Extrait
Inhaltsverzeichnis
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung und Abgrenzung
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Definition Demografie
2.2 Definition Demografischer Wandel
3 Die demografische Entwicklung in Deutschland und deren Ursachen
3.1 1945 - 1990
3.2 1990 - 2011
3.3 Prognose
4 Auswirkungen auf den deutschen Arbeitsmarkt
4.1 Allgemeine Entwicklung
4.2 regionale Betrachtung
4.3 geschlechtsspezifische Betrachtung
4.4 branchenspezifische Beispiele
4.5 Maßnahmen der Politik gegen die Folgen des demografischen Wandels
5 Vergleich mit anderen Ländern
6 Fazit
Literaturverzeichnis
Verzeichnis der verwendeten Internetquellen
Anhang 1
Anhang 2
Anhang 3
Anhang 4
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abbildung 1: Zusammengefasste Geburtenziffer im Osten und Westen Deutschlands
Abbildung 2: Bevölkerungspyramide Vergleich 2010 zu 1950
Abbildung 3: Entwicklung der Bevölkerungsanzahl in Deutschland
Abbildung 4: Erwerbstätige in Deutschland, 2000 - 2050 (in Millionen)
Abbildung 5: Durchschnittsalter der Erwerbstätigen in Deutschland
Abbildung 6: Anzahl Frauen je 100 Männer (1991 - 2004)
Abbildung 7: Alter der Inhaber und Inhaberinnen landwirtschaftlicher Betriebe in Baden-Württemberg 1999 und 2010
Abbildung 8: Weltweiter Pharmaumsatz vom Jahr 2000 bis zum Jahr 2020
Abbildung 9: Versandhandelsumsatz und Versandhandelsanteil am Einzelhandel
Abbildung 10: Zusammengefasste Geburtenziffer im internationalen Vergleich, 2009
Abbildung 11: Wanderungssaldo je 1.000 Einwohner
Tabelle 1: Bevölkerungsanteil mit Hochschulabschluss
Tabelle 2: Beispiele von demografie-abhängigen Branchen
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
„The pioneer oft the lowest fertility"[1] - so wird die Bundesrepublik Deutschland in dem Buch „Das demografische Problem als Gefahr für Rechtskultur und Wirtschaft“ bezeichnet. Eine abnehmende Geburtenziffer, eine alternde Bevölkerung, Wanderungen zwischen den Bundesländern und ins Ausland sind Konsequenzen des demografischen Wandels. Gerade das Zusammenwirken einer steigenden Lebenserwartung und der niedrigen Geburtenrate lässt den Alterungsprozess der Bevölkerung voranschreiten.[2] Eine Veränderung des Altersaufbaus ist die logische Konsequenz daraus - der Anteil älterer Menschen nimmt stetig zu und die Gruppe der Jüngeren wird kleiner.[3] Häufig liest man Schlagzeilen wie „Pflegefall Deutschland“[4] oder „2030: Über 80Jährige in der Überzahl?“[5]. Doch wie weit ist der Prozess in Deutschland vorangeschritten und wie realistisch sind die Zukunftsprognosen zu nehmen?
Weitreichende Änderungen und Herausforderungen wird es vor allem auf dem Arbeitsmarkt geben - ein Rückgang des Erwerbspersonenpotentials und der damit einhergehende Arbeitskräftemangel werden unvermeidbar sein. Aufgrund einer ungleichen räumlichen und branchenspezifischen Verteilung von Arbeitsplätzen wird es zu regionalen, fach- und branchenspezifischen Ungleichgewichten kommen.[6] Der demografische Wandel ist ein Prozess, der schleichend kommt und nur langsam wieder umkehrbar ist. Wie Wolfgang Schäuble, Bundesminister der Finanzen, erkannt hat, ist dieser Vorgang nicht innerhalb weniger Jahre aufhaltbar oder gar umkehrbar.[7] Doch man muss jetzt vorausschauend Handeln, um den Gefahren des demografischen Wandels entgegenzuwirken und die Chancen einer solchen Veränderung nutzen zu können.[8]
1.2 Zielsetzung und Abgrenzung
Ziel dieser Arbeit ist es, die Entwicklung Deutschlands in den letzten 50 Jahren aufzuzeigen und eine Zukunftsprognose für die nächsten Jahrzehnte erstellt. Ein weiterer Schwerpunkt dieser Arbeit ist die Betrachtung der Auswirkungen des demografischen Wandels auf den Deutschen Arbeitsmarkt. Dabei wird eine regionale, geschlechter- und branchenspezifische Unterteilung vorgenommen. Ziel ist es, die Konsequenzen des Wandels aufzuzeigen und Maßnahmen zu finden, wie die Politik mit den Folgen umgehen kann.
Ein Vergleich zu anderen Ländern soll die demografische Entwicklung und deren Auswirkungen aufzeigen.
Nicht betrachtet werden die Entwicklung Deutschlands vor 1945 und die Auswirkungen auf das Gesundheits- und Rentensystem.
Der Bereich Familie und Bildung wird in Bezug auf die Verbindungen zur demografischen Entwicklung oder zum Arbeitsmarkt beleuchtet.
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Definition Demografie
Der Begriff Demografie stammt aus dem Griechischen und setzt sich aus den beiden Worten „demos“ (Volk) und „graphein“ (schreiben) zusammen.[9]
Demografie wird vielfach als Synonym für die Bevölkerungswissenschaft, also die Lehre von den Ursachen und den Folgen der Bevölkerungsbewegung, verwendet.[10] Insbesondere werden hierbei die Bevölkerungsstruktur und die Bevölkerungsentwicklung betrachtet. Zentrale Faktoren sind dabei die Größe einer Gesellschaft, der Altersaufbau, die Geburtenrate (Fertilität), die Sterblichkeit (Mortalität) und die Migrationen.[11] Die Komponenten Geburten und Sterbefälle bilden dabei die beiden Seiten der natürlichen Bevölkerungsbilanz.[12] Ein weiterer Faktor, der die Bevölkerungsentwicklung beeinflusst, sind die Wanderungen. Für Deutschland ist im internationalen Vergleich nur die Außenwanderung, also die Wanderung über die Grenzen Deutschlands relevant. Auf nationaler Ebene hingegen stellt die Binnenwanderung (Austausch zwischen den Bundesländern) eine zentrale Rolle dar.[13]
2.2 Definition Demografischer Wandel
Der demografische Wandel betrachtet die veränderte Zusammensetzung der Altersstruktur in einer Gesellschaft. Es kann sich dabei um eine Bevölkerungszunahme oder um eine Bevölkerungsabnahme handeln. Abhängig ist die Entwicklung von den Faktoren Fertilität, Lebenserwartung und dem Wanderungssaldo.[14] Gibt es genau so viel (oder mehr) Geburten als Sterbefälle, dann bleibt die Bevölkerung stabil (oder erhöht sich). Liegt die Anzahl der Sterbefälle über der Anzahl der Geburten, kommt es zu einer Abnahme der Bevölkerung. Diese natürliche Bevölkerungsentwicklung kann durch Wanderungen beeinflusst werden.[15]
3 Die demografische Entwicklung in Deutschland und deren Ursachen
Deutschland ist das Land, in dem die Bevölkerungsschrumpfung zuerst eintrat und das am weitesten fortgeschritten ist.[16]
Ein Schrumpfen der Bevölkerung ist derzeit kaum wahrnehmbar, da durch eine hohe Zuwanderung und durch einen Rückgang der Sterblichkeit der demografischen Wandel verschleiert wird.[17] Doch Deutschland befindet sich mitten im demografischen Wandel. Seit dem Jahr 2003 nimmt die Anzahl der Bevölkerung kontinuierlich ab, die Anzahl der Lebendgeborenen sinkt rapide und die Lebenserwartung steigt von Jahr zu Jahr (siehe Anhang 1 und 2).
3.1 1945 - 1990
Die Bevölkerung stieg in Deutschland von 1945 bis 1990 von ca. 69 Millionen Einwohner auf fast 80 Millionen Einwohner an. Dies entspricht einem Zuwachs von ca. 15 Prozent (siehe Anhang 1).
Ob eine Bevölkerung zu- oder abnimmt, hängt von drei Grundlegenden demografischen Prozessen ab: den Geburten und den Sterbefällen (natürliche Bilanz) sowie der Differenz aus Zu- und Abwanderungen (Wanderungsbilanz).
Die Geburtenhäufigkeit wird in der Regel anhand der Fertilitätsrate (zusammengefasste Geburtenziffer) gemessen. Diese Kennzahl gibt die durchschnittliche Anzahl der Kinder an, die eine Frau im Laufe ihres Lebens zur Welt bringt.
Durch den Zweiten Weltkrieg verzeichnete Deutschland bis zum Jahr 1945 einen Geburtenausfall. Die Geburtenziffer stieg nach Kriegsende und in der „BabyboomPhase“ Mitte der 50er Jahre an und hat im Jahr 1964 ihren Höhepunkt mit 2,53 Kindern pro Frau erreicht. Ein drastischer Rückgang setzte Ende der 60er Jahre in beiden Teilen Deutschlands ein. Man spricht hier vom so genannten „Pillenknick“, also den Rückgang der Geburtenhäufigkeit mit der Einführung der Antibabypille[18]. Diesen Geburtenrückgang ausschließlich mit der Verfügbarkeit der Antibabypille zu begründen ist allerdings kritisch zu betrachten. So können auch eine Reihe anderer Gründe für den Geburtenrückgang verantwortlich sein (z.B. steigende Erwerbsbeteiligung der Frauen, gesellschaftlicher Wertewandel, Emanzipation der Frauen[19] ). Darüber hinaus gab es bereits vorher Methoden um eine Schwangerschaft zu verhindern oder zu unterbrechen[20].
Während sich in der BRD weiter ein Abwärtstrend fortsetzte, konnte in der DDR von 1975 - 1980 die Fertilität gesteigert werden. Ein Faktor für die höhere Zahl der Kinder war das niedrigere Heiratsalter und damit auch verbunden das niedrigere Alter bei der Geburt des ersten Kindes. In der DDR lag dieses bei durchschnittlich 22 Jahren, in der Bundesrepublik bei durchschnittlich 28 Jahren. Während in Ostdeutschland lediglich 8 Prozent der Frauen kinderlos blieben, lag die Zahl der kinderlosen Frauen in Westdeutschland bei 25 Prozent.[21] Ab Mitte der 80er Jahre blieb die Fertilität in der BRD nahezu konstant bei 1,4 Kindern pro Frau. Die Geburtenziffer in der DDR ging zwar weiter zurück, blieb trotzdem über dem West-Niveau. Nach der Wiedervereinigung wurde ein Rekordtief von 1,24 erreicht.
Abbildung 1: Zusammengefasste Geburtenziffer im Osten und Westen Deutschlands
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Ursachen für die unterschiedliche Entwicklung zwischen Ost und West können anhand der verschiedenen gesellschaftlichen Systeme begründet werden. Schwerpunkt der ostdeutschen Politik war eine explizite Geburtenförderung. Die Vereinbarkeit von Beruf und Kindern wurde stetig verbessert (z.B. Kinderbetreuungseinrichtungen). Weiterhin gab es die Möglichkeit, ein Babyjahr bei vollem Lohnausgleich zu nehmen.
In Westdeutschland hingegen orientierte man sich 1969 neu. Dies zeigte sich unter anderem an Fördermaßnahmen für Alleinerziehende oder der Freigabe der Abtreibung (1974). Von 1974 bis 1989 liegt das Verhältnis zwischen Abtreibungen und Geburten im Schnitt bei 15,5 Prozent (siehe Anhang 3).
Bis Anfang der 70er war die natürliche Bilanz in Deutschland positiv - die Geburtenanzahl lag über der Anzahl der Sterbefälle.[22] In der DDR verzeichnet man ab 1969, in der BRD ab 1972 eine gegensätzliche Entwicklung - einer Wandlung von einem Geburtenüberschuss zu einem Sterbefallüberschuss.[23] Dies würde theoretisch eine Verringerung der Bevölkerungsanzahl bedeuten, welche jedoch durch eine meist positive Wanderungsbilanz aufgehalten wurde. Seit 1954 sind im Durchschnitt knapp 125.000 Personen mehr nach Deutschland eingewandert als ausgewandert[24]. Durch das Wirtschaftswunder in den 50er Jahren wuchs der Bedarf an Arbeitskräften. Da dieser Bedarf mit inländischem Arbeitskräfteangebot nicht abgedeckt werden konnte, wurden Anwerbevereinbarungen unter anderem mit Italien, Griechenland und der Türkei abgeschlossen. Bis 1973 stieg die Zahl der ausländischen Erwerbstätigen auf 11,9 Prozent[25]. In den letzten Jahrzehnten ist vor allem die Bevölkerung aufgrund der Zuwanderung aus dem Ausland gestiegen. Da ausländische Einwanderer im Durchschnitt jünger sind als die Fortziehenden, hat dies einen Verjüngungseffekt auf die Bevölkerung. Dadurch wurde die demografische Alterung verlangsamt[26].
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass der rasante Geburtenabfall ab Mitte der 60er Jahre ein entscheidender Wendepunkt für die demografische Entwicklung war. Jedoch nahm durch einen positiven Wanderungssaldo die Gesamtbevölkerung zu.
3.2 1990 - 2011
Im Zeitraum zwischen der Deutschen Wiedervereinigung und dem Jahr 2003 stieg die Bevölkerungsanzahl in Deutschland auf 82,5 Millionen an. Danach ist ein stetiger, leichter Abschwung zu verzeichnen - bis zum Jahr 2010 ist die Anzahl der Bevölkerung auf circa 81,75 Millionen gefallen.[27] Da der Zuwanderungsgewinn ab 2003 schwächer ausgefallen ist als in den 90er Jahren, kann seit 2003 das Geburtendefizit nicht mehr mit Zuwanderungen kompensiert werden.[28] Erschwerend kam hinzu, dass die Sterbefallüberschüsse von Jahr zu Jahr gestiegen sind.[29]
Abbildung 2: Bevölkerungspyramide Vergleich 2010 zu 1950
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Wie im Vergleich der Bevölkerungspyramiden von 1950 und 2010 (Abbildung 2) zu erkennen ist, fand eine deutliche Verschiebung im Aufbau der Gesellschaft statt.
Nicht nur die quantitative Veränderung, sondern auch die Zusammensetzung spielt beim demografischen Wandel eine Rolle. So hat sich im erwähnten Betrachtungszeitraum die Anzahl der Jüngeren deutlich verkleinert und die Zahl der Älteren erhöht. Die Altersgruppe der 65-Jährigen und Älteren machte 2010 ca. 21 Prozent der Gesamtbevölkerung aus, wobei der Frauenanteil mit 58 Prozent (Stand 2008)[30] deutlich höher als der Männeranteil war. Dies liegt unter anderem an den Auswirkungen des Zweiten Weltkrieges.
Die Altersgruppe zwischen 20 und 65 Jahren stellt die Bevölkerung im Erwerbsalter dar - 2010 lag diese bei 61 Prozent.[31] Zu dieser Altersgruppe gehören auch die geburtenstarken Jahrgänge der 50er und 60er Jahre. Diese werden in den nächsten Jahrzehnten maßgeblich zur Alterung des Erwerbspersonenpotenzials[32] und zur Alterung der Gesamtbevölkerung beitragen.
Bei den unter 20-Jährigen ist zu erkennen, dass diese Altersgruppe nachhaltig vom Geburtenrückgang der letzten Jahrzehnte beeinflusst wurde. Mit 18 Prozent liegt der Anteil bereits unter dem Anteil der 65-Jährigen und Älteren.[33] Die Verschiebung der Altersstrukturen können anhand von Jugend-, Alten-, und Gesamtquotient[34] dargestellt werden. Während der Jugendquotient im Jahre 1990 noch bei 34 lag, wurden 2010 nur noch 30 Menschen unter 20 Jahre im Verhältnis zu 100 Personen im mittleren Alter gemessen. Im Vergleich dazu ist der Altenquotient von 24 (Stand 1990) auf 34 (Stand 2010) gestiegen.
Ein weiterer Faktor für das Ungleichgewicht zwischen Jung und Alt ist die steigende Lebenserwartung. Gründe für diese Steigerung sind zum einen die Fortschritte in der medizinischen Versorgung, Hygiene und Ernährung und zum anderen der gestiegene Wohlstand und die verbesserten Arbeitsbedingungen beigetragen.[35] Die derzeitige Lebenserwartung eines Neugeborenen liegt bei 77,5 Jahren für Jungen und bei 82,6 Jahren für Mädchen.[36] Damit hat sich Lebenserwartung in den letzten 60 Jahren für Jungen um fast 13 Jahre und für Mädchen um circa 14 Jahre erhöht.[37]
Die Zahl der Neugeborenen ist seit der Deutschen Wiedervereinigung um 18 Prozent gesunken - von 830.000 (1991) auf 683.000 (2008).[38] Im Jahr 1989 hatte eine Frau in DDR noch durchschnittlich 1,57 Kinder, kurz nach der Wiedervereinigung waren es dann nur noch 0,77. Nach dem „Wende-Tal" ab Mitte der 90er Jahre stieg die Geburtenrate wieder an und die gesamtdeutsche Geburtenrate liegt seitdem bei ca. 1,4 Kindern pro Frau.[39] Damit liegt das Geburtenniveau um ein Drittel unter dem Niveau zur Erhaltung der Bevölkerungszahl (Generationsersatz), wofür 2,1 Kinder pro Frau benötigt würden.[40]
Es ist zu beobachten, dass sich mit dem Rückgang der Geburtenraten auch eine Veränderung der Familienstrukturen vollzogen hat. Kinder werden nicht mehr als soziale Absicherung gesehen, sondern Paare entschließen sich aus emotionalen Gründen für ein Kind.[41] Verheiratete Frauen haben im Durchschnitt mehr Kinder als alleinerziehende Mütter oder Frauen, die in nicht ehelichen Lebensgemeinschaften leben. Doch zwischen 1996 und 2010 ist der Anteil von Kindern verheirateter Mütter um 8 Prozent zurückgegangen (von 84 Prozent auf 76 Prozent). Hingegen ist der Anteil der Kinder von nicht ehelichen Frauen um 3 Prozent und der Anteil der Kinder von alleinerziehenden Frauen um 5 Prozent angestiegen.[42]
Ähnlich wie die Geburtenhäufigkeit ist seit Ende der 80er Jahren auch die Heiratshäufigkeit gesunken. Waren es 1989 noch 530.000 Eheschließungen, reduzierten sich diese bis zum Jahr 2010 auf nur noch 382.000 Eheschließungen pro Jahr. Gründe sind zum einen die abnehmende Bevölkerung im heiratsfähigen Alter und zum anderen die geringe Heiratsneigung.[43]
Ein weiteres Problem ist die zunehmende Kinderlosigkeit bei Akademikerinnen. Höher gebildete Frauen sind häufiger kinderlos oder bekommen später Kinder. Die Ziele Kinder und Karriere verhalten sich konkurrierend. Der Zeitpunkt der Familiengründung hängt vom Bildungsstand der Frau ab - dieser Zeitpunkt hat sich in den letzten Jahren deutlich nach hinten verschoben. Laut dem Bundesministerium des Innern gilt insgesamt „je höher der Bildungsstand, desto weniger Kinder hat eine Frau geboren"[44].
Eine Möglichkeit gegen den demografischen Wandel ist der Ausgleich des Geburtenrückganges durch Einwanderungen. Im Zeitraum von 1991 - 2010 wanderten insgesamt 18 Millionen Menschen nach Deutschland ein. Der Höhepunkt lag 1992 bei 1,5 Millionen Zuzügen, seitdem nimmt die Zahl der jährlichen Zuwanderung ab.[45] Der Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund liegt 2009 bei 19,6 Prozent.[46] Umfragen zeigen, dass die meisten Bürger die Zahl der Einwanderer für zu hoch halten, vor allem weil das Thema der Integration lange Zeit vernachlässigt wurde.[47]
Kritisch zu beob achten ist, dass bei Menschen mit Migrationshintergrund ein allgemeiner Schulabschluss bei 14 Prozent, ein beruflicher Abschluss bei 42,8 Prozent nicht vorhanden sind. Bei dem Vergleich zu jenen ohne Migrationshintergrund sind es lediglich 1,8 Prozent die ohne Schulabschluss vorweisen können und 19,2 Prozent ohne beruflichen Abschluss. Weiterhin ist zu erwähnen, dass Menschen mit Migrationshintergrund doppelt so häufig erwerbslos sind als Menschen ohne Migrationshintergrund sind.[48] Um die wirtschaftliche Entwicklung zu stärken, kommt es darauf an, die Integration positiv zu gestalten.
Ein weiterer Aspekt, warum der Geburtenrückgang nur schwer durch Einwanderung ausgeglichen werden kann, ist, dass auch die andere Seite der Wanderungsbilanz, die Fortzüge, deutlich kompensiert werden müsste. Von 1991 - 2010 sind 13,7 Millionen Menschen aus Deutschland fortgezogen. Doch nicht nur die Größenordnung sondern auch die Zusammensetzung hat sich in den letzten 20 Jahren deutlich verändert. Die Zahl der fortziehenden Ausländer hat ein ähnliches Niveau wie in den 70er, doch die Zahl der deutschen Auswanderer hat sich fast verdreifacht.[49] Das Durchschnittsalter der deutschen Auswanderer liegt bei 31,6 Jahren bei Frauen und bei 34 Jahren bei Männern. Die Vergleichswerte für die Wohnbevölkerung liegen deutlich höher - für Frauen bei 45,4 Jahren und für Männer bei 42,3. Zudem hat circa die Hälfte der deutschen Emigranten einen Hochschulabschluss. Lediglich etwas mehr als ein Viertel der Wohnbevölkerung kann einen Hochschulabschluss vorweisen.[50]
Doch um zu entscheiden, ob Deutschland einen Verlust von Hochqualifizierten erleidet, müssen die Qualifikationen der Zuwanderer dem gegenübergestellt werden. Laut Bundesministerium des Innern verhält sich der Wanderungssaldo nach Bildungsniveau und Qualifikationen der Wandernden in etwa die Waage.[51]
Begutachtet man allerdings andere Quellen, findet man dem widersprechende Zahlen. So zeigt zum Beispiel eine Studie des Fachmagazins Migration in Germany, dass im Zeitraum von 2005 - 2008 40.000 Führungskräfte und Wissenschaftler auswanderten, jährlich aber nur 38.500 mit dieser Berufsqualifikation einwanderten. Pro Jahr wandern also durchschnittlich 1.500 mehr Hochqualifizierte aus als ein.[52]
Während die Außenwanderung großen Einfluss auf die Veränderung der Bevölkerungszahl hat, verändert sich diese bei der Binnenwanderung nicht.
In den alten Bundesländern waren die Wanderungssalden die Grundlage dafür, dass bis 2005 die Bevölkerung gewachsen ist. In den neuen Bundesländern verzeichnete man hingegen verstärkte Abwanderungsverluste, die zusammen mit den Sterbefallüberschüssen zu einem Bevölkerungsrückgang führten.[53]
Innerhalb Deutschlands sind großräumig die Ost-West-Abwanderungen und kleinräumig die Suburbanisierung (Stadt-Umland-Wanderung) führende Trends. Dabei profitiert vor allem der Süden Deutschlands von der Zuwanderung und der Osten hat starke Abwanderungen zu verzeichnen. Gründe für die Binnenwanderungen sind vor allem die regionalen Arbeits- und Bildungsmärkte.[54] Die Gruppe der 18- bis 25-Jährigen wandert im Zuge der Ausbildungssuche, die 25- bis 30-Jährigen wandern aufgrund der erschwerten Arbeitsmarktsituation ab.[55] Auffallend im Wanderungsgeschehen zwischen Ost und West ist, dass überproportional viele junge Frauen die neuen Bundesländer verlassen. Als Konsequenz bedeutet das für vielen neue Bundesländer Alterung, Frauendefizit und eine Konzentration gering qualifizierter Personen.[56] (Siehe 4.3)
Bei dem Suburbanisierungsprozess ist vor allem festzustellen, dass junge Familien in die Umlandgemeinden fortziehen. Seit den 60er Jahren gehörte dieser Prozess im Westen zum alltäglichen Bestandteil, im Osten setzte diese Entwicklung im Jahr 1993 ein. Doch seit dem Jahr 2000 ist dieser Trend stark abgeschwächt, sodass heute teilweise ein Reurbanisierungsprozess, also eine Rückkehr in die Großstädte, zu erkennen ist.[57]
Wichtigste Punkte der demografischen Entwicklung zwischen 1990 und 2011 waren die quantitative Veränderung und die Zusammensetzung der Bevölkerung sowie die steigende Lebenserwartung. Der Geburtenrückgang wurde durch die geringere Heiratsneigung und durch höhere Bildung der Frauen verstärkt und konnte nicht durch Einwanderungen aufgehalten werden. Weiterer Schwerpunkt war die Abwanderung Hochqualifizierter ins Ausland und eine starke Ost-West-Abwanderung.
3.3 Prognose
Laut den Prognosen des Statistisches Bundesamtes ist die Bevölkerungsentwicklung in Deutschland für die kommenden Jahrzehnte größtenteils vorbestimmt. Wenn man sich die allgemeine Entwicklungsprognose anschaut, ist davon auszugehen, dass Deutschland im Jahr 2030 nur noch 77 Millionen Einwohner haben wird. Dies entspricht einem Rückgang von 5,7 Prozent gegenüber dem Jahr 2008.[58]
Betrachtet man die Einwohneranzahl bis zum Jahre 2050 so liegt diese nur noch bei knapp 69 Millionen („mittlere" Bevölkerung, Untergrenze)[59]. Damit würde die Bevölkerungsanzahl unter dem Niveau von 1963 liegen.[60]
Die anhaltende negative Bevölkerungsbilanz wird nicht durch Nettozuwanderungen kompensiert werden können. Die Bevölkerungsanzahl wird dadurch weiter abnehmen.
Abbildung 3: Entwicklung der Bevölkerungsanzahl in Deutschland
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Am deutlichsten wird die Gruppe der unter 20-Jährigen diesen Rückgang spüren; Im Jahr 2030 werden wahrscheinlich 17 Prozent weniger Kinder und Jugendliche leben als heute.[61] Die Geburtenrate wird zukünftig weiter abnehmen. Bis 2050 wird das Geburtendefizit auf 570.000 bis 600.000 Personen ansteigen und somit wird auch die Zahl der Kinder und Jugendlichen im Betreuungs- oder schulpflichtigen Alter zurückgehen. Weiterhin wird sich auch die Zahl der jungen Menschen im Ausbildungsalter verringern[62] [63]. Als Konsequenz daraus werden deutlich weniger Erwerbspersonen für die nachfolgenden Jahre zur Verfügung stehen.
Die Gruppe der erwerbsfähigen Personen (zwischen 20 - 65 Jahren) wird bis 2030 um über 20 Prozent schrumpfen. Bis 2015 werden noch circa 50 Millionen Menschen zur Erwerbsbevölkerung zählen[64]. Erst danach wird sich ein deutlicher Abwärtstrend zeigen, da die geburtenstarken Jahrgänge (Babyboom-Generation) in das Rentenalter kommen und aus dem Erwerbsalter ausscheiden.[65]
Betrachtet man jedoch die Prognosen der Altersgruppe ab 65 Jahren, muss man feststellen, dass sich hier der größte Wandel vollzieht. Es wird geschätzt, dass sich bis zum Jahr 2030 ein Zuwachs von einem Drittel abzeichnen wird.[66] Dadurch wird sich auch die Anzahl der Sterbefälle erhöhen.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass ein langfristiger Bevölkerungsrückgang unvermeidbar ist und der Bevölkerungsaufbau gravierend ändern wird.
4 Auswirkungen auf den deutschen Arbeitsmarkt
4.1 Allgemeine Entwicklung
Der demografische Wandel, also ein „altern"[67] oder „schrumpfen"[68] der Gesellschaft, hat weitreichende Auswirkungen auf den deutschen Arbeitsmarkt. Im Gegensatz zum Renten- oder Gesundheitsmarkt ist der Arbeitsmarkt deutlich eher von den Auswirkungen betroffen.
[...]
[1] Flick (2010), S. 10.
[2] vgl. Wöhlcke/Höhn/Schmid (2004), S. 9.
[3] vgl. Gans (2006), S. 1.
[4] El-Sharif (2011)
[5] Bertelsmann Stiftung (2011).
[6] vgl. Walla/Eggen/Lipinski (2006), S. 181.
[7] vgl. Schäuble (2010), S. 64.
[8] vgl. Birg (2010), S. 27.
[9] vgl. Prezewowski (2007), S. 17.
[10] vgl. Gabler Wirtschaftslexikon (o.J.a)
[11] vgl. Wirtschaftslexikon24 (o.J.)
[12] vgl. Statistisches Bundesamt (2011a), S. 7.
[13] vgl. Statistisches Bundesamt (2011a), S. 17.
[14] vgl. Forderland Wissen fur Grunder und Unternehmer (o.J.)
[15] vgl. Statistisches Bundesamt (2011a), S.10.
[16] vgl. Birg (2010), S.19.
[17] vgl. Flick (2010), S.9.
[18] vgl. Halder (2008), S. 32.
[19] vgl. Birg (2000), S. 5.
[20] vgl. Walla/Eggen/Lipinski (2006), S. 39.
[21] vgl. Walla/Eggen/Lipinski (2006), S. 40.
[22] vgl. Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (2008), S. 12.
[23] vgl. Birg (2005), S. 115.
[24] vgl. Walla/Eggen/Lipinski (2006), S. 56.
[25] vgl. Bundesministerium des Inneren (o.J.)
[26] vgl. Walla/Eggen/Lipinski (2006), S. 56.
[27] vgl. Statistisches Bundesamt (2011c), S. 34.
[28] vgl. Walla/Eggen/Lipinski (2006), S. 57.
[29] vgl. Statistisches Bundesamt (2011c), S. 34.
[30] vgl. Statistisches Bundesamt (2011a), S. 23.
[31] vgl. Bundesministerium des Inneren (2011b), S. 32.
[32] Das Erwerbspersonenpotenzial bezeichnet das zur Verfügung stehende Arbeitskräfteangebot. Es setzt sich aus der im Inland festgestellten Zahl der Erwerbstätigen, der Zahl der registrierten Arbeitslosen und einer geschätzten Zahl verdeckter Arbeitsloser (stille Reserve) zusammen. (vgl. Gabler Wirtschaftslexikon (o.J.b))
[33] vgl. Bundesministerium des Inneren (2011b), S. 32.
[34] Der Jugendquotient wird durch die Anzahl der unter 20-Jährigen je 100 Personen im Alter von 20 bis unter 65 ausgedrückt. Der Altenquotient spiegelt das Verhältnis der 65-Jährigen und Älteren zu 100 Personen von 20 bis unter 65 wieder. Addiert man beide Quotienten erhält man den Gesamtquotienten. Dieser zeigt auf, in welchem Maße die mittlere Altersgruppe sowohl für die jüngere als auch die ältere Bevölkerungsgruppe zu sorgen hat. (vgl. Bundesministerium des Innern (2011b), S. 33)
[35] vgl. Bundesministerium des Innern (2011 b), S. 21.
[36] vgl. Bundesministerium des Innern (2011 b), S. 21.
[37] vgl. Statistisches Bundesamt (2003), S. 15.
[38] vgl. Statistisches Bundesamt (2011a), S. 10.
[39] vgl. Halder (2008), S. 33.
[40] vgl. Bundesministerium des Inneren (2011b), S. 14.
[41] vgl. Eitner (2008), S. 20.
[42] vgl. Bundesministerium des Inneren (2011b), S. 17f.
[43] vgl. Bundesministerium des Innern (2011b), S. 18f.
[44] vgl. Bundesministerium des Innern (2011 b), S 20
[45] vgl. Bundesministerium des Innern (2011b), S. 26
[46] vgl. Statistisches Bundesamt (2009)
[47] vgl. Flick (2010), S.9
[48] vgl. Statistisches Bundesamt (2010a)
[49] vgl. Bundesministerium des Innern (2011b), S. 26
[50] vgl. Bundesministerium des Innern (2011b), S. 27.
[51] vgl. Bundesministerium des Innern (2011b), S. 28.
[52] vgl. Migration in Germany (2010)
[53] vgl. Bundesinstitut fur Bevolkerungsforschung (2008), S.14.
[54] vgl. Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (2008), S.55.
[55] vgl. Eitner (2008), S. 47.
[56] vgl. Kröhnert (2010)
[57] vgl. Bundesministerium des Innern (2011b), S. 43.
[58] vgl. Statistisches Bundesamt (2011a), S. 8.
[59] Bei der „mittleren“ Bevolkerung werden folgende Annahmen getroffen: Eine fast konstante Geburtenhaufigkeit,Anstieg der Lebenserwartung fur Manner um 7,6 Jahre und fur Frauen um 6,5 Jahre. Bei der Untergrenze wird von einem Wanderungssaldo von 100.000 Personen ausgegangen, bei der Obergrenze von einem Wanderungssaldo von 200.000 Personen (vgl. Statistisches Bundesamt (2006a), S.15)
[60] vgl. Statistisches Bundesamt (2006b)
[61] vgl. Statistisches Bundesamt (2011a), S. 8.
[62] vgl. Statistisches Bundesamt (2006a), S. 5.
[63] vgl. Statistisches Bundesamt (2006a), S. 14.
[64] vgl. Statistisches Bundesamt (2006a), S. 6.
[65] vgl. Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (2008), S. 17.
[66] vgl. Statistisches Bundesamt (2011a), S. 8.
[67] Schimany (2003), S. 476.
[68] Kaufmann (2005), S. 19.
- Citation du texte
- Frank Wichmann (Auteur)Sabrina Schwarz (Auteur), 2011, Die demografische Entwicklung und die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt in Deutschland, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/265643
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