Was bedeutet die ´Dauer´ und was der ´Wechsel´ für unser Leben?
In welchem Verhältnis stehen beide Phänomene zueinander?
Warum ist der Mensch so oft in Hetze?
Gibt es denn überhaupt einen Platz für das Beständige oder wird unser Dasein alleine von der Veränderung regiert?
Das Gedicht "Dauer im Wechsel" von Johann Wolfgang von Goethe ist ein brillantes Werkzeug dafür, diese - so wichtigen - Grundkomponenten unseres Daseins untersuchen zu können, sich mit ihnen auseinander zu setzen und sich ihnen auf diese Art und Weise anzunähern.
Wer sich für den Lauf der Dinge und all die wunderbaren Bestandteile des Lebens interessiert, der sollte Goethes Gedicht lesen, verinnerlichen - und lieben lernen -- es ist eine Perfektion in sich!
Jedoch erst mit einer detallierten Interpretation und einigen selbstständigen Überlegungen versteht man das Gedicht - oder versucht es zu vestehen -- die Gedanken des Autors werden uns natürlich immer verborgen bleiben.
Es ist an uns, das Gedicht auf unsere Art und Weise verstehen zu lernen und in die Welt zu tragen! Ich habe diesen Schritt gewagt.
Meine Interpretation soll lediglich dazu dienen, sich selbst intensiv mit dem Gedicht auseinander zu setzen und meine Beobachtungen auszubauen, zu hinterfragen oder gar zu widerlegen.
Haben Sie Mut, sich von diesem Gedicht mitreißen zu lassen!
In diesem Sinne: gute Reise!
Inhalt:
1. Metrische Umschrift, Kadenz- und Reimschema des Gedichtes
2. Interpretation des Gedichtes
3. ANHANG: Einbezug der Hermeneutik
3a) Vergleich des Erkenntnisweges im Gedicht mit dem der
wissenschaftlichen Hermeneutik
3b) Vergleich des eigenen Vorgehens mit dem Erkenntnisweg
wissenschaftlicher Hermeneutik
4. Primär- und Sekundärliteratur
„Dauer im Wechsel“ von Johann Wolfgang von Goethe
1. Metrische Umschrift, Kadenz- und Reimschema des Gedichtes
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2. Interpretation des Gedichtes
Die in Goethes Gedicht „Dauer im Wechsel“ dargestellten und behandelten Inhalte stellen für jedermann – so er sie denn annimmt – eine Herausforderung dar, sich mit dem Spiel zwischen der Dauer und dem Wechsel beziehungsweise mit dem Unvergänglichen und dem Vergänglichen des eigenen Daseins auseinanderzusetzen. Diesem temporalen Aspekt verleiht Goethe im vorliegenden Gedicht ganz besondere Aufmerksamkeit, was bereits in der ersten Strophe deutlich wird. Das lyrische Ich stellt hier die Vergänglichkeit des Lebens beziehungsweise das nicht festhaltbare Dasein in den Mittelpunkt. Es äußert verzweifelt und emotional den Wunsch, die Dinge auch nur „eine Stunde“ (1. Strophe, 2. Vers) festhalten zu können. Diese Verzweiflung wird dem Leser auf sprachlicher Ebene durch eine Interjektion vermittelt. Der Wechsel wird hier mit dem der Jahreszeiten (1. Strophe) verglichen, welche einem ewig währenden Kreislauf unterlegen sind. Auch stellt er diesen Wechsel gleich dem einer Pflanze – oder allgemeiner: gleich dem der Natur innerhalb eines Jahres dar: „Diese fangen an zu reifen, und die andern keimen schon“ (2. Strophe, 3. und 4. Vers). Diesem Wechsel bedeutet es tapfer zu folgen beziehungsweise – salopp gesagt – hinterherzukommen, was das lyrische Ich mit einer an den Leser gerichteten Interjektion: „Eilig nimm dein Teil davon!“(2. Strophe, 2. Vers) verdeutlicht. Um die Dringlichkeit des notwendig schnellen Handelns eines jeden Individuums besser ausdrücken zu können, wird diese Anweisung an den Leser mittels eines Imperativs verstärkt. Es ist wie ein ungehaltener, euphorischer – aber gut gemeinter – Befehl an den Rest der Menschheit, den Moment und das Jetzt voll auszuleben und zu genießen und sich nicht die „Früchte“ (2. Strophe, 1. Vers) des Lebens nehmen zu lassen.
Durch die zahlreichen Enjambements wird die Ungehaltenheit des lyrischen Ichs und die Dringlichkeit dieser Erkenntnis für den Leser verdeutlicht, da wir so mitbekommen, wie die Verse ohne größere Pausen ineinander fließen – ja, sich regelrecht jagen, was wiederum den zeitlichen Aspekt und die Euphorie des lyrischen Ichs ins Zentrum rückt. Außerdem wird dem Leser auch eine gewisse sichere Endgültigkeit des vergänglichen Lebens aufgezeigt: „Ach, und in demselben Flusse schwimmst du nicht zum zweiten mal.“ (2. Strophe, 7. und 8. Vers). Diese vom lyrischen Ich so melancholisch („Ach, […]“) ausgedrückte Wahrheit soll dem Leser vermitteln, dass er jeden Augenblick nutzen und lieben soll, da jeder Atemzug, jeder Moment im Leben ein Unikat ist und immer eines bleiben wird – auch wenn diese Erkenntnis nur schwer zu ertragen ist.
In der ersten Strophe legt das lyrische Ich in seiner Rede eine gewisse Sinnlosigkeit und etwaige Zweifel bezüglich des carpediem-Mottos und des Genießens jeden Augenblicks an den Tag („Soll ich mich des Grünen freuen, dem ich Schatten erst verdankt?“; 1. Strophe, 5. und 6. Vers), was durch eine rhetorische Frage unterstrichen wird. Diese Zweifel beziehen sich möglicherweise auf die Frage, warum der Mensch sich denn überhaupt am Hier und Jetzterfreuen soll, wenn dies doch sowieso im nächsten Moment der Vergangenheit angehören wird. Demnach bezweifelt das lyrische Ich hier, dass es sich lohnt, sich an der gerade andauernden Situation, die im nächsten Augenblick schon nicht mehr gegenwärtig und somit auch nicht mehr greifbar sein wird, zu erfreuen.
All diese Ungewissheit des lyrischen Ichs wird in der zweiten Strophe zu Gunsten einer ungehaltenen und starken Überzeugtheit hinsichtlich dessen, dass wir nur einmal leben und dieses Leben vollends ausnutzen sollen, eliminiert. Hier wird nämlich deutlich, dass jedem Menschen ein Teil der „Früchte“ („Eilig nimm dein Teil davon!“; 2. Strophe, 1. Vers) gehört und, dass man keine zweite Chance bekommt, sie sich zu eigen zu machen („[…] nicht zum zweitenmal.“; 2. Strophe, 8. Vers). Diese Erkenntnis des lyrischen Ichs sprudelt – gleich einem Wasserfall – geradeso aus ihm heraus, was durch das syntaktische Instrument der Enjambements bekräftigt wird.
Der Begriff des „Regengusses“ und der des „Flusses“ (2. Strophe, 5. und 7. Vers) steht für den ewigen Wandel und den immerwährenden Wechsel im Leben und des Lebens selbst. Gleichzeitig zeigen Worte wie „Regenguss“ und „Blütenregen“ die starke Naturverbundenheit des lyrischen Ichs. Diese Tatsache zieht sich durch das gesamte Gedicht hindurch.
Ab der 2. Strophe rückt das „Du“ in den Vordergrund. So lässt Goethe das Gedicht als einen persönlichen Appell oder Ratschlag für jeden einzelnen Leser und möglicherweise auch für das lyrische Ich selbst erscheinen. Dies wird sogleich am Anfang der dritten Strophe bekräftigt: „Du nun selbst!“. Das lyrische Ich stellt ab dieser Strophe nicht mehr die Natur in den Mittelpunkt, sondern setzt den Schwerpunkt auf das vom Menschen Geschaffene („Mauern siehst du, siehst Paläste“; 3. Strophe, 3. und 4. Vers). Gleich im Anschluss geht es um die Sinneswahrnehmungen und den Körper des Menschen („Augen“, „Lippen“, „Fuß“, „Hand“).
Im Gegensatz zur ersten und zweiten Strophe wird nun auch das Subjektive mit einbezogen beziehungsweise darauf eingegangen. Denn nicht nur das Objektive wird einem stetigen Wechsel unterzogen, sondern auch der Mensch selbst wandelt sich: er ändert seine Meinung, seinen Blickwinkel und sieht deshalb seine Umwelt „stets mit andern Augen an“ (3. Strophe, 4. Vers). Schien eine Komponente dieser Umwelt auch noch so „felsenfest“ (3. Strophe, 1. Vers) gewesen zu sein, so unterliegt sie subjektiv trotzdem diesem ständigen Wechsel der Anschauung. Hier wird klar, dass sich alles um den Menschen herum ändert und sich dieser selbst ebenso in einem fortwährenden Wandel befindet.
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