Nachteilsausgleich im faktischen Konzern

Der HVB-UniCredit-Fall


Seminararbeit, 2012

41 Seiten, Note: 16,00 Punkte


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

A. Eine deutsche Bank zum Frühstück
I. Streit um Konzernintegration der HVB
II. Gang der Darstellung

B. Die Entscheidung der Instanzgerichte
I. Sachverhalt und Hintergrund
II. Rechtliche Würdigung
1. Privilegierung des herrschenden Unternehmens im faktischen Konzern
2. Anforderung an den Nachteilsausgleich
III. Zusammenfassung

C. Die Lösung der Instanzgerichte – Eine Perversion des Schutzzwecks der §§ 291 ff. AktG?
I. Privilegierung im faktischen Konzern
a. Allgemeine Kapitalerhaltungsregeln gelten im faktischen Konzern
aa. Unterschiedlicher Anwendungsbereich
bb. Wertungswidersprüche
b. §§ 311 ff. AktG als lex specialis zu den allgemeinen Kapitalerhaltungsregeln
aa. Wortlautargument
bb. Sinn und Zweck des § 311 AktG
cc. Umfassender Vermögensschutz
c. Stellungnahme
aa. Spezialitätsverhältnis der Anwendungsbereiche
bb. Haftung aus Konzernrecht nach Veranlassung
cc. Ausgleich von Verzögerungsnachteilen
II. Anforderungen an den Nachteilsausgleich
1. Dogmatisch-systematische Beurteilung
a. Dogmatisch zulässig
b. Dogmatisch unzulässig
aa. Aufschiebend bedingter Anspruch
bb. Verständnis als Anerkenntnis
cc. Schutzzweckerwägungen
dd. Regel-Ausnahme-Verhältnis
c. Stellungnahme
aa. Gefahrpotential bei der Konstruktion eines Eventualausgleichs
(1) Verzögerung des Ausgleichs
(2) Vertragliche Abbedingung von Haftungsnormen
(3) Eventualausgleich bei offensichtlichen Nachteilen
bb. Zumutbarer Schwebezustand
cc. Rechtsanspruch als Anerkenntnis
dd. Anspruch entsteht erst mit Tenorierung
ee. Regel-Ausnahme-Verhältnis zu § 311 I 1. Hs. AktG
ff. Ergebnis: Eine Perversion des Schutzzwecks
2. Treuepflicht
a. Allgemeine Anwendbarkeit der Treuepflicht bei einer AG
b. Allgemeine Anwendbarkeit im Konzern
c. Anwendbarkeit bei einem Eventualausgleich
aa. Gesetzliches Leitbild
bb. Atypische Konstruktion
cc. Konzernrecht als teilkodifizierte Treuebindungen
d. Konkrete Ausgestaltung der Treuepflicht
(1) Unterlassungsanspruch auf Nichtabschluss
(2) Einzelfallabwägung mit Gesellschaftsinteressen
(a) Bewertungsprobleme
(b) Absehbare gerichtliche Beurteilung als zwingende Voraussetzung
(c) Zufallshaftung
(d) Beschränkung des Eventualausgleich auf Bewertungsstreitigkeiten
(3) Keine doppelte Treuepflicht zugunsten der Organe
III. Ergebnis

D. Ausblick: Die Grenzen des Kapitalerhaltungsrechts
I. Bilanzielle Betrachtungsweise
II. Liquiditätsschutz zu Gunsten der Minderheitsaktionäre

E. Flucht in den faktischen Konzern

Literatur

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

A. Eine deutsche Bank zum Frühstück

„Hier verfrühstückt eine italienische Bank eine deutsche Bank.“[1]

Mit diesen Worten sorgte der Bonner Rechtsanwalt Thomas Heidel auf der Hauptversammlung der Bayrischen Hypo- und Vereinsbank Aktiengesellschaft (HVB) im Juli 2008 für Aufruhr und sprach damit stellvertretend für viele Kleinanleger der HVB. Er bezog sich auf die Umstände, unter denen die HVB in den Konzern der italienischen Großbank UniCredit S.p.A. (UniCredit) integriert wurde.

Thomas Heidel warf UniCredit vor, sie habe die HVB auf Kosten der Minderheitsaktionäre in ihren Konzern integriert und diese dadurch massiv geschädigt.[2] Dieser Vorwurf sorgte für ein beachtliches Echo in den Medien,[3] produzierte eine Fülle von Anfechtungs- und Schadensersatzklagen, die bis zum BGH verfolgt werden und verzögerte den Abschluss der Konzernintegration um mehrere Jahre.

I. Streit um Konzernintegration der HVB

Insbesondere streiten sich die HVB-Hauptaktionärin UniCredit und die Minderheitsaktionäre über den Verkauf des Osteuropageschäfts der HVB an UniCredit und die Angemessenheit des dafür gezahlten Kaufpreises.

Die Minderheitsaktionäre sind der Ansicht, die HVB habe ihr Osteuropageschäft weit unter Wert an UniCredit verkauft und somit ihr „Filetstück an die Hauptaktionärin verschleudert.“[4] Der Wert des Osteuropageschäfts betrüge rund das Doppelte des gezahlten Kaufpreises, rund 24 Milliarden Euro anstelle der gezahlten 12 Milliarden Euro.

Die Vorstände der HVB und UniCredit sehen dies naturgemäß anders, sodass angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung der BGH in den nächsten Monaten das letzte Wort haben wird.

Eine Teilfrage dieses Streitkomplexes, den der BGH in Form von Anfechtungsklagen gegen den Zustimmungsbeschluss zu der Transaktion zu beurteilen hat, betrifft das faktische Konzernverhältnis zwischen HVB und UniCredit und dessen Auswirkung auf die Transaktion des Osteuropageschäfts. Konkret stellt sich die Frage inwieweit und unter welchen Voraussetzungen die Privilegierung des herrschenden Unternehmens nach den §§ 311 ff. AktG bei UniCredit als Hauptaktionärin Anwendung findet.

Ebendiese Frage nach der Privilegierung des herrschenden Unternehmens im faktischen Konzern und die daran zu stellenden Anforderungen sollen in der vorliegenden Ausarbeitung im Mittelpunkt stehen.

II. Gang der Darstellung

Die Darstellung des Nachteilsausgleichs im faktischen Konzern erfolgt zunächst fallbezogen an den HVB/UniCredit-Urteilen der ersten und zweiten Instanz. Darauf folgt eine abstrakte Erarbeitung der Privilegierung des herrschenden Unternehmens und den daran zu stellenden Anforderungen. In besonderem Maße wird auf die zwischen UniCredit und den Minderheitsgesellschaftern umstrittene Zulässigkeit eines Eventualausgleichs unter dogmatischen und wirtschaftlichen Aspekten sowie unter Berücksichtigung der aktienrechtlichen Treuepflicht eingegangen. Abschließend werden Bezüge zur Dogmatik des allgemeinen Kapitalerhaltungsrechts aufgezeigt und eine darauf basierende Prognose der ausstehenden Entscheidung des BGH gewagt.

In der vorliegenden Ausarbeitung wird die faktische Konzernierung zwischen HVB und UniCredit vorausgesetzt. Der von den Minderheitsaktionäre aufgeworfenen Frage, ob es sich bei dem zwischen HVB und UniCredit geschlossenen Business Combination Agreement (BCA) um einen faktischen Beherrschungsvertrag handelt und ob somit die Vorschriften des Vertragskonzernrechts Anwendung finden,[5] kann hier aus Platzgründen ebenso wenig nachgegangen werden wie den Rechtsfragen rund um die komplexe Beschlusskette in Form von Bestätigungsbeschlüssen und Zustimmungsbeschlüssen zu der Transaktion.[6]

[...]


[1] Jost, S. 12.

[2] Jahn, S. 16.

[3] Vgl. für viele Schneider, S. 25; Theurer, S. 18; Fromm, S. 21; Hegmann, S. 25.

[4] Jahn, S. 16.

[5] Vgl. OLG München, ZIP 2008, 555, 559 ff.; Heidel, FS Meilicke, 125, 128; allgemein zum faktischen Beherrschungsvertrag allgemein: Hirte/Schall, Der Konzern 2006, 243 ff.; Schürnbrand, ZHR 169 (2005), 35 ff.

[6] Vgl. OLG München, 7 U 1584/10, 5 ff; LG, München 5 HK O 13261/08, 20 ff.

Ende der Leseprobe aus 41 Seiten

Details

Titel
Nachteilsausgleich im faktischen Konzern
Untertitel
Der HVB-UniCredit-Fall
Hochschule
Universität Hamburg
Veranstaltung
Seminar für Gesellschaftsrecht
Note
16,00 Punkte
Autor
Jahr
2012
Seiten
41
Katalognummer
V264967
ISBN (eBook)
9783656543527
ISBN (Buch)
9783656544456
Dateigröße
838 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Untersuchung des Nachteilsausgleichs im faktischen Konzern aus dem Jahre 2012: Der BGH hatte über die aufsehenerregende Übernahme der deutschen Universalbank HVB durch die italienische UniCredit zu entscheiden und im Zuge dessen die Reichweite der Privilegierung des herrschenden Unternehmens im faktischen Konzern abzustecken. Diese Seminararbeit, die im Rahmen eines Besuches der Verhandlung dieses Falles beim BGH erstellt wurde, untersucht die Wirksamkeit der zwischen HVB und UniCredit geschlossenen Konzernvereinbarung und daraus resultierende Konzernhaftungsansprüche aus den §§ 311 ff. AktG.
Schlagworte
Konzern, Konzernhaftung, BGH, Übernahme, AktG, Gesellschaftsrecht, Hautpversammlung, Beschluss, Anfechtungsklage, Nachteilsausgleich, Faktischer Konzern, Besonderer Vertreter, Business Combination Agreement
Arbeit zitieren
Tom Dittmar (Autor:in), 2012, Nachteilsausgleich im faktischen Konzern, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/264967

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