Systemisches Case Management: Wie es in der Praxis Sozialer Arbeit Anwendung findet


Hausarbeit, 2011

18 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Definition
2.1. „Systemisch“
2.2. Case Management

3. Systemisches Case Management
3.1. Systemische Kontextklärung
3.1.1. Praktische Fragen zur Kontextklärung
3.1.2. Lebensweltlich-familiärer Kontext
3.2. Problembeschreibung und Analyse der Ressourcen
3.3. Bildung von Hypothesen
3.4. Zielfindung und Auftragsklärung
3.5. Handlungsplanung
3.6. Evaluation

4. Resümee und Schlussbemerkung

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Bedingt durch die gesellschaftliche Veränderung und den Wandel in der Lebenswelt der Menschen, steigen die Anforderungen an die Soziale Arbeit zunehmend. Immer häufiger wird eine Orientierung an der Lebenswelt der Adressaten sozialer Arbeit gefordert. Zeitgleich wird der Ruf nach einer effizienten Arbeitsweise immer stärker. Hinzu kommt, dass viele Menschen den Überblick über die zahlreichen Hilfsangebote und Akteure im sozialen Be- reich längst verloren haben. Für die Sozialarbeit gilt es daher, neben den bestehenden An- forderungen der Lebensweltorientierung und Effizienz, auch die Transparenz der eigenen Angebote für Außenstehende zu gewährleisten. Dazu gehören eine solide Netzwerkarbeit, Vermeidung von Doppelstrukturen und eine starke Einbindung der KlientInnen in den Hilfe- prozess. Doch gerade, wenn es um Einzelschicksale und Problemsituationen von Men- schen, die aufgrund ihrer Lebenslage auf fremde Hilfe angewiesen sind geht, besteht für die Soziale Arbeit die Gefahr, zu sehr in die Lebenswelt der KlientInnen einzugreifen. Der An- spruch besteht darin in einem methodischen Rahmen gezielte Leistungen zu erbringen ohne seine Adressaten zu sehr von der Hilfe abhängig zu machen. In diesem Zusammenhang taucht immer häufiger der Begriff „Case Management“ auf.

Was Case Management ist und wie es in der Praxis Sozialer Arbeit Anwendung findet, soll Gegenstand dieser Arbeit werden. Aufgrund der bereits erwähnten Anforderungen an die Soziale Arbeit, sollen innovative Handlungsmethoden entwickelt werden, die sowohl den hohen Standard der ressourcen- und klientenorientierten Sozialarbeit, als auch den Forderungen nach Effizienz und Selbstwirksamkeit entspricht.

In dieser Ausarbeitung soll deshalb speziell auf Möglichkeiten und Anregungen für die Um- setzung des systemischen Case Managements in der Praxis eingegangen werden. Der Fo- kus liegt vor allem auf der praktischen Vorgehensweise in der Sozialarbeit. Ein Bezug zum klinischen Case Management wird daher nicht stattfinden.Im Folgenden werden vorerst die Begrifflichkeiten erörtert und definiert, anschließend wird ein Modell vorgestellt, das eine pra- xistaugliche Vorgehensweise im systemischen Kontext des Case Managements bieten soll.

2. Definition

Um dieses Thema inhaltlich zu bearbeiten, ist es notwendig die Begrifflichkeiten zu definieren. Im Folgenden wird die Bezeichnung „Systemisches Case Management“ differenziert betrachtet. Dazu wird zuerst die Bezeichnung „systemisch“ definiert, anschließend folgt die Definition des Begriffs „Case Management“.

2.1. „Systemisch“

Da das Adjektiv „systemisch“ in diesem Kontext systemtheoretische Überlegungen meint und auch von der Systemtheorie abgeleitet wird, soll im Folgenden der Begriff „Systemtheorie“ kurz beschrieben werden, um den systemischen Bezug besser zu verdeutlichen. Die Sys- temtheorie ist eine Theorieentwicklung der vergangenen hundertfünfzig Jahre. „Ihr Gegen- stand sind künstliche, organische, psychische und soziale Systeme, die zu komplex sind, um mit Hilfe von Kausalitätsvorstellungen begriffen und erklärt werden zu können.“1

Wie der Begriff „System“ (griech. „Zusammengestelltes“) bereits andeutet, beschäftigen sich die Systemtheorien mit zusammengesetzten Einheiten, „d.h. im Einzelnen: (1) den Elemen- ten, aus denen sie zusammengesetzt sind, (2) deren internen Wechselbeziehungen und Strukturen sowie (3) den Umwelten, gegen die sie sich als Einheiten (Systeme) abgrenzen (lassen), und (4) den Wechselbeziehungen und Strukturen von Systemen und ihren Umwel- ten.“2 Diese Variante der Systemtheorie wird „systemisch-konstruktivistisch“ genannt, da sie den Beobachter in ihr Konzept einbezieht. Alle Fragen nach der Wechselbeziehung der Ele- mente eines Systems richten sich auf die Beziehung zwischen Beobachter und beobachte- tem System bzw. auf den Prozess des Beobachtens.3 Im Weiteren werden triviale (z.B. Ma- schinen) und nichttriviale Systeme (z.B. Leben, Bewusstsein, Kommunikation) unterschie- den.4 Wenn von psychischen Systemen gesprochen wird, geht es um die Gedanken und Gefühle sowie deren Konsequenzen auf der Handlungsebene. Ein psychisches System „ent- steht dann, wenn ein Individuum einen bewussten Selbstbezug entwickelt.“5

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. Psychisches System6

Wird hingegen von sozialen Systemen gesprochen, wird eine Einheit gemeint, die sich von ihrer Umwelt abgrenzt.7 Hier ist die Kommunikation von Gedanken und Gefühle sowie deren Konsequenzen in der Interaktion gemeint (z.B. eine Schule, ein Unternehmen, eine Familie, ein Verein, etc.). Es geht um die „Erkenntnis, dass der Mensch nicht isoliert, sondern immer im Austausch- und Wechselbeziehung mit seiner Umwelt existiert.“8 Dieses Beziehungsver- hältnis von Mensch zu Umwelt kann ganz allgemein als System bezeichnet werden.

Im Bezug auf die Soziale Arbeit bedeutet das, dass die Bearbeitung eines sozialen Problems und der Umgang eines Einzelnen mit seinen Ressourcen und sozialen Bindungen nicht isoliert betrachtet werden darf. Sie müssen immer in ihrer vielfältigen Abhängigkeitsverhältnissen und Wechselwirkungen betrachtet werden. Die Vorstellung von System als eine PersonUmwelt-Beziehung macht systemisches Denken in der Sozialen Arbeit aus.9

2.2. Case Management

In der Literatur wird der Beginn des US-amerikanischen Case Managements auf das Jahr 1863 datiert. In den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde das Case-Management, be- sonders durch die Konzepte, die von Mary Richmond entwickelt wurden, fester Bestandteil des Methodenrepertoires der Sozialarbeit in den Vereinigten Staaten.10 In den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts entstand das „neue Case Management“, das sich als Weiterentwick- lung der Sozialen Einzelfallhilfe verstehen lässt.11 Dabei bewegt sich der Managementpro- zess weg von einer therapeutisch geprägten Beziehungsgestaltung hin zu einer „organisie- renden, planenden, koordinierenden und kontrollierenden Abstimmung von Angebot und Nachfrage, zur Unterstützung von Klienten.“12 Heute wird Case Management als Teil der Sozialarbeit gesehen und „ hat die Kernfunktion, den Klienten-Systemen (einzelnen Men- schen, Familien und ihren Angeh ö rigen, Kleingruppen, Nachbarn, Freunden, usw.) in koordi- nierter Weise Dienstleistungen zug ä nglich zu machen, die von Ihnen zur L ö sung von Prob- lemen und zur Verringerung von Spannungen und Stress ben ö tigt werden. “ 13 Darüber hin- aus beinhaltet Case Management „zeitlich begrenzte unterstützende Hilfeplanung“14, die in der Regel bei einer komplexen Problematik mit einer Mehrzahl von Beteiligten und in ver- netzten Bezügen stattfindet.15 Dieser Aspekt ist entscheidend, denn gerade komplexe Notla-gen können nur selten durch die Angebote einer einzigen Dienststelle gemildert werden, deshalb erfordert die Hilfeplanung „den Einsatz mehrerer unterschiedlicher Dienste und Hilfsangebote, und zwar sowohl professioneller als auch ehrenamtlicher. Somit organisiert Case Management die Koordination von Sach- und Dienstleistungen.“16

Case Management beschränkt sich damit nicht nur auf die fürsorgliche Beziehung eines Professionellen zu einem Hilfebedürftigen, sondern beinhaltet noch die Steuerung von Prozessen. Laut WENDT wird im Case Management ein zielgerichtetes System der Zusammenarbeit organisier, und zwar auf der personalen Handlungsebene als methodisches Konzept und auf der administrativen Ebene als Organisations- und Steuerungskonzept. WENDT spricht hier auch von „Systemsteuerung“. Der erfolgreiche Einsatz des Case Managements hängt von den strukturellen Voraussetzungen ab und von der Schaffung eines Netzwerkes in dem die Zusammenarbeit erfolgen kann.17 Wie der Systemische Ansatz und das Case Management zusammengeführt werden können und welche praktischen Handlungsschritte sich daraus ergeben, soll der nächste Punkt verdeutlichen.

3. Systemisches Case Management

In der Praxis ist es besonders hilfreich Theorien in möglichst praktischen und umsetzbaren Handlungsschritte darzustellen. Heiko KLEVE und Britta HAYE haben das ihrem SechsPhasen-Modell für die Falleinschätzung und Hilfeplanung versucht. Ihr Modell unterscheidet sich von dem klassischen methodischen Dreischritt, der in Anamnese, Diagnose und Behandlung unterteilt ist, indem die ersten drei Schritte der Falleinschätzung zuzuordnen sind und die letzten drei Schritte der Hilfeplanung (s. Abbildung).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. Die sechs Schritte des systemischen Case Management18

[...]


1 BAECKER 2005, S. 1870.

2 SIMON 2010, S. 9.

3 Vgl. SIMON 2010, S. 9.

4 Vgl. LAMBERS 2010, S. 190.

5 BARTHELMEß 1999: S. 46.

6 Vgl. BARTHELMEß 1999: S. 47.

7 BARTHELMEß 1999: S. 45.

8 LAMBERS 2010, S. 15.

9 Vgl. LAMBERS 2010, S. 15f.

10 Vgl. EWERS 2005, S. 41.

11 Vgl. GALUSKE 2007, S. 184.

12 KLEVE u. a. 2008, S. 59.

13 GALUSKE 2007, S. 197.

14 MEINHOLD 2010, S. 641.

15 Vgl. WENDT 2010, S. 15.; MEINHOLD 2010, S. 641.

16 MEINHOLD 2010, S. 641.

17 Vgl. WENDT 2010, S. 15 f.

18 Vgl. KLEVE u. a. 2008, S. 104.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Systemisches Case Management: Wie es in der Praxis Sozialer Arbeit Anwendung findet
Note
1,3
Autor
Jahr
2011
Seiten
18
Katalognummer
V263267
ISBN (eBook)
9783656522911
ISBN (Buch)
9783656536406
Dateigröße
416 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Casemanagement, Case-Management, Soziale Arbeit, Sozialpädagogik, Systemisch, Systemischer Ansatz, Methoden der Sozialen Arbeit, Methoden der Sozialpädagogik, Einzelfallarbeit, Klientenorientierung
Arbeit zitieren
Karl-Heinz Konnerth (Autor:in), 2011, Systemisches Case Management: Wie es in der Praxis Sozialer Arbeit Anwendung findet, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/263267

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