophie der Chinesen dem Anspruch einer komparativen Philosophie gerecht wird. Es wird deutlich, dass Wolff die chinesische Philosophie dazu nutzt, seine eigene Position zu stärken, ohne diese kritisch zu hinterfragen. Die Rolle der Religion und der Glaube an Gott als Streitpunkt zwischen europäischer und asiatischer Philosophie wird hervorgehoben.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die komparative Philosophie, das Chinabild, Christian Wolff, Oratio de Sinarum philosophia practica, europäische und asiatische Philosophie, Verschiedenheit und Gleichheit, Eurozentrik, Konfuzianismus, Tugend, Religion, Determinismus und die (Un-)Möglichkeit von komparativer Philosophie.
- Quote paper
- B.A. Jan-Christian Hansen (Author), 2012, Das Chinabild in der Philosophie des 18.Jahrhunderts, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/262646