Steely Dan und Blood, Sweat & Tears


Hausarbeit, 2011

16 Seiten, Note: 1,0

Christoph Brandlinger (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Die Besetzung der Bands

3 Die Harmonik im Vergleich
3.1 Erweiterte Akkorde und Alterationen
3.1.1 Der μ-Akkord
3.1.2 Slash Chords
3.2 Akkordsubstitutionen
3.2.1 jazzgeprägte Akkordsubstitution
3.2.2 rockgeprägte Akkordsubstitutionen
3.3 Ausweichungen
3.4 Sequenzen und linear intervallic patterns

4 Ergebnis

5 Quellenverzeichnis

1 Einleitung

Ende der 1960er und Anfang der 1970er Jahre entstanden in den USA zahl- reiche jazzorientierte Rockbands. Dazu zählen neben Steely Dan (gegründet 1972 1 ) auch Blood, Sweat & Tears (gegründet 1967 2 ), Chicago (erstes Album 1968 3 ) und Earth, Wind & Fire (gegründet 1969 4 ). Möglicherweise entstan- den diese Bands als Nachfolger der populären amerikanischen Bigbands, deren Klangfarben sie mit jazzorientierten Bläserstimmen auf eine kleinere Beset- zung reduzierten.

Walter Everett legt in seinem Text ,,A Royal Scam: The Abstruse and Ironic Bop-Rock Harmony of Steely Dan” sein Hauptaugenmerk auf die Harmonik und die harmonischen Einflüsse Steely Dans. Er unterscheidet zwischen Einflüssen aus Jazz und Rock.

Anhand seiner Analyse der verwendeten harmonischen Bausteine bei Steely Dan möchte ich vergleichen, inwiefern sich diese Bausteine bei anderen Bands wiederfinden lassen. Ich möchte damit Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Bands dieses Genres suchen und belegen. Dabei möchte ich mich mit meiner Analyse jedoch stellvertretend auf die vielleicht bekannteste dieser amerikanischen Jazzrockbands, Blood, Sweat & Tears, beschränken.

Ich möchte im Folgenden also einen kritischen Überblick über die Analyse Walter Everetts geben und zu den genannten Punkten Unterschiede und Gemeinsamkeiten zu Blood, Sweat & Tears herausarbeiten.

2 Die Besetzung der Bands

Eine Gemeinsamkeit der genannten amerikanischen Jazzrockbands ist außer ihrer Beeinflussung durch Künstler des Jazz auch ihre Besetzung. Es handelt sich zunächst einmal um Rockbands mit der typischen Besetzung von Schlag- zeug, Gitarre, Bass und Keyboards, die dann durch Bläser ergänzt wird. Der Bläsersatz besteht meist aus Trompeten, Posaunen und Saxofonen, wird jedoch auch gelegentlich variiert. In Steely Dans Babylon Sisters werden beispielsweise mehr Holzbläser eingesetzt: zwei Saxofone, Klarinette und zwei Bassklarinet- ten bilden den Holzsatz und die so entstehende Klangfarbe wird noch durch den Einsatz von Flügelhorn statt Trompete unterstützt.5 Blood Sweat & Tears setzen in Spinning Wheel neben einer Bassposaune anstatt der üblichen Tenor- posaune im instrumentalen Schlussteil auch Blockflöten ein und in Variations on a Theme by Erik Satie wird das erste Thema mit zwei Querflöten gespielt. Eine Besonderheit von Blood, Sweat & Tears ist, dass sie die tiefen Bläser oft parallel zur Bassgitarre setzen, oder dass die Rolle des Basses komplett von einem Blasinstrument übernommen wird. In Spinning Wheel spielt die Bassposaune ab 2:58 parallel zum E-Bass und im Intro zu John the Baptist ersetzt sie sogar den Bass. An wenigen Stellen, wie beispielsweise in Go down gamblin ’, wird auch eine Tuba eingesetzt. Größtenteils doppelt sie den Bass, ist jedoch in 1:23 - 1:32 sogar solistisch und nur von Perkussion begleitet zu hören.

Es fällt auf, dass bei allen genannten Gruppen die Leadstimme von einem Mann gesungen wird und alle diese Sänger markante Stimmen haben, die sich gut von anderen unterscheiden lässt. Philip Baileys hohe Kopfstimme6 in Fan- tasy von Earth, Wind & Fire ist unverwechselbar, besonders wenn er bei 4:27 den Spitzenton auf einem g” erreicht. Und David Clayton-Thomas prägt mit seiner rauhen Stimme den Klang seiner Band Blood, Sweat & Tears.7 Auch bei Steely Dan gab es diese wiedererkennbare Männerstimme. Nach dem ers- ten Album der Band, Can ’ t buy a Thrill, verließ David Palmer die Band und Donald Fagen übernahm den Leadgesang auf den folgenden Alben.8

Fagen als Leadsänger war allerdings eine der wenigen Konstanten in der Besetzung von Steely Dan. Die Urbesetzung der Band löste sich nach dem ers- ten Album schon auf und nur noch die beiden Köpfe Donald Fagen und Walter Becker blieben übrig, und die Band entwickelte sich zu einer Studioband ohne feste Besetzung.9 Alle anderen Musiker wurden häufig ausgetauscht oder nur für wenige Gastauftritte zur Band dazugenommen.10 Für ihre Alben verpflich- teten sie auch Musiker anderer Bands ihres Genre. In Babylon Sisters spielt Randy Brecker im Hintergrund der zweiten Strophe ein Solo mit gedämpf- ter Trompete.11 Er gehörte 1967, mehr als zehn Jahre früher, außerdem zu den Gründungsmitgliedern von Blood, Sweat & Tears.12 Auch Wayne Shorter, der Saxofonist der amerikanischen Jazzrockband Weather Report hatte einen Gastauftritt13 auf dem Album Aja. Er spielte bei 4:44 - 5:45 des Titelsongs das Saxofonsolo.14

Die Aufzählung der ehemaligen Musiker15 von Blood, Sweat & Tears zeigt, dass auch hier die Band häufig Änderungen in der Besetzung vornahm. Sie arbeiteten jedoch nicht nur als Studioband, und hatten daher immer eine feste Besetzung.

Charakteristisch für Blood, Sweat & Tears ist der Einsatz der Bläser. Während sie bei Steely Dan eher als unterstützende Klangfarbe zum Rest der Band aufgefasst werden, sind die Bläser bei Blood, Sweat & Tears eigenständiger. In God bless the Child wird das Intro alleine von den Bläsern gespielt und im Intro von John the Baptist werden sie lediglich durch Akkorde im Klavier unterstützt. Ein Grund dafür ist sicher, dass die Bläser von Blood, Sweat & Tears oft die Sätze selbst arrangierten.16

3 Die Harmonik im Vergleich

Die beiden Köpfe der Band Steely Dan, Walter Becker und Donald Fagen lern- ten sich als Studenten kennen. Sie teilten das Interesse an Bebop und Funk, insbesondere für Künstler wie Miles Davis, Charlie Parker, John Coltrane und Herbie Hancock. Dieses gemeinsame Interesse zeigt sich nicht nur in den zahl- reichen Anspielungen in Titel und Texten, sondern auch in der Tonsprache der Band.17 Damit unterscheiden sie sich von anderen Pop-Rock-Künstlern wie Carole King, Bob Dylan und den Beatles, die sich hauptsächlich an ihrem eigenen Genre orientierten.18

Auch die Vorbilder von Blood Sweat & Tears finden sich nicht nur in der verwendeten Harmonik wieder. Mit God bless the Child und Maiden Voyage interpretierten sie Stücke berühmter Jazzmusiker in ihrer eigenen Version. Im Gegensatz zu Steely Dan beschränken sie sich damit jedoch nicht nur auf das Genre Jazz. Sie spielen auch Got to get you into my Life von den Beatles und in Blues Pt. 2 wird bei 7:54 das bekannte Bassriff aus Eric Claptons Sunshine of your Love, sogar in der Originaltonart, zitiert. Ihr Album Blood, Sweat & Tears eröffnen sie mit Variations on a Theme by Erik Satie und verhelfen damit seinen Gymnopédien zu größerer Bekanntheit.

3.1 Erweiterte Akkorde und Alterationen

Die von Donald Fagen und Walter Becker verwendeten Harmonien bestehen selten aus einfachen Dreiklängen. Sie verwenden die im Jazz typischen Ak- korderweiterungen. Dies wird unter anderem deutlich anhand Walter Everets Transkription von Babylon Sisters 19 Insbesondere bei dominantischen Akkor- den findet man auch leiterfremde Erweiterungen wie die häufig verwendete 9.20

Diese jazzgeprägten Akkorderweiterungen und insbesondere auch die bei Steely Dan populäre 9 verwenden auch Blood, Sweat & Tears. Sehr deutlich zu hören ist diese Klangfarbe in den ersten beiden Takten von Spinning Wheel.21 Die Bläser spielen hier zweimal das gleiche Voicing eines D7( 9) Akkords, im zweiten Takt jedoch nach oben oktaviert. Betrachtet man diesen Akkord unter dem Aspekt, dass die verminderte siebte Stufe als Substitution der Dominante

[...]


1 vgl. George Double, ,,Steely Dan”, in: The New Grove Dictionary of Music, second edition, Hrsg. Stanley Sadie, Band 24, 2001, London, Seiten 310-311.

2 vgl. George Double, ,,Blood, Sweat and Tears”, in: The New Grove Dictionary of Music, second edition, Hrsg. Stanley Sadie, Band 3, 2001, London, Seite 718.

3 vgl. Mark Gridley, ,,Chicago (ii)”, in: The New Grove Dictionary of American Music, Hrsg. H. Wiley Hitchcock, Stanley Sadie, Band 1, 1986, London, Seite 322.

4 vgl. John Piccarella, ,,Earth, Wind & Fire”, in: The New Grove Dictionary of American Music, Hrsg. H. Wiley Hitchcock, Stanley Sadie, Band 2, 1986, London, Seiten 6-7.

5 vgl. Walter Everett, ,,A Royal Scam: The Abstruse and Ironic Bop-Rock Harmony of Steely Dan”, in: Music Theory Spectrum, Band 26, Nummer 2, Seite 231.

6 vgl. John Piccarella, ,,Earth, Wind & Fire”, in: The New Grove Dictionary of American Music, Hrsg. H. Wiley Hitchcock, Stanley Sadie, Band 2, 1986, London, Seiten 6-7.

7 George Double, ,,Blood, Sweat and Tears”, in: The New Grove Dictionary of Music, second edition, Hrsg. Stanley Sadie, Band 3, 2001, London, Seite 718.

8 vgl http://www.steelydan.com/timelinebio.html, Stand 12.4.2011.

9 vgl. George Double, ,,Steely Dan”, in: The New Grove Dictionary of Music, second

10 vgl. http://www.granatino.com/sdresource/players.htm, Stand 12.4.2011.

11 vgl. Walter Everett, ,,A Royal Scam: The Abstruse and Ironic Bop-Rock Harmony of Steely Dan”, in: Music Theory Spectrum, Band 26, Nummer 2, Seite 231.

12 vgl. http://www.bloodsweatandtears.com/bio.html, Stand: 12. 4. 2011.

13 vgl http://www.granatino.com/sdresource/players.htm, Stand: 12. 4. 2011.

14 vgl. http://www.jazz.com/music/2009/1/22/steely-dan-aja-aaron, Stand: 12. 4. 2011.

15 vgl. http://www.bloodsweatandtears.com/bio.html, Stand: 12. 4. 2011.

16 George Double, ,,Blood, Sweat and Tears”, in: The New Grove Dictionary of Music, second edition, Hrsg. Stanley Sadie, Band 3, 2001, London, Seite 718.

17 Walter Everett, ,,A Royal Scam: The Abstruse and Ironic Bop-Rock Harmony of Steely Dan”, in: Music Theory Spectrum, Band 26, Nummer 2, Seite 201.

18 Walter Everett, ,,A Royal Scam: The Abstruse and Ironic Bop-Rock Harmony of Steely Dan”, in: Music Theory Spectrum, Band 26, Nummer 2, Seite 201.

19 vgl. Walter Everett, ,,A Royal Scam: The Abstruse and Ironic Bop-Rock Harmony of Steely Dan”, in: Music Theory Spectrum, Band 26, Nummer 2, Seite 228.

20 Walter Everett, ,,A Royal Scam: The Abstruse and Ironic Bop-Rock Harmony of Steely Dan”, in: Music Theory Spectrum, Band 26, Nummer 2, Seite 207.

21 vgl. Abbildung 1.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Steely Dan und Blood, Sweat & Tears
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz  (Musikwissenschaft)
Veranstaltung
Proseminar "Popmusik und musikalische Analyse"
Note
1,0
Autor
Jahr
2011
Seiten
16
Katalognummer
V264509
ISBN (eBook)
9783656539056
ISBN (Buch)
9783656539766
Dateigröße
465 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
steely, blood, sweat, tears, Pop, Analyse, Musikwissenschaft
Arbeit zitieren
Christoph Brandlinger (Autor:in), 2011, Steely Dan und Blood, Sweat & Tears, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/264509

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