Humanitäre Interventionen oder die Durchsetzung einer Schutzverantwortung gegenüber Personen


Mémoire (de fin d'études), 2011

146 Pages, Note: 1,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Vorwort

1. Einleitung: Zwischen Souveränität und Menschenrechten
1.1 Methoden
1.2 Relevanz

2. Grundbegriffe in den internationalen Beziehungen
2.1 Globalisierung
2.2 State-Building
2.3 Global Governance
2.4 Global Security
2.5 Humanitäre Intervention
3. Handlungstheorien in den internationalen Beziehungen
3.1 (Neo-)Realismus
3.2 Liberaler Internationalismus
3.3 (Neo-)Funktionalismus
3.4 Kosmopolitismus
3.5 Marxismus (Kritische Theorie)
3.6 Internationale Organisationen

4. Normative Grundprinzipien in den internationalen Beziehungen
4.1 Das westfälische Souveränitätsprinzip und das Interventionsverbot im Völkerrecht
4.2 Die UN-Charta der Vereinten Nationen und das Prinzip der Selbstbestimmung
4.3 Das Gewaltverbot und seine Ausnahmen im Völkerrecht
4.4 Das Prinzip der kollektiven Sicherheit im Völkerrecht

5. Das Souveränitätsprinzip und die Universalität der Menschenrechte
5.1 Kritik am westfälischen Souveränitätsprinzip
5.2 Kritik an dem Konzept der universellen Rechte des Menschen
5.3 Das Konzept der "neuen Kriege"

6. Moderne Staatlichkeit zwischen Funktionalität und Korruption

7. Die“Responsibility to Protect” und ihre internationale Bedeutung
7.1 Die Verpflichtung zu schützen Florian Bader

8. Beurteilung der Konzepte von humanitärer Intervention
8.1 Prinzipien gerechter humanitärer Interventionen
8.2 Moralische Dilemmata
8.3 Humanitäre Interventionen zwischen Anspruch und Realität
8.4 Legitimität und gerechter Frieden
8.5 Institutionelle Perspektiven

9. Fallbeispiele militärischer humanitärer Intervention
9.1 Timor-Leste
9.2 Somalia

10. Schlussfolgerungen
10.1 Entwicklung der Vereinten Nationen
10.2 Sovereignty as Responsibility
10.3 Human Security und globale Sicherheit
10.4 Menschenrechte und militärische Intervention

Literaturverzeichnis und Primärquellen

Persönliche Erklärung

Ich erkläre hiermit, dass ich die vorliegende schriftliche Arbeit selbstständig verfasst habe und, dass die verwendete Literatur bzw. die verwendeten Quellen von mir korrekt und in nachprüfbarer Weise zitiert worden sind. Mir ist bewusst, dass ich bei einem Verstoß gegen diese Regeln der wissenschaftlichen Arbeit mit Konsequenzen zu rechnen habe.

Wien, am 12. April 2011

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Soweit in dieser Arbeit Personen- und Berufsbezeichnungen sowie Ämter und Funktionen in der männlichen Form verwendet werden, ist dies geschlechtsneutral zu verstehen.

Vorwort

Schon in meiner Jugendzeit bemerkte ich die eklatanten Unterschiede in der Wahrnehmung von Gerechtigkeit, Gleichheit und Freiheit und der Rechte der Menschen in den unterschiedlichen Teilen unserer Erde und die geradezu stoische Hinnahme dieser massiven Verletzungen von Leben und Autonomie und das Negieren dieser menschenverachtenden Zustände durch die österreichische Öffentlichkeit und die österreichische Politik, aber auch in anderen Länder der so genannten ersten Welt. Diese Ignoranz und das Gefühl für andere Völker und Menschen nicht verantwortlich zu sein, gepaart mit einer dieser vorherrschenden Einstellung widersprechenden Rhetorik in den Sonntagsreden der österreichischen und allgemein westlichen Politiker in den Zeitungen, den Fernsehanstalten oder auch über das Internet, welche diese Freiheiten und Menschenrechte als Errungenschaft der Zivilisation bezeichneten und für sich und alle Menschen auf der Welt beanspruchten, wecken in mir seit jeher den Wunsch mich mit dem Thema der Hilfe von Menschen auch gegen den Willen der Täter und Profiteure in einem profunderen Ausmaß auseinanderzusetzen. Was könnte Menschen dazu bewegen, finanzielle oder gar personelle Ressourcen in ein fernes Land zu senden und ist es denkbar, dass tatsächlich bloß das Mitgefühl und der Wunsch nach einem besseren Leben für alle die entscheidenden Triebfedern für ein so gewagtes Unterfangen wie eine militärische humanitäre Intervention sein kann und welche vermeintlichen oder tatsächlichen Motive und Gründe führen zu einer Verbesserung oder gar Verschlechterung der von Menschenrechtsverletzungen betroffenen Menschen? Ich bin dankbar, die Möglichkeit zu haben, mich mit diesem Thema im Zuge meiner Diplomarbeit eingehend mit wissenschaftlichen Methoden zu beschäftigen und hoffe, einen Debattenbeitrag zu diesem meiner Meinung nach auch realpolitisch äußerst bedeutenden Thema leisten zu können. Nicht zuletzt die derzeitigen Verwerfungen im Nahen Osten und der von der UNO sanktionierte NATO-Einsatz in Libyen gegen das brutale Regime von Muammar al-Gaddafi zeigt die Relevanz dieses Themas in aller Deutlichkeit.

1. Einleitung: Zwischen Souveränität und Menschenrechten

Ausschlaggebend für meine Entscheidung, humanitäre (militärische) Interventionen1 im internationalen System als Thema meiner Diplomarbeit zu wählen, war und ist mein persönliches Interesse an der dem Inhalt innewohnenden Auseinandersetzung zwischen individuellen Menschenrechten auf der einen und dem Staat als Konstruktion eines souveränen Gebildes auf der anderen Seite. Diese Materie wird in akademischen Kreisen vor allem zwischen Vertretern des humanitären Völkerrechts und den Verfechtern des Souveränitäts- und Nichteinmischungsprinzips verhandelt. Hier stehen sich in den internationalen Beziehungen tonangebend internationale Organisationen und westlich- demokratische Staaten als Verfechter der universal gültigen Menschenrechte und Nationalstaaten aus den Schwellenländern (G77) und der sogenannten „Dritten Welt“ gegenüber, welche auf ihre Rechte auf Nichteinmischung und Selbstbestimmung verweisen2. Nicht unerwähnt bleiben dürfen abseits der Staaten und der Internationalen Organisationen (IOs) die vielen nichtstaatlichen Stimmen, die sich für eine gerechte und tatsächliche Einhaltung der Menschenrechte stark machen und sowohl in den entwickelten, den schwellenden und den Ländern der Dritten Welt anzutreffen sind. Laut Münkler/Malowitz (2008: 77) kann betreffend die Bedeutungswahrnehmung der Menschenrechte „nicht von einem großen Gegensatz zwischen Nord und Süd die Rede sein [ … ].“ Ich möchte mich unter anderem mit der Frage beschäftigen, ob die absolute Souveränität nach dem westfälischen Prinzip als Garant der Selbstbestimmung von Staaten und Völkern bestand hat und inwiefern die Menschenrechte diesem normativen Prinzip entgegenstehen. Diese Arbeit möchte aber auch diesen nicht nur akademisch sondern vor allem auch weltpolitisch brisanten Diskurs anhand des Konzepts der humanitären Intervention im Spannungsfeld von Theorie und Praxis untersuchen.

Diese Diplomarbeit beschäftigt sich hierfür mit durch staatliche Institutionen bedingten oder geduldeten schweren Menschenrechtsverletzungen und den damit im Raum stehenden ethisch und moralisch „unumgänglichen“ internationalen humanitären Interventionen. Diese Arbeit will darlegen, zu welchen Veränderungen es dadurch in der Wahrnehmung von Staatlichkeit und Souveränität seit ihrer Entstehung durch das Westfälische System bis zum Ende des Kalten Krieges und der heutigen Interdependenz zwischen den Regionen, Staaten und vor allem auch Gesellschaften gekommen ist. Wie muss sich das Dogma des Völkerrechts von Souveränität und Staatlichkeit durch das Aufkommen so genannter von der Globalisierung und ihrer vielfältigen globalwirtschaftlichen Inklusions- und Exklusionsmechanismen beförderten neuen Kriege (vgl. H. Münkler 2002; M. Kaldor 2007) verändern, will man die durch globale, mediale und wirtschaftliche Vernetzungen3 bedingten Herausforderungen einer schrumpfenden Welt im Sinne einer neuen Verantwortung und Rechenschaftspflicht der Nationen gegenüber ihren Bürgern und den Menschen auch außerhalb der eigenen Landesgrenzen in einer sich immer stärker formierenden Weltgesellschaft bzw. internationalen Gemeinschaft Rechnung tragen (vgl. ICISS 2001: Kap. 1.10-1-12)?

Inwiefern hat sich die Welt verändert? Wie muss die internationale Staatengemeinschaft auf neue Formen des Versagens von Staaten und daraus resultierenden Unrechtsregimen und kriegerischen Konflikten reagieren? Darf und soll die internationale Gemeinschaft auf Formen nicht funktionierender Staatlichkeit intervenierend reagieren oder stellen die Verwerfungen, welche oftmals unendliches Leid über die Bevölkerung dieser Gebiete bringen noch unvollendete Stufen bis zur vollen Etablierung des europäischen Typs des souveränen Staates mit seinem monopolistischen Gewaltmonopol und seinen drei charakteristischen Grundprinzipen von Souveränität, Territorium und Legalität dar, in welches man tunlichst nicht einzugreifen hat (vgl. Weiss/Schmierer 2007: 51ff.)?

Wie lassen sich State-Building und Good Governance 4 fördern und zugleich eklatante Menschenrechtsverletzungen, welche durch das humanitäre Völkerrecht ausdrücklich verboten sind, effektiv verhindern?5 Hat eine internationale Organisation wie die UNO überhaupt die moralische und rechtliche Legitimität, in an sich souveränen Staaten einzugreifen und aus Sicht der betroffenen, schwachen Staaten intervenierend zu handeln und einzuschreiten, um humanitären Geboten Durchsetzung zu verschaffen? Inwiefern verbietet das Prinzip der Souveränität von Staaten bzw. erlaubt ein Auftreten von schweren Menschenrechtsverletzungen den Eingriff in Staaten durch die internationale Gemeinschaft (durch etwa die Vereinten Nationen) oder regionale Organisationen (wie etwa der Europäischen Union oder der Afrikanischen Union) und kann im Falle eines Staatsgebildes wie zum Beispiel Somalia überhaupt noch von Staatlichkeit und Souveränität gesprochen werden (vgl. Weiss/Schmierer 2007: 47)? Welche Konsequenzen können entstehen, wenn die Vereinten Nationen und in ihnen der Sicherheitsrat durch Vetopositionen und - drohungen keine Entscheidung herbeiführen können? Kann es für einzelne Staaten oder regionale Bündnisse bzw. Organisationen legitim sein, humanitäre Interventionen im Sinne eines moralischen Exzeptionalismus6 durchzuführen, wenn die Menschenrechte und mit ihnen die Stabilität in ihrem Nahbereich gefährdet ist (vgl. Münkler 2008: 148 und Chestermann 2003: 46-61)?

Führt die sich vollziehende, fortschreitende rechtliche Etablierung der Grund- und Menschenrechte im internationalen Völkerrecht nicht zwingend zu einer immer stärkeren Einschränkung der Souveränität staatlicher Konstruktionen? Sind schwere Menschenrechtsverletzungen ein hinreichender Grund, einzugreifen? Besteht nicht eine Pflicht für die internationale Gemeinschaft, welche sich auf Menschenrechte und Grundrechtskonventionen beruft und gegen Massenmord, Genozid und Folter auftritt7, bei massiven und schockierenden Verletzungen eben jener humanistischen Prinzipen einzugreifen um unschuldige Menschen zu schützen und sich deshalb zwingend über Prinzipen von Souveränität und Nichteinmischung hinwegzusetzen (vgl. ICISS 2001: Kap. 2.24 - 2.27 und Hinsch/Stepanians 2006b: 117-133)?

Und wie lässt sich, Gesetz dem Fall notwendiger Interventionen die Gefahr imperialistischer Interventionen bzw. Interventionen zur Erhaltung eines Machtgleichgewichts (vgl. Ignatieff 2003) oder gar eine rein wirtschaftsideologische Interventionen verhindern (vgl. Münkler 2008: 193)? Hat nicht auch die jüngere Geschichte von humanitären Interventionen, das Konzept der Responsibility to Protect (vgl. Bellamy 2009) seine imperialen Grundmuster entlarvt und bewiesen, dass das militärische Eingreifen für Opfer von schockierender Gewalt und ethnischer Vertreibung in schwachen Staaten nur ein vorgeschobener Grund für sicherheitspolitische Erwägungen und globale Machtpolitik der starken Staaten ist und abseits dieser Begründungen vielmehr ein tatsächliches wirtschaftliches und machtpolitisches Interesse bestehen muss, um westliche Demokratien und die internationale Gemeinschaft überhaupt zum Eingreifen und zur Bereitstellung kostspieliger und aufwändiger militärischer Kapazitäten bewegen zu können (vgl. Hoppe 2004: 71-74)? Beweist nicht das feststellbare Nicht-Eingreifen mit militärischen Mitteln trotz schwerer Menschenrechtsverletzungen, dass das Konzept einer Schutzverantwortung gegenüber allen Personen - also auch jenen welche nicht Bürgerinnen und Bürger des eigenen Staates sind - nicht funktioniert? Muss man daher nicht viel mehr von der Heuchelei der agierenden Entscheidungsträger und dem demonstrativen Desinteresse der Zivilgesellschaften sprechen? Haben die beiden deutschen Politikwissenschaftler und Friedensforscher Werner Ruf und Nadine Zollet (vgl. Ruf/Zollet 2009: 31-53) demnach recht, wenn sie den westlich- kapitalistischen Staaten unterstellen, humanitäre Interventionen als Feigenblatt für einen modernen, neoliberalen Imperialismus zu verwenden, um von den tatsächlichen sicherheitspolitischen Interessen wie zum Beispiel der Steuerung von Migration, dem Erhalt von politischen Einfluss in den betroffenen Regionen oder der Sicherstellung von Allokationen von Ressourcen abzulenken oder diese zumindest öffentlichkeitswirksam zu verschleiern?

Um Befunde auf diese Fragen und Überlegungen zu geben, muss zuerst festgestellt werden, was denn Souveränität eigentlich in ihrem Kern ausmacht und kennzeichnet. Welche Formen von Souveränität gibt es? Verliert staatliche Souveränität an Bedeutung und wird diese durch eine globale gültige human security (vgl. Janssen 2008: 299) maßgeblich ersetzt? Hat man benannt, was Souveränität ist kann man sie grundlegender von Nicht-Souveränität abgrenzen und dann folgerichtig beantworten, welche Art von Nichteinmischungsvorbehalten den staatsähnlichen Gebilden wie Somalia zugestanden werden können oder müssen und welche anderen Schutzverpflichtungen es für souveräne Staaten gibt (vgl. Luhmann 1997: 635-639)?

Darüber hinaus sollen die völkerrechtlichen Übereinkommen und Maßstäbe für den Schutz der Menschenrechte, also Verfahren durch die internationale Gemeinschaft näher beleuchtet werden, welche einen zu untersuchenden Entwicklungsgang hin zu einem internationalen humanitären Interventionsrecht und eine sich damit abzeichnende Reduktion von nationalstaatlicher Souveränität vollziehen.

Ein weiteres Ziel der in Aussicht genommenen Untersuchung ist damit die Identifikation und politikwissenschaftliche Bewertung und Auseinandersetzung mit geltendem Recht für die Durchführung von UN-Maßnahmen zum Schutz der Menschenrechte und das Aufzeigen einer sich tendenziell verstärkenden, allgemeinen politischen und rechtlichen Verantwortung durch vor allem neue Formen der Responsibility to Protect innerhalb der internationalen Gemeinschaft, welche eine neue, internationale Verantwortung entstehen lässt und traditionelle, staatliche Souveränität zu Gunsten von Schutzverantwortung gegenüber Personen, also des menschlichen Individuums, zunehmend derogiert.

Ich möchte einen wissenschaftlichen Beitrag als Nachweis und zur Konkretisierung der strukturellen Mindeststandards einer Responsibility to Protect unter Zuhilfenahme einer Analyse der Theorien der internationalen Beziehungen und der Fallbeispiele Ost-Timor-Leste und Somalia leisten und die Annahme einer sich etablierenden Schutzverantwortung gegenüber einzelnen Menschen hin zu einem objektiven Maßstab für ein modernes, postnationalstaatliches, internationales Völkerrecht untersuchen.

Ich möchte mich hierfür mit der fortschreitenden Etablierung der Grund- und Menschenrechte in den internationalen Beziehungen beschäftigen, welche zu einer immer stärkeren Einschränkung der Souveränität von Staaten führt. Staatliche Souveränität verliert meinen Hypothesen zur Folge an Bedeutung und wird durch eine Schutzverantwortung gegenüber Personen maßgeblich ersetzt. Diese darzustellende Schutzverantwortung gegenüber jedem einzelnen Menschen entwickelt sich zum maßgebenden, objektiven Maßstab für ein postmodernes, postnationalstaatliches, internationales Völkerrecht.

Nicht außer Acht lassen möchte ich dabei mögliche, für die Politikwissenschaft höchst interessante Konsequenzen humanitärer Interventionen auf Gemeinschaftswesen mit begrenzter Staatlichkeit sowie auf das internationale politische System selbst. Interessant ist auch die Frage, welchen sonstigen Zwecken humanitäre Interventionen dienen und welche latenten Ziele damit von verschiedenen Seiten verfolgt werden können. Grundsätzlich soll in meiner Arbeit auch der allgegenwärtigen Frage nachgegangen werden, inwiefern humanitäre Interventionen überhaupt moralisch rechtzufertigen sind und ob sie dafür geeignet erscheinen, mehr Nutzen als Schaden zu bewirken.

1.1 Methoden

Die in dieser Diplomarbeit zur Anwendung kommenden Methoden erschöpfen sich vorwiegend in der Dokumentenanalyse sowie in einer qualitativen Auseinandersetzung mit den Themenfeldern anhand der Fallbeispiele Timor-Leste und Somalia. Die Form der Analyse in dieser Diplomarbeit kann als eine dokumentenorientierte Prozessanalyse aufgefasst werden.

Die Methodologie in meiner Arbeit kreist um die Begriffe Internationale Beziehungen und Souveränität sowie Menschenrechte und Schutzverantwortung. Das Untersuchen des Menschenrechtsschutzes in den internationalen Beziehungen und die Beschreibung von legitimer und illegitimer Souveränität von Staaten durch den gewährleisteten oder nichtvorhandenen Schutz des Kollektivs in funktionalen bzw. sogenannten dysfunktionalen Staaten soll den theoretischen Rahmen für meine Arbeit mit der Responsibility to Protect bilden. Durch die Fallbeispiele soll versucht werden, empirische Untersuchungen mit dem Konzept der Human Security zu verbinden. Die politikwissenschaftlichen Forschungsfelder liegen in den Bereichen Internationale Politik, Weltpolitik und Internationale Beziehungen. Das primäre Forschungsinteresse liegt jenseits des Nationalstaates auf den internationalen Organisationen, vornehmlich bei den Vereinten Nationen.

Die Literaturrecherche und Auswertung umfasst Primärquellen wie UN- Resolutionen des Sicherheitsrates (SR) und der Generalversammlung (GV) als auch Dokumente und Berichte von Institutionen der Vereinten Nationen und Ansprachen von Entscheidungsträgern, wie etwa dem Generalsekretär der Vereinten Nationen. Für diese Arbeit von besonderer Bedeutung sind auch die Berichte und Dokumente der International Commission on Intervention and State Sovereignty (ICISS) und der Commission on Human Security (CHS). Um die Primärquellen einer kritischen Untersuchung zu unterziehen, wurden vor allem Monographien und Sammelwerke aus der umfangreichen akademischen Fachliteratur und auch Fachartikel aus einschlägigen akademischen Journalen und Formaten herangezogen. Auch Zeitungsartikel wurden hinzugenommen, wenn sie geeignet erschienen, die öffentliche Wahrnehmung zum Thema Menschenrechte und humanitäre Interventionen darzulegen. Insbesondere auch der Forschungsaufenthalt während der Sommerakademie auf der Burg Schlaining 2010 zum Thema „Vergessene Kriege“8 hat mir Einsicht in vielfältige kritische Überlegungen gegeben und erlaubt den kritischen Stimmen der Friedens- und Konfliktforschung gebührend Rechnung zu tragen. Auf Grund des konfliktträchtigen Diskurses und der unterschiedlichen Standpunkte der herangezogenen Autoren entlang der Strömungen des Realismus, des Idealismus und der kritischen Theorie zum Thema dieser Arbeit versuche ich, die unterschiedlichen Argumentationsströme in einer vergleichenden Art und Weise zusammenzufassen und darzustellen.

1.2 Relevanz

Der Mehrwert dieser Arbeit liegt in der Auseinandersetzung mit der Responsibility to Protect (R2P) als Grundpfeiler des Konzeptes von Human Security und ihren Auswirkungen auf die internationalen Beziehungen mit ihrem traditionellen Fokus auf staatliche Souveränität. Das R2P-Konzept hat seit seiner Geburtsstunde während des UN-Gipfels 2005 für ein Umdenken im Bereich der Prävention von Menschenrechtsverletzungen geführt. In dieser Arbeit soll untersucht werden, in wie fern sich traditionelle Sicherheitspolitik mit der Betonung des Staates in den internationalen Beziehungen verändert. Es soll die verstärkte Betonung der Sicherheit des Individuums und der in den Staaten lebenden Volksgruppen dargestellt und untersucht werden. Dazu ist es nötig zu bewerten, ob die Konzepte von R2P und das Konzept von Human Security die breite Unterstützung der Staatengemeinschaft, vor allem der großen Staaten und Vetomächte erhält. Diese Arbeit soll durch die Hinzunahme von Fallbeispielen und der Untersuchung der normativen Grundprinzipien zusätzliche Relevanz für den akademischen Diskurs erhalten und den Versuch unternehmen, die komplexen Zusammenhänge, welche auf internationaler Ebene betreffend die Umsetzung und Akzeptanz der R2P und dem Konzept von Human Security stattfinden, darzustellen und zu untersuchen. Dabei soll sowohl das Konzept von Human Security als auch die Rolle der agierenden Akteure kritisch untersucht werden.

2. Grundbegriffe der internationalen Beziehungen

2.1 Globalisierung

Der Begriff Globalisierung beschreibt auf der einen Seite einen fortlaufenden - jedoch nicht irreversiblen - weltweiten Prozess von wirtschaftlicher Verflechtung und weltweiter Arbeitsteilung der wirtschaftlichen Zentren - wie etwa der westlichen Industrienationen mit Schwellenländern wie China, Taiwan, Indien, Brasilien und anderen. Auf der anderen Seite finden eine Fragmentierung der Gesellschaftssysteme und ein Ausschluss der ökonomisch weniger verwertbaren Länder der Dritten Welt statt. Michael Zürn (Zürn 1998: in Woyke (Hrsg.) 2006: 159) spricht deshalb von einer „ ungleichzeitigen Denationalisierung “.

Formen der Globalisierung sind an und für sich keine moderne Entwicklung, sondern bestanden unter anderen Voraussetzungen, beispielsweise bereits in einem regionalen Kontext zur Zeit des römischen Imperiums oder im globalen Maßstab während der Zeit des britischen Empires. Heute wie damals sind und waren der umfangreiche Handel, die Migration von Arbeitskräften und Technologien wie etwa der Telegraph die wichtigsten Aggregatoren von Globalisierung. Andere Beispiele wären die Zeit des klassischen Kolonialismus oder jahrhundertealte globale Netzwerke wie zum Beispiel das der römisch-katholischen Kirche.

Roland Robertson (vgl. 1992) beschreibt Globalisierung als einen evolutionären Prozess und unterteilt diesen in fünf Phasen. Die erste so genannte Keimphase (Germinal phase) fand demnach zwischen 1400 und 1750 statt und beinhaltet das anfängliche Kartographieren der Erde, die globalen Forschungs- und Entdeckungsreisen sowie die Anfänge des Kolonialismus. Daran anknüpfend die Einleitungsphase (Incipient phase) von 1750 bis 1875, welche erste weitreichende internationale Vereinbarungen und die Ideen des Internationalismus und der weltweiten Diplomatie zur Folge hat. Von 1875 bis 1925 schließlich die Startphase, (Take-off phase) in welcher globale Kommunikationssysteme, Massenmigrationen und der Erste Weltkrieg als Katalysatoren der Globalisierung wirken. Den Zeitraum von 1925 bis 1969 beschreibt Robertson als die Phase des Kampfes um Hegemonie, (Struggle-for-hegemony-phase) in welcher der Völkerbund, der Zweite Weltkrieg, die Schaffung der Vereinten Nationen, die Dekolonialisierung, der Kalte Krieg und die weltweite Etablierung von Nationalstaaten erfolgt. Letzthin schließlich die Phase der Unsicherheit (The uncertainty phase) ab 1969, in welcher wir uns bis heute befinden. Diese derzeitige Phase, so Robertson debütiert mit dem Zeitalter der Erforschung des Weltraums, über globale Kommunikationssysteme, globale Massenmedien, das Internet, den weltweiten Waren-, Geld- und Personenverkehr nicht zuletzt in ein wachsendes weltweites Bewusstsein betreffend soziale und politische Probleme - wie etwa die Umweltproblematik oder der Menschenrechtspolitik.

Die wichtigsten Gründe für den derzeitigen Schub an weltweiter Vernetzung sind also vor allem moderne Kommunikationsmittel, unterschiedliche Lohnniveaus, geringe Transportkosten und der freie Kapitalverkehr. Die besondere Eigenschaft der Globalisierung liegt demnach an der Paarbeziehung von freiem Kapital und der nie zuvor dagewesenen Qualität und Quantität von Kommunikationstechnologie, der ständigen Verbundenheit aller am Prozess teilnehmenden Personen weltweit. Die seit den 1960ern entwickelten Kommunikationstechnologien und die in den 1990ern - nach dem Ende des Kalten Krieges - explosionsartige Expansion des Internets führen dazu, dass klassische staatliche Grenzen und Ordnungskompetenzen im Handel- und Warenverkehr, aber auch im Kapitalverkehr zunehmend verwässern bzw. gänzlich überwunden werden (vgl. Altvater/Mahnkopf 2002).

Dieser Vorgang verlangt neue Formen an staatenübergreifender Kooperation und begünstigt aufgrund der Schwäche des souveränen Nationalstaates die Entstehung von regionalen Zusammenschlüssen, wie etwa die Europäische Union oder Wirtschaftsblöcke wie die NAFTA oder ASEAN. Neue Formen von Entscheidungsmechanismen wie etwa die G-20 Treffen werden nötig, um jenseits des klassischen Nationalstaates Entscheidungen zu treffen und globale Probleme zu verhandeln (vgl. Woyke 2006: 166-167). Um den hiermit entstehenden starken Identitätsverlust der jeweiligen Bevölkerungen in den Nationalstaaten zu bremsen und politische Legitimation zu schaffen, müssen neue Formen der Partizipation geschaffen werden (vgl. Altvater/Mahnkopf 2002).

Die Bewertung der Auswirkungen der Globalisierung auf gesellschaftliche Systeme aus politikwissenschaftlicher Sicht umfasst sowohl negative als auch positive Aspekte. Jagdish Bhagwati (vgl. 2004: 3-27) betont vor allem die positiven Effekte der Globalisierung. Diese liegen folglich in der Ausbreitung der globalen Märkte und dem damit einhergehenden globalen Wirtschaftswachstum und der Reduktion von Armut für große Teile der Bevölkerung in den Schwellenländern. Insbesondere werden auch die Erweiterungen der Autonomie des Individuums und den damit einhergehenden Zuwachs an Möglichkeiten und Wahlfreiheiten betont. Laut Bhagwati entstand und entsteht auf Grund der zunehmenden Interdependenz der gesellschaftlichen Systeme auf der Erde zunehmend eine globale Gesellschaft. Dies gilt auch in Hinblick auf humanitäre Interventionen und ihre Entstehungsgründe, welchen in einer stärker interdependenten Welt eine größere Aufmerksamkeit zukommt und einzelstaatliche Souveränität zunehmend unter Druck setzt.

Die negativen Aspekte hingegen sieht James H. Mittelman (vgl. 2000: 15-30) vorwiegend in den ökonomischen Ungleichheiten, welche durch die Globalisierung teilweise erst ursächlich geschaffen und anschließend verstärkt werden. Zusätzlich, so Mittelman, untergräbt die vor allem profitorientierte Globalisierung demokratische Kontrolle und Autonomie und zerstört die Grundlagen für indigene Kulturen und regionale soziale Praktiken. Auch führt die kapitalistische Wirtschaftsordnung mit ihrer Maxime des Erwirtschaftens von Profiten laut Mittelmann zwangsläufig zu einer Zerstörung der Umwelt.

In den Worten von Menzel (2001: 226) wird unter Globalisierung „kein Zustand, sondern ein Prozeßder Vertiefung und Beschleunigung von grenzüberschreitenden Transaktionen bei deren gleichzeitiger räumlicher Ausdehnung verstanden, der sich gleichermaßen in der Ökonomie, der Ökologie, den Medien, der Kultur und der Sozialstruktur von ursprünglich territorial, d.h. >>westfälisch<< verfaßten Systemen aufzeigen l äß t und in letzter Instanz zur weltweiten Konvergenz dieser Subsysteme führen muß.“

Harvey (vgl. 1989) beschreibt in diesem Zusammenhang eine Raum-Zeit- Kompression, in welcher eine deutliche zeitliche Beschleunigung des sozialen Lebens und eine Reduktion der Relevanz von Distanzen zum Ausdruck bringt. Tabb (vgl. 1999) wiederum betont die Reduktion von Grenzen und das Entstehen von engeren ökonomischen, sozialen und auch politischen Interaktionen innerhalb der globalisierten Zonen.

2.2 State-Building

Der Begriff State-Building beschreibt einerseits den Entstehungsprozess der westeuropäischen Staaten mit der klassischen Evolutions- und Revolutionsgeschichte vom Adelsverband und Feudalstaat hin zum Bürger- und Zentralstaat und andererseits die Bemühungen der internationalen Staatengemeinschaft, staatliche Strukturen in Ländern mit schwacher oder zerfallender Staatlichkeit zu schaffen und zu formen. State-Building beschäftigt sich mit nicht weniger als dem Übergang vom hierarchisch-stratifizierten Ständestaat hin zum funktional-differenzierten Bürger- und Bürgerinnenstaat moderner Prägung. Die bis heute andauernden Umbruchs- bzw. Durchbruchsprozesse der vormaligen Kolonialstaaten, etwa in Afrika südlich der Sahara oder der Nachfolgestaaten Jugoslawiens oder der Sowjetunion sind Teil der theoretischen Betrachtungen rund um den Begriff des State-Buildings. Maßgebliches Ziel des State-Buildings ist nach Tilly (1975: 70) das Gewaltmonopol:

„State building provided for the emergence of specialized personnel, control over consolidated territory, loyalty, and durability, permanent institutions with a centralized and autonomous state that held the monopoly of violence over a given population“ .

Das inflationäre Auftreten des Begriffes des State-Buildings in der derzeitigen Debatte über die Anforderungen an einen funktionierenden Staat ist vor allem den Verwerfungen in sogenannten schwachen Staaten mit unzureichenden Institutionen und dem Fehlen eines durchsetzbaren Gewaltmonopols geschuldet. Da diese schwachen Staaten von Seiten der internationalen Gemeinschaft als Ausgangspunkt für regionale oder im Falle des internationalen Terrorismus für globale Konflikte gelten, misst man dem Aufbau staatlicher Strukturen in der Entwicklungs- aber auch Militärhilfe eine immer größere Bedeutung bei. Fukuyama (vgl. 2004: ix) beschreibt deshalb State-Building als „creation of new government institutions and the strengthening of existing ones.“

Laut Francis Fukuyama (vgl. 2006) sind für das State-Building zwei Ziele von größter Bedeutung. Nämlich erstens die Schaffung von demokratischen Partizipationsprozessen, um der Bevölkerung die Möglichkeit zu geben an der Entwicklung ihrer Gesellschaft und des Staates aktiv mitzuwirken und dadurch die Exklusionsmechanismen, welche davor wirken konnten, zu neutralisieren. Und zweitens die Schaffung eines Wirtschaftsumfeldes, welches dem Einzelnen die Möglichkeit gibt, im Rahmen marktwirtschaftlicher Freiräume ökonomisch aktiv zu werden. Dies soll den Einzelnen dazu befähigen, nicht länger von Korruption und Abhängigkeit durch den vorherrschenden Klientelstaat abhängig zu sein. State- Building und dessen Ziele des Aufbaus einer funktionierenden Verwaltung in den betroffenen Ländern und die Durchführung von Wahlen können zwar in unterschiedlichsten Räumen stattfinden, sind jedoch in ihrem Erfolg stark von der jeweiligen Situation abhängig. Selbsterklärend funktioniert State-Building in Regionen mit aktiver kriegerischer Gewalt weniger gut, als in Regionen welche durch Peace- Making-Truppen oder Peace-Enforcement-Truppen9 auf ein bestimmtes niedriges Gewaltniveaus „befriedet“ wurden und dadurch die Arbeit des State-Buildings erheblich erleichtern (vgl. Fukuyama 2006: 4).

Caplan (vgl. 2004: 3) definiert State-Building als „ efforts to reconstruct, or in some cases to establish for the first time, effective and autonomous structures of governance in a state or territory where no such capacity exist or where it has been seriously eroded.“

Dieses entwicklungs- und sicherheitspolitische Paradigma hat zu einer stärkeren Einmischung der internationalen Gemeinschaft und globaler Organisationen, wie etwa der UNO oder der Weltbank geführt, welche immer öfter Bedingungen wie etwa Reformen des Staatswesens und der Verwaltung an ihre finanziellen Hilfen knüpfen und hierfür auch in einem größerem Ausmaß personelle Unterstützung in Form von Verwaltungs-, Rechts-, und Sicherheitsexperten zur Verfügung stellen (vgl. Ignatieff in: Holzgrefe/Keohane 2003: 299-321). Zusammenfassend dargestellt ist es das Ziel von State-Building, Staatszerfall zu verhüten und in Zusammenarbeit mit den betroffenen Staaten und ihren Eliten staatliche Strukturen zu etablieren, welche eine dauerhafte Legitimation und Anerkennung durch die betroffene Bevölkerung und auch durch die lokalen Eliten selbst erhalten. Diese Prozesse sind umfangreich und beinhalten die Sicherstellung des Gewaltmonopols, eine effiziente Verwaltung, Korruptionsbekämpfung, Armutsbekämpfung und demokratische Partizipation durch alle Mitglieder der betroffenen Gesellschaft (vgl. Rotberg 2004). Humanitäre Intervention hat wie beispielsweise im Kosovo auch immer den Anspruch State-Building zu unterstützen und die Etablierung von demokratischen Strukturen zu fördern, um nach einem notwendig gewordenen Einsatz die rechtliche und bürokratische Gleichbehandlung aller Menschen zu gewährleisten und Menschenrechtsverletzungen zu ahnden und effektiv zu verhindern.

2.3 Global Governance

Was bedeutet Global Governance ? Sind globale politische Steuerungsprozesse für unseren Planeten überhaupt notwendig? Könnten sie die Erwartungen nach weltweit verbindlichen Entscheidungen und einem globalen Ausgleich von Interessen überhaupt erfüllen? Inwiefern sind Nationalstaaten bereit Souveränität abzugeben? Wo liegen die Unterschiede zwischen globalem und nationalstaatlichem Regieren? Welche Implikationen hat dies auf die Souveränität von einzelnen Staaten?

Die oben umrissene, stärkere Einmischung in das innere Gestaltungsmonopol bzw. in die innere Souveränität der Nationalstaaten ist Teil des Diskurses über den Begriff der Global Governance . Durch wirtschaftliche Globalisierung, moderne Kommunikationsmittel und globale Migrationsströme ist die Interdependenz zwischen den entwickelten und weniger entwickelten Staaten und Regionen der Erde erheblich gestiegen. Dies führt zu einer erhöhten Aufmerksamkeit der ordnungspolitischen Großmächte wie den USA, der Europäischen Union aber auch der VR China und selbstverständlich der Vereinten Nationen gegenüber Konflikten, welche geeignet erscheinen, globale wirtschaftliche Prozesse zu stören und etwa durch gewaltsam erzeugte Migrationsströme zu einem Sicherheitsproblem für die wirtschaftlichen Großmächte oder den Weltfrieden zu werden. Auch der internationale Terrorismus ist eine wesentliche Triebfeder für die Weiterentwicklung von Global Governance (vgl. Janssen 2008).

Globalisierung in all ihren Facetten führt zu einer Transformation des Westfälischen Systems und bedingt neuartige Formen von Global Governance. Dies führt beispielsweise zur Diskussion in der internationalen Gemeinschaft, ob international tätige Terroristen als Gefangene nach dem Kriegsrecht und damit nach dem klassischen westfälischen System behandelt werden sollen, oder als global agierende Kriminelle, welche in diesem Fall nach den Regeln polizeilicher Ermittlungen innerhalb einer globalen Sicherheits- und Rechtsarchitektur zur Rechenschaft gezogen werden müssen. Weitere Beispiele wären die internationalen Sondertribunale für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit und der Internationale Gerichtshof, welche den Anspruch haben, weltweite Geltung und Legitimation zu besitzen, um nach den Regeln einer globalen Rechtsarchitektur rund um die Felder der Menschen- und Minderheitenrechte verbindliche Entscheidungen zu treffen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit weltweit zu ahnden (vgl. Baran 2005: in Foreign Affairs Nov./Dez.: 68-78).

Gerade bei militärischen Interventionen zum Schutz und der Wiederherstellung von Menschenrechten stellt sich die Frage nach der Rhetorik des Krieges und den Implikationen der weltweiten Gültigkeit der Genfer Konventionen und der weltweiten Gerichtsbarkeit durch den Internationalen Gerichtshof, welche auch für die humanitären Interventionstruppen gilt und gerade deshalb von Staaten mit häufigen militärischen Einsätzen außerhalb des eigenen Staatsgebietes, wie den USA nicht anerkannt wird10. Da jedoch die Fragen nach zivilen Opfern durch Interventionstruppen oder von Verbrechen durch diese nicht außer Acht gelassen werden können, bekommt die rechtliche Durchsetzung und Regulierung von Kriegsrechten und Menschenrechten durch internationale Gerichte oder andere Gremien innerhalb einer Global Governance-Architektur zusätzliche Brisanz und unterstreicht die schleichende Veränderung von Souveränität von Staaten und Nichteinmischung von außen (vgl. Hinsch/Janssen 2006a: 100-109). Hierzu soll später noch genauer auf die normativen Grundprinzipien in den internationalen Beziehungen, wie das westfälische Souveränitätsprinzip und das Interventionsverbot im Völkerrecht eingegangen werden.

Es soll festgehalten werden, dass westliche Grundwerte wie Menschenrechte und eine liberale politische Ordnung eine nicht zu unterschätzende Rolle in der Debatte um die Notwendigkeit globaler, politischer Regelungshegemonie spielen (vgl. Woyke 2006). Hierbei spielen vor allem auch massive Menschenrechtsverletzungen und die mediale Aufmerksamkeit der globalen Massenmedien darauf eine nicht unbedeutende Rolle. Dessen ungeachtet kann wohl nach Werner Ruf (vgl. Ruf/Jöst 2009) davon ausgegangen werden, dass es in den Bereichen von militärischer Intervention vor allem handfeste sicherheitspolitische und ökonomische Gründe sind, welche globale und regionale Großmächte zum Einschreiten bewegen und der humanitäre Altruismus oftmals als Feigenblatt missbraucht wird. Michael Ignatieff (2003 in: Münkler 2008: 99) schreibt hierzu treffend:

„Ein Staatensystem muss also aus Gründen der eigenen Selbsterhaltung [ … ] gegen innergesellschaftliche Kriege und Staatszerfall innerhalb seines Ordnungsbereichs vorgehen. Es muss intervenieren; es wird dies zunächst politisch tun, dann zu wirtschaftlichen Sanktionen greifen, und schließlich kann es Truppen entsenden, um den Bürgerkrieg zu stoppen.“

2.4 Global Security

Was ist Global Security? Welche sind die maßgeblichen Akteure von globaler Sicherheit? Gibt es tatsächlich, wie von manchen Wissenschaftlern und vielen Politikern behauptet, einen Zusammenstoß der Kulturen? Gibt es globale Foren um solche Zusammenstöße zu verhindern oder zu kanalisieren? Sollte es in Hinblick auf humanitäre Interventionen global verbindliche Normen geben, welche das Einschreiten in souveräne Staaten auf Grund der Verletzung der globalen Sicherheit regeln?

Zu Beginn muss man festhalten, dass es fünf Haupttypen von gewaltsamen Konflikten gibt, welche im Rahmen einer Global Security verhandelt werden:

- „Erstens innerstaatliche Konflikte (staatlicher und nichtstaatlicher Akteur)
- Zweitens zwischenstaatliche Konflikte (mind. zwei staatliche Akteure)
- Drittens substaatliche Konflikte (nichtstaatliche Gewaltakteure - neue Kriege11 )
- Viertens der Einsatz und die Proliferation von Massenvernichtungswaffen
- Fünftens der internationale Terrorismus und international agierende Kriminalität“ (Münkler/Malowitz (Hrsg) 2008: 180ff.)
-eitere sicherheitspolitische Bedrohungen sind:
- „Energie- und Ressourcenprobleme
- Ernährungsprobleme
- Migration“

(Österreichische Sicherheitsdoktrin 2001: 21f)

Zwischenstaatliche Konflikte lagen seit Beginn der Moderne im Fokus der Betrachtung. Der Erste und der Zweite Weltkrieg waren wichtige Impulsgeber für das Entstehen der politikwissenschaftlichen Disziplin der Internationalen Beziehungen. In der Ära nach den beiden Weltkriegen, während der Phase des Kalten Krieges, gab es weitere zwischenstaatliche Konflikte, wie zum Beispiel Nordkorea (und China) gegen Südkorea (und die USA) oder Argentinien gegen das Vereinigte Königreich, Somalia gegen Äthiopien, Eritrea gegen Äthiopien und Pakistan gegen Indien. Generell kam es aber zu einer deutlichen Reduktion von klassischen zwischenstaatlichen Konflikten in der Post-Zweiter-Weltkrieg-Ära (vgl. Münkler/Malowitz (Hrsg): 2008).

Die wichtigsten Kriegsursachen für Kriege während der Zeit zwischen 1648 bis 1989 sind laut K. J. Holsti (vgl. 1991: in Gantzel / Schwinghammer (1997) (Hrsg.): 40ff.:

a) „der Kampf um Territorium
b) die Aufrechterhaltung und Wahrung der Integrität von Staaten und Empire
c) Unabhängigkeitsbestrebungen und Staatswerdungen in ehemaligen Kolonien.“

Eine weitere häufige Ursache für das Eskalieren von Kriegen ist der Irredentismus. Diese Ideologie strebt eine Zusammenführung aller Mitglieder einer tatsächlichen oder vermeintlichen Ethnie in einem einheitlichen Staat an. Dies führt in der Praxis zu Souveränitätskonflikten und oftmals zu innerstaatlichen Konflikten und einem Zerfall von Staaten mit verschiedenen Ethnien, wie etwa im ehemaligen Jugoslawien. Der Irredentismus führte und führt aber auch zu zwischenstaatlichen Konflikten, wie beispielsweise im einstigen Konflikt um das Sudetenland zwischen Deutschland und der ehemaligen Tschechoslowakei oder aktuell im Konflikt um die Gebiete Jammu und Kaschmir zwischen Pakistan und Indien12, zwischen Taiwan und China, den Golan-Höhen zwischen Syrien und Israel oder Teilen der West Bank, Gazas und Jerusalem zwischen den Palästinensern und Israel. Der Irredentismus ist auch deshalb so gefährlich für den internationalen Frieden, da er die drei wichtigsten von Holsti beschriebenen Kriegsursachen kombiniert.

Zunehmende Bedeutung für die Global Security erlangte auch der islamistische internationale Terrorismus und seine Ideologie des Fundamentalismus13 durch die in der jüngeren Geschichte erfolgten verheerenden Anschläge14 welche meist dem global tätigen Terrornetzwerk Al Qaeda und seinen Schwesterorganisationen zuzurechnen sind. Besonders augenscheinlich sind dabei die von Lia Brynjar (vgl. 2005) zusammengetragenen Informationen betreffend den Anstieg der Anzahl von Selbstmordattentätern. Lag die Zahl der Attentäter in den 1980ern noch bei rund 31 Personen, wuchs diese in den 1990ern auf über 104 Personen. Seit dem Jahrtausendwechsel gibt es auf Grund des Krieges im Irak keine verlässlichen Zahlen. Aber bereits von 2000 bis 2001 gab es 53 Selbstmordattentäter und die Invasion des Iraks führte zu einem signifikanten Anstieg dieser Form der terroristischen Kriegsführung.

Als Reaktion auf die für die Gesellschaften der westlichen Staaten, allen voran die Eliten der USA psychologisch verheerenden Auswirkungen der Anschläge vom 11. September 2001, aber auch der Anschläge in Madrid (2004) und in London (2005), änderten die westlichen Staaten grundlegend ihre vormals passive Einstellung zum internationalen Terrorismus. Der Kampf gegen den internationalen Terrorismus wurde zur wichtigsten Agenda in den internationalen Beziehungen. Der Ansatz einer umfassenden globalen Sicherheitspolitik hat große Auswirkungen auf die liberalen Freiheiten und die Illusion einer offenen, individualisierten Gesellschaft der kapitalistisch- westlichen Welt. Die mühsam errungenen umfassenden Freiheiten der westlichen Gesellschaft stehen neuerdings wieder stärker zur Disposition. Vor allem die Freiheit der Kommunikation, das Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit und ein ordentliches Gerichtsverfahren wurden und werden nachhaltig beschnitten. Sie sind gegenwärtige Höhepunkte einer schleichenden Einschränkung der Bürger- und Menschenrechte.15

In Ermangelung von Alternativen zur Einschränkung der Freiheitsrechte und dem starken Verlangen der westlichen Bevölkerung nach Sicherheit konnten und können diese Einschnitte recht arglos durchgesetzt werden. Die Besonderheiten einer offenen Gesellschaft mit ihren unerschöpflichen „ lines of communication “ und der Umstand der Freiheit von Personen, sich überall in den westlichen Staaten aufzuhalten, aber auch fern der Zentren in der Peripherie fortdauernd überall hin zu Bali Indonesien (202), Mombasa, Kenia (16), Casablanca, Marokko (42), und Jakarta, Indonesien (10); Wohnstätten für westliche Angestellte in Riyadh, Saudi Arabien (25); Öffentlicher Verkehr in Madrid (191) und London (56). kommunizieren, zwingen die westlichen Regime, alles und jeden umfassend zu überwachen, die Kommunikation einem „ screening “ zu unterziehen, um eventuelle terroristische Kommunikation und Tätigkeit, mehr oder weniger gezielt in Erfahrung zu bringen und darauf zu reagieren bzw. präventiv einzugreifen, um terroristische Aktionen zu unterbinden (vgl. Schröfl/Pankratz/Micewski E. (Hrsg.): 2006).

Der Imperativ, konventionelle Kriege zwischen Nationalstaaten bzw. regulärer Streitkräfte gegeneinander zu gewinnen und sich dafür zu rüsten und vorzubereiten, ist heutzutage immer mehr dem Krieg gegen den internationalen Terrorismus und weltweite Verbrecherorganisationen gewichen. Die Militärapparate der westlichen Welt, allen voran der USA als Schutzmacht für das westliche System des Kapitalismus und der offenen Gesellschaft, haben eine schier unglaubliche militärische Dichte und Effizienz erreicht, zeigen allerdings Mangelerscheinungen im Kampf bzw. Krieg gegen den internationalen Terrorismus. Die Schwäche einer professionellen Armee mit High-Tech-Ausrüstung und übermächtiger Feuerkraft im Kampf gegen einen unsichtbaren, hinterhältigen und innovativen Feind tritt offen zu Tage (vgl. Schröfl/Pankratz (2004) (Hrsg.): 58-62). All der Mobilität und Aufklärung der westlichen Sicherheitsapparate zum Trotz gelingt es den internationalen Terroristen, sich in den Zonen schwacher Staatlichkeit zu verstecken und auch in der Masse der westlichen Gesellschaften unter dem Deckmantel der Normalität unterzutauchen und recht freimütig subversiven Tätigkeiten nachzugehen. Global Security hängt also in einem immer stärkeren Ausmaß auch von State-Building durch die internationale Gemeinschaft in schwachen und zerfallenden Staaten ab. Denn schwache Staaten mit bürgerkriegsähnlichen Zuständen und schweren, andauernden Menschenrechtsverletzungen sind der ideale Rückzugsort und Nährboden für internationalen Terrorismus und das transnational agierende organisierte Verbrechen. Diese beiden, an und für sich aus ganz unterschiedlichen Gründen handelnden Akteure sind oftmals schwierig zu unterscheiden, da sich auch Terroristen der Netzwerke des organisierten Verbrechens bedienen, um sich zu finanzieren oder benötigtes Material, wie etwa Waffen, zu erhalten.

Zuletzt stellen auch der mögliche Einsatz und die Proliferation von Massenvernichtungswaffen nuklearer, biologischer und chemischer Art eine wesentliche Triebfeder für die Entwicklung einer globalen Sicherheitsarchitektur dar.

Rüstungskontrolle und die Nichtweiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen sind seit den siebziger Jahren bis heute ein wesentlicher Bestandteil der internationalen Sicherheitspolitik.16 Während die Erlangung von chemischen und biologischen Waffen durch Staaten eher zweitrangig ist, kommt der Nicht-Verbreitung von Nuklearwaffen das größte Augenmerk innerhalb der internationalen Gemeinschaft zu. Staaten, welche bereits über Atomwaffen verfügen17, haben ein natürliches Interesse, dessen Verbreitung zu unterbinden, andere Staaten ein Bedürfnis, ihren internationalen Sicherheitsstatus und ihre Bedeutung innerhalb der Staatengemeinschaft durch Erlangung von Atomwaffen zu steigern. Darüber hinaus gibt es auch das Interesse von Terrororganisationen in den Besitz von Massenvernichtungswaffen zu gelangen, um diese gegen ihre Systemfeinde einzusetzen, um weltweit größtmögliches Chaos zu verursachen (vgl. Schröfl/Pankratz (2004) (Hrsg.).

Abschließend kann also festgehalten werden, dass neben der klassischen Sicherheit von Staaten etwa durch die Kontrolle über Massenvernichtungswaffen oder dem Kampf gegen den internationalen Terrorismus auch die persönliche Sicherheit des Einzelnen vor Verletzungen der Menschen- und Bürgerrechte Teil einer Global Security geworden sind und an Bedeutung gewinnen. Diese Aspekte werden von Barry Buzan (vgl. 1991) als „ deepen security “ beschrieben. Die Debatten über humanitäre Interventionen sind Schauplätze dieser Veränderungen. Darüber hinaus beschreibt Buzan auch eine „ broaden security “, welche sich mit globalen Problemfeldern außerhalb des militärischen Bereichs beschäftigt. Beispiele hierfür sind Weltwirtschaftskrisen, Massenmigrationen, die globale Erderwärmung oder auch Umweltkatastrophen mit weltweiten Auswirkungen.

Mit dem Ende des Kalten Krieges und der Bipolarität kam es in der globalen Sicherheitspolitik zu einer Regionalisierung und Multipolarisierung. Traditioneller Austragungsort für die Sicherheit im globalen Maßstab waren und sind die Vereinten Nationen und in ihnen der UN-Sicherheitsrat. Daneben gibt es aber noch etliche andere Foren, welche sich mit weltweit wahrgenommenen Problemen beschäftigen und Lösungen verhandeln. Dazu gehören unter anderem die Europäische Union (EU), die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), die Vereinigung Südost-Asiatischer Staaten (ASEAN), der gemeinsame südamerikanische Markt (MERCOSUR), die Nordamerikanische Freihandelszone (NAFTA), die Organisation für Afrikanische Einheit (OAU), die Islamische Weltbewegung (OIC) oder die Pazifische Zusammenarbeit (APEC) (vgl. Österreichische Sicherheitsdoktrin 2001: 19ff). Nicht zu vergessen die verschiedenen Weltgipfel-Treffen wie die G-8 oder G20. Die stärker akzentuierten internationalen Foren zur Problemlösung führen in einem erhöhten Ausmaß zur Anerkennung des Konzeptes der Global Security. Innerhalb dieser Sicherheitsarchitektur kann somit jede global wirkungsmächtige Materie zum Gegenstand von globaler Sicherheit werden.

2.5 Humanitäre Interventionen

Da sich diese Arbeit vorwiegend mit humanitärer Intervention beschäftigt, ist es unerlässlich zu definieren, was humanitäre Intervention im eigentlichen Sinne bedeutet. Dabei möchte ich zunächst die humanitäre Hilfe näher betrachten. Die humanitäre Hilfe soll betroffenen Menschen in Not helfen, um Leben zu retten, Leid zu lindern und lebensbedrohende Zustände zu beenden. Die moralisch wichtigste Auflage der humanitären Hilfe ist dabei das Prinzip der Neutralität. Die humanitäre Hilfe leistenden Organisationen und Menschen (egal ob Soldaten oder Zivilpersonen) sollen also lediglich Abhilfe leisten und unbefangen helfen, ohne dabei andere latente oder gar direkte Ziele zu verfolgen.18 Humanitäre Intervention dagegen beschreibt das militärische Eingreifen von Soldaten oder Polizisten, um Menschen wo auch immer vor Unrecht im Sinne schwerer Verletzungen von Menschenrechten auch gegen den Willen der betroffenen Länder zu schützen.

Nicht absichtslos spricht deshalb etwa Otto Kimminch (1995: 431) davon,

„dass humanitäre Interventionen die Menschenrechte aller in einem Land residierenden Menschen unabhängig der Staatsbürgerschaft schützen sollen.“

Auch die an der Erstellung des Konzeptes der Responsibility to Protect maßgeblich beteiligte International Commission on Intervention and State Sovereignty ( ICISS: 2001a: 8 ) definiert Humanitäre Intervention als „eine Handlung gegen einen Staat oder eine Führung, ohne deren Zustimmung, zu Zwecken, von denen erklärt wird, sie seien humanitär oder schützend.“

Aus dieser Definition lässt sich ableiten, dass nur das humanitäre Leid und dessen Beendigung im Vordergrund steht und es nicht relevant ist, welche ordnungspolitische Verfasstheit in dem zu intervenierenden Staat vorherrscht oder ob das jeweilige Regime um den möglichen Einsatz bittet oder nicht.

Humanitäre Intervention ist nach Holzgrefe (2003: 18):

„the threat or use of force across state borders by a state (or group of states) aimed at preventing or ending widespread and grave violations of the fundamental human rights of individuals other than its own citizens, without the permission of the state within whose territory force is applied.“

Ich plädiere für die Definition von Holzgrefe, da sie am besten den Kern der Debatte um humanitäre Interventionen, nämlich die militärischen Komponenten und Dimensionen beschreibt. Nichtbewaffnete humanitäre Interventionen sind nicht vom Gewaltverbot erfasst und werden deshalb in dieser Arbeit nur geringfügig und nur falls, kontextual unentbehrlich, näher erläutert bzw. untersucht.19 Auch die Rettung von ausländischen Staatsangehörigen durch die jeweiligen Staaten durch bewaffnete Kräfte aus fremden Staatsgebieten ist in der Definition von Holzgrefe nicht Bestandteil seiner Definition, da diese Rettungen nicht dem Schutz der Menschenrechte aller Individuen, sondern vielmehr dem Schutz der eigenen Bürgerinnen und Bürger gelten und deshalb nicht in die oben zitierte Begriffsbestimmung passen.

Der Schwerpunkt von gerechten humanitären Interventionen liegt augenscheinlich bei der Erhaltung und dem Schutz von Menschenleben, egal welcher Staatsangehörigkeit. Dabei hat diese Art der moralischen Hilfeleistung mit notfalls militärischen Mitteln durch sogenannte robuste UN-Peacekeeping-Einsätze seit dem Ende des Ost-Westkonfliktes eine Aufwertung erfahren. Auch hier soll prinzipiell das Primat der Neutralität zwischen den verfeindeten Gruppen gelten und ein mediatisierter Friedensprozess ermöglicht werden. Schon allein der Einsatz von militärischer Gewalt und die damit einhergehende Neuauslotung von Herrschaft und Macht, führen zu einer Gratwanderung für die militärischen Einsatztruppen und ihren humanitären Schlichtungs- und Schutzauftrag (vgl. Nohlen 2003: 201-204).

Nichtsdestotrotz ist das Konzept der humanitären Intervention ein höchst Unklares und Kontroverses. Es fehlt eine klare rechtliche Regelung für humanitäre Interventionen im Völkerrecht. Ist die humanitäre Intervention demnach eine im Entstehen begriffene Ausnahme des Gewaltverbotes der UN-Charta? Ein Beispiel dafür könnte die NATO-Intervention im Kosovo 1999 sein, in welcher die Mitgliedsstaaten der NATO ohne Mandat des UN-Sicherheitsrates, also entgegen den Bestimmungen der UN-Charta in der Republik Serbien militärisch intervenierten und dies vornehmlich mit dem Schutz der albanischen Minderheit im Kosovo vor den Angriffen und schweren Menschenrechtsverletzungen durch die serbische Armee rechtfertigten. Die NATO verteidigte ihr Eingreifen mit dem Schutz der albanischen Bevölkerung im Kosovo vor gewaltsamer Unterdrückung, den schweren Verletzungen der grundlegendsten Menschenrechte und den schockierenden Akten von Genozid (vgl. Steinkamm 2000: 344).

Der Kosovokonflikt wirft die Frage auf, ob die moralische Rechtfertigung bzw. der Imperativ zum Schutz grundlegender Rechte von Individuen durch eine militärische humanitäre Intervention höher wiegt als die Charta der Vereinten Nationen und die Souveränität und das Selbstbestimmungsrecht der einzelnen Staaten (vgl. Ruf/Jöst (Hrsg.) 2009: 123-126). Ein grundlegendes Problem hierbei ist die Frage, wer berechtigt ist zu entscheiden wann eine humanitäre Intervention gerechtfertigt ist und wann nicht. Es muss also Prinzipien geben welche einen so bedeutenden Bruch bzw. eine qualifizierte Einschränkung (Münkler/Malowitz 2008: 149) des allgemeinen Gewaltverbots der UN-Charta rechtfertigen lassen. Die ICISS (2001a: 33) spricht hierbei von conscience shocking situations, welche ein Eingreifen notwendig und gerechtfertigt erscheinen lassen. Hierzu gehören die Bestimmungen der Genozidkonvention von 1948, ethnische Säuberungen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Staatszerfall mit Folgen von Hungersnöten und Bürgerkrieg sowie große Natur- und Umweltkatastrophen, in welchen die betroffenen Regierungen unfähig oder unwillig sind, große Verluste an Menschenleben zu verhindern (vgl. Hinsch/Janssen 2006a: 84). Auf die Beurteilungen der Konzepte von humanitärer Intervention möchte ich etwas später noch einmal ausführlicher eingehen.20

3. Handlungstheorien der internationalen Beziehungen

Von besonderer begrifflicher Bedeutung sind die internationalen Beziehungen, welche den Rahmen für meine Abhandlung über die Schutzverantwortung der internationalen Gemeinschaft gegenüber Personen bilden. Die Kommission über Global Governance (1995) beschreibt internationale Beziehungen als

„die Summe von Handlungsmöglichkeitenöffentlicher als auch privater Akteure und Organisationen in ihren globalen Angelegenheiten. Diese Beziehungen befinden sich in einem kontinuierlichen Prozess, in welchem Interessen und Konflikte der Akteure und Organisationen durch kooperatives Verhalten verhandelt werden.“21

Rosenau (1995a: 13) beschreibt Internationale Beziehungen wie folgt:

"Systems of rule at all levels of human activity - from the family to the international organization - in which the pursuit of goals through the exercise of control has transnational repercussions."

Die internationalen Beziehungen beinhalten also frei nach Rosenau (1995a) unterschiedliche Akteure und umfassen Interessen persönlicher Natur, wie auch jene von ganzen Gruppen und Parteien. Innerhalb dieser breiten Definition von internationalen Beziehungen summieren sich sämtliche Interessen von staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren, von intergouvernementalen Organisationen (IGOs) und nicht-staatlichen Organisationen (NGOs), alle regionalen und globalen Interessen mit transnationalen Folgewirkungen, mithin auch solche von profitorientierten Akteuren und jenen ohne ökonomische Gewinnmaximierung (vgl. Nohlen 2003: 219-225).

Besondere Beachtung erhalten entsprechend den Erfordernissen für meine Arbeit über humanitäre Interventionen die internationalen Organisationen. Internationale Organisationen wie zum Beispiel die Vereinten Nationen, die WTO, die IAEO oder auch die NATO sind mehr als bloße Regime und können als „ an organization that has representatives from three or more states supporting a permanent secretariat to peform ongoing tasks related to a common purpose “ beschrieben werden (vgl. Yearbook of International Organizations: http://www.uia.be/node/325608#typea).

Folgend möchte ich fünf dominierende Theorien internationaler Politik näher beschreiben. Die unterschiedlichen Narrative und Menschenbilder der Schule der Realisten und der Funktionalisten, der liberalen Internationalisten und der Kosmopoliten und der Marxisten, vom Ablauf und der Steuerung von politischen Prozessen sowie von unterschiedlichen Verhaltenserwartungen durch bestimmte Selektions-, Ordnungs-, Erklärungs- und Interpretationsfunktionen bedingen die Zielund Handlungsfunktionen von Akteuren im Umgang mit dem humanitären Völkerrecht und nationalstaatlicher Souveränität und führen in der Frage nach einer vorrangigen Schutzverantwortung für Personen in den internationalen Beziehungen stets zu unterschiedlichen Antworten und Interpretationen.22

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.1: Prof. Markus Kornprobst „Theories of International Relations“ WS 2009/10

3.1 (Neo-)Realismus

Der „Staat ist eine Person, deren Handlungen eine große Menge Menschenkraft der gegenseitigen Verträge eines jeden mit einem jeden als ihre eigenen ansehen, auf daßdiese nach ihrem Gutdünken die Macht aller zum Frieden und zur gemeinschaftlichen Verteidigung anwende.“ (Hobbes 1651, 1980: Leviathan, S. 155)

Im Weltbild der realistischen Schule ist die politische Ordnung chaotisch und anarchisch. Wichtige Vertreter sind Hans Morgenthau (vgl. 1948) und John Mearsheimer (vgl. 2001). Nach Ansicht der Realisten sind die Nationalstaaten die dominanten Akteure in den internationalen Beziehungen. Es gibt keine Weltregierung oder andere Formen von effektiver global governance23 . Es herrscht nur der jahrhundertealte Wettbewerb um Machtpotentiale. Akteure (Staaten) streben in den internationalen Beziehungen immer Hegemonie an und neigen im Sinne eines Nullsummenspiels dazu, eine Struktur der balance of power24 zu etablieren (vgl. Kailitz 2007: 310-314). Die Bedeutung der Akteure gliedert sich vertikal und militärische Macht ist von größter Bedeutung für den Machterhalt.

Der Neorealismus ist die Reaktion auf die Kritik am Realismus und legt ein größeres Augenmerk auf strukturelle Faktoren von Machtgewinnung und Machterhalt. Die Neorealisten bemängeln am derzeitigen internationalen System v.a. die fehlenden Durchsetzungs- und Sanktionsmechanismen, zum Beispiel jene der Vereinten Nationen (vgl. Schieder/Spindler 2006: 39-63). Hinsichtlich humanitärer Interventionen gibt die realistische Schule also der Stabilität und dem Erhalt der internationalen Staatenordnung Vorrang. Massive humanitäre Verluste durch Vertreibung und Massenmord innerhalb von Staaten müssen demnach durch Isolation bewältigt werden. Bei staatsübergreifenden Auseinandersetzungen steht die Stabilisierung und Sicherung der aktuellen Grenzen und die Souveränität der betroffenen Staaten im Vordergrund.

[...]


1 Nicht oder nur am Rande behandelt werden hingegen Rettungen zum Schutz von Staatsbürgern der intervenierenden Länder (humanitäre Rettung).

2 Aber auch beispielsweise eine Supermacht wie die Vereinigten Staaten von Amerika mit ihrer

typischen schizophrenen Art der Realpolitik in welcher in dem einen Fall das humanitäre Völkerrecht und in einem anderen Fall die bedingungslose Souveränität (Stichwort: Internationaler Strafgerichtshof in Den Haag) Vorrang erhält.

3 Hier sind allen voran das Internet und die sozialen Netzwerke wie Twitter, Facebook und Blogger und ihre zunehmende Bedeutung im internationalen Wirtschaftssystem, aber auch für politische Protestbewegungen zu nennen. Aktuelle Beispiele sind bspw. die Revolutionen im Nahen Osten in Tunesien, Libyen, Ägypten u.a., welche insbesondere auch durch die sozialen Netzwerke und ihre Formen der Niederschwelligen Kommunikation und Organisation dazu beigetragen haben die Proteste zu initialisieren und zu organisieren (vgl. Rohr 2011).

4 Begriffserläuterungen siehe Kapitel 2.

5 Das humanitäre Völkerrecht umfasst beginnend die Haager Kriegsordnung, die Charta der Vereinten Nationen (Art. 1, Nr. 3, Art. 13, Art 55 und Art 56), die Genfer Abkommen von 1949 und seine Zusatzprotokolle von 1977, die Internationalen Menschenrechtspakete von 1966 als auch die Resolution der Generalversammlung 60/1, Nr. 138, 139 von 2005 (vgl. Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten: http://www.eda.admin.ch/eda/de/home/topics/intla/humlaw.html; Aufruf am 14.10.2010).

6 Moralischer Exzeptionalismus beschreibt die Möglichkeit das prinzipielle Gewaltverbot in Ausnahmefällen durch enge moralische Begründungsmuster zu Durchbrechen um durch eine mitunter gewaltsame humanitäre Intervention gravierende Menschenrechtsverletzungen hintanzuhalten (vgl. Hinsch 2006a).

7 Universal Declaration of Human Rights 1948.

8 Insbesondere die Gespräche mit Prof. Werner Ruf, Profil-Redakteur Martin Staudinger, Prof. Norman Paech, Prof. Elmar Altvater, u.a.

9 Zusammenfassend könnte man die Formen des Peace-Makings/Enforcements als Peace-Building bezeichnen: Denn nach Hosiner (2003: 10) beschreibt Peace-Building: „a new approach which emphasis that in order to achieve a lasting peace, the effort to prevent, control an resolve conflicts must include actions to address the underlying economic, social, cultural, humanitarian and political roots of conflict and strenghten the fundation of development.“

10 Die Ratifizierung des Status des IStGH hätte theoretisch jedes Staatsoberhaupt jedes Landes welches einen Angriffskrieg führt vor das Gericht in Den Haag stellen können. Somit theoretisch auch den Präsidenten der Vereinigten Staaten selbst. Die USA gelten deshalb, aber vor allem auch auf Grund ihrer Befürchtungen, dass US-amerikanische Soldaten vor einem internationalen Strafgericht wegen Kriegs- oder Menschenrechtsverletzungen stehen könnten als entschiedener Gegner des IStGH. Siehe hierzu den Artikel von Andrea Böhm in: DIE ZEIT, 10.06.2010 Nr. 24

11 Siehe Kapitel 5.3 Das Konzept der "neuen Kriege"

12 Gerade der seit vielen Jahrzehnten schwelende Konflikt zwischen Pakistan und Indien birgt die Gefahr einer weltweiten Erschütterung des Friedens aufgrund der Tatsache, dass beide Staaten Atomwaffen besitzen und ein Einsatz im Falle eines Krieges miteinander nicht auszuschließen ist.

13Zitat nach: Nohlen (2003): 159: „Fundamentalismus ist in kommunikationstheoretischer Sicht eine Form systematisch verzerrter Kommunikation. Der Dialog setzt voraus, dass gleichermaßen zurechnungsfähige Subjekteüber divergente Meinungen, Interessen und Konzepte streiten in dem Bewusstsein, dass es keinen Standpunkt geben kann, von dem aus er a priori entschieden werden könnte. Der F. denunziert Konflikt als Verrat und macht den Gegner zum Feind von Heil und Wahrheit.“

14 Die wichtigsten Beispiele hierzu sind: Khobar-Towers, Saudi Arabien (19 Tote); US Botschaften in Kenia and Dar-es-Salaam (257); World Trade Center und Pentagon (2,973); USS Cole in Aden, Yemen (19); US Konsulate in Karachi, Pakistan (19); Touristenhochburgen in Djerba, Tunesien (19),

15 Vgl. Rolf Gössner "Wer stoppt den sicherheitsextremistischen Wahnsinn?" in: http://www.uni- kassel.de/fb5/frieden/themen/Menschenrechte/goessner.html Abruf: 31.10.10.

16 Die wesentlichen Verträge der Rüstungskontrolle und Abrüstung sind: AMB-Vertrag (1972), START und START II und die Verhandlungen zu START III. Das bedeutendste Vertragswerk zur Non- Proliferation ist der Atomwaffensperrvertrag (NPT) aus dem Jahr 1968. Daneben noch CTBT (1996) und die Atomenergiebehörde in Wien (IAEA) und die UN-Abrüstungskonferenz in Genf (CD). Betreffend Massenvernichtungswaffen sind noch die Chemiewaffenkonvention (CWC) und die Konvention über das Verbot biologischer Waffen (BWC) maßgeblich (vgl. UNODA Treaties Database: http://www.un.org/disarmament/HomePage/treaty/treaties.shtml; Abruf 12.07.2010).

17 Folgende Staaten verfügen über nukleare Kapazitäten: USA, Russland, China, Vereinigtes Königreich, Frankreich, Indien, Pakistan, Israel und Nordkorea (vgl. Haucke, Friedrich: Die Zahl der Atomwaffen-Staaten wächst; in: Zeit Online vom 9.4.2009: http://www.zeit.de/online/2009/15/atomwaffen-staaten).

18 Vgl. hierzu die Resolution der UN-GV (46/182)

19 Wie etwa bei der Beschreibung der Responsibility to Protect in welcher nicht nur militärische Intervention, sondern auch Prävention und Wiederaufbau eine wesentliche Rolle spielen.

20 Siehe Kapitel 8.

21 Eigene Übersetzung.

22 Zur Beschreibung der fünf Theorien wurde u.a. das Skriptum über Internationale Politik von Filzmaier, Gewessler und Höll aus dem Jahre 2004 als auch das Skriptum der Diplomatischen Akademie von 2009/10 zum Thema Globalization and Global Governance herangezogen.

23 Global Governance beschreibt die Notwendigkeit von globalen, multilateralen Ordnungsstrukturen zur Lösung globaler Probleme. Die Kommission über Global Governance (1995) geht weiter und sieht ein neues Politikmodell „ Regieren jenseits des Nationalstaates“ entstehen . Dabei wird aber kein Weltsuperstaat beschrieben, sondern vielmehr eine nach Immanuel Kant beschriebene Weltföderation mit verschiedenen „Formen und Ebenen internationaler Koordination, Kooperation und kollektiven Entscheidungsbildung.“ (Nohlen 2003: 188).

24 Hierzu neben Morgenthau (1948) auch die (Neo-)Realisten Waltz (1979), Walt (1987) und Mearsheimer (2001).

Fin de l'extrait de 146 pages

Résumé des informations

Titre
Humanitäre Interventionen oder die Durchsetzung einer Schutzverantwortung gegenüber Personen
Université
University of Vienna  (Institut für Politikwissenschaft)
Note
1,0
Auteur
Année
2011
Pages
146
N° de catalogue
V262931
ISBN (ebook)
9783668019447
ISBN (Livre)
9783668019454
Taille d'un fichier
1099 KB
Langue
allemand
Annotations
Diese wissenschaftliche Arbeit beschäftigt sich mit dem Nachweis und der Konkretisierung der strukturellen Mindeststandards einer Responsibility to Protect unter Zuhilfenahme einer Analyse der Theorien der internationalen Beziehungen und der Fallbeispiele Ost-Timor-Leste und Somalia. Sie untersucht den Entwicklungsgang einer sich etablierenden Schutzverantwortung gegenüber einzelnen Menschen hin zu einem objektiven Maßstab für ein modernes, postnationalstaatliches, internationales Völkerrecht.
Mots clés
humanitäre, interventionen, durchsetzung, schutzverantwortung, personen
Citation du texte
Florian Bader (Auteur), 2011, Humanitäre Interventionen oder die Durchsetzung einer Schutzverantwortung gegenüber Personen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/262931

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