Genau wie zahlreiche andere sprachwissenschaftliche Termini verweist auch der Ausdruck Fremdwort auf keine in irgendeiner Weise natürlich vorgegebene, absolute Größe, sondern ist vielmehr ein extrem konsensgebundener und damit relativer Begriff. Sicherlich berechtigt wäre der Einwand, das gelte grundsätzlich für geisteswissenschaftliche Termini, „ja Wörter überhaupt, da sie sich erst im Feld der sie semantisch umgebenden Wörter genau bestimmen lassen.“
Auf Fremdwort aber trifft zu, dass sich der Ort, den der Ausdruck in seinem Feld einnimmt, von Autor zu Autor, von Zeit zu Zeit, von Situation zu Situation so stark ändern kann, wie das nur bei wenigen linguistischen Termini der Fall ist.
Fremdwörter sind folglich immer das, was die Autoren dazu erklären und diese Erklärungen wandeln sich je nach sprachtheoretischer, gesellschaftlicher, politischer oder ästhetischer Überzeugung. Ein Überblick darüber, welche Eigenschaften das Konzept Fremdwort für unterschiedliche Autoren zu unterschiedlichen Zeiten besaß oder besitzt, wird immer lückenhaft sein und kann daher lediglich das Ziel haben, zentrale Motive und Argumentationslinien vorzustellen. Auf der Grundlage dieser Überlegungen soll in der vorgegeben Arbeit eine Auseinandersetzung mit Fremdwörter erreicht werden, die zur Beantwortung der Frage, ob und inwiefern die Teilung des deutschen Wortschatzes in Erb-, Lehn- und Fremdwortschatz heutzutage sachlich angemessen und für die sprachwissenschaftliche Beschreibung von Vorteil ist, beitragen kann.
Den Beginn der Arbeit bildet dazu die Darstellung der geschichtlichen Entwicklung des Fremdwortdiskurses in Deutschland mit Bezug auf die Entstehung der Fremdwortlexikoraphie, den deutsch-lateinischen Sprachkontakt und das Wirken von Sprachreinigungsbewegungen seit dem Barock. Im Hauptteil kommt es dann im Rahmen der Erläuterungen zum Fremdwortdiskurs der Gegenwart zur zentralen Frage, inwieweit allmählich eine Entwicklung von der Stigmatisierung zur Integration der herkömmlich als Fremdwörter bezeichneten Wörter im deutschen Wortschatz zu erkennen ist. An dieser Stelle werden, neben der kurzen Gegenüberstellung von diachroner und synchroner Sprachbeschreibung, verschiedene sprachwissenschaftliche Auffassungen in Bezug auf Begriffe wie Lehnprägungen und Hybridbildungen verglichen und im Anschluss daran auf der Grundlage der Analyse sprachpraktischer Beispiele diskutiert.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Zur Geschichte des Fremdwortdiskurses im Deutschen
- Vom fremden Wort zum Fremdwort
- Deutsch-lateinischer Sprachkontakt
- Sprachpurismus am Beispiel von Campe
- Der Fremdwortdiskurs in der Gegenwart- Von der Stigmatisierung zur Integration
- Zur Unterscheidung von Fremdwort und Lehnwort nach von Polenz
- Integration durch Lehnprägungen
- Charakteristika von Hybridbildungen im Deutschen
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Entwicklung des Fremdwortdiskurses im Deutschen, indem sie die historische Entwicklung des Begriffs „Fremdwort“ beleuchtet und den heutigen Umgang mit Fremdwörtern in der deutschen Sprache analysiert. Sie setzt sich mit der Frage auseinander, ob und inwiefern die traditionelle Einteilung des deutschen Wortschatzes in Erb-, Lehn- und Fremdwortschatz heute noch sinnvoll ist.
- Die historische Entwicklung des Fremdwortdiskurses
- Der Einfluss von Sprachreinigungsbewegungen
- Die Integration von Fremdwörtern in die deutsche Sprache
- Der Wandel von der Stigmatisierung zur Akzeptanz von Fremdwörtern
- Die sprachwissenschaftliche Analyse von Lehnprägungen und Hybridbildungen
Zusammenfassung der Kapitel
- Das Kapitel „Einleitung“ stellt den Begriff „Fremdwort“ als einen relativ und konsensgebundenen Begriff vor und erläutert, wie er in unterschiedlichen Kontexten interpretiert werden kann. Es skizziert die Forschungsfrage der Arbeit und die methodische Vorgehensweise.
- Im Kapitel „Zur Geschichte des Fremdwortdiskurses im Deutschen“ wird die Entstehung des Fremdwortbegriffs und die Entwicklung des Fremdwortdiskurses in Deutschland seit dem 16. Jahrhundert beleuchtet. Dabei werden die Rolle der Fremdwortlexikographie, der Einfluss des deutsch-lateinischen Sprachkontakts und die Bedeutung von Sprachreinigungsbewegungen betrachtet.
- Das Kapitel „Der Fremdwortdiskurs in der Gegenwart- Von der Stigmatisierung zur Integration“ untersucht den heutigen Umgang mit Fremdwörtern in der deutschen Sprache. Es analysiert den Wandel von der traditionellen Stigmatisierung von Fremdwörtern hin zu einer zunehmenden Integration dieser in den deutschen Wortschatz.
Schlüsselwörter
Fremdwortdiskurs, Fremdwortlexikographie, Sprachpurismus, Lehnwort, Integration, Hybridbildung, deutsch-lateinischer Sprachkontakt, Sprachwandel, Sprachgeschichte, Lexikologie, Sprachwissenschaft.
- Citar trabajo
- Luise Glistau (Autor), 2013, Zur Entwicklung des Fremdwortdiskurses im Deutschen, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/263074