Antagonismen der Obsoleszenz

Schneller, besser, neuer: permanentes Wirtschaftswachstum durch suggestive Herstellerofferten mit grenzwertigem Nutzen für Konsumgesellschaft und Umwelt


Travail d'étude, 2013

61 Pages


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Abstract

Vorwort

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Einleitung

1. Formen und Facetten der Obsoleszenz
1.1 Definition
1.2 Funktionelle Obsoleszenz
1.3 Psychologische Obsoleszenz
1.4 Qualitative Obsoleszenz

2. Konsumgesellschaft und unendliches Wirtschaftswachstum
2.1 Produktpolitik, Lebenszyklen und Geschäftsstrategien
2.2 Wenn Du denkst es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her
2.3 Marketing und Konsumgüterindustrie

3. Konsumentenbedürfnis vs. Herstellerstrategie
3.1 Der Konsument im Wandel der Zeit
3.2 Internet, Produktpolitik und Würmer im Apfel
3.3 Ferne Kulturen, Umweltmanagement und die Ressourcenpolitik

4. Fazit - Die Zukunft des Konsums oder Mentalität kontra Realität

Literaturquellen

Internetquellen

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Technische Obsoleszenz e. D.

Abb. 2: Entwicklung der Arbeitslosenquote durch den New Deal von 1933 e. D

Abb. 3: US-Tageszeitung vom 12.11.1938 ((New York Public Library, Mid-Manhattan)

Abb. 4: Konsumgesellschaft, Wirtschaftswachstum und die Hersteller e. D.

Abb. 5: Glühbirne von Chaillet, dem Centennial Light e. D.

Abb. 6: Das Phoebus-Manifest von 1924 (Stadtarchiv Berlin)

Einleitung

Wir leben heute in einer Wachstumsgesellschaft, die nicht mehr nur darauf abzielt, Bedürfnisse zu befriedigen, sondern auf grenzenlosem Wirtschaftswachstum um seiner selbst willen. Damit die Produktion in allen nur erdenklichen Facetten stetig weiter anwächst, wird der Konsum aller Güter ins unermessliche gesteigert. Das Wachstum wird vorrangig durch ein gezieltes Marketing der Hersteller bestimmt. Daraus resultieren die uns täglich umgebenden, medialen Maßnahmen einer Produktbewerbung via Funk, Fernsehen oder Internet. Gleichzeitig wird Wachstum mit Hilfe verschiedener Formen der Obsoleszenz und damit einhergehenden Krediten der Konsumenten forciert, da neuwertige Produkte meist auch sehr kostspielig sind. Bereits seit Mitte des letzten Jahrhunderts, als vorrangig das Wirtschaftswunder den Konsum prägte, erwarben Konsumenten unzählige Güter auf Kredit, die eigentlich keine Notwendigkeit besaßen, jedoch trotzdem angeschafft wurden, da sie dem Zeitgeist und Lebensgefühl jener Tage entsprachen. Doch nicht nur einzelne Konsumenten verschuldeten sich, sondern auch all jene Staaten, die Industrien mit günstigen Konditionen in das Land lockten oder eigene Industrien mit staatlichen Geldern förderten. Dadurch entstanden weltweit stetig wachsende, ökonomische Zinslasten, welche zukünftige Generationen noch zu Schultern haben werden. Aufgrund synchron entstehender Zinseszinsen und globalem Wirtschaftswachstum würde die moderne Wachstumsgesellschaft nach Meinung von damaligen Ökonomen auf Dauer jedoch keinen Bestand haben. Das liegt am Widerspruch in sich, da ein grenzenloses Wachstum bei gleichzeitig begrenzten, globalen Ressourcen, ständig steigender Verschuldung und ebensolcher Zinslasten schlichtweg unmöglich ist[1]. Sie sollten recht behalten. Hochverschuldete, europäische Staaten haben dies in den letzten Jahren eindrucksvoll bewiesen.

Eine Statistik besagt, dass weltweit alle drei Minuten ein neues Produkt entsteht. Ist das notwendig und vom Konsumenten gewollt oder eher dem wirtschaftlichen Interesse von Herstellern und kapitalistisch geprägten Märkten zuzuschreiben? Der Konsument hat mittlerweile verstanden, dass sich dieser Zustand ändern muss, auch wenn Werbung und Politik stets suggerieren, die Wirtschaft müsste belebt und durch den globalen Konsum weiter gefördert werden.

Diese Wachstumspolitik und jene daraus resultierende Konsumgesellschaft gleichen derweil nämlich eher schon einer stämmigen, großen Eiche. Sie steht und gedeiht seit vielen Jahren, doch ist sie mittlerweile anfällig gegen die vielen Unwetter geworden und beginnt allmählich innerlich auszudörren. Wenn nichts geschieht, nur wie gewohnt ab und an etwas Wasser gegeben und hier und da ein paar Zweige abgeschnitten werden, so wird der Baum in wenigen Jahren eingehen. Durch eine stetig wachsende Wirtschaft, einer weltweit zunehmenden Ressourcenverknappung und der ebenfalls ansteigenden Umweltverschmutzung sind die Zeichen dafür bereits heute schon klar zu erkennen. Ist es also ethisch legitim, der Eiche weiterhin Nährstoffe zu entziehen oder ist ein generelles Umdenken erforderlich, um der Wachstumsgesellschaft die Grenzen aufzuzeigen? Sind Einwegprodukte sinnvoll, die häppchenweise Einführung neuer Technologien zeitgemäß und Produktentwicklungen mit eingebauten Fehlern weiterhin vertretbar?

Die qualitative Obsoleszenz der zwanziger Jahre sorgte für erhitzte Gemüter unter den Entwicklern, weil es längst nicht allen logisch erschien, mit Hilfe langwieriger Verfahren hochwertige und dauerhaft haltbare Produkte zu entwerfen, um dann deren Lebensdauer und Qualität faktisch kurz nach der Markteinführung durch das „Death Dating“ wieder zu verschlimmbessern. Verschleiß in Güter zu integrieren, für die der Konsument viel Geld ausgab, war für die Entwickler schlicht undenkbar. Zur Zeit der großen Rezession wurde jedoch allen klar, dass ethische Grundsätze und Bedenken gegenüber dem wirtschaftlichen Aufschwung schlussendlich zurücktreten mussten. In der heutigen Zeit drängen sich daher ökonomisch unangenehme Fragen auf: ist der in Form einer qualitativen Obsoleszenz gewollte, geplante und den Konsumenten verschwiegene Verschleiß überhaupt noch zeitgemäß? Ist eine solche Methodik für Hersteller von Massenwaren tatsächlich wirtschaftlich erstrebenswert oder eine positive, gesellschaftliche Akzeptanz und das Vertrauen der Konsumenten nicht wesentlich existentieller? Sollte sich aus rein wirtschaftlicher Sicht nicht eher eine nachhaltige und Ressourcenschonendere Sicht etablieren? Zur Beantwortung dieser Fragen ist es sinnvoll, sich vorrangig der Problematik einer qualitativen Obsoleszenz und jenen sich daraus ergebenden Blickwinkeln aller Parteien bewusst zu werden. Diese Ausarbeitung wird daher ebenso zur Überprüfung und Diskussion der eigenen ethischen Grundsätze, wie auch zur kontroversen Debatte über die heutige Wachstums- und Konsumgesellschaft führen, wodurch sich jene Beantwortungen ganz allmählich und wie von Geisterhand geführt, selbständig herauskristallisieren werden.

1. Formen und Facetten der Obsoleszenz

1.1 Definition

Obsoleszenz lässt sich vom lateinischen Wort „obsolescere“ herleiten, welches „sich abnutzen“ oder „veralten“ bedeutet. Es bezieht sich auf Verbrauchs- oder Gebrauchsgüter und dem sich durch den Produktlebenszyklus ergebenden Funktions- oder Werteverlust. Ein Produktlebenszyklus ist die Darstellung des Lebenslaufs eines Produktes ab dem Zeitpunkt seiner Einführung in den Markt bis zum Zeitpunkt, zu dem es aus dem Markt wieder ausscheidet. Dabei betrachtet der Hersteller die Zeitdauer, in der es verkauft wird, die unterschiedlichen Absatzmengen im Zeitverlauf und den dadurch erzielten Umsatz. Idealtypisch wird davon ausgegangen, dass anfangs wegen der Voreingenommenheit des Konsumenten oder aufgrund bestehender Konkurrenzprodukte weniger verkauft wird und somit die Umsätze negativ sind. Bei steigendem Bekanntheitsgrad werden die Produkte durch neue Abnehmer in Medien als „in“ oder „trendy“ wahrgenommen, wodurch die Umsätze ansteigen. Der Anstieg vollzieht sich bis zum Zeitpunkt, in dem der Markt gesättigt ist, somit weniger umgesetzt wird, Investitionen in die Entwicklung neuer Produkte getätigt werden und schließlich das am Markt befindliche per Produktelemination wieder verschwindet. Aufgrund des sich ergebenden Funktions- oder Werteverlustes ist das Produkt in der letzten Phase nicht mehr dazu geeignet, ein vom Verbraucher empfundenes Bedürfnis zu befriedigen, da es infolge der Benutzung im Laufe der Zeit verschleißt, es nicht mehr „trendy“ ist oder die gebrauchstechnische Qualität aufgrund technologischer Neuerungen oder Standards schlicht einfach nicht mehr gegeben ist.

Die objektive Obsoleszenz steht synchron für eine sozial-kulturelle Qualität. Das jeweilige Produkt wird vom Konsumenten als geschmacklich nicht mehr „up to date“ oder „in“ empfunden, was seitens der Mode-Industrie, prominenter Trendsetter oder ausgefeilter Marketing-Strategien jedweder unternehmerischer Couleur zusätzlich forciert wird. Werden „Veralterung“ oder Funktionalität des betreffenden Produkts seitens der Produzenten künstlich herbeigeführt, wird dies als geplante Obsoleszenz bezeichnet. Beginnend mit Reparaturunfreundlichen Nieten statt Schrauben, über frühzeitige Defekte durch fehlerhafte Bauteile bis hin zu Einwegprodukten, bei denen keine Komponenten auswechselbar sind und dem Konsumenten somit nur ein Neukauf Abhilfe bietet.

1.2 Funktionelle Obsoleszenz

Bei der funktionellen Obsoleszenz kann mit Recht gesagt werden, das bessere ist stets der Feind des Guten. Produkte veralten im Augenblick, an dem in der Funktion erweiterte auf den Markt gebracht werden. In der heute stark frequentierten, technologisch orientierten Welt werden produktive, als auch innovative Fortschritte innerhalb des Qualitätswettbewerbs vom Konsumenten gerne angenommen. Obsolete Spiegelreflexkameras, die ein neues Objektiv oder Blitzlicht benötigen, welche jedoch unverhältnismäßig teurer sind, als eine komplett neue Kamera, zählen dabei eher zu den Verlierern, vor allem dann, wenn alte Komponenten nicht mehr mit dem neuen Gerät kompatibel sind. Neue Anforderungen, Nutzenänderungen oder erweiterte Standards können von älteren Komplementärprodukten meist ohnehin nicht ohne weiteres erfüllt oder nur über Umwege und mit viel technischem Sachverstand nachgerüstet werden.

Da Zeit und eine Steigerung des Gebrauchsnutzens wesentliche Faktoren für den Verbraucher sind, wird daher eher zum neuen, technologisch fortschrittlicheren und vorteilhafteren Produkt, als der nachträglichen Verbesserung des alten tendiert. Dieses Phänomen lässt sich vor allem in der IT-Branche beobachten. Neue Programme, Datenträger oder Spiele stellen oftmals erhöhte Anforderungen an bereits etablierte oder im heimischen Bereich installierte Systeme, die diese nicht ohne weiteres erfüllen können. Das betrifft sowohl Hardware, Software oder anwendungsspezifische Betriebssysteme[2]. Die Produktlebenszyklen werden synchron immer kürzer und der Update-Service meist nur bis zu einem bestimmten Zeitpunkt gewährleistet. Bauteile, Erweiterungen und mit diesen einhergehende Reparaturen sind oft nur mit hohem, kostenintensivem und IT-technischen Sachverstand möglich oder werden vom Hersteller aufgrund neuer Normen oder Technologien einfach eingestellt. Auf diese Weise können Konsumenten meist nur durch den Neukauf von diversem Zubehör oder eines komplett neuen Systems die jeweils betreffenden Innovationen installieren und ausführen. Dabei können Anschlüsse für neue Komponenten oft weder nachgerüstet, Kapazitäten erweitert oder Medien wiedergegeben werden, weil es technisch nicht möglich oder zu teuer wäre. Ein moderner PC erkennt z. B. keine Disketten, bzw. besitzt weder IEEE Typ B Drucker- noch IDE-Laufwerksanschlüsse. Obsolete Geräte verfügen andererseits nicht über die modernen USB-Anschlussmöglichkeiten.

Diese auch als technische Obsoleszenz bekannte Form hat die Zielsetzung einer erhöhten, absatzfördernden Maßnahme. Wettbewerbsbedingungen, Technologien, Kundenbedürfnisse[3] und Märkte verändern sich rasend schnell, tiefgreifend und zumeist auch sehr überraschend. Um sich diesen grundlegenden Veränderungen gut gewappnet stellen zu können, ist ein Paradigmenwechsel im Produktlebenszyklus notwendig, der eine Abkehr von bis dato praktizierten Denk- und Handlungsweisen erfordert. Funktionelle Bereicherungen werden dabei Konsumentenbedürfnisgerecht als auch produktorientiert durch das Sublimieren des technologischen Umfangs und der Anwendungsmöglichkeiten angepasst. Um den Absatz auch nachhaltig steigern zu können, werden Neuerungen allerdings nicht per sofort und in vollem Umfang, sondern meist nur häppchenweise initiiert. Der Hersteller suggeriert dem Konsumenten beispielsweise einige Monate nach erfolgreicher Markteinführung, das neue, verbesserte Funktionen per se nur mit dem Folgemodell zu erhalten sind. Da dies für den Konsumenten bedeutet, plötzlich nicht mehr „up to date“ zu sein und sein Produkt bereits obsolet ist, reagiert dieser mit einem Kompensationskauf. Das Marketing forciert dies zusätzlich mit Aussagen à la „trendbewusste Kunden, die stets die neuesten Produkte der Hersteller erwerben, sind nicht am, sie sind der Puls unserer Zeit und setzen gleichzeitig Trends für Follower jedweder Finesse“.

Durch die rasante technologische Entwicklung und Internationalisierung der Märkte[4] ist es dem Kunden jedoch ebenso möglich, zwischen mehreren gleichwertigen Produkten zu wählen. Deshalb sinkt die Kundenloyalität, da Kunden beinahe überall die gleiche Produktqualität erwarten können und es sie kaum mehr interessiert, von wem die Produkte letztlich bezogen werden. Das Stichwort der Hersteller lautet daher Unique Sell, um sich eine entsprechende Position auf internationalen Märkten zu sichern.

Es ist für ein Unternehmen daher nicht nur wichtig, neue Kunden zu gewinnen, sondern auch bestehende Kundebeziehungen zu festigen. Um eine langfristige Kundenbindung zu erreichen, ist es unabdingbar, Kunden durch speziell auf deren Bedürfnisse angepasste Produkte an sich zu binden und ihren Erwartungen gerecht zu werden, was sich dann auch meist in einer dementsprechenden Unternehmenspolitik[5] widerspiegelt.

Über die entstehende Kundenzufriedenheit wird die Loyalität der Kunden gewonnen, wodurch diese synchron Gewinnzuwächse des Unternehmens generieren.

Ist das Produkt sehr Trendy oder steigt der soziale Status des Konsumenten durch den Besitz des selbigen, so wird er Fehler des Produkts gegenüber anderen Konsumenten verschweigen oder sie einfach tolerieren. Der Kunde wird dadurch unwissentlich Teil der Marketingstrategie, eventuell sogar ein Brand Ambassador[6], der immens dazu beiträgt, das jeweilige Produkt Kunden- und Trendorientiert zu vermarkten, auch wenn Funktionalität und Kosten kaum mehr im angemessenen Verhältnis zueinander stehen.

Ganz oben auf der Liste dieser Hersteller steht sein vielen Jahren der amerikanische Apple-Konzern. Die Produkte des Unternehmens werden stets als Status-Symbol angesehen, da sie in Design und Funktionalität allgemein als wegweisend gelten. Die Innovations- und Designfreudigkeit konnte jedoch in den letzten Jahren weder mit dem Begehren der Kundschaft nach neuen Produkten noch mit der Weiterentwicklung marktbeherrschender Technologien glänzen, weshalb auch eine funktionelle Obsoleszenz die Folge war. Dazu zählt beispielsweise die „Verbesserung“ des von Apple forcierten I-Phone 5 zum I-Phone 5s, welche seitens der Fachpresse als unwesentlicher Anreiz zum Kauf angesehen wurde, da diese vor allem das Preis-Leistungsverhältnis zum Vorgänger als völlig überzogen empfanden. Dank der Heerscharen von Apple-Jüngern, die das freilich völlig anders sahen und gerne stundenlange Wartezeiten in Kauf nahmen, um stolzer Besitzer des neu optimierten Produkts zu werden und somit wieder „in“ zu sein, verkaufte sich auch diese Schöpfung funktioneller Obsoleszenz allen Unken-Rufen zum Trotz sehr gut.

Zur Optimierung eines Produkts zählt für den Konsumenten vor allem die verbesserte Bedienungsfreundlichkeit, welche sich anhand von Vereinfachungen in der Handhabung, des Gewichts, der Form oder des Zubehörs auszeichnet. Bahnbrechende Realisierungen etwaiger Zukunftsvisionen, welche zum Kauf animieren hätten können, waren jedoch eher spärlich gesät, weshalb der Hype auch ausblieb und viele Besitzer des Vorgängermodells sich nicht zum Kauf der neuen Generation bewegen ließen.

Der Einzug von TV-Fernbedienung in den heimischen Alltag ist ebenso eine gelungene funktionelle Obsoleszenz, der später selbige für Stereo-Anlagen, Videorekorder, PC und schließlich sogar Lichtschalter folgten. Da sich die Fernbedienungen mehr und mehr auf dem Couchtisch zu stapeln begannen, entwarf die Industrie alsbald die Multifunktionsfernbedienungen. Der Konsument reagierte erfreut und erwarb auch diese. Nach dem Kauf war der Verbraucher allerdings meist sehr schnell dazu gezwungen, sich die neueste Generation jener damit fernzusteuernden Endgeräte zuzulegen, da diese häufig nicht kompatibel mit jenen Multifunktionsfernbedienungen waren.

Selbiges betrifft den Zubehörkauf von in der Küche gebräuchlichen Geräten, deren Anwendungsmöglichkeiten beschränkt sind und somit durch Multifunktionsgeräte ersetzt werden, da diese dementsprechend universell einsetzbar sind. Dies trifft vor allem meist dann zu, wenn ein eventuell besser zum Interieur passendes Design vorhanden ist, obwohl die Funktionalität der alten Geräte auch weiterhin gegeben wäre. Die Industrie zieht ferner einen weiteren Joker für all diejenigen hervor, die der funktionellen Obsoleszenz dennoch trotzen und entthront alte Geräte vom angestammten Platz durch neuere mit gleicher Leistung, jedoch mit niedrigerem Energieverbrauch. Neben dem Käufer zielt diese Form ebenso auf die Konkurrenz ab.

Neue Produkte sollen stets auch neue Märkte eröffnen und eine marktbeherrschende Stellung des Anbieters ermöglichen, durch die dann Preise diktiert und Nachfrager an das Unternehmen gebunden werden können. Generell werden zukünftig deshalb auch nur die Unternehmen am Markt bestehen, denen es gelingt, Kunden Produkte zu offerieren, die ihren Bedürfnissen und Wünschen am nächsten kommen. Somit verdrängen nicht zwangsläufig die großen Hersteller die kleineren, sondern die fixen die langsameren. Gerade kleinere Unternehmen können meist schneller auf Trends umschwenken, als große, da deren organisatorische Strukturen meist zu komplex und behäbig für ein allzu rasches agieren sind. Ein Grund dafür, weshalb sich eher große, als kleinere Unternehmen der funktionellen Obsoleszenz verschreiben.

Die IT-Branche mit all ihren ständig neu oder weiter entwickelten Chips, RAM- und ROM-Speichern, Medien und Update-Services gilt als Parade-Beispiel der funktionellen Obsoleszenz. Wurden gerade in den letzten Jahren vermehrt Netbooks nebst spezieller Software vom Konsumenten gekauft, so sind diese derzeit fast schon wieder vom Markt verschwunden.

Die Firma Intel ließ in diesem Zusammenhang vor kurzem durch ihren Konzernchef Brian Krzanich verlauten, die Bedeutung von Großkunden und Rechenzentren für das Chip-Absatzgeschäft steigere sich im Gegensatz zum PC-Konsumenten-Bereich enorm, weshalb die Investitionen der nächsten Jahre vor allem in Großprojekte fließen sollten. Dies wären I-Stromnetze, internetbasierende Anwendungen für den Endkundenbereich sowie medizintechnische Anlagen und Vernetzungstechnologien. Das Chip-Absatzgeschäft beim Smartphone betrifft indes den energieschonenden Prozessor Merrifield und dessen Pendant Bay Rail für Tablet-PCs[7]. Für den Konsumenten dürften sich von sofern durch die Konkurrenz zwischen Intel und dem britischen ARM Kostenvorteile auf diesem Sektor ergeben, sodann eine Neuanschaffung sinnvoll sein würde.

Sich kurz vor Weihnachten ein neues Gerät für teures Geld anzuschaffen, ist meist neben der Freude über das Gerät auch mit der ernüchternden Prognose verbunden, das nach dem Weihnachtsgeschäft die Produkte stets günstiger zu haben sein werden, neue Software eventuell Probleme bereiten könnte oder gar nicht erst funktioniert. Dies liegt zumeist am Betriebssystem, das alte Software als obsolet oder neue als inkompatibel mit dem System einstuft und beide deshalb nicht zu installieren sind. So sorgte beispielsweise das MS Betriebssystem Windows für einen Paradigmenwechsel im PC-Anwenderbereich. Synchron wurde bei neuen Versionen die alte weniger, bis gar nicht unterstützt. Prozessorleistung, Arbeitsgeschwindigkeit und Komponenten wurden fortan am neuen Betriebssystem ausgerichtet, wodurch beispielsweise alte Drucker, Tastaturen oder Geräte ohne USB-Anschluss nicht mehr genutzt werden konnten. Das führte zum Neukauf des Zubehörs, wobei meist aufgrund viel zu geringer Kenntnisse der Materie gleich ein komplettes Systemupgrade durch den Konsumenten erfolgte. Mittlerweile ist Microsoft durch Portfolio-Auslagerung oder Verkäufe, dem Betriebssystem Windows 8.1, der Büroanwendungssoftware Office 365 und dem vermehrten Ausbau von Touchscreen-Anwendungen oder der Clouds vom einfach denkenden Konsumenten Lichtjahre entfernt, der einst das System XP erwarb und sich nun wundert, das der Update-Service 2014 eingestellt wird. Dazu sollte erwähnt werden, das heute auf rund zwei Drittel der Firmencomputer sowie der Hälfte aller Heimcomputer weltweit das Betriebssystem Windows XP läuft und das nach wie vor stabil, ganz im Gegensatz zu den Nachfolgern Vista, Windows 7 oder 8[8].

Das neue ist laut dem Hersteller bekanntlich stets die Krönung des Machbaren. Der Konsument hingegen muss dieser funktionalen Obsoleszenz Tribut zahlen und sich erneut Systeme aneignen, welche er weder benötigt, noch deren neue Technologien er je entsprechend nutzt. Dieses kritische Unwissen ob der vielen neuen Möglichkeiten diverser Upgrades, Software oder Hardwareprodukten lässt gewiss viele Konsumenten des Nachts nicht zur Ruhe kommen oder gerade das lässt sie besser schlafen. Das Wissen nämlich, das etwas nicht zu wissen kein entscheidender Faktor ist, um sich neue Geräte anzuschaffen, die ohnehin nur für Dinge gebraucht werden, welche ebenso auf älteren Geräte ausführbar sind, wie beispielsweise eine Recherche im Internet, die Betriebssystem- oder Hardwareunabhängig funktioniert. Das Internet schafft dabei für den Verbraucher zusätzlich neue Möglichkeiten. Wenn der Konsument ein Produkt nicht im Handel erhält, kann es über das Internet im Ausland beschafft werden; Electronic Business oder Electronic Commerce umfassen dabei bereits heute die gesamte Wertschöpfungskette innerhalb und außerhalb eines Unternehmens. Jene Wertschöpfungskette zeigt strategisch relevante Tätigkeitsfelder des Unternehmens auf. Dabei wird unterschieden zwischen den primären Wertschöpfungsaktivitäten, zu denen die interne und externe Logistik, Produktion, Marketing, Verkauf und der Service zählen sowie Unterstützungs- oder sekundären Aktivitäten. Dazu zählt die Unternehmens-Infrastruktur, das Human Ressource Management, Technologie-Entwicklung und Beschaffung.

Der Verbraucher möchte heute mit Hilfe der IT-Produkte immer schneller, immer größere Datenpakete in kürzester Zeit versenden, bearbeiten oder in greifbarerer Nähe haben. Das erfordert stets neue Innovationen und leistungsfähigere Prozessoren, Techniken oder Services. Ein Anwender will zudem überall und jederzeit erreichbar sein, alles zeitnah erledigt und obsolete Geräte ebenso entsorgt wissen, damit Komfort und Trends weder verpasst noch eingeschränkt werden. Eine amerikanische Marketingexpertin returnierte die Frage, warum die Lebenszyklen der Produkte stets kürzer würden, das dies der eigentliche Motor für Innovationen sei und jedes erworbene Produkt, welches gerade zu Hause ausgepackt würde, im selben Augenblick irgendwo auf der Welt günstiger angeboten und nach dem ersten Gebrauch ebenso bereits schon wieder überholt sei. Dadurch werde die wirtschaftliche Existenz des Herstellers gesichert, die Funktionalität der globalen Ökonomie und zeitgleich das wirtschaftliche Wachstum gewährleistet. Das unterstreicht die funktionelle Obsoleszenz im Bereich technischer Hardware und Software besonders dann, wenn der gedankliche Aspekt in Richtung Zubehör, Drucker, Eingabegeräte oder Speicher gelenkt wird.

[...]


[1] Vgl. Wilkens F. (2011) S.32

[2] Vgl. Theinquirer.net vom 28.03.2007

[3] Vgl. Rothlauf J. / Mietzner D. (2004) S. 33 f

[4] Vgl. Rothlauf J. / Mietzner D. (2004) S. 27 f

[5] Vgl. Seghezzi H. D. et al. (2007) S. 85 ff.

[6] Vgl. Weinberg T. / Pahrmann C. (2012) S. 31

[7] Vgl. Indiatimes.com vom 16.09.2013

[8] Vgl. Indiatimes.com vom 18.10.2013

Fin de l'extrait de 61 pages

Résumé des informations

Titre
Antagonismen der Obsoleszenz
Sous-titre
Schneller, besser, neuer: permanentes Wirtschaftswachstum durch suggestive Herstellerofferten mit grenzwertigem Nutzen für Konsumgesellschaft und Umwelt
Auteur
Année
2013
Pages
61
N° de catalogue
V264771
ISBN (ebook)
9783656545606
ISBN (Livre)
9783656545651
Taille d'un fichier
1345 KB
Langue
allemand
Mots clés
antagonismen, obsoleszenz, schneller, wirtschaftswachstum, herstellerofferten, nutzen, konsumgesellschaft, umwelt
Citation du texte
BA Frank Wilkens (Auteur), 2013, Antagonismen der Obsoleszenz, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/264771

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