Bei der Beobachtung des heute täglich laufenden Fernsehprogrammes fällt auf, dass bei den privaten Sendern ein Genre besonders häufig ausgestrahlt wird. Es handelt sich hierbei um die Doku-Soap, welche zusammen mit weiteren Genres, die unter das „Muttergenre“ Reality-TV fallen, mittlerweile fast die Hälfte des Tagesprogrammes einnimmt. Nach dem letzten Programmbericht der Medienanstalten waren hierbei die Sender VOX und RTL mit 40 und 38 Prozent Spitzenreiter, was die Ausstrahlung von Realitätsfernsehen anbelangte. Hieraus ergaben sich umgerechnet neun Stunden im täglichen Programm.
Auch in den Medien werden Reality-TV und seine Subgenres immer wieder thematisiert. Die dort auch als „Unterschichtenfernsehen“ , „Trash TV“ , „Lügenfernsehen“ , „Ekelfernsehen “ oder „Voyeurismus-Fernsehen“ betitelten Genres fallen stets durch Grenzüberschreitungen der gesellschaftlichen Normen und Werte auf. Derartige Grenzüberschreitungen lassen sich inhaltlich beispielsweise bei der Thematisierung privater und intimer Inhalte, aber auch formal, durch die Vermischung von Realität und Fiktion finden. Besonders die Doku-Soap, als das Genre in dem hauptsächlich das Alltagsleben normaler Leute abgebildet werden soll, zeigt hier Inhalte, die normalerweise nicht öffentlich und für jeden zugänglich sind und weist somit ein großes Skandalpotential auf.
In dieser Arbeit beschäftige ich mich mit dem Phänomen Doku-Soap und der Frage danach, warum sie in den letzten Jahren solch eine Erfolgsgeschichte schreiben konnte, sodass sie heute mit Abstand das erfolgreichste Genre des Reality-TV darstellt. Welche Motive haben die Rezipienten bei derartigen Sendungen einzuschalten? Welche Rolle spielt die hier oftmals verwendete scripted reality, d.h. die von Laiendarstellern nachgespielte und vorgebliche Realität, die heute stark umstritten ist? Ermöglicht gerade der dort skandalisierte Alltag den Erfolg der Formate?
Zu Beginn dieser Arbeit werde ich einen kurzen Überblick über die Entwicklung des Reality-TV, seiner Genres und Subgenres sowie über seine unterschiedlichen Definitionen geben. Insbesondere das Genre Doku-Soap, das Gegenstand dieser Untersuchung ist, wird darauffolgend in seiner Entwicklung und in seinen geltenden Definitionen vorgestellt.
Der Wortteil „Doku“ suggeriert, dass es sich bei dem Inhalt von Doku-Soaps ähnlich wie im Dokumentarfilm um möglichst objektiv dargestellte Realität handelt. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Gattung Reality-TV
- Die Entwicklung einer neuen Gattung
- Erste Definitionsversuche
- Reality-TV als Genrefamilie
- Die Doku-Soap
- Inhalt und Entwicklung
- Definition des Hybridgenres „Doku-Soap“
- Doku-Soaps im heutigen Fernsehprogramm
- Scripted Reality
- Stilmittel der Doku-Soaps
- Personalisierung und Emotionalisierung
- Stereotypisierung
- Intimisierung
- Skandalisierter Alltag im TV
- Die Zuschauer vom Reality-TV
- Motive einer Rezeption
- Grundlagen der Rezeptionstheorien
- Die Stimulus-Response-Theorie
- Die Uses-and-Gratifications-Theorie
- Intrinsische und Extrinsische Motivation
- Der erlebnistheoretische Ansatz
- Rezeptionsmotiv: Aktivierung durch Emotionen und Spannung
- Rezeptionsmotiv: Angstlust
- Rezeptionsmotiv: Parasoziale Interaktion und Beziehungen
- Rezeptionsmotiv: Sozialer Vergleich
- Rezeptionsmotiv: Voyeurismus
- Grundlagen der Rezeptionstheorien
- Das „Lügenfernsehen“ als Sozialisationsinstanz
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert das Phänomen Doku-Soap und untersucht die Ursachen für seinen Erfolg. Im Vordergrund steht die Frage nach den Rezeptionsmotiven der Zuschauer. Außerdem wird die Rolle von Scripted Reality in der Doku-Soap betrachtet, wobei der Einfluss von Skandalisierung auf den Erfolg dieser Formate untersucht wird.
- Entwicklung und Definition der Gattung Reality-TV
- Scripted Reality und die Konstruktion von Scheinrealität
- Stilmittel und Rezeptionsmotive der Doku-Soap
- Soziale Herkunft und Mediennutzung im Kontext von Reality-TV
- Diskussion über die Rezeption von Doku-Soaps als Sozialisationsinstanz
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Arbeit führt in das Thema Doku-Soap ein und stellt den aktuellen Erfolg des Genres im deutschen Fernsehprogramm dar. Außerdem werden die wichtigsten Forschungsfragen und die Struktur der Arbeit erläutert.
- Die Gattung Reality-TV: Dieses Kapitel befasst sich mit der Entstehung und Entwicklung von Reality-TV sowie mit verschiedenen Definitionsansätzen. Die verschiedenen Subgenres des Reality-TV werden vorgestellt.
- Die Doku-Soap: Die Doku-Soap als Hybridgenre wird in diesem Kapitel näher betrachtet. Hier geht es um den Inhalt, die Entwicklung und die Definition des Genres sowie um die Verwendung von Scripted Reality.
- Stilmittel der Doku-Soaps: Typische Stilmittel der Doku-Soap, die auf mögliche Rezeptionsmotive der Zuschauer hindeuten, werden analysiert.
- Die Zuschauer vom Reality-TV: Dieses Kapitel betrachtet die Rezeption von Reality-TV aus soziologischer Sicht. Hier geht es um die Frage nach der sozialen Zusammensetzung der Zielgruppe und dem Einfluss der sozialen Herkunft auf das Rezeptionsverhalten.
- Motive einer Rezeption: Verschiedene Rezeptionstheorien werden vorgestellt und die Frage nach den Motiven der Zuschauer beim Konsum von Doku-Soaps und Scripted Reality beleuchtet.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Themen Reality-TV, Doku-Soap, Scripted Reality, Rezeptionsmotive, Sozialisation und Mediennutzung. Weitere relevante Begriffe sind: Grenzüberschreitung, Skandalisierung, Voyeurismus, Parasoziale Interaktion, Sozialer Vergleich und Angstlust.
- Arbeit zitieren
- Tina Brüskmann (Autor:in), 2013, Skandalisierter Alltag im TV, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/263801