Die Entwicklung der Weiterbildungsstrukturen in der BRD seit 1945


Hausarbeit, 2002

30 Seiten, Note: Zwei


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

1. Einleitung

2. Zur Bedeutung der Begriffe Erwachsenenbildung und Weiterbildung

3. Die Entwicklung der Weiterbildungsstrukturen seit 1945
3.1 Neubeginn und Aufbau (1945 bis 1959)
3.2 Die „Realistische Wende“ (1960)
3.3 Die Etablierung der Weiterbildung durch Gesetzesverankerung in den siebziger Jahren
3.4 Die „Qualifizierungsoffensive“ der achtziger Jahre
3.5 Die Expansion des Weiterbildungsbereiches in den neunziger Jahren
3.6 Fazit

4. Exkurs: Die Forschung in der Erwachsenenbildung/Weiterbildung
4.1 Erwachsenenpädagogische Forschung
4.2 Fazit

5. Schlussbetrachtung

6. Literaturangaben

1. Einleitung

Angesichts der aktuellen arbeitsmarktpolitischen Diskussionen aufgrund der unverändert hohen Arbeitslosigkeit, den Forderungen nach persönlicher und beruflicher Flexibilität der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, steht nach wie vor die Frage nach der individuellen und fachlichen Qualifikation des Individuums im Mittelpunkt der Thematik.

An Weiterbildung allgemein und Erwachsenenbildung im spezifischen werden derzeit Anforderungen gestellt, die einerseits aktuelle, akute Qualifizierungsdefizite ausgleichen sollen, andererseits den Auswirkungen von Langzeitarbeitslosigkeit begegnen.

Eine Vielfalt von Weiterbildungsträgern und Beschäftigungsträger mit vielseitigen Angeboten und Maßnahmen eroberten den Bildungsmarkt, neben den traditionellen Einrichtungen wie beispielsweise der Volkshochschule, um sich dem Bedarf eines schnelllebigen Arbeitsmarktes anzupassen, mit oder ohne staatliche Förderung.

In Anbetracht dieser Tatsachen stellt sich die Frage nach der Entwicklung der Weiterbildungsstrukturen seit 1945 bis heute.

Das Ziel dieser Hausarbeit ist demzufolge, die Entwicklung der Weiterbildung im Allgemeinen und der Entwicklung der Erwachsenenbildung im Besonderen zu untersuchen und einen Ausblick darüber zu geben, welche Ansätze für den strukturellen und inhaltlichen Ausbau und einer Qualitätssicherung der Erwachsenenbildung zu berücksichtigen sind.

Dabei ist zunächst eine Einordnung der Begrifflichkeiten in ihren theoretischen Zusammenhang von Bedeutung. Diese bildet die Definition des – dieser Hausarbeit zugrunde liegenden – Weiterbildungsbegriffes in Kapitel 2.

Es ist zu vermuten, dass Weiterbildung von geschichtlichen Zusammenhängen unmittelbar geprägt wird. In Kapitel 3 findet demzufolge eine genaue Betrachtung der Weiterbildungsstrukturen im historischen Kontext von 1945 bis heute statt.

Ein weiterer wesentlicher Bestandteil in der Entwicklung der Weiterbildungsstrukturen ist die erwachsenenpädagogische Forschung. Wechselseitige Einflussnahme wird vermutet. Ob und in welcher Form diese Wechselwirkung besteht, ist die Fragestellung in Kapitel 4, wobei dies im Rahmen dieser Hausarbeit nur als Exkurs erfolgen kann.

Es bleibt zu klären, welche gesellschaftlichen und politischen Zusammenhänge die Weiterbildungsstrukturen maßgeblich geprägt haben und in welcher Form sich Erwachsenenbildung konstruktiv den heutigen gesellschaftlichen Anforderungen und Notwendigkeiten stellen kann.

2. Zur Bedeutung der Begriffe Erwachsenenbildung und Weiterbildung

Zunächst ist es von Bedeutung eine Annäherung an die Begriffe `Erwachsenenbildung` beziehungsweise `Weiterbildung` vorzunehmen.

Wiederholt hat es erwachsene Menschen gegeben, die sich weitergebildet haben. Bezogen auf die Allgemeinheit der Lernenden jedoch, findet sich der Ursprung der Erwachsenenbildung in der „Epoche der Aufklärung“ (TIETGENS 1979, S. 5) und in der Forderung Kants, nach der Befreiung des Menschen aus seiner „selbstverschuldeten Unmündigkeit“ (ebd.).

Sich diesen Inhalten zu nähern ist Ziel der vorliegenden Arbeit, wobei eine detaillierte Schilderung der historischen Entwicklung der Erwachsenenbildung im Rahmen dieser Hausarbeit nicht möglich ist.

Um 1920 gewann der Begriff `Erwachsenenbildung´ durch die Übersetzung des englischen `adult education´ in der bildungspolitischen Diskussion an Bedeutung. Damit rückte der Erwachsene mit seiner individuellen Lebenssituation und -welt erstmals in den Vordergrund (vgl. Lenz 1979, S. 43). Erwachsenenbildung sollte primär „(organisierte) Bildungsarbeit mit und für [den, Anm. d. Verf.] Erwachsene(n)“ (SEITTER 2000, S. 135) sein und ihn, im Sinne von Zensur und Beurteilung, vom „Schülerdasein“ (ebd.) abgrenzen. “Ausgangspunkt der didaktischen Bestrebungen“ (ebd.) ist die eigene Lebenswelt, auch in biographischer Hinsicht. „Der Erwachsene sollte nicht mehr erzogen, sondern in seiner Bestimmtheit anerkannt und bestärkt werden.“ (Ebd.).

Bezogen auf die historischen Gegebenheiten etablierte sich der Begriff `Erwachsenenbildung´ erst nach 1945 endgültig und „löste den ideologisch befrachteten Begriff `Volksbildung´ ab“ (LENZ 1979, S. 43).

In den sechziger und siebziger Jahren fand die Vorstellung von der Notwendigkeit „lebenslangen Lernens“ (SEITTER 2000, S. 137) Eingang in die deutsche Bildungspolitik, da ein gesamtgesellschaftliches Interesse an der Weiterbildung wirksam wurde (siehe Kapitel 3).

Diese neue Begriffsdefinition erhielt ihre Festschreibung im Kontext der Bildungsreform, formuliert im „Strukturplan für das Bildungswesen“ (ebd.) durch den deutschen Bildungsrat, mit dem Ziel, Weiterbildung als quartären, gleichberechtigten Bildungsbereich in das Bildungswesen zu integrieren (vgl. ebd.).

Zu diesem Zeitpunkt etablierte sich Weiterbildung als Oberbegriff gegenüber der Erwachsenenbildung, obwohl dabei die synonyme Verwendung der Begriffe Erwachsenenbildung und Weiterbildung auffällig ist. (Vgl. SIEBERT in: Roth 2001, S. 704).

Der Begriff Weiterbildung wurde häufig in der Bildungspolitik verwendet, während die Pädagogik den Begriff der Erwachsenenbildung bevorzugte. Die Erwachsenenbildung war vorwiegend auf den unmittelbaren Empfänger, den lernenden Erwachsenen ausgerichtet, Weiterbildung hingegen „beinhaltet den Prozess des lebenslangen allgemeinen, politischen und beruflichen Lernens“ (ebd.). Daraus resultierte, dass Weiterbildung nicht ausschließlich „auf berufliche Qualifizierung“ (ebd.) beschränkt war (vgl. ebd.).

So soll im Rahmen der vorliegenden Hausarbeit nachstehende Definition der heutigen Erwachsenenbildung zugrunde gelegt werden:

„Erwachsenenbildung ist die Fortsetzung oder Wiederaufnahme des organisierten Lernens nach einer schulischen und beruflichen Erstausbildung, wobei diese Erwachsenenbildung meist während oder nach einer Berufstätigkeit stattfindet.“ (Ebd.).

3. Die Entwicklung der Weiterbildungsstrukturen seit 1945

Nach der Beendigung des 2. Weltkrieges im Jahre 1945 und dem damit verbundenen Ende der nationalsozialistischen Herrschaftsstrukturen, wurde die deutsche Bevölkerung auf sich selbst zurück geworfen. So mussten elementare Existenzgrundlagen geschaffen werden, die das tägliche Überleben garantierten. Ebenso notwendig war eine Neuorientierung bezüglich der „politische[n, Anm. d. Verf.] und kulturelle[n, Anm. d. Verf.] Identität“ (SIEBERT in: Tippelt 1999, S. 54). Infolgedessen setzte die Zeit nach 1945 ein zwangsläufiges Lernen voraus. (Vgl. ebd.).

In Deutschland gab es nur noch wenige Bildungseinrichtungen, die funktionsfähig waren und die durch die äußeren Lebensbedingungen, zum Beispiel das Beschaffen von Papier oder die Besorgung von Heizungsbrennstoff, Schwierigkeiten hatten ihren Betrieb aufrechtzuerhalten. So gestaltete sich die Ausrichtung der Kurse als äußerst schwierig. (Vgl. TIETGENS 1979, S. 19).

Eine genauere Betrachtung dieser Inhalte sollen die nachstehenden Kapitel zum Inhalt haben.

3.1 Neubeginn und Aufbau (1945 bis 1959)

Die inhaltliche Ausrichtung der Weiterbildung nach 1945 orientierte sich zu Beginn an den Zielsetzungen der Weimarer Zeit. Diese Bemühungen, sich an der „Volkshochschule der zwanziger Jahre“ (LENZ 1979, S. 27) auszurichten, waren nicht von Erfolg gekrönt. Es zeigte sich jedoch „im Sinne der Tradition der Weimarer Zeit“ (ebd.), dass Initiativen sowohl sozialpädagogisch als auch sozialpolitisch konkreten Beistand in dieser Nachkriegszeit leisteten. (Vgl. ebd.).

Maßgeblichen Anteil am Wiederaufbau der Erwachsenenbildung nahmen die Besatzungsmächte durch gezielte bildungsorientierte Aktivitäten. Ein Arbeitskreis, bereits 1943 von den Briten gegründet, beschäftigte sich mit dem „Aufbau eines demokratischen Bildungssystems nach Kriegsende“ (SIEBERT in: Tippelt 1999, S. 55).

Es wurden zwei Entwürfe erörtert:

„a) eine Reeducation, d.h. eine politische Umerziehung der Deutschen, und
b) das Konzept einer „educational Reconstruction“, d.h. die Unterstützung eines
neuen demokratischen Bildungssystems, das aber möglichst bald in die
Verantwortung der Deutschen übergehen sollte (Castendyk et al. 1986,
S. 16).“ (Ebd.).

Inhaltlicher Schwerpunkt der Diskussionen war der Aufbau von Volkshochschulen in Deutschland, da sie grundsätzlich die bekanntesten und geläufigsten Einrichtungen darstellten. Zudem galten sie in ihrer Tradition als „politisch unverdächtig“ (ebd.) und es konnte auf bewährtes Personal zurückgegriffen werden.

1945 fanden durch das Engagement der Besatzungsmächte in allen vier Zonen Berlins Volkshochschulgründungen statt.

Bereits 1946 zeigte sich jedoch, dass die Volkshochschulen der Sowjetischen Besatzungszone einen anderen Weg einschlugen als die Westzonen. Diese Volkshochschulen unterstanden der staatlichen Kontrolle, und das Prinzip der „Freiwilligkeit“ (ebd.) wurde zum Teil aufgehoben. Erwachsenenbildung erfuhr zunehmend eine Politisierung und Instrumentalisierung bezogen auf die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung der östlichen Besatzungszone (vgl. ebd.).

In den Westzonen dagegen hegten die Besatzungsmächte die Hoffnung, demokratische Umerziehungsprozesse durch Volkshochschulen zu initiieren.

Die Entwicklung dieser Umerziehungsprozesse zwischen 1945 und 1949 verlief jedoch nicht zur Zufriedenheit der westlichen Besatzungsmächte. Das Misstrauen gegen politische Belehrung war durch die Geschichte der vergangenen Jahre zu ausgeprägt (vgl. ebd., S. 56), zudem versuchten viele Volkshochschulleiter an dem „bildungsidealistischen Aufgabenverständnis der Weimarer Volksbildung“ (SIEBERT in: Roth 2001, S. 705) anzuknüpfen.

Von bildungspolitischer Bedeutung war die - 1948 in Niedersachsen - beschlossene Kooperation zwischen Gewerkschaften und Volkshochschulen, welche das Bildungsprojekt „Arbeit und Leben“ (ebd., S. 706) entwickelte (vgl. ebd.).

[...]

Ende der Leseprobe aus 30 Seiten

Details

Titel
Die Entwicklung der Weiterbildungsstrukturen in der BRD seit 1945
Hochschule
Philipps-Universität Marburg  (Institut für Erziehungswissenschaft)
Veranstaltung
Erwachsenenbildung als Wissenschaft
Note
Zwei
Autor
Jahr
2002
Seiten
30
Katalognummer
V26408
ISBN (eBook)
9783638287524
ISBN (Buch)
9783638676212
Dateigröße
488 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Angesichts der aktuellen arbeitsmarktpolitischen Diskussionen aufgrund der unverändert hohen Arbeitslosigkeit, den Forderungen nach persönlicher und beruflicher Flexibilität der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, steht nach wie vor die Frage nach der individuellen und fachlichen Qualifikation des Individuums im Mittelpunkt der Thematik.
Schlagworte
Entwicklung, Weiterbildungsstrukturen, Erwachsenenbildung, Wissenschaft
Arbeit zitieren
Wolfram Pauls (Autor:in), 2002, Die Entwicklung der Weiterbildungsstrukturen in der BRD seit 1945, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/26408

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