Kardinalnepoten in der Innen- und Außenpolitik des Kirchenstaates


Hausarbeit (Hauptseminar), 2012

22 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Der römische Kardinalnepot

3. Einflussnahme der Kardinalnepoten anhand dreier Exempel
3.1. Scipione Borghese
3.2. Ludovico Ludovisi
3.3. Francesco Barberini

4. Fazit

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Thematik des Nepotismus beziehungsweise des Kardinalnepoten bietet eine Vielzahl an kontroversen Ansatzpunkten. Einer dieser umstrittenen Punkte ist die Frage, welche Funktion der Kardinalnepot in seinem Amt bekleiden sollte und wie die wirkliche Umsetzung aussah.

Dieser Fragestellung soll in der Arbeit nachgegangen werden. Dabei kann auf eine umfangreiche Forschungsliteratur zurückgegriffen werden

In einem ersten Punkt sollen der Begriff des Nepotismus, seine Entwicklung zu einer festgelegten Institution und die Gründe für diesen Prozess näher betrachtet werden.

Um dies zu veranschaulichen, schließen sich drei Beispiele für das Amt des Kardinalnepoten an. Anhand dieser Beispiele soll vor allem der Frage nach der Funktion des Kardinalnepoten und der tatsächliche Umsetzung nachgegangen werden.

Die Ergebnisse der Arbeit werden abschließend im Fazit zusammengefasst.

2. Der römische Kardinalnepot

Der Begriff des Nepotismus ließe sich dadurch definieren, dass eine Person die eigene Stellung innerhalb der Kirche nutz, um einflussreiche kirchliche und kirchenstaatspolitische Stellen bevorzugt mit Verwandten zu besetzen.[1]

Während die Phase eines institutionalisierten Nepotismus genau festgelegt werden kann und für den Zeitraum von 1538 bis 1692 zu verorten ist, ist Frage, ab wann Verwandte im Umfeld des Papstes als Helfer und Nutznießer seiner Herrschaft auftauchen, nicht so klar zu beantworten.[2]

Wolfgang Reinhard versucht dieser Frage nach dem päpstlichen Nepotismus zu klären, indem er eine sozialwissenschaftliche Fragestellung nach der Struktur und Funktion anwendet. Dabei wird gefragt, welche gesellschaftlichen Strukturen den Nepotismus bedingen, welche Funktion der Nepotismus für das Papsttum erfüllt und welche Funktion der Nepotismus in der römischen Gesellschaft besitzt.[3] Dabei spielt die Frage nach einem Funktionswandel des Nepotismus eine entscheidende Rolle. Gerade im Blick auf die Fragestellung dieser Arbeit ist das Ergebnis der Untersuchungen Reinhards wichtig. Dabei ist Wolfgang Reinhard sich der Tatsache bewusst, dass für ein so umfangreiches Feld, wie die Geschichte des päpstlichen Nepotismus, nicht ohne weiteres ein allgemeines Ergebnis zu erzielen ist. Er weist darauf hin, dass er auf die Ergebnisse, die er anhand einer Fallstudie zum Nepotismus unter Paul V. gewonnen hat, aufbaut, um diese auszuweiten und für eine Erklärung des Gesamtphänomens Nepotismus heranzuziehen.[4]

Um den päpstlichen Nepotismus besser verstehen zu können, ist es von Nutzen, die historische Entwicklung der Bevorzugung von Verwandten innerhalb der Kirche zu betrachten. In der frühen Kirche finden sich bereits Verbindungen zwischen dem Bekleiden eines Kirchenamtes und der Einbindung beziehungsweise Bevorzugung der eigenen Familie in die Kirchenstruktur. Ein Beispiel dafür findet sich in der Erblichkeit von Bischofssitzen in der frühen Kirche. So wird vermutet, dass die Führung der kappadokischen Kirche am Ende des 4. Jahrhunderts in der Hand einiger weniger Familien lag. Dies zeigt bereits in den Ansätzen der frühen Kirche und der kirchlichen Struktur eine Form des Nepotismus.[5]

Die gesellschaftlichen Normen und Werte begünstigten die Entfaltung des Nepotismus ebenfalls. Der Begriff der „pietas“ ist in diesem Zusammenhang von zentraler Bedeutung. Diese in der Antike verbreitete Vorstellung von einer Verpflichtung gegenüber Freunden und Verwandten, ließ den Inhabern von Kirchenämtern kaum eine andere Wahl. Doch auch rein praktische Gründe können den Nepotismus für die Gesellschaft akzeptabel gemacht haben. Damit Personen sich nicht ihrer erblichen Pflichten entzogen, indem sie in den geistlichen Stand wechselten, der in der Spätantike an Bedeutung gewann, da die christlichen Kirchen rechtlich anerkannt wurden, wurde die Erblichkeit geistlicher Ämter erleichtert.[6]

Gleichzeitig wurde versucht einer übermäßigen Entfremdung von Kirchengut entgegenzuwirken. Zu diesem Zweck wurden gesetzliche Vorkehrungen getroffen, die darauf abzielten, den Amtsinhabern eine Versorgung ihrer Familie und Freunde zu ermöglichen, gleichzeitig aber kein Kirchengut an diese zu verteilen. Unter anderem wurden diese Gesetze auf dem 10. Konzil von Toledo und dem 2. Konzil von Nicaea beschlossen und in das kanonische Recht aufgenommen. Auch das Ideal eines Zölibatären Lebens, welches zu Beginn nicht verbindlich war, wurde gesetzlich festgeschrieben, um dem Verlust von Kirchengut vorzubeugen.[7]

Der Erfolg dieser Beschlüsse ist aber als eher gering einzuschätzen. Dies liegt zum einen daran, dass in der Entwicklung von der spätantiken zur mittelalterlichen Gesellschaft die aristokratische Familienherrschaft an Bedeutung gewann. Zum anderen ist durch den Wandel des politischen und wirtschaftlichen Systems zum Lehenswesen des Mittelalters, dem Nepoten keine andere Möglichkeit geblieben, seiner Versorgungspflicht nachzukommen.[8]

Auch im Blick auf die Nepoten im Umfeld der Päpste ist zu bedenken, dass der Rückgriff auf die eigene Familie ein wichtiges Herrschaftsinstrument darstellt, da die institutionellen Strukturen innerhalb der Kirche im Früh- und Hochmittelalter nicht derart gefestigt waren, dass der Papst sich auf diese ohne weiteres verlassen konnte. Die Loyalität der eigenen Familie in diese Struktur einzubringen war ein grundlegendes Machtinstrument, auf welches zu diesem Zeitpunkt nicht verzichtet werden konnte.[9]

In der Entwicklung der Herrschafts- und Versorgungsfunktion stellt Wolfgang Reinhard fest, dass die Herrschaftsfunktion der Nepoten in der Zeit des Schismas und der Wiedereroberung des Kirchenstaates an Bedeutung gewonnen hat, dass diese aber im 16. Jahrhundert an Bedeutung verliert. Posten und Ämter, die eine Herrschaftsfunktion implizierten, besitzen zu dieser Zeit eine reine Versorgungsfunktion. Dies zeigt sich unter anderem an dem Beispiel, dass der Kardinalnepot als Befehlshaber der Engelsburg die Kontrolle über die Stadt Rom innehatte und für die Sicherheit des Papstes zuständig war. Auch wenn die Kardinalnepoten diese Stellung noch im 16. Jahrhundert besaßen, so wurden sie durch einen ständigen Stellvertreter von den Amtsgeschäften befreit.[10] Dennoch blieben den Kardinalnepoten der Titel und die damit verbundenen Pfründe erhalten, durch die sie ihre Versorgungsfunktion weiter erfüllen konnten.

Die unter dem Pontifikat Alexander VI. kurzzeitig wieder erlangte Herrschaftsfunktion des Kardinalnepoten, die Cesare Borgia auszufüllen verstand, endete bereits wieder mit dem Beginn des darauffolgenden Pontifikats Julius II. Eine Sicherung der Herrschaft des Papstes durch den Kardinalnepoten war in dieser Form nicht mehr gegeben. Nach der Sicherung der Herrschaft über den Kirchenstaat und der damit verbundenen Festigung der Stellung des Papstes, bedeutete der Versuch der Kardinalnepoten, Lehensfürstentümer aus dem Gebiet des Kirchenstaates zu schaffen, nur noch eine Bedrohung der geschaffenen Stellung.[11]

[...]


[1] Vgl. Schneider, Bernd Christian, Art. Nepotismus, in: Religion in Geschichte und Gegenwart. Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft, 4. Auflage, Band 6, 2003, S. 195.

[2] Vgl. Reinhard, Wolfgang: Nepotismus. Der Funktionswandel einer papstgeschichtlichen Konstanten, in: Zeitschrift für Kirchengeschichte 85, 1974, S. 145.

[3] Vgl. ebd., S. 146.

[4] Vgl. ebd., S. 147.

[5] Vgl. ebd., S. 147.

[6] Vgl. ebd., S. 148-149.

[7] Vgl. ebd., S. 149.

[8] Vgl. ebd., S. 150.

[9] Vgl. ebd., S. 153.

[10] Vgl. ebd., S.158-159.

[11] Vgl. ebd., S. 164-165.

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Kardinalnepoten in der Innen- und Außenpolitik des Kirchenstaates
Hochschule
Universität zu Köln  (Historisches Institut)
Veranstaltung
Vertrauenspersonen frühneuzeitlicher Herrscher
Note
2,0
Autor
Jahr
2012
Seiten
22
Katalognummer
V264107
ISBN (eBook)
9783656532750
ISBN (Buch)
9783656536581
Dateigröße
529 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
kardinalnepoten, innen-, außenpolitik, kirchenstaates
Arbeit zitieren
André Stepanek (Autor:in), 2012, Kardinalnepoten in der Innen- und Außenpolitik des Kirchenstaates, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/264107

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