Kultureller Rassismus

Gibt es einen neuen Rassismus und welche Rolle spielt in diesem Kultur?


Hausarbeit, 2011

15 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Definitionen Rassismus

3. Der neue Rassismus

4. Formen des kulturellen Rassismus

5. Feldforschung zu ‚Heimlicher Rassismus‘

6. Lösungen

7. Schluss

Anhang

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Viele Meldungen, wie Straßenkämpfe in London oder wie vor einigen Jahren Krawalle in Paris, angezettelt von Jugendlichen mit Migrationshintergrund wegen politischer Unzufriedenheit verbunden mit unklaren Zukunftschancen, oder ein norwegischer Amokläufer, der die Welt vor einer Multikulti-Gesellschaft bewahren möchte und sich mit Gewalt gegen Migranten und Einwanderer wendet, finden ihren Weg durch die Medien an die Öffentlichkeit. Immer häufiger sind es gerade solche aktuellen Geschehnisse, die einen erahnen lassen, dass die Thematik Rassismus erneut aufgeflammt ist. Abgrenzung von sozialen Gruppen untereinander ausgelöst durch Ängste vor dem „Fremden“ anderer Kulturen lassen Menschen differenzieren und unterscheiden, sogar hierarchisieren. Vorurteile gegen andersstämmige Menschen verfestigen sich und lassen so eine Instrumentalisierbarkeit des Begriffes ‚Rasse‘ zumit welchem in sozialen Praxen Rassismus produziert wird.1 Doch in den aufgeführten Fällen liegt die Kernthematik nicht in der Unterscheidung von biologischen Rassen, sondern bei der Unterscheidung von Kulturen. Genetische Merkmale durften nach den Erlebnissen des zweiten Weltkrieges keine Grundlage mehr für Rassismus bilden, deshalb wurde unteranderem auch der französische Ethnologe Claude Lévi-Strauss beauftragt gegen den genetischen Rassismus Stellung zu beziehen, welcher nicht mehr begründbar geworden war. Dieser führte nun das Phänomen des Rassismus auf kulturelle Differenz zurück, da „der Befund, die Verschiedenheit der Kulturen sei ein natürliches Phänomen, das von den direkten oder indirekten Beziehungen der Gesellschaften untereinander herrührt“2 und die Verschiedenheit der Kulturen zudem durch einen ständigen Austausch und nicht durch Isolation obliegt. Eine Umgestaltung der Gesellschaften durch Migration liefert demnach dem Rassismus neue Antriebskraft und lässt Kultur als zentrale Rolle in den Mittelpunkt dieses ideologischen Diskurses treten. Doch in wie fern kann man nun wirklich von einem neuen Rassismus sprechen und wie kann man diesen, beispielsweise im Alltag, erleben und beobachten? Genauer beschrieben wird das Phänomen Rassismus folgend durch Definitionen und auftretende Formen, bewiesen durch Anmerkungen aus der Fachliteratur zur Thematik, existenziell erwiesen anhand einer kleinen Feldforschung, eines sogenannten „short cut“, in Form einerausformulierten qualitativen Befragung und zuletzt werden auch einige wissenschaftliche Standpunkte zum zukünftigen Umgang mit Rassismus und Lösungsansätze beschrieben. Alles nur um letztendlich die entscheidende Frage zu klären: Gibt es wirklich einen neuen Rassismus?

2. Definitionen Rassismus

Rassismus gehört eigentlich zu den Begriffen, die sich einer allgemein gültigen Definition entziehen3, doch wenn man den Wandel des Begriffs ‚Rasse‘ chronologisch betrachtet, lässt sich allein daran eine enorme Veränderung feststellen. Bekannt ist der Begriff aus der naturwissenschaftlichen Kategorienbildung des 18. Jahrhunderts unter „Rassenhass“, wurde erneut aufgegriffen in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts im Zuge des Nationalsozialismus und von da an unter der Bedeutung „Rassismus“ verstanden und schließlich nach dem zweiten Weltkrieg von Vertretern der Menschenrechte für politisch-moralisch geächtet und für obsolet erklärt.4 Es gilt in der Gegenwart nicht mehr als legitimRassen mit einer biologisch begründeten Ungleichheit zu belegen und demnach ethnische Grenzziehungen vorzunehmen und soziale Gruppen durch genetisch erzeugte Minderwertigkeit zu diskriminieren.5 Im Fall dieses Rassismus wurden Rassen oder Völker, oft in der Minderheit wie Juden im Dritten Reich, durch ein übergewichtetes Nationalverständnis hinreichend von Diskriminierung bis zu Assimilation oder Vernichtung behandelt, abgewertet und so von der sozialen Umwelt ausgeschlossen und als „Subkultur“ dargestellt. Man glaubte von körperlichen Merkmalen auf die Wesensart der Menschen und ihr politisch moralisches Verhalten schließen zu können.6 Doch durch das Zusammenrücken der Völker,ausgelöst durch das Phänomen der Globalisierung, gelingt es den Menschen heutzutage nicht mehr Rassen biologisch, also nach äußerlichen Merkmalen zu unterscheiden, sondern es wird nun versucht mit kulturspezifischen Merkmalen zu argumentieren und sich dementsprechend zu differenzieren. Rassismus ist nun kulturell und nicht mehr biologisch codiert. Es werden hierarchisierende Modelle von Natur und Gesellschaft untersucht und die kulturwissenschaftliche Kategorienbildung verlangt demnach den Umgang mit dem Begriff der „Ethnie“ und spricht von „ethnischen oder kulturellen Differenzen“ anstatt von Rassismus.7 So wird wie bei jeder Art von Rassismus der „Andere“ konstruiert, in diesem Fall kulturell, in dem zwei binär entgegengesetzte Gruppen erzeugt werden und kulturelle Differenz produziert wird.8

3. Der neue Rassismus

Der biologische Rassismus beruhte auf den Zeitaltern des Kolonialismus und Nationalismus, wohingegen der kulturelle Rassismus durch zeitnahe Phänomene, wie Migration und Globalisierung zum Vorschein kam. Kultur fungiert sozusagen als Ersatzbegriff für Rasse und entwickelt dadurch eine neue Art von Rassismus: den kulturellen Rassismus. Dieser sorgt für eine vertiefende Dichotomie des Eigenen und des Fremden9 („othering“), was starke Abgrenzung produziert, um die eigene Identität zu produzieren und zu sichern. Die Einzigartigkeit der jeweiligen Kultur sollgewahrt werden. Nach Stuart Hall hat sich folgende Verschiebung zugetragen: „race vanishing - racism rising“. Ein Rassismus ohne Rassen tat sich auf.10 Kulturen können in diesem Fall als Kugeln gesehen werden, welche nach innen homogenisierend wirken und sich nach außen hin voneinander abstoßen.Kulturen sollen außerdem als statisch wirkend verstanden werden und durch ihre differentiell betonende Wirkung als Unterscheidungsmerkmal dienen. Diese Merkmale stützen sich dabei auf soziale Eigenschaften, die naturalisiert werden und als naturgegeben angesehen werden.11 Kultur rückt stark in den Vordergrund und der Mensch wird unsichtbar gemacht. Dieser von Wolfgang Kaschuba benannte Prozess des „Kulturalismus“ lässt Kultur und Gesellschaft sich gegeneinander ausspielen und sorgt für ein Verschwinden des Sozialen im gesellschaftlichen Diskurs.12 Ein- und Zuwanderer werden durch diesen statischen Kulturbegriff zu Gefangenen ihrer eigenen Kultur („iron cage“) und werden als unfähig angesehen sich eine andere Kultur anzueignen und ebenbürtig zu der hegemonialen Kultur zu stehen.13 Jede Konstatierung von Differenz zieht also Macht, Unterordnung und Ausgrenzung, im schlimmsten Fall sogar Vernichtung, mit sich. Kultur kann somit eindeutig instrumentalisiert werden und ideologische Kämpfe können sowohl politisch als auch ökologisch durch den Kulturbegriff legitimiert werden.14 Trotz der nach Eric Wolf proklamierten These, dass alle Kulturen in Beziehung zueinander stehen und sich ständig austauschen,15 was Kulturen unterscheidbar werden lässt und auch nicht vermeidbar ist, bemüht man sich dennoch den erneut legitimierten Rassismus, dieses Mal kultureller Basis, in seinen verschieden auftretenden Formen zu verwenden und zu eigenen Zwecken zu missbrauchen.

4. Formen des kulturellen Rassismus

Besonders im Alltag kann man kulturellen Rassismus in seinen verschiedenen Formen auftretend beobachten. Die erste und häufig verheimlichte Form des Rassismus ist die „Xenophobie“ - die Fremdenfeindlichkeit. Nach Verena Stolcke stützt sich diese rassistische Art ebenfalls auf Naturalisierung, in dem man den Menschen selber bereits ein feindseliges Verhalten gegenüber allem was fremd ist, nachsagt.

[...]


1 Stuart Hall: Rassismus als ideologischer Diskurs. In: Nora Räthzel (Hg.): Theorien über Rassismus. Hamburg 2000, S.7.

2 Claude Lévi-Strauss: Rasse und Geschichte. Frankfurt am Main 1972, S.16.

3 Imanuel Geiss: Rassismus. In: Biologismus, Rassismus, Nationalismus. Rechte Ideologien im Vormarsch, Wien 1995, S.91.

4 Karl-Heinz Hillmann: Wörterbuch der Soziologie. Stuttgart 2007, S.725f.

5 Dilek Cinar: Alter Rassismus im neuen Europa? Anmerkungen zur Novität des Neo-Rassismus. In: Brigitte Kossek (Hg.): Gegen Rassismen. Konstruktionen. Interaktion. Interventionen. Hamburg 1999, S.67.

6 Eric R. Wolf: Gefährliche Ideen. Rasse, Kultur, Ethnizität. In: Historische Anthropologie 1, 1995, S.338.

7 Ansgar Nünning: Grundbegriffe der Kulturtheorie und Kulturwissenschaften. Weimar 2005, S.187f.

8 Hall 2000, S.14.

9 Wolf 1995, S.343.

10 Hall 2000, S.7.

11 Margret Jäger/Siegfried Jäger: Rassistische Alltagsdiskurse. In: Nora Räthzel (Hg.): Theorien über Rassismus. Hamburg 2000, S.278.

12 Wolfgang Kaschuba: Kulturalismus. Vom Verschwinden des Sozialen im gesellschaftlichen Diskurs. In: Zeitschrift für Volkskunde 91, 1995, S.28-30.

13 Etienne Balibar: Gibt es einen „Neo- Rassismus“? In: Ders.,Immanuel Wallenstein: Rasse-Klasse-Nation. Ambivalente Identitäten. Hamburg 1992, S.30.

14 Werner Schiffauer: Die Angst vor der Differenz. Zu neuen Strömungen in der Kulturanthropologie. In: Zeitschrift für Volkskunde, 92, 1996, S.21.

15 Wolf 1995, S. 340.

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Details

Titel
Kultureller Rassismus
Untertitel
Gibt es einen neuen Rassismus und welche Rolle spielt in diesem Kultur?
Hochschule
Eberhard-Karls-Universität Tübingen  (Ludwig-Uhland-Institut)
Note
1,5
Autor
Jahr
2011
Seiten
15
Katalognummer
V265371
ISBN (eBook)
9783656549413
ISBN (Buch)
9783656548881
Dateigröße
468 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
kultureller, rassismus, gibt, rolle, kultur
Arbeit zitieren
Mandy Morelli (Autor:in), 2011, Kultureller Rassismus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/265371

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