Die vorliegende Arbeit beschreibt ein Kompetenz- und Ausbildungsmodell mit dem Namen Quali-Vation. Es soll kleine und mittlere Betriebe (KMU) durch die Kombination von Funktionen zu mehr Innovationsaktivität verhelfen. Das Modell erweitert die in diesen Betrieben häufig bestehende Ressource Qualitätsmanagement um die Aufgaben des Innovationsmanagements. Der Gedanke dabei ist, Ressourcen zu schonen bzw. optimal zu nutzen und gleichzeitig Vorteile am Markt zu erzielen.
Die Inhalte des Kompetenz- und Ausbildungsmodells sowie die Anforderungen an die Funktion Quali-Vation wird im ersten Teil der Arbeit behandelt. Dabei liegt das Hauptaugenmerk auf einem einfachen Innovationsprozess, der unter Zuhilfenahme der Methoden und Werkzeuge aus dem Qualitätsmanagement, durchgeführt wird. Die Ermittlung eines möglichen Realisierungspotentials für das Modell ist Gegenstand des zweiten Teils dieser Arbeit. Die zur Validierung des Modells herangezogenen Methoden sind die Befragung mittels Onlinefragebogen und die Durchführung von Experteninterviews. Die Schlussfolgerung die sich für diese Arbeit ableiten lässt zeigt eine positive Tendenz in Richtung Marktpotential und Akzeptanz durch die Zielgruppe (Qualitätsmanager in KMU). Um das Modell aber tatsächlich zur Umsetzung zu bringen, bedarf es noch einiges an Informations- und Werbearbeit. Quali-Vation soll als eine ressourcenschonende Möglichkeit für verstärkte Innovationsaktivität in KMU bekannt werden.
Inhaltsverzeichnis
1 EINLEITUNG
1.1 Ausgangssituation
1.2 Problemstellung der Arbeit
1.3 Ziel der Arbeit
1.4 Forschungsfragen
1.5 Vorgehensweise
1.5.1 Theorieteil – Erstellen eines Kompetenz- und Ausbildungsmodells
1.5.2 Praxisteil – Validierung des Kompetenz- und Ausbildungsmodells
1.6 Lesergruppe
2 ANFORDERUNGSPROFIL QUALI-VATION
2.1 Anforderungen an einen Innovationsmanager
2.1.1 Innovationsmanagement – die Gesamtbetrachtung
2.1.2 Das Profil des Innovationsmanagers
2.2 Anforderungen an einen Qualitätsmanager
2.2.1 Qualitätsmanagement – die Gesamtbetrachtung
2.2.2 Das Profil des Qualitätsmanagers
2.3 Anforderungen an Quali-Vation
3 KOMPETENZ- UND AUSBILDUNGSMODELL QUALI-VATION
3.1 Innovation - Chancen und Risiken
3.2 Innovation – Kultur, Ziele und Strategie
3.3 Innovation ist kein Zufall – 5stufiger Innovationsprozess
3.3.1 Stufe 1: Suchfelder und Zielgruppen
3.3.2 Stufe 2: Ideengenerierung und Ideenbewertung
3.3.3 Stufe 3 und 4: Konzeption und Umsetzung
3.3.4 Stufe 5: Einführung
3.4 Produktlebenszyklus – ein Instrument der Steuerung
3.5 Marketing und Kommunikation
3.6 Kooperationen und Förderungen
3.7 Target Costing – welchen Preis zahlt der Kunde
3.8 Audits – ein Instrument des Monitorings
3.9 Übersicht des Kompetenz- und Ausbildungsmodells Quali-Vation
4 VALIDIERUNG DES MODELLS QUALI-VATION
4.1 Befragungsmodus
4.2 Ergebnisse und Analyse der Onlinebefragung
4.2.1 Demographie
4.2.2 Innovation – Wertigkeit, Assoziation und Einbindung
4.2.3 Attraktivität der Inhalte des Modells Quali-Vation
4.2.4 Die Beurteilung der Anforderungen
4.2.5 Notwendigkeit und Bereitschaft zur Fortbildung im Bereich Innovation
4.2.6 Umsetzungspotential des Modells im Zuge einer Fortbildungsmaßnahme
4.3 Analyse der Expertengespräche
4.3.1 Zusammenfassung Experteninterview 1
4.3.2 Zusammenfassung Experteninterview 2
4.4 Chancen und Risiken bei der Realisierung von Quali-Vation
5 SCHLUSSFOLGERUNG
LITERATURVERZEICHNIS
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
TABELLENVERZEICHNIS
ANHANG
1 EINLEITUNG
Der Entscheidung sich im Zuge dieser Arbeit einer Konzertierung der Managementsysteme Qualität und Innovation zu widmen, liegt der Umstand einer immer stärker werdenden Dynamisierung der Märkte und der damit verbundene Überlebenskampf vieler Klein- und Mittelbetriebe zugrunde. Globalisierung, zunehmende Digitalisierung und von Spekulation getriebene Finanzmärkte bieten vor allem den „Big Playern“ neue Chancen und Profitoptionen. Die ressourcenschwächeren Wettbewerber werden dadurch zunehmend verdrängt. Dieses Ungleichgewicht trifft nicht nur den Wettbewerb, sondern vor allem den Kunden, der dies in Form von Preisdoktrinen und einer eingeschränkteren Anbietervielfalt zu spüren bekommt.
1.1 Ausgangssituation
Die Arbeit befasst sich mit Klein- und Mittelbetrieben, sogenannten KMU, und den immer schwieriger werdenden Wettbewerbs- und Überlebensbedingungen. Um ein gemeinsames Verständnis zu schaffen, ist eine Definition des Begriffes KMU sinnvoll.
Der Begriff KMU umfasst Kleinstunternehmen sowie klein und mittlere Unternehmen. Als Kleinstunternehmen werden jene Unternehmen bezeichnet, die weniger als 10 Personen beschäftigen (Umsatz < 2 Mio. Euro). Kleine und mittlere Unternehmen sind jene, die weniger als 50 Personen (Umsatz < 10 Mio. Euro) bzw. weniger als 250 Personen beschäftigen (Umsatz < 50 Mio. Euro).[1]
Im Jahr 2009 waren in Österreich 99,6% aller aktiv tätigen Unternehmen KMU. Mehr als 63% aller unselbstständig Beschäftigten (1,5 Mio. Personen) arbeiteten in KMU und erwirtschaften einen Umsatz von 372.737 Mio. Euro. In Tab. 1 wird die wirtschaftliche Bedeutung von KMU für Österreich verdeutlicht.
Tab. 1: Ausgewählte Merkmale der Produktions- und Dienstleistungsunternehmen (ÖNACE 2008: Abschnitte B-N; 95) nach Beschäftigtengrößenklassen 2009, Quelle: Statistik Austria (2011), (leicht modifiziert).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
KMU bilden eine der tragenden Säulen in der heimischen, aber auch in der europäischen Wirtschaft. Wenn man sich die große Bedeutung von KMU für die Wirtschaftskraft vor Augen führt, kommt man nicht umhin, folgende Frage zu stellen: Warum sind gerade KMU in wirtschaftlich unsicheren Perioden oftmals mit einem Kampf ums Überleben am Markt konfrontiert? Eine mögliche Antwort sind die nicht vorhandenen oder fehlgeleiteten Ressourcen und die damit verbundenen Weiterentwicklungsdefizite.
Der Begriff Ressource darf in diesem Zusammenhang nicht ausschließlich als monetäres Gut angesehen werden. Es geht darum zu erkennen, dass Ressourcen als allumfassend verstanden und betrachtet werden müssen. Im Konkreten bedeutet dies, dass eine rein gewinnorientierte Denkweise (Absatzzahlen, Gewinne) nur solange funktioniert, solange genügend Kaufkraft der Kunden vorhanden ist. Nimmt die Kaufkraft durch diverse Einflüsse ab oder verringert sich sogar massiv, sind Unternehmen die ihre Ressourcen in „guten Zeiten“ nicht entsprechend gesteuert und gebündelt haben, einer starken Existenzbedrohung ausgesetzt.
Diese Steuerung und Bündelung von Ressourcen bedeutet auch, genügend finanzielle Rücklagen im Unternehmen zu bilden und vorhandene Ressourcen optimal auszunutzen. Im Konkreten geht es dabei um die Ressource von vorhandenem Wissen und Fähigkeiten der Mitarbeiter in KMU, die leider zu wenig beachtet und genützt wird. KMU sollten sich daher verstärkt auf Vorhandenes konzentrieren um wettbewerbsfähig zur werden bzw. zu bleiben.
Eine Untersuchung der Innovationsaktivitäten von 15.711 österreichischen Unternehmen im Zeitraum von 2006 – 2008 (6. Europäische Innovationserhebung, CSI 2008) zeigt, dass Unternehmen mit 250 und mehr Beschäftigten eine deutlich höhere Innovationsaktivität [2] aufweisen als KMU. So liegt die Innovationsaktivität in Großbetrieben bei 86,4%, hingegen im Bereich der KMU bei nur 50,9% in den Kleinbetrieben und bei 70,2% bei den Mittelstandbetrieben.[3]
Die Tatsache, dass große Unternehmen eine wesentlich höhere Innovationstätigkeit als KMU aufweisen, ist auch der Europäischen Union (EU) bewusst. Im Rahmen der EU bilden KMU 99% des Unternehmensbestands (23 Mio. KMU, 75 Mio. Arbeitsplätze) und sind somit eine wichtige Quelle für Beschäftigung, Innovation und unternehmerische Fähigkeiten. Daher ist auch die EU bestrebt, durch diverse Förderungen der Problematik von begrenzten Ressourcen und den damit verbunden Zugangsbarrieren zu Technologien und Innovation entgegen zu steuern.[4]
1.2 Problemstellung der Arbeit
Bezugnehmend auf die Ausgangssituation ist das zu Grunde liegende Dilemma, dass vor allem KMU für ein langfristiges Überleben am Markt nicht auf Innovation und Weiterentwicklung verzichten sollten oder sogar können. Viele KMU sehen in der Innovationstätigkeit eine große finanzielle Belastung mit unsicherem Ausgang. Somit werden nur mögliche Risiken des Scheiterns einer Innovation wahrgenommen und nicht das weite Feld der Möglichkeiten, dass sich durch die Verankerung des Innovationsgedankens im Unternehmen ergibt. Eine negative Angsthaltung durch fehlendes Wissen um Innovation und das Bewegen in gewohnten „Fahrwassern“ behindern eine innovationsorientierte Ausrichtung des Unternehmens.
Dabei besitzen KMU eine Reihe von Vorteilen gegenüber großen Unternehmen, die für das Gelingen von Innovationen förderlich sind. KMU sind, aufgrund der Größe und der flachen Hierarchien, wesentlich flexibler und somit auch anpassungsfähiger und wirksamer. Intensive und qualitative Beziehungen zum Kunden, zum Markt sowie zu den eigenen Mitarbeitern, sind ideale Voraussetzungen für eine zielgerichtete Innovationstätigkeit.[5]
Das grundlegende Problem der geringen Innovationsaktivität liegt also nur bedingt in der schwächeren Finanzierungsstruktur von KMU. Es ergibt sich vorwiegend durch fehlendes Wissen im Umgang mit Innovation und der optimierten Nutzung bestehender Ressourcen. Dieser Möglichkeit der optimierten Ressourcennutzung wurde, vor allem in Hinblick auf die in vielen KMU bestehenden Qualitätsmanagementsysteme, kaum bis wenig Bedeutung beigemessen. Dabei würde sich gerade das Qualitätsmanagement, aufgrund seines ganzheitlichen systematischen Ansatzes, sehr gut für eine Integration und Erweiterung um die Anforderung und Kompetenzen des Innovationsmanagements eigenen. Dieser bis dato vernachlässigte Denkansatz, soll im Zuge dieser Arbeit einem Wettbewerbsvorteile schaffenden Lösungsmodell zugeführt werden.
1.3 Ziel der Arbeit
Das langfristige übergeordnete Ziel ist eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit für KMU infolge gestiegener Innovationsaktivitäten.
Das Ziel dieser Arbeit ist, ein von potentiellen Interessenten (Personen im Tätigkeitsfeld Qualität, KMU sowie Fortbildungseinrichtungen) befürwortetes Kompetenz- und Ausbildungsmodell vorzulegen, dass eine ressourcenschonende und erfolgreiche Abwicklung eines Innovationsprozesses ermöglicht.
Die Vorgabe für den Theorieteil ist die Entwicklung eines auf die Anforderungen des Innovationsmanagements gerichteten Modells, dass auf die Bestandsressource Qualitätsmanagement aufsetzt und diese erweitert. Qualität und Innovation soll kombiniert durch „eine Ressource“ ablaufen können.
Das Ziel des Praxisteiles ist es, das Interesse und einen latenten Bedarf an der Konzertierung von Qualität und Innovation zu erheben und den möglichen Nutzungsgrad des Theoriemodells festzustellen. Die Ergebnisse des Praxisteils sind daher für eine mögliche spätere Realisierung des Kompetenz- und Ausbildungsmodells von besonderem Interesse.
1.4 Forschungsfragen
Die aus den Zielen abzuleitenden maßgeblichen Forschungsfragen lauten:
- Welche Anforderungen stellt die Kombination Qualität und Innovation an den zukünftigen Funktionsträger - wie könnte das Anforderungsmodell aussehen?
- Wie muss sich das Kompetenz- und Ausbildungsmodell gestalten, um auf die vorhandene Bestandsressource Qualität bestmöglich aufzubauen?
- Wie beurteilt die potentielle Zielgruppe das kombinierte Kompetenz- und Ausbildungsmodell in Bezug auf eine Realisierung des Modells?
1.5 Vorgehensweise
Die Vorgehensweise zur Zielerreichung anhand der Forschungsfragen ist in zwei Aufgabenbereiche gegliedert. Im Theorieteil wird das theoretische Modell entwickelt. Der Praxisteil gibt Aufschluss über eine mögliche Umsetzung des Modells. Der Bezugsrahmen ist im Anhang 1 nachzuschlagen.
1.5.1 Theorieteil – Erstellen eines Kompetenz- und Ausbildungsmodells
Im ersten Schritt ist es nötig das Anforderungsprofil für Quali-Vation, bestehend aus den Anforderungen für Qualität und Innovation, zu erstellen. Dieses erweiterte Anforderungsprofil bildet die Ausgangsbasis für die Erstellung des Kompetenz- und Ausbildungsmodells Quali-Vation. Das Modell baut auf den bestehenden Kompetenzen des Qualitätsmanagers auf und ergänzt diese mit jenen, die zur Abwicklung eines allgemeinen Innovationsprozesses nötig sind. Die folgende Abbildung (Abb. 1) zeigt die graphische Darstellung des Modells Quali-Vation – Qualität erweitert und ergänzt um Innovations-Knowhow.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Quali-Vation – Qualitätsmanagement erweitert und kombiniert mit den Anforderungen des Innovationsmanagements, Quelle: Eigene Darstellung.
1.5.2 Praxisteil – Validierung des Kompetenz- und Ausbildungsmodells
Mittels einer zweistufigen Befragung soll das Interesse, der mögliche Bedarf und eine potenzielle Nutzung des Kompetenz- und Ausbildungsmodells erhoben werden.
In der ersten Stufe wird anhand eines Fragebogenentwurfs ein Expertengespräch mit der kooperierenden Ausbildungsinstitution (TÜV Austria Akademie, Bereich Qualität) geführt, um die Befragung zielgruppengerecht und inhaltlich abzustimmen. Die Durchführung der Befragung erfolgte Online über die TÜV Austria Akademie (Dauer ca. 5 - 6 Wochen) und wird im Anschluss ausgewertet.
In der Stufe zwei wurden Experteninterviews durchgeführt.
Die Ergebnisse beider Stufen bilden die Grundlage für die schlussfolgernde Beurteilung des Interesses, des Bedarfs, der Barrieren sowie einer daraus resultierenden möglichen Umsetzung des im Theorieteil erarbeiteten Kompetenz- und Ausbildungsmodells.
1.6 Lesergruppe
Die Arbeit richtet sich in erste Linie an qualitätserfahrene und / oder -ausgebildete Personen und an KMU, die bestehende Ressourcen des Qualitätsmanagements um die Anforderungen und Kompetenz des Innovationsmanagement erweitern möchten. Als weitere Zielgruppe sollen Fortbildungsinstitutionen für Managementsysteme genannt sein, die Interesse am Kompetenz- und Ausbildungsmodell für die Erweiterung ihres Fortbildungsangebots haben.
2 ANFORDERUNGSPROFIL QUALI-VATION
Innovation sei der einzige Prozess der nicht nach dem ISO-Handbuch funktioniere, äußerte eine Geschäftsführerin eines Dienstleistungsunternehmens im Zuge eines Gespräches über Innovation. Aber genau das ist die große Herausforderung im Umgang mit Innovation – es braucht eine Grundstruktur aber kein starres Prozessgebilde. Es braucht vielmehr Haltungen und Prinzipien um die Lebbarkeit und Verankerung des Innovationsgedankens in Unternehmen zu ermöglichen.[6]
Genau diese, in Unternehmen verankerten Haltungen und Prinzipien, sind der Brückenschlag hin zum Qualitätsmanagement. Trotzt der eher unflexibel und bürokratisch anmutenden Regelungen, über Handbücher und Prozesse, ist ein nachhaltiges und mehrwertschaffendes Qualitätsmanagement erst dann gegeben, wenn sich der Qualitätsgedanke in den Köpfen aller Mitarbeiter manifestiert hat. Auf diese, beiden Managementaspekten inhärente Basisvoraussetzung stütz sich diese Arbeit – der Kombination von Qualität und Innovation in einer Personalressource zur kostenschonenden Generierung von Wettbewerbsvorteilen in KMU. Dabei wird von einem vorhandenen Qualitätsmanagement beziehungsweise vorhandenem Qualitätsbewusstsein als Bestandsressource in KMU ausgegangen.
In diesem Kapitel werden die notwendigen Anforderungen aus Sicht des Innovations- und aus Sicht des Qualitätsmanagements betrachtet. Die darauf folgende Zusammenführung beider Profile ergeben die Anforderungen an Quali-Vation.
2.1 Anforderungen an einen Innovationsmanager
Innovation ist dieser Tage einer der am häufigsten verwendeten Begriffe. Egal in welchem Zusammenhang, sämtliche Produkte und Dienstleistungen werden als Innovation oder innovativ angepriesen. Ein inflationärer und missinterpretierter Gebrauch des Begriffes Innovation ist deutlich erkennbar. Die Begriffe Invention und Innovation werden besonders gerne verwechselt. Daher ist eine Definitionen des Begriffes Innovation und weiterer damit eng verbundener Begriffe sinnvoll.
Das Wort Innovation leitet sich vom lateinischen Wort „innovatio“ (etwas neu Geschaffenes) ab und steht für Neuerung oder Erneuerung. Solange es sich um eine reine Erfindung ohne wirtschaftliche Nutzung handelt, spricht man von einer Invention. Eine Invention wird erst dann zur Innovation, wenn diese am Markt und unternehmerisch erfolgreich ist. Die Möglichkeiten zu innovieren sind vielfältig – von Produkten über Dienstleistungen, Prozessen sowie Geschäfts- und Managementmodellen bis hin zur Sozialinnovation, sind der Anwendbarkeit keine Grenzen gesetzt.[7]
Eine Innovation kann sich subjektiv auf ein bestimmtes Individuum oder eine bestimmte Institution (Betriebsneuheit, wird jedoch am Markt bereits genutzt) beziehen oder objektiv als Markt- oder Weltneuheit generell zum ersten Mal zur Anwendung kommen. Das Hauptkriterium einer Innovation ist somit die Neuartigkeit oder Neuheit - diese kann von radikaler-revolutionärer oder von inkrementeller-evolutionärer (schrittweise Verbesserung) Natur sein. Weitere Kriterien sind der wirtschaftliche Erfolg durch den Zielbezug einer Innovation, die Verwertung im Zusammenhang mit Markteinführung und Nutzung sowie der Prozessaspekt. Der Prozessaspekt beinhaltet neben der Innovation als Ergebnis eines Prozesses (objektive Sichtweise), vor allem den Innovationsprozess mit all seinen Phasen in Form der prozessualen Sichtweise.[8] Die Aufgabe des Innovationsmanagements ist es dabei, den gesamten Innovationsprozess systematisch zu unterstützen und zu begleiten. Von der Ideengenerierung bis hin zur erfolgreichen Einführung am Markt - der Fokus liegt dabei auf der nachhaltigen Sicherung oder Verbesserung der Unternehmensposition.[9]
2.1.1 Innovationsmanagement – die Gesamtbetrachtung
Das Betreiben von Forschung und Entwicklung, das Anmelden von Patenten oder vor Jahren eine Monopolstellung eingenommen zu haben, reichen nicht mehr aus, um als Unternehmen die Behauptung aufstellen zu können, innovativ tätig oder gar erfolgreich zu sein. Vor allem letzteres führt bei KMU sehr oft zu einem bequemen, sich in Sicherheit wiegendem Verhalten, welches zukünftige Innovationstätigkeiten ausschließt oder gar massiv abwehrt. Wie bei den meisten anerkannten Managementsystemen (z.B. Qualitätsmanagement) geht es auch im Fall von Innovation um einen ganzheitlichen Ansatz. Die eingangs erwähnten Haltungen und Prinzipien in einem Unternehmen müssen auch für das aktive Leben des Innovationsgedankens in das Unternehmen übertragen werden und mit den bestehenden, oder aus diesem Grund neu definierten, Unternehmenszielen in Einklang gebracht werden.
Das Management von Innovationen betrifft, wie in Abb. 2 dargestellt, also alle drei Ebenen (normative, strategische und operative) eines Unternehmens. Im normativen Bereich bedarf es einer Auseinandersetzung mit den generellen Zielen, Prinzipien, Normen und Spielregeln eines Unternehmens, um dieses mit dem Innovationsgedanken zu bereichern. Strategisch geht der Blick in das Unternehmen, wenn es um Ressourcen und Kompetenzen geht, die für Innovationstätigkeiten benötigt werden. Nach außen richtet sich der Blick auf Märkte, Kunden, Lieferanten, Partner und auf den Wettbewerb – was könnte der Kunde wollen, was könnte der Markt benötigen, was tut die Konkurrenz in punkto Innovation. In der operativen Ebene geht es um die tatsächliche Führung und Gestaltung des Innovationsprozesses sowie um Optimierung in den Bereichen Qualität, Kosten, Leistung und Zeit.[10]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Innovation in den 3 Ebenen eines Unternehmens, Quelle: Eigene Darstellung.
Für die erfolgreiche Entwicklung und Umsetzung eines Innovationsmanagements, das letztendlich die Maximierung des Kundennutzens im Fokus hat, braucht es eine entsprechende Unternehmenskultur. Die flachen Hierarchien in KMU erleichtern ein gemeinsames Werteverständnis und die Orientierung in dieselbe Richtung. Die Kultur in kleinen und mittleren Unternehmen ist immer direkt durch den Unternehmer selbst beeinflusst. Er legt den Rahmen fest, gibt Regeln, Traditionen und Glaubenssätze vor und lebt diese im besten Fall aktiv.[11]
Somit steht die erfolgreiche Einführung, Umsetzung sowie die spätere Lebbarkeit der Innovationskultur im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Unternehmer selbst. Er gibt vor wie viel Innovation er zulässt, wie sehr er die Ideen der Mitarbeiter ernst nimmt und fördert, und wie erfolgreich und wettbewerbsfähig sein Unternehmen in Zukunft sein wird. In diesem Zusammenhang nimmt der Innovationsmanager, als ständiger Treiber des Innovationsgedankens gegenüber der Unternehmensleitung, eine wichtige Rolle ein. Er berät, zeigt Trends und Entwicklungen auf, verdeutlicht die Notwendigkeit von Innovation für das langfristige Überleben, verfolgt die Innovationsstrategie mit dem Fokus auf die festgelegten Ziele und hat Kosten und Nutzen im Auge. Der Innovationsmanager hat die Aufgabe einer zentralen Schnittstelle zu allen Ebenen im Unternehmen. Er aktiviert, steuert und überwacht den Innovationsprozess damit dieser erfolgreich und konfliktfrei realisiert werden kann.
2.1.2 Das Profil des Innovationsmanagers
Als wichtige Schnittstellenfunktion hat der Innovationsmanager einen bunten Strauß an Anforderungen die er für diese Tätigkeit bestenfalls mitbringen und / oder sich unbedingt aneignen sollte. Aber was kann von der Funktion eines Innovationsmanagers erwartet werden? Wie gestaltet sich das Berufsbild?
Diese Fragen sind vielen Unternehmen unklar. Diese Unklarheit steht vermutlich im Zusammenhang mit der Entstehung der Funktion des Innovationsmanagers. Häufig entsteht sie im Unternehmen selbst, wenn Versuche unternommen werden, innovativ tätig zu sein. Da das Berufsbild selbst so komplex und umfangreich ist wie das Thema Innovation selbst, lässt es sich auch nur schwer von Funktionen wie Marketing, Produktentwicklung, Organisationsentwicklung oder Qualitätsmanagement abgrenzen. Daher übernimmt der Innovationsmanager meist mehrere Aufgaben um neue Produkte, Dienstleistungen oder Prozesse zu erarbeiten.[12]
Generell gilt: Innovation ist Chefsache! Der Innovationsmanager ist, vergleichbar mit dem Qualitätsmanager, der von der Leitung bestimmte Prozesstreiber, stärkster Promotor und Innovationsstrategieberater. Er zeichnet für die Durchsetzung der Willensbildung verantwortlich.[13]
Der Aufgabenbereich des Innovationsmanagements ist von der formulierten Unternehmens- und Innovationsstrategie abhängig. Für den größten Teil der KMU kommen die Aufgaben des Innovationsmanagements im engeren Sinne in Frage. Dies sind alle Phasen der Innovation (inkl. Herstellung) bis hin zur Marktdurchdringung. Dabei geht es vorranging um die Steuerung und Begleitung der Innovationsaktivität, ohne den Anspruch auf Technologieführerschaft. Jedoch können Entwicklungstätigkeiten in Form von „angewandter Forschung“ sehr wohl eine Rolle spielen um markttaugliche Ergebnisse hervorzubringen.[14] Dabei ist der Innovationmanager in KMU besonders gefordert das intern verfügbare Wissen über Technik, Produkte, Kunden und Markt sowie mögliche Finanzierungsoptionen zusammenzuführen und für die erfolgreiche Abwicklung des Innovationsprozesses nutzbar zu machen. Hier zeigt sich wiederum die starke Schnittstellentätigkeit zu allen Bereichen im Unternehmen. Der Innovationsmanager wird zu einem wichtigen Wissensträger wenn es um die Frage „Wer weiß was bzw. wer kann was im Unternehmen?“ geht.
Wenn erfolgreich Innovation betrieben werden soll, ist es wichtig, neben dem expliziten Wissen im Unternehmen (Prozesse, Handbücher, Patente, usw.), auch das implizite Wissen der Mitarbeiter zu kennen und nutzbar zu machen.[15] Um an dieses Wissen zu gelangen, ist eine ausgeprägte Kommunikationsfähigkeit des Innovationsmanagers von großem Vorteil. Diese Fähigkeit ist auch entscheidend wenn es um Innovationsmarketing (intern / extern) und das Lukrieren von Kooperations-, Geschäfts-, Förder- und Finanzierungspartnern geht.
Ein für KMU sehr praktikabler ressourcenschonender Ansatz um Wissen im Unternehmen zu vermehren, ist Open Innovation. Jede interessierte Person kann sich am Ideenfindungsprozess beteiligen. Egal ob extern durch Nutzung der verschiedensten Kommunikationskanäle oder intern z.B. durch ein Ideenmanagement.[16]
Zusammenfassend lässt sich sagen, die Funktion des Innovationsmanagers bringt ein breitgestreutes Anforderungsprofil mit sich. Der Innovationsmanager muss ein Bewusstsein für die Notwendigkeit von Innovation entwickeln und verinnerlichen, um die Ziele von wertschaffenden Innovationsaktivitäten zu verwirklichen. Um die Herausforderungen im Umgang mit Innovation optimal bewältigen zu können, sind neben fachlichem Knowhow und Methodenkenntnis, auch die persönlichen Eigenschaften von Bedeutung. Der Innovationsmanager sollte analytisch denkend, aber dennoch offen gegenüber Neuem sein. Motivation, Begeisterungsfähigkeit, Zuverlässigkeit und die Übernahme von Verantwortung sind entscheidend für die Akzeptanz und Glaubwürdigkeit im Unternehmen.[17] Der Erfolg von Innovationsmanagement als Ganzes ist stark mit der Persönlichkeit des Innovationsmanagers verknüpft. Er berät die Leitung in Strategiefragen und integriert die Innovationsaktivität in der operativen Ebene. Als mit dem Unternehmen vertrauter Mitarbeiter, kennt er die Prozesse im Unternehmen und hat dadurch den entsprechenden Weitblick und eine Vorbildwirkung.
2.2 Anforderungen an einen Qualitätsmanager
Den Ruf zu erlangen, als Unternehmen Qualität zu liefern, ist mit harter Arbeit verbunden die jedoch sehr schnell wieder zunichte gemacht werden kann. Langfristig erfolgreiche Unternehmen überlassen Qualität nicht dem Zufall, sondern arbeiten tagtäglich zielstrebig darauf hin. Die Aufwände für ein funktionierendes Qualitätsmanagement sind als Investition in die erfolgreiche Unternehmenszukunft zu sehen. Qualität fördert das Wachstum, senkt Kosten in der Produktion / Dienstleistungserbringung, mindert Risiken und macht mögliche Folgen berechenbarer.[18] Qualität bedeutet also die bestmögliche Erfüllung der Anforderungen die Kunden, Mitarbeiter, Lieferanten, Geldgeber, staatliche Institutionen und die Gesellschaft an ein Unternehmen stellen. Jede Nichterfüllung ist eine unnötige und sinnlose Verschwendung. Diese qualitätsorientierte Denkhaltung muss von der Unternehmensleitung initiiert, vorgelebt und täglich vorangetrieben werden. Qualität ist in Zeiten wirtschaftlicher Ungewissheit durch hochdynamische Märkte eine Überlebensstrategie, die den positiven Effekt der Produktivitätssteigerung mit sich bringt.[19]
Vergleichbar mit dem Innovationsmanagement, spielt auch in der Qualität die Unternehmensleitung die zentrale Rolle, wenn es um die Verankerung eines Qualitätsgedankens geht. Verantwortlich für die produzierte Qualität ist jedoch jeder einzelne Mitarbeiter eines Unternehmens! Die flachen Hierarchien und Strukturen in KMU erleichtern die Erreichbarkeit jedes Mitarbeiters in Bezug auf Qualitätsorientierung maßgeblich. Die Leitung von KMU wird in Belangen der Qualität vom Qualitätsmanager unterstützt und beide Funktionen arbeiten eng bei der Erreichung der Unternehmensziele zusammen. Der Unternehmer selbst ist wiederum die maßgebliche Leitfigur und der Qualitätsmanager der stärkste Promotor für die produzierte Qualität im Unternehmen. Die Abb. 4 zeigt, ausgehend von den Zielen, die Aufgaben des Qualitätsmanagements um die Anforderungen an ein Unternehmen bestmöglich zu erfüllen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3: Ziele und Mittel des Qualitätsmanagements, Quelle: Kaminske/Brauer (2008), S. 215 (leicht modifiziert).
2.2.1 Qualitätsmanagement – die Gesamtbetrachtung
Der Begriff Qualitätsmanagement bezieht sich im Rahmen dieser Arbeit auf die international gültige Qualitätsnorm ISO 9001:2008 und bildet die Grundlage für die Darlegung der Anforderungen an einen Qualitätsmanager in KMU.
Normen unterliegen einer ständigen Überprüfung und Anpassung an geänderte Rahmenbedingungen. Die aktuell gültige Norm für Qualität (2008) richtet ihren Fokus auf die Prozessorientierung. Dies bedeutet, die für ein Qualitätsmanagement nötigen Prozesse müssen festgelegt, beschrieben sowie mess- und analysierbar sein. Die Wechselwirkungen der Prozesse sind aufzuzeigen, Ressourcen und Informationen zur Durchführung und Überwachung sind zur Verfügung zu stellen.[20] Die Umwandlung von funktionalen zu prozessorientierten Organisationsformen hat sich im letzten Jahrzehnt sehr stark durchgesetzt - die dahingehende Adaptierung der aktuellen ISO Version war eine logische Folge. In kundenorientierten Prozessorganisationen liegt der Fokus auf den Wertschöpfungsprozessen, schlanken Abläufen und der Reduktion von Schnittstellen, Qualitätsverantwortung in allen Bereichen, Flexibilität in Bezug auf Kundenwünsche und Reduktion von Kosten und Durchlaufzeiten.[21]
Prozessorientiertes Qualitätsmanagement ist ein Instrument der erfolgreichen Unternehmensführung. Prozesse ermöglichen mehr Transparenz, vor allem wenn es um kritische oder sehr komplexe Tätigkeiten geht. Qualität lässt sich anhand von Prozesskennzahlen leichter erfassen und verbessern (KVP – kontinuierlicher Verbesserungsprozess). Die Absicht des Qualitätsmanagements ist es, durch entsprechende Produkt- und Servicequalität eine gesteigerte Kundenzufriedenheit zu erzeugen.[22] Entscheidend für alle Unternehmen, besonders für KMU, ist das richtige Maß eines prozessorientierten Qualitätsmanagements. Der Qualitätsmanager ist gefordert, ein für sein Unternehmen passendes Gleichgewicht an Regeln und Freiheit herzustellen.
In der Gesamtbetrachtung des Innovationsmanagements wurde bereits ausführlich auf die drei Ebenen eines Unternehmens und die diesbezüglichen Vorteile der flachen Strukturen in KMU eingegangen.[23] Auch im Qualitätsmanagement stellen die normative und strategische Ebene den Überbau für die Vorgaben der operativen Ebene (Umsetzung der Prozesse) dar. In der normativen Ebene geht es wiederum um die Einbindung des Qualitätsanspruches in das Leitbild, in die Unternehmensziele und in die Unternehmenskultur. In der strategischen Ebene geht es um das „Was und wie“ will das Unternehmen, unter Berücksichtigung der internen und externen Gegebenheiten, mit der angestrebten Qualität erreichen. Die operative Ebene ist für die Leistungserstellung zuständig und beinhaltet alle Prozesse die für die Wertschöpfung benötigt werden.[24]
2.2.2 Das Profil des Qualitätsmanagers
Qualitätsmanagement hat sich über die Jahre zu einem der wichtigsten Erfolgsfaktoren für Unternehmen herausgestellt und wird in Zukunft noch stärker die Erfolgsverantwortung zugewiesen bekommen. Hat der Qualitätsmanager in der Vergangenheit Qualitätssysteme implementiert, umgesetzt, verbessert Prozesse gemessen und optimiert, ist er heute größtenteils mit der Planung und Wirksamkeitskontrolle des Qualitätsmanagementsystems befasst. Der Qualitätsmanager ist bereits heute mit der Aufgabe der Gesamtsteuerung der im Unternehmen produzierten Qualität betraut und wird in Zukunft eine noch maßgeblichere Rolle für die gesamte Unternehmensentwicklung spielen.[25] Es sind also nicht nur die Normenkenntnisse, Handbücher und Prozesskenntnisse, die den Qualitätsmanager der Zukunft ausmachen (Technical Skills), sondern seine Soft Skills, die zunehmend dieses Berufsbild prägen. Es braucht nicht mehr reine Techniker sondern vor allem Personen, die „Macher und Umsetzer“ sind. Ausgeprägte Persönlichkeiten mit Autorität und guten Umgangsformen zeichnen den Qualitätsmanager der Zukunft ebenso aus, wie Diplomatie, Handlungsgeschick und ein geübter Umgang mit Sprache. Man spricht bereits von einem Mangel an „guten Qualitätsmanagern“. Das Thema Qualität erreicht den potentiellen Nachwuchs gar nicht oder nur am Rande, da Qualität als lästiges bürokratischer Übel in den Köpfen der Menschen verankert ist.[26]
Dennoch wird in vielen KMU dieses Zukunftsbild des „guten Qualitätsmanagers“ bereits heute gelebt. Verantwortlich für die ausgeprägte und überwiegend gut funktionierende Schnittstellentätigkeit sind wiederum die flachen Hierarchien und Strukturen in KMU. Er ist bereits Managementberater für den Unternehmer, arbeitet an der Strategie mit, ist an operativen Entscheidungen beteiligt und übernimmt Verantwortung für die im Unternehmen produzierte Qualität.
Eine weitere entscheidende Rolle spielt das Thema Kommunikation und Verhalten bei der Durchführung von Audits durch den Qualitätsmanager. Durch entsprechende Kommunikation ist es weitgehend möglich, den Widerstand der Auditieren abzubauen und am gemeinsamen Ziel der Verbesserung zu arbeiten. Durch das aktive Zuhören und dem Grundwissen über die Vorgänge und Prozesse im Unternehmen ist der Auditor in der Lage, komplexe Zusammenhänge, die über die Auditkriterien hinausgehen zu erkennen und aktiv für die Verbesserung der produzierten Qualität zu nutzten.[27]
Da sich die Arbeit an Personen mit Erfahrung im Bereich des Qualitätsmanagements richtet, wird ein Grundverständnis sowie ein Basiswissen zum Thema Qualität vorausgesetzt. Daher werden Kenntnisse zur Norm ISO 9001, dem Auditwesen sowie der gängigsten Qualitäts-Methoden (KVP, FMEA, QFD, Benchmark, usw.) und -Tools (Ishikawa, Pareto-Analyse, usw.) vorausgesetzt und im Zuge dieser Arbeit nicht näher erläutert.
2.3 Anforderungen an Quali-Vation
Unternehmen, vor allem KMU, sollten nach Nachhaltigkeit oder zumindest Statuserhalt in ihrem Tun und Handeln streben. Nachhaltigkeit bedeutet, dass durch die Aktivitäten des Unternehmens weder intern noch extern Schäden und Verschlechterungen im ökologischen oder im wirtschaftlichen-sozialen Bereich entstehen und somit eine erfolgreiche Existenz des Unternehmens am Markt sichergestellt werden kann. Voraussetzungen für Nachhaltigkeit sind z.B. ein hoher Grad an Innovation, Produktlebenszyklus-Konzepte, mittel- und langfristige Unternehmensstrategien und vor allem die nachhaltige Nutzung von Ressourcen (Energie, Rohstoffe, Humankapital). Managementsysteme tragen maßgeblich zur Erlangung von Nachhaltigkeit bei und kommen erst durch ihre Kombination voll zur Entfaltung bzw. erzeugen in Unternehmen den größtmöglichen Nutzen.[28]
Nachhaltigkeit in Bezug auf die Anforderungen an Quali-Vation bedeutet vor allem, dass die richtige Dosierung der Schlüssel zur erfolgreichen Kombination von Qualität und Innovation in einer Ressource ist. Qualität begleitet prozessorientiert das Tagesgeschäfts. Hingegen ist Innovation ein a-zyklischer Prozess, dessen Anwendung stark von äußeren aber auch internen Faktoren wie Wettbewerbsdruck, Kundenforderungen, internen Ideen oder Inventionen und vielem mehr getrieben ist.[29] Demnach ist Qualität wesentlich berechenbarer als Innovation. Wenn es nun um die Kombination beider Betätigungsfelder in einer Personalressource geht, dann darf ein überbürokratisches und starres Qualitätsmanagement ein situationsabhängiges und flexibles Innovationsmanagement nicht behindern. Anderseits soll aber die mühevoll erarbeitete Standardisierung von Qualität in Unternehmen keinesfalls durch übertriebene Innovationsaktivitäten gefährdet werden. Das erklärte Ziel von Quali-Vation lautet daher, beides in Einklang zu bringen und soweit abzustimmen, dass beide Aspekte voneinander profitieren können.
Da sich das Bild des Qualitätsmanagers zunehmend zum internen Managementberater wandelt, findet man bereits in der Literatur Ansätze die auf die Sinnhaftigkeit der Zusammenführung von Qualität und Innovation hinweisen. Die schnelle und flexible Entwicklung von neuen Produkten oder Dienstleistungen wird als immer wichtiger werdender Wettbewerbsfaktor erkannt, wobei vor allem die frühe Phase der Produkt- / Dienstleistungskonzeption als Grundstein für die gesamte spätere Wertschöpfung gilt.[30] Dem Qualitätsmanager sind die Wirkungszusammenhänge im Unternehmen bestens bekannt. Da bereits die Berücksichtigung dieser Zusammenhänge in der Konzeptionsphase einen späteren Innovationserfolg positiv beeinflusst, ergibt sich in der Kombination Qualität und Innovation ein nicht zu unterschätzender wettbewerbsentscheidender Synergieeffekt.
Bevor es aber überhaupt möglich ist eine erfolgreiche Innovation zu konzipieren, muss der Qualitätsmanager in seiner Rolle als Innovationsmanager das für ihn eher wenig bekannte Terrain der Suchfeldanalyse betreten. Der Qualitätsmanager ist es gewohnt, die Anforderungen, die Wünsche und die Spezifikationen zu Produkten / Dienstleistungen durch den Kunden selbst übermittelt zu bekommen und die Erfüllung dieser über Validierung und Kundenzufriedenheitsmessungen festzustellen.[31]
Für Innovation (aber auch für erfolgreiche Verbesserung von Bestehendem) bedarf es aber vor der Idee und der Konzeption der Suchfeldanalyse. Diese dient dazu die möglichen Innovationsgebiete und ihre Zielgruppen zu identifizieren. Dabei werden systematisch z.B. Markttrends, der Wettbewerb, das Käuferverhalten, die Trends der Zukunft analysiert und Potentialebereiche für Innovationen in Bezug auf das Unternehmen festgestellt.[32] Die Tatsache, dass es sich dabei um einen strukturierten Prozess handelt kommt dem Wesen der Qualität sehr entgegen und ermöglicht zudem, dass auch der KVP mit bisher unerkannten Informationen und Denkansätzen bereichert und somit wirksamer wird.
Für den Qualitätsmanager in der Funktion als Innovationsmanager bedeutet dies, dass er sich gezielt Methoden zur Analyse der Situation oder des Problems aneignen muss. Des Weiteren muss er in der Lage sein, gezielt Kreativität und Freiheit zuzulassen. Geeignete Hilfsmittel dazu sind Kreativitätstechniken (Brainstorming, Methode 635, Morphologischer Kasten, usw.), die durchaus im Qualitätsmanagement bekannt sind.[33] Wiederum zeigt sich die Möglichkeit, bestehende Synergien zwischen Qualität und Innovation durch ihre Kombination nutzbar zu machen
[...]
[1] Vgl. WKO.at, Wirtschaftskammer Österreich (2012), Onlinequelle [18.02.2012].
[2] Unternehmen mit Produkt-, Prozess-, Marketinginnovationen, organisatorischen Innovationen oder laufenden, noch nicht abgeschlossenen bzw. abgebrochenen Innovationen.
[3]Vgl. Statistik Austria (2012), Onlinequelle [25.02.2012].
[4] Vgl. Europäische Kommission (2006), S. 5.
[5] Vgl. Berndt, R. (2006), S. 79.
[6] Vgl. Birklbauer, K./Posch, S./Affenzeller, P. (2012), S. 8.
[7] Vgl. Hartschen, M./Scherer, J./Brügger, C. (2009), S. 7 ff.
[8] Vgl. Vahs, D./Burmester, R. (2005), S. 44 ff.
[9] Vgl. Müller-Prothmann, T./Dörr, N. (2011), S. 11.
[10] Vgl. Gassmann, O./Sutter, P. (2008), S. 6 ff.
[11] Vgl. KMU-mentor (2012), Onlinequelle [03.04.2012].
[12] Vgl. Inknowaktion (2011), Onlinequelle [07.04.2012].
[13] Vgl. Schrampf, J. (2004), S. 19.
[14] Vgl. Hübner, H. (2002), S. 143.
[15] Vgl. Keller, C./Kastrup, C. (2009), S. 13.
[16] Vgl. Hartschen, M./Scherer, J./Brügge, C. (2009), S. 41 f.
[17] Vgl. Müller-Prothmann, T./Dörr, N. (2011), S. 23 f.
[18] Vgl. Gembrys, S./Herrmann, J. (2007), S. 23 ff.
[19] Vgl. Brunner, F. J./Wagner, K. W. (2008), S. 1.
[20] Vgl. ISO 9001 (2008), S. 9.
[21] Vgl. Brunner, F./Wagner, K. (2008), S. 27.
[22] Vgl. Wagner, K. W./Käfer, R. (2008), S. 37 f.
[23] Vgl. Kapitel 2.1.1.
[24] Vgl. Wagner, K./Käfer, R. (2008), S. 39 ff.
[25] Vgl. Noé, M. (2010), S. 27.
[26] Vgl. Weber Consulting Managementberatung (2012), Onlinequelle [15.04.2012].
[27] Vgl. Gietl, G./Lobinger, W. (2009), S. 148 f.
[28] Vgl. Löbel, J./Schröger, H./Closhen, H. (2005), S. 73 f.
[29] Vgl. Hartschen, M./Scherer, J./Brügger, C. (2009), S 15.
[30] Vgl. Noé, M. (2010), S. 68 f.
[31] Vgl. Kaminske, G./Brauer, J. (2008), S. 137.
[32] Vgl. Gassmann, O./Sutter, P. (2008), S. 47.
[33] Vgl. Kaminske, G./Brauer, J. (2008), S. 223.
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- BSc Elisabeth Hofstätter-Kollarich (Author), 2012, Quali-Vation. Wettbewerbsvorteile in KMU durch Konzertierung der Managementsysteme Qualität und Innovation, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/264208